Gastautor / 17.10.2023 / 11:00 / Foto: Pixabay / 20 / Seite ausdrucken

Wokes „Voice“-Referendum: Warum die Australier Nein sagten

Von Hans Peter Dietz.

In Australien ist ein Referendum, das die Bildung einer nicht gewählten Nebenregierung aus Ureinwohnern ("Indigenous Voice to Government") vorsah, an einer großen Mehrheit der Bürger gescheitert. Die machten damit gleichzeitig ihrer Verärgerung über immer „wokere" und undemokratische Bevormundung Luft.

In den letzten Monaten war das zentrale innenpolitische Thema in Australien ein Referendum, welches eine Verfassungsänderung zur Etablierung einer "Indigenous Voice to Government" vorsah. Dieses Referendum ist nun für unsere sozialdemokratische Regierung spektakulär verlorengegangen. Alle sechs Bundesstaaten und 61 Prozent der Wähler haben dagegen gestimmt, obwohl unser Premierminister Albanese noch ein paar Tage vorher unter Tränen um Zustimmung gebettelt hatte. Manche Kommentatoren nennen es unseren „Brexit-Moment“ und eine „Revolte“. Die Auswirkungen sind unabsehbar. Was ist da passiert?

Die "Voice" ist eine Idee von Aborigine-Aktivisten, die als "Uluru Statement" in 2017 formuliert worden war und von der damaligen konservativen Regierung zurückgewiesen wurde, da sie eine substanzielle Änderung der Verfassung notwendig machen würde. In 2019 hat dann eine "Senior advisory Group" von Aborigine-Aktivisten und Akademikern (Tom Calma, Marcia Langton) die Substanz der angestrebten Verfassungsänderung formal definiert und bei der Labour Party, damals in der Opposition, dafür geworben.

Das Dokument bezeichnete die "Voice", ein nicht gewähltes, in der Verfassung verankertes Gremium von Aborigines, als ersten Schritt zu "Treaty2“, "Reparations", "Sovereignty". Manche der verantwortlichen Aktivisten wollen einen eigenen Staat im Staat, finanziert von Australien, mehrere sind bekennende Marxisten. Es wurde nie klar, wieviel Macht diese "Voice", ein ungewählter Aboriginal-„Bürgerrat“, ausüben würde. Wenn man wissen will, wie weit manche dieser Aktivisten zu gehen bereit sind, sollte man die Senatorin Lidia Thorpe googeln, die selbst den Grünen zu radikal war.

Unmittelbar nach der letzten Wahl im Mai 2022 hatte unser neuer Premierminister Albanese vom linken Flügel der Labor Party (Sozialdemokraten) ein Referendum zur Etablierung der "Voice" angekündigt, und bis Mitte des Jahres sah es für ihn auch ganz gut aus. Einerseits waren die Umfragen sehr positiv mit 60 Prozent Ja-Stimmen. Andererseits waren selbst prominente Konservative wie die frühere Außenministerin Julie Bishop und der frühere Regierungschef Malcolm Turnbull dafür. Und in Australien kann die Verfassung leichter geändert werden als anderswo: Man braucht eine einfache Mehrheit in 4/6 Bundesländern und die einfache Mehrheit in ganz Australien. In Deutschland ist so etwas um einiges schwieriger. 

Eine zunehmend aggressiv geführte Diskussion

Albanese machte diese Verfassungsänderung zur wichtigsten Aufgabe seiner Legislaturperiode. Er sagte, sobald sie beschlossen sei, werde seine Regierung mit Hilfe der Grünen einschlägige Gesetze verabschieden. Er hat allerdings nie erklärt, wie solche Gesetze aussehen würden.

In den letzten Wochen gab es eine zunehmend aggressiv geführte Diskussion. Ich selbst bin im Wahlkampf für die No-Kampagne viele Male als Rassist beschimpft worden. Die "Yes"-Kampagne wurde mit vielen Millionen Spendengeldern unterstützt, von fast allen Mainstream-Medien, den meisten Universitäten und professionellen Vereinigungen wie Ärzten und Anwälten, und durch 14 von 20 der größten australischen Unternehmen. Die Pro-Argumente waren ausschließlich emotionaler Natur: Es sei moralisch geboten, Ausgleich für Verbrechen der Vergangenheit zu liefern, es sei die Zukunft, die "Voice" werde die Lebensbedingungen von Aborigines verbessern. Die Slogans waren: "Vote with the heart", "It’s the right thing to do", "Listen to the better angels of your nature", "Do the right thing". Um ehrlich zu sein, fand ich es erstaunlich, wie viele Menschen auf solch banale Propaganda hereinfielen, doch während Covid war’s ja auch nicht anders.

