Gerd Buurmann / 02.04.2024 / 16:00 / Foto: JCS / 26 / Seite ausdrucken

Todenhöfers schamloser Nazi-Vergleich

Jürgen Todenhöfer hatte am Ostermontag nichts Besseres zu tun, als die Politik Netanjahus mit jener der Nazis zu vergleichen.

„Mister Netanjahu, protestiert Ihr Gewissen eigentlich nie, wenn Sie den Palästinensern dasselbe antun, was die verfluchten Nazis den Juden angetan haben?“

Diese Worte veröffentlichte Jürgen Todenhöfer am Ostermontag des Jahres 2024 auf X. Diese ungeheuerliche Aussage beinhaltet gleich mehrere geschmacklose und unverschämte Vergleiche. Der erste Vergleich, der sofort ins Auge fällt, weil er absolut unhaltbar ist und die Verbrechen der Nationalsozialisten verharmlost, ist der Vergleich von Netanjahu mit den Nazis.

Es ist müßig, darauf hinzuweisen, was an diesem Vergleich unangemessen ist. Es gibt keine Vernichtungslager für Palästinenser, in denen millionenfach Palästinenser vergast werden. Es gibt keine Todesmärsche, auf denen Palästinenser solange marschieren müssen, bis sie verrecken. Es gibt keine medizinischen Einrichtungen, in denen grausame Experimente an Palästinensern vorgenommen werden. Es gibt keine Arbeitslager, in denen Palästinenser bis zum Tod arbeiten müssen. Es gibt keine Gräben, die von tausenden von Palästinensern gegraben werden müssen, um dann in diesen Massengräbern erschossen zu werden.

Der Vergleich ist aber auch deswegen geschmacklos, weil er insinuiert, die Nazis hätten etwas mit der Politik Israels zu tun. Seit dem Jahr 2011 verordnet das israelische Gesundheitsministerium, dass es an staatlichen Kranken­häusern Gebetsräume für alle Religionen geben muss. Im Jahr 2016 gewann Lina Mahul, eine 19-jährige Araberin aus der nördlichen Hafenstadt Akko, die israelische Ausgabe von „The Voice“. In Israel herrschen Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, Kunstfreiheit und Wissenschaftsfreiheit. Die größte und einzige Parade für Schwule und Lesben findet in Israel statt. Egal mit wem man schläft, woran man glaubt und welches Geschlecht man hat, in Israel stehen einem alle Ämter offen. In Israel kann und darf man die Regierung und sogar das Land selbst kritisieren. In Israel finden sich Schulen, Kindergärten und Jugendzentren, in denen sich arabische und jüdische Jugendliche begegnen können.

Wie viele jüdische Messerattentate gab es?

Wo in Nazideutschland gab es Gebetsräume für Juden in Krankenhäusern? Welche jüdische Künstlerin wurde in Nazideutschland mit einem Preis ausgezeichnet? Wie stand es in Nazideutschland mit der Freiheit der Meinung, der Religionsausübung und der Wissenschaft? Wie hießen die großen deutschen Zeitungen in Nazideutschland, die die Regierung kritisiert haben?

Es gibt doch einen weiteren Vergleich, der absolut geschmacklos ist, nämlich der Vergleich von den heutigen Palästinensern mit den Juden von damals. Am 7. Oktober 2023 fand in Israel ein Pogrom statt. Mitglieder der Hamas, aber auch unzählige Zivilisten, verübten an diesem Tag ein Pogrom, bei dem über 1.400 Juden ermordet wurden. Es war der größte Massenmord an Juden, der an einem einzigen Tag stattfand, seit dem Holocaust.

Wenn man also die Palästinenser von heute mit den Juden von damals vergleicht, an welchem Oktoberfest in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts haben Juden über 1.400 Deutsche vergewaltigt, gefoltert und ermordet? Wie viele Raketen wurden von Juden auf deutsche Städte abgeworfen? Wie viele jüdische Selbstmordattentäter haben sich in Hamburg, Köln und München hochgejagt und dabei unzählige Zivilisten mit in den Tod gerissen? Wie viele jüdische Messerattentäter hat es in den dreißiger Jahren gegeben?

Mit sinisteren Mitteln nach der Weltherrschaft greifen

Am 19. Oktober 2017 erklärte der Chef der radikal-islamischen Palästinenserorganisation Hamas in Gaza, Jahia al-Sinwar, bei einer Rede vor Jugendlichen: „Es geht nicht darum, ob wir Israel anerkennen oder nicht, sondern um die Frage, wann wir es auslöschen und seine Existenz beenden.“

Mahmud Abbas sagte einst: „In einer endgültigen Lösung können wir nicht mal die Existenz eines einzelnen Israelis in unserem Land sehen, seien es nun Zivilisten oder Soldaten.“ Am Tag der 47-Jahr-Feier der Fatah sprach Mufti Muhammad Hussein, den Abbas persönlich zum „geistigen Führer der palästinensischen Autonomie“ ernannt hat, folgende Worte in die jubelnde Menge: „Die Stunde der Auferstehung wird nicht kommen, solange wir die Juden nicht vernichtet haben.“ Bei welcher Großveranstaltung in den letzten hundert Jahren hat ein Jude erklärt, dass der Messias erst kommen wird, wenn alle Deutschen vernichtet wurden?

