Vera Lengsfeld / 04.05.2021 / 13:00 / Foto: Imago / 59 / Seite ausdrucken

Wozu wählen? Bundesregierung hält verhaltensbezogene Daten für Demokratieersatz

Der Titel der Broschüre, auch als PDF herunterzuladen, klingt harmlos: „Smart City Charta – Digitale Transformation in den Kommunen nachhaltig gestalten“ (Achgut.com wies schon im November 2020 hier darauf hin.) Nur ganz böswillige Querdenker erinnert dieses Neusprech an das „smart grid“, das die gewohnte Grundlast ersetzen und die Energieversorgung der Zukunft „spannend“ machen soll, was nur Verschwörungstheoretiker als „Stromzuteilung" respektive Abschaltung ansehen.

Die Federführung bei „Smart City“ hat das Umweltministerium, aber das Bundeskanzleramt, das Innenministerium, der DGB und alle möglichen anderen Organisationen, genannt Zivilgesellschaft, sind mit im Boot. Außerdem bezieht sich „Smart City“ auf ähnliche Papiere der EU und der UNO. Es handelt sich also nicht um die Fieberphantasie von ein paar Spinnern, sondern um das Vorhaben derer, die sich als die „Player“ auf Landes-, Europa- und globaler Ebene ansehen.

Was ich jetzt referiere, kann man in diesem Papier unter der Überschrift „Smart City in the era of Internet of No Things“ (ab Seite 42) nachlesen. Darin beschreibt ein Vordenker der Bundesregierung, Roope Mokka, wie die digitalen Technologien in unser Umfeld integriert werden sollen. Die Fähigkeit von Geräten und Sensoren, die in der Lage sind, die benötigte Energie kostengünstig aus ihrer Umwelt zu generieren (nur den Bösen fällt jetzt „Matrix“ ein, wo Menschen den Geräten die notwendige Energie liefern), befähigt sie „Services und Dienstleistungen on demand“ bereitzustellen. Mit Energie-Harvesting wird man „nahezu unbegrenzte Möglichkeiten für Datengenerierung und -verarbeitung haben. Die sollen genutzt werden, um das physische Umfeld des Menschen, Straßen, Häuser, Türen, Verkehr usw. zu kontrollieren. „Wenn alle Autos von Uber und alle Häuser von AirBnB betrieben würden, wäre eine irrelevante Google-Suche überflüssig.“

Das wären die Folgen: Häuser stünden nicht mehr leer, sondern würden immer zuverlässig belegt, Autos desgleichen. Das kann man noch harmlos oder sogar sinnvoll finden. Es soll aber auch keine Wahl mehr geben, denn die Künstliche Intelligenz entscheidet für uns, z.B. wie wir von A nach B kommen. Dank umfassender Informationen über alle Ressourcen „macht es weniger Sinn, etwas zu besitzen. Vielleicht wird Privateigentum in der Tat ein Luxus“. Daten könnten Geld ersetzen. Märkte seien als Informationssysteme zu einfach. Sie übermittelten nur, dass etwas gekauft wird, nicht warum. Diese Informationslücke würden Sensoren schließen.

Die Offenbarung kommt auf Seite 43 unter der Überschrift „Post voting society“:

„Da wir genau wissen, was die Leute tun und möchten, gibt es weniger Bedarf an Wahlen, Mehrheitsfindungen oder Abstimmungen. Verhaltensbezogene Daten können Demokratie als das gesellschaftliche Feedbacksystem ersetzen.“

Das steht nicht in einem Querdenker-Pamphlet, sondern in einer Broschüre der Bundesregierung! Wo bleibt der Verfassungsschutz?

Foto: Imago

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Elias Schwarz / 04.05.2021

Diesen Smartcities fehlen noch die rosaroten Wälder, wo die rosaroten Einhörnchen mit fliegenden rosaroten Elephanten tanzen. Für ein bißchen mehr Realitätsgefühl und ein bißchen weniger Fantansie.

Marion Sönnichsen / 04.05.2021

Meiner 16-jährigen Tochter ist aufgefallen, dass in der Werbung die Begriffe „smart“ und „intelligent“ permanent in Verbindung mit Technik Anwendung finden. Das Framing beginnt also schon. Zu dumm, dass das schon 16-Jährigen auffällt.

lutzgerke / 04.05.2021

Das Wesen der Fama („das Gerücht“) und ihre Wohnstätte; von Ovid (43 v.Chr-17 n. Chr.) / Leichtes Gesindel erfüllt die Hallen: ein Kommen und Gehen! / Tausend Gerüchte durchschwärmen die Räume;  es mischen erfundene / Sich mit den wahren; es schwirrt ein verwirrtes Gemengsel von Worten! / Diese durchdringen die Lüfte, die leeren, mit Schwätzen, und jene / Tragen Erzähltes davon: es wächst das Maß des Erlogenen. / Irgendein Neuer erfindet noch anderes zu dem, was er hörte. / Dort ist verwegener Irrtum zu Hause und gläubiger Leichtsinn, /  Nichtige Lust wohnt dort und entsetzlich erschütternde Ängste, / Jählings erregter Tumult und Geflüster, man weiß nicht, von wannen. / Sie, die Herrin, erblickt, was im Himmel, im Meer und auf Erden / Irgend geschieht: ihr Forschen durchdringt das gewaltige Weltall. / Ovid war nach eigenem Bekenntnis trotz seiner Verbannung der meistgelesene Dichter seiner Zeit und, wie sollte es anderes sein, auch der späteren. Vielleicht, um dem Ganzen die Spitze zu nehmen?

Günter H. Probst / 04.05.2021

Das sollten Sie aber doch wissen: Der Verfassungsschutz ist eine untergeordnete Behörde der Bundesregierung.

Jochen Winter / 04.05.2021

“Das steht nicht in einem Querdenker-Pamphlet, sondern in einer Broschüre der Bundesregierung! Wo bleibt der Verfassungsschutz?” Liebe Frau Lengsfeld, wenn es keine Verfassung mehr gibt - mit Grundrechten und so - und der Staat in eine Impf-Apartheit stolpert, dann braucht es auch keine Verfassungsschutz! Wandern wir aus!

Albert Sommer / 04.05.2021

Ich bin im letzten Jahr noch einmal eine Belgische Autobahn gen Brüssel gefahren. Nach den Schlagloch-DDR-Autobahnen der (ach so reichen) Bundesrepublik Deutschland, war das Befahren der Düsseldorfer Autobahnen ein doppeltes Vergnügen. Zum einen war der Asphalt (vermutlich durch EU-Zahlungen) so herrlich glatt und hochwertig war, zum andren aber auch, weil in Richtung Brüssel die ganze Autobahn mit tausenden “Laternenmasten” beleuchtet war. Ich empfand die Anzahl der “Laternenmasten” auf bevorstehende Ereignisse in der der Zukunft als SEHR erfreulich, befriedigend und beruhigend…. Wie groß war doch gleich noch das nicht demokratisch legitimierte EU-Parlament?

Albert Pflüger / 04.05.2021

Das nennen die “Governance”. Ein Ansatz, der meint, auch ohne Demokratie eine Verwaltung auf die Beine stellen zu können, die die Interessen der Bürger bedient. So etwas dient vor allem einer ausufernden Schicht von Schmarotzern und Despoten.

Burkhard Mundt / 04.05.2021

Ist doch prima. Dann brauchen wir auch nur noch ganz wenige Abgeordnete. Und Parteien, die an der politischen Willensbildung mitwirken schon gar nicht.

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