Die Kontra-Argumente waren da schon um einiges rationaler. Zum ersten war da die Tatsache, dass Aborigines schon viel mehr politische Macht haben, als man für 3,8 Prozent der Bevölkerung erwarten würde. Über fünf Prozent aller Abgeordneten im Bundesparlament sind Aborigines, es gibt tausende von Aborigine-Körperschaften, und im Jahr werden über 35 Milliarden Dollar exklusiv für Aborigine-Programme ausgegeben. Es gibt über 100 verschiedene Stipendien nur für Aborigines, und im Zuge von "Affirmative action" wie in den USA sind Aborigines zum Beispiel an Universitäten schon lange im Vorteil. Was die deutlich kürzere Lebenserwartung angeht, eines der offensichtlichen Hauptprobleme, sind zum Teil abgelegene Wohnorte verantwortlich, zum Teil Drogen und Alkohol, aber auch genetische Faktoren und das, was man als ‘Lebensstil’ bezeichnet. Eine Assistenzärztin hatte dies bei einer anderen Kollegin schon vor zehn Jahren in einem privaten Gespräch im Krankenhaus angesprochen und damit fast ihre Karriere beendet.

Ein fundamental rassistisches Konzept

Das wichtigste Argument war aber, dass die "Voice" nicht ein demokratisches, sondern ein fundamental rassistisches Konzept ist. Wir wissen nicht, wie ein solches Gremium besetzt würde, nur, dass es rassenbasiert ist. Es würde die Gewaltenteilung zerstören, weil die "Voice" über Legislative, Exekutive und Judikative steht. Wir hatten eine Vorschau auf Konsequenzen mit dem West Australia Aboriginal Heritage Act Anfang Juli dieses Jahres. Ab 1.100 Quadratmeter Grundstücksgröße mussten einen Monat lang Aborigine-Elders konsultiert werden, wenn der Besitzer Bäume pflanzen oder einen Zaun ziehen wollte. Das Gesetz wurde nach nur einem Monat von der dortigen Labour Regierung kassiert, da es zu viel Munition für die No-Kampagne lieferte. West Australia hat nun mit über 63 Prozent Nein gestimmt. Übrigens waren die Haupt-Wahlkämpfer für die No-Kampagne zwei national bekannte Aborigines: Jacinta Nampijinpa Price und Warren Mundine, die sich in den letzten Wochen die übelsten Beleidigungen anhören mussten.

Dieses Ergebnis von 60,6 Prozent No ist noch etwas schlechter als die letzten Umfragen, doch es war seit Monaten absehbar, dass das Referendum scheitern würde. Ich glaubte, Albanese würde vor Ankündigung des Datums das Ganze Ende August absagen, mit dem Argument, dass die bösen Rassisten sonst die Reputation und das soziale Klima im ganzen Land beschädigen würden. Es hätte eine krachende Niederlage vermieden und dem Land 450 Millionen Dollar gespart. Warum ist Albanese ein derartiges Risiko eingegangen?

Abschaffung des Grundprinzips „one man, one vote“

Die erste Erklärung: Canberra ist der winzige grüne (Ja) Fleck in einem Meer von Orange (Nein) Die Hauptstadt scheint komplett vom Rest des Landes abgekoppelt. Aber Deutsche sind so etwas ja gewöhnt. Die zweite Erklärung lässt sich in der "woken" Verrücktheit des Antirassismus und der "De-Kolonialisierung" finden. Leute in den reichsten Wahlbezirken, an den Universitäten und in der Staatsbürokratie wissen es einfach besser. Sie unterstützen Anti-Rassismus (das heißt anti-weißen Rassismus), Vergeltung oder Sühne für Kolonisation, wie in Kanada und Neuseeland – wo am selben Tag übrigens die Konservativen einen Erdrutschsieg errungen haben.