Was Jürgen Todenhöfer hier den Israelis vorwirft, ist nichts anderes als das, was Juden in den „Protokollen der Weisen von Zion“ vorgeworfen wird. Noch heute werden diese erfundenen Protokolle von Judenhassern aller Schattierungen zitiert. In der arabischen Welt sind diese Protokolle noch heute Bestseller. In der Gründungs-Charta der Hamas, die in Artikel 7 die Vernichtung aller Juden weltweit fordert, werden diese Protokolle mehrfach zitiert. In den Protokollen wird die Lüge verbreitet, die Juden würden mit sinisteren Mitteln nach der Weltherrschaft greifen.

Es ist hier so müßig wie bei Todenhöfer, die Lügen zu benennen. Natürlich hat es niemals das Streben einer verschworenen jüdischen Gemeinschaft nach der Weltherrschaft und einer damit verbundenen Unterdrückung des deutschen Volkes gegeben. Die Nazis phantasierten sich die nach Weltherrschaft strebenden Juden einfach zusammen. Sie lasen und glaubten „Die Protokolle der Weisen von Zion“, obwohl sie eine Fälschung waren.

„Mister Todenhöfer, protestiert Ihr Gewissen eigentlich nie?“

Die Protokolle der Wannseekonferenz jedoch, auf der die Nazis die weltweite Vernichtung des Judentums planten, waren keine Fälschung. Die gab es. Millionen Juden fielen diesen Protokollen zum Opfer.

Heute verbreitet Jürgen Todenhöfer die Lüge, die israelische Politik hinge einer rassistischen Ideologie der Unterlegenheit von Arabern und Palästinensern an. Dabei predigen arabische Parteien und Organisationen von Fatah bis Hamas die Überlegenheit des Islams und leiten aus ihr das Recht und die Pflicht eines jedes Moslems ab, an der Vernichtung aller Juden aktiv teilzunehmen. Es gibt keine rassistische Charta Israels. Die Charta der Hamas aber gibt es. Die Charta ist so real wie Jürgen Todenhöfer, der über Israel hetzt. Da möchte man doch fragen:

„Mister Todenhöfer, protestiert Ihr Gewissen eigentlich nie, wenn Sie über Juden so sprechen, wie es die verfluchten Nazis über Juden getan haben?“

 

Gerd Buurmann ist Schauspieler, Stand-up-Comedian und Kabarettist. Er spielt, schreibt und inszeniert in diversen freien Theatern von Köln bis Berlin. Seit April 2022 moderiert er den Podcast „Indubio“ der Achse des Guten.

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Leserpost

netiquette:

Horst Kruse / 02.04.2024

Herbert Wehner hat diesen Typen schon vor Jahrzehnten durchschaut : ” Hodentöter ” !

W. Renner / 02.04.2024

Hinter dem Horizont lauert die Leere. Dort scheint das Team Hodentöter endgültig angekommen zu sein.

Jochen Lindt / 02.04.2024

Araber sind Juden und Juden sind Nazis. Gaza ist ein KZ und Netanjahu ist Eichmann.  Todenhöfer ist Jesus. Amen.

Joh. Hoffmann / 02.04.2024

Der ist doch schon recht lange verwirrt.

Yehudit de Toledo Gruber / 02.04.2024

Shalom, sehr geehrter Herr Herr Buurmann, Sie haben knackig und präzise aufgereiht, was einem vor Entsetzen gar nicht gleich und so einfach von den Lippen kommt in Diskussionen mit ähnlichen, armseligen Deutschen wie diesem unterirdischen Todenhöfer. Sehr gut! Ostermontag ist ja noch nicht so lange her, ich bin deshalb gespannt, welche Reaktionen seitens unseres Zentralrates, seiner unzähligen Antisemitismusbeauftragten und sonstigen eilfertigen Recherche-Teams zu erwarten sind. Gemessen am aktuellen Aufschrei sämtlicher nationaler und internationaler Medien aufgrund der von der IDF versehentlich getöteten 7 Mitglieder einer Hilfsorganisation in Gaza - ein Verteidigungskrieg sind eben keine Sandkastenspiele - verblassen immer mehr die entsetzlichen und g e p l a n t e n Gräueltaten der Hamas und ihrer nicht wenigen “palästinensischen” Unterstützer.  Und bis zum heutigen Tag befinden sich vollkommen g e p l a n t noch immer sehr viele verschleppte Geiseln (tot oder lebendig)  in den Händen von Hamas und ihren sich unschuldig gebenden, “palästinensischen” Unterstützern. Längst herrscht Stille darüber in sämtlichen Medien.  Es ist so elendig und bedrückend, wahrnehmen zu müssen, welche Zeiten hier wieder angebrochen sind.

MarcusCato / 02.04.2024

Eine solch hetzerische und von Judenhass erfüllte Aussage überrascht angesichts Todenhöfers politischer Vergangenheit als rechter Hardliner im Bundestag nicht sonderlich. Es hilft immer, die Vita eines Menschen zu betrachten, um ihn zu erkennen.

Talman Rahmenschneider / 02.04.2024

Es werden grundsätzlich viel zu viele Leute mit den Nationalsozialisten verglichen. Todenhöfers Vergleich ist besonders abartig. Im Prinzip darf aber niemand mit den NS verglichen werden, 1. weil es die Opfer bagatellisiert, 2. weil eine Gewöhnung eintritt, die den NS nicht mehr als den Schrecken sieht, der er war, vor allem für Juden und ihre Familien, aber auch für andere wie z.B. Oppositionelle. Wir haben nun derzeit drei, die mit Herrn Hitler verglichen werden: Trump, Putin und Netanyahu. Wenn es nicht so armselig wäre, müsste man eine Runde Lachen anfordern.

Martin Müller / 02.04.2024

Wer überall Nazis sieht, hat wohl auch nur Nazi im Kopf.

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