Henryk M. Broder / 17.08.2017 / 13:57 / Foto: National Geographic / 9 / Seite ausdrucken

Merkel, eine Meisterin der Äquidistanz

Erst hat das „Weltjudentum“ dem Deutschen Reich den Krieg erklärt, später haben die Polen den Sender Gleiwitz überfallen, und so kam es dann zum Zweiten Weltkrieg. Deutschland wurde provoziert und musste sich verteidigen.

Das ist nicht der Plot einer Komödie von Mel Brooks, das war eine bis in die achtziger Jahre weit verbreitete Ansicht – nicht nur unter den Wählern der NPD und den Lesern der National-Zeitung. Sie hat sich auch nicht in Luft aufgelöst, sie wurde nur von Ereignissen wie dem Fall der Mauer in den Hintergrund gedrängt. Aber das Muster ist geblieben. Die Täter können nichts dafür. Schuld sind die Opfer.

„Wer Wind sät, wird Sturm ernten“ war eine der Parolen der „Friedensbewegung“ nach 9/11, deren Anhänger Angst vor einer „Eskalation“ hatten. Dass die Anschläge der Terroristen eine Reaktion auf das imperialistische Regime der USA waren, konnte man auch in seriösen Zeitungen wie der FAZ lesen und in anspruchsvollen Fernsehmagazinen wie der „kulturzeit“ hören. Heute muss eine progressive Theologin wie Margot Käßmann nicht fürchten, sich lächerlich zu machen, wenn sie erklärt, auch die Terroristen seien ein „Ebenbild Gottes“, und es wäre besser, mit den Taliban zu beten, als sie zu bomben. Die Nächstenliebe der guten Deutschen kennt keine Grenzen.

Es sei denn, es geht um die USA. Die sind immer der Aggressor; egal, ob sie von Terroristen heimgesucht oder von einem todessüchtigen Irren mit Langstreckenraketen bedroht werden. Der deutsche Antiamerikanismus, der während der acht Obama-Jahre eine Pause eingelegt hatte, ist wieder da. Trump „zündelt“, Trump „droht“, Trump „provoziert“, Trump „gießt Öl ins Feuer“, Trump „spielt mit dem Feuer“. Warum macht er das? Die ZDF-Frau in Washington weiß es. Trumps Regierung, sagt sie, „sendet täglich widersprechende Botschaften“, klar sei nur eines: „Trumps martialische Worte kommen an bei seiner Basis, in einer Zeit, da er innenpolitisch keine Erfolge vorzuweisen hat.“

Was für ein Glück, dass die deutsche Kanzlerin, eine Meisterin der Äquidistanz, kühlen Kopf behält und ohne Rücksicht auf ihre Basis „beide Seiten zur Mäßigung“ aufruft. Mal schauen, was sie sagen wird, wenn ein Geschenk von Kim Jong-un neben ihrem Wochenendhaus in der Uckermark einschlägt.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

 

Foto: National Geographic tumblr via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Winfried Jäger / 17.08.2017

Lieber Herr Broder, bei aller Wertschätzung, aber es gibt keinen “deutschen” Antiamerikanismus. Es gibt einen linken Antiamerikanismus und die Linken haben sich eben in den Medien, Universitäten, Stiftungen, Schulen etc. breit gemacht. Also überall dort, wo das gesprochene Wort und Überzeugungen gelten, weniger Leistung und Produktivität.  Der normale deutsche Steuerknecht außerhalb des Staatsdienstes ist weder antiamerikanisch noch Antisemit.

Wilfried Cremer / 17.08.2017

Frau Merkel gibt schon mal die Funktionsweise des selbstfahrenden Automobils vor, mit Sensoren nach allen Seiten.

Jens Frisch / 17.08.2017

“Heute muss eine progressive Theologin wie Margot Käßmann nicht fürchten, sich lächerlich zu machen, wenn sie erklärt:” Zitat: “Zwei deutsche Eltern, vier deutsche Großeltern, da weiß man, woher der braune Wind weht.” Was Sie “progressiv” nennen, nenne ich eine dumpfe Rassistin, gegen die ich im Vergleich Claudia Roth und KGE noch als ernstzunehmende und seriöse Politikerinnen durchgehen lasse.

Roland Müller / 17.08.2017

Der deutsche Antiamerikanismus hat während, der acht Obama-Jahre eine Pause eingelegt. Dabei wäre er in Anbetracht der desaströsen Außenpolitik des Messias aller deutschen Linksgrünen und ihrer Trittbrettfahrer und Mitläufer in diesen acht Pausenjahren ausnahmsweise berechtigt gewesen.

Gabriele Schulze / 17.08.2017

Vielleicht wollte M. ja eigentlich Papst werden….fehlt nur noch ex cathedra. Ja, Trump ist so etwas wie ein Code-Wort, man muß es nur aussprechen, und schon werden Augen wissend zum Himmel gerollt, man muß sich gar nicht um präzisere Aussagen bemühen. Genauso mit USA, genauso mit Israel - Faulheit eigentlich. (Hat nichts mit dem Thema zu tun, aber Kompliment übrigens für die Auswahl der Fotos!)

Manfred Gimmler / 17.08.2017

Warum loben Sie die Kanzlerin als Meisterin der Äquidistanz? Sie fühlt sich trotz ihrer bereits lang anhaltenden politischen Irrfahrt als das Zentrum Europas - ja der freien Welt. Wenn nun Parteisoldaten, Claqueure und Stichwortgeber auf Parteitagen, Gipfeln und Gesprächsrunden freiwillig in einem bestimmten Radius um sie kreisen, so sind offensichtlich solche meisterlichen Fähigkeiten nicht erforderlich. Weder ist sie eine Meisterin der Äquidistanz noch denkt sie die Dinge vom Ende her. Sie fährt nicht einmal auf Sicht. Sie schippert einfach in ihrem Kahn mit ihren Getreuen auf dem Wasser und freut sich.

Stefan Maschke / 17.08.2017

Wie Merkel auf ein nordkoreanisches Geschenk in der Uckermark reagieren würde? Keine Ahnung, aber in den Medien wäre sofort die AfD schuld. Schließlich hat die AfD, lt. Spiegelkolumne, auch schon die Riots in Charlottesville mitverursacht.

Eckhard Sperber / 17.08.2017

Einspruch: Der Antiamerikanismus hatte keine Pause eingelegt, sonden manifestierte sich als Obamabegeisterung!

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