In dieser Parallelwelt wird die Realität so lange ausgeblendet, wie es nur möglich ist. Die Eliten wissen, dass der Pöbel bigott und rassistisch ist. Am besten, man ignoriert die gemeinen Leute einfach. Wenn das nicht mehr geht, muss man sie umerziehen (siehe das "formal reprogramming" von Hillary Clinton) oder man muss sie entmachten. Das letztere ist offensichtlich der Zweck von "Bürgerräten". Die "Voice" war da schon die richtige Idee: ein antirassistischer Bürgerrat. Leider haben die bösen Konservativen alles kaputtgemacht und die Nation gespalten. 

Die beste Analyse kam gestern von einem alten weißen Mann, David Kemp, ein ehemaliger Minister der Konservativen: Die Haupt-Nutznießer der liberalen Demokratie seien schon immer die kleinen Leute gewesen. Die hätten intuitiv begriffen, dass eine Abschaffung des Grundprinzips "one man, one vote" für sie ein Desaster wäre. In der Ablehnung der "Voice" haben nun viele Australier ihre Stimme wiedergefunden. Mir wurde im Wahlkampf oft gesagt, man sage nicht nur „Nein" zur "Voice", sondern auch zu vielen anderen Zumutungen der letzten Jahre.

Die reichsten Wahlbezirke, deren Einwohner schon vor 200 Jahren die Geschicke des Landes dominierten, waren denn auch unter den Wenigen, die mehrheitlich mit „Ja" gestimmt haben. Wie in England, Sachsen oder Virginia sind es die kleinen Leute, die unsere Demokratie retten. Ist das nicht großartig? Oder, wie man hier sagt: Bonza mate! It’s a ripper.

 

Hans Peter Dietz lebt in Australien.

Foto: Pixabay

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

SHolder / 17.10.2023

Ich beneide die Australier um ihr Wahlvolk und bin gleichfalls schockiert, wie das “grün-woke” System überall in der Welt angewendet wird. Leider fehlt mir hierzulande langsam die Hoffnung, dass hier Wahlen oder Abstimmungen Abhilfe schaffen.

Lutz Herrmann / 17.10.2023

Wer sind denn unsere Ureinwohner, wenn man mal fragen darf!?

Dr.Jäger / 17.10.2023

jan blank , Australia, du HATTEST es besser. Ich war in den 1990ern längere Zeit dort, es hat sich gewaltig verändert. Totale Versager werden Politiker und kommen an die Macht.Paranoia vor Krankheiten, Schuldgefühle bei jungen Menschen, die für die unbestrittenen Greueltaten ihrer Vorfahren büssen wollen., und anderen ihr Leben ins Kleinste vorschreiben wollen.80 Prozent aller Aussies sind Stadtmenschen, oft wohlstandsverwahrloste Zeitgenossen,das kommt dann davon, wenn man in der Blase weitab der Realität haust. Neuseeland hat es noch weiter gebracht, die viele Maoris haben das Sozialsystem geplündert, dank linker Regierungen,die Quittung kam mit der letzten Wahl. Durch Schaden erst klug geworden. Hatte auch mit einer Maorifamilie guten Kontakt,die von den asozialen “Landsleuten”  eine klare Meinung hatten.“Faules Pack, man muss sich schämen,mit solchem Abschaum in Zusammenhang gebracht zu werden, und es werden leider immer mehr.” RIP Charlie H.”

Sabine Schönfeld / 17.10.2023

Bei dem Känguru mit Boxhandschuhen fällt mir nur immer das kommunistische Känguru ein und wie es sich in althergebrachter WG-Manier in Küche und Leben des Autors Kling einnistet. “Wehret den Anfängen” sage ich da nur. Wenn immer sich jemand auf der Basis von undemokratischen Prinzipien einen Vorteil verschaffen will, sollte man das grundsätzlich verhindern. Bildung und Aufstieg ist in einer modernen Gesellschaft für jeden möglich, für einen ist es härter als für den anderen, aber so werden die Karten verteilt. Und neue Ungerechtigkeit ist kein Ausgleich für alte. Man hätte das Geld für die Kampagnen in Bildungsförderung stecken können.

Thomas Szabó / 17.10.2023

Und was ist mit den muslimischen Ureinwohnern Deutschlands?! Denkt denn niemand an die Naturvölker im Görlitzer Park Berlin, an die polizeilich verfolgten Stammeskulturen der Görli-Drogendealer-Neandertaler?!

Wilfried Cremer / 17.10.2023

@ Herr Dr. Brauer, die Sorben wollen aber nicht. Und deshalb schlage ich die Roma vor. Die wollen.

AlexGross / 17.10.2023

Gratulation an die Ozzies, dass sie den linken Putschversuch zur Sowjetrepublik vereitelt haben, denn nichts anderes war dieser Versuch, einen ungewählten Rat mit Vetomacht neben das Parlament zu setzen. Deutschland und die EU arbeiten übrigens an Ähnlichem, mal geht es um Kinder, mal um Minderheiten, mal um die sog. „Zivilgesellschaft“, die „mehr direkte Mitsprache“ bekommen soll - und dazu natürlich jeweils von linkswoken NGOs vertreten wird. Ermutigend, dass jetzt überall von Italien, Spanien, Slowenien über Neuseeland und Australien bis Südamerika der Kulturmarxismus Niederlagen einstecken muss, von den kleinen Leuten und Bürgern, die Bevormundung, Verarmung und Steuergeldverschwendung satt haben. Leider aber bleibt Deutschland die letzte Bastion der selbsterklärten Weltenretter und leider haben die Linken überall Zeitbomben in Form von Gesetzen, Gehirnwäsche von Kindern/Studenten und einer Massenmigration platziert, die im Zeitverlauf die Freiheit der westlichen Gesellschaften zerstören wird, wenn nicht bald eine geistig moralische Wende gelingt.

Dr. Joachim Lucas / 17.10.2023

Großartig. Eine Blaupause für alle. Weg mit dem woken Scheiß. Angelsächsische Kulturen kriegen irgenwann immer die Kurve. Deutschland braucht vorher immer voll auf die 12.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Gastautor / 07.05.2024 / 13:00 / 9

Israels Geisel-Lobby besiegt die Sieger-Lobby

Von Daniel Pipes.  Die Befreiung der letzten noch lebenden Geiseln im Gazastreifen steht Israels Ziel im Wege, die Hamas entscheidend zu schlagen. Zu diesem Dilemma…/ mehr

Gastautor / 30.04.2024 / 06:15 / 30

Warum belohnt Biden Feinde und ignoriert Verbündete?

Von Michael Rubin. Demnächst wird der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, ein Feind Amerikas und Israels, in Washington empfangen. Joe Biden sollte besser einen Problemlöser…/ mehr

Gastautor / 17.04.2024 / 13:00 / 15

Islamismus: Täter und Wohltäter

Von Sam Westrop. Die globale islamistische Wohltätigkeitsorganisation Islamic Relief arbeitet mit hochrangigen Hamas-Beamten zusammen, darunter der Sohn des Terroristenführers Ismail Haniyeh. Während Mitglieder des Europäischen Parlaments im Januar…/ mehr

Gastautor / 16.04.2024 / 06:00 / 203

Doch, es war alles falsch!

Von Andreas Zimmermann. Wir brauchen eine Aufarbeitung der Corona-Jahre, bei der eben nicht diejenigen das Sagen haben, die die Verantwortung für die Verheerungen dieser Zeit…/ mehr

Gastautor / 13.04.2024 / 15:00 / 6

Aufbau eines menschenwürdigen Gazastreifens (2)

Von Daniel Pipes. In Live-Interviews auf Al Jazeera und in anderen arabischen Medien machen immer mehr Bewohner des Gazastreifens ihrer Abneigung gegen die Hamas Luft.…/ mehr

Gastautor / 06.04.2024 / 14:00 / 13

Der Westen muss Geiselnehmer ächten – nicht belohnen

Von Michael Rubin. US-Präsident Joe Biden erlaubt es der Hamas, Geiseln als Druckmittel für Zugeständnisse Israels einzusetzen. Diese Haltung ist inzwischen eher die Regel als die Ausnahme,…/ mehr

Gastautor / 30.03.2024 / 14:00 / 6

Islamische Expansion: Israels Wehrhaftigkeit als Vorbild

Von Eric Angerer. Angesichts arabisch-muslimischer Expansion verordnen die westlichen Eliten ihren Völkern Selbstverleugnung und Appeasement. Dabei sollten wir von Israel lernen, wie man sich mit…/ mehr

Gastautor / 30.03.2024 / 06:15 / 44

Wer rettet uns vor den Rettern?

Von Okko tom Brok. Seit der deutschen Einheit ist Deutschland von einem eigenartigen „Rettungsfieber” befallen. Jeder Rettung korrespondierte dabei eine „Wende”. Beide Begriffe wurden dabei…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com