Rüdiger Stobbe / 12.02.2019 / 10:00 / Foto: Doenertier82 / 15 / Seite ausdrucken

Woher kommt der Strom? 5. Woche und Januar 2019

Von Rüdiger Stobbe.

Warum sind die Tagesanalysen zur Strom-Herkunft so wichtig? Weil Durchschnittsbetrachtungen zur Stromerzeugung über größere Zeiträume den Eindruck vermitteln, dass es kaum Probleme gibt, dass die Energiewende auf einem guten Weg sei. 40 Prozent des Stroms in Deutschland werden bereits durch erneuerbare Energieträger erzeugt. 2030 sollen es 65 Prozent sein. Die fehlenden 35 Prozent sollen durch Gas hinzuerzeugt werden. In den nächsten Jahrzehnten werden diese 35 Prozent dann Zug-um-Zug ersetzt. Das ist die Idee. Hält diese Idee einem Realitätstest stand?

Greenpeace hat bereits Mitte 2017 eine „Energy Brainpool Studie" vorgelegt, die vorschlägt, die Wind- und Sonnenkraftwerkskapazität zu verdoppeln. Ebenso die Gaskraftwerkskapazität. Dann sei ein Kohleausstieg neben dem Ausstieg aus der Kernenergieerzeugung möglich. Kommuniziert wurde dies nicht. Erst im September 2018 kam ein Bericht z.B. in den Aachener Nachrichten. Ich habe den Gedanken aufgegriffen, die Zahlen simuliert und mit den realen Zahlen Januar 2019 abgeglichen. Doch zunächst die Tagesanalysen.

Die Tabelle, das daraus abgeleitete Chart zeigen für die Woche vom 27.1. bis 2.2.2019 nach den verheerenden Ergebnissen für Wind- und Windstrom zunächst einen akzeptablen Wert für Wind- und Sonnenstrom. Dann aber setzt tendenziell ein Rückgang ein.

Sonntag, 27.1.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 50,97 Prozent

Der absolute Wert Wind- und Sonnenstrom ist mit 0,63 Terawattstunden (TWh) höher als der des Vortages. Weil Sonntag ist, ist der Bedarf verhältnismäßig gering, so dass sich Erneuerbare und konventionelle Stromerzeugung die Waage halten. 0,31 TWh Strom werden exportiert.

Montag, 28.1.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 39,11 Prozent

Immer noch wird fast der Jahresdurchschnitt der Nettostromerzeugung 2018 durch erneuerbare Energieträger erreicht. Der Bedarf ist allerdings höher, so dass mehr konventioneller Strom erzeugt werden muss. Der Export liegt bei 0,27 TWh. 

Dienstag, 29.1.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 31,49 Prozent

Lediglich gut ein Viertel des Nettostrombedarfs von 1,55 TWh erzeugen die Wind- und Sonnenkraftwerke. Biomasse und Wasserkraft sorgen mit 0,17 TWh zusätzlich für gesamt 0,57 TWh Strom aus erneuerbaren Energieträgern. Was knapp ein Drittel des gesamten erzeugten Stroms ausmacht. 0,26 TWh Strom werden exportiert.

Mittwoch, 30.1.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 35,48 Prozent

Die Wind- und Sonnenstromausbeute steigt etwas an. Zusammen mit Biomasse und Wasserkraft werden 0,66 TWh von insgesamt 1,86 TWh erzeugt. Diesmal gut ein Drittel. 0,28 TWh Strom werden exportiert.

Donnerstag, 31.1.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 27,13 Prozent

Erstmals fällt die erneuerbare Stromerzeugung unter 30 Prozent der Gesamterzeugung. Nicht mal ein Drittel des Nettobedarfs liefern die erneuerbaren Energieträger.

Freitag, 1.2.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 31,61 Prozent

Wieder etwas mehr Wind, als gestern. Doch insgesamt ist das Winterwetter in Deutschland heute nicht gnädig mit den Windmüllern. Netto 1,53 TWh Strombedarf, 0,55 TWh durch Erneuerbare ist nicht befriedigend.

Samstag, 2.2.2019: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 21,99 Prozent

Der Tiefpunkt der Woche in Sachen Wind-, Sonnenstrom. 0,14 TWh Strom werden erzeugt. Wer hat schuld? Niemand! So ist halt das Wetter in Deutschland. Hier herrscht ein gemäßigtes Klima. Mal Wind, mal Sonne, mal warm, mal kalt. Niemals so lange, dass es für Flora und Fauna wirklich bedrohlich wäre. Nichts wirklich Extremes. Der sogenannte Dürresommer 2018 hat keine nachhaltigen Schäden verursacht. Jedenfalls nicht in der Natur. Höchstens auf den Bankkonten der Waldbesitzer und Bauern. 

Realistisch denkende Klimaschützer

Eine Verdoppelung der Wind- und Sonnenkraftwerke hätte max. 0,28 TWh Strom erzeugt. Womit wir beim Kohleausstiegsmodell von Greenpeace/Energy Brainpool wären. Offensichtlich haben sich realistisch denkende Klimaschützer von der vollständigen Dekarbonisierung Deutschlands verabschiedet. Bereits 2017: Bei Flaute sollen es Gaskraftwerke richten. Dann, wenn die verdoppelte Wind- und Sonnenstromerzeugungskapazität nicht ausreicht, um den Bedarf an Strom in Deutschland zu decken. Wie hätte das im Januar 2019 ausgesehen?

An 12 Tagen hätten die Erneuerbaren ausgereicht, um alleine den Tagesstrombedarf Deutschlands netto zu decken. Voraussetzung wäre die permanente Verfügbarkeit des erzeugten Stroms an jedem Ort in Deutschland (Stromtrassen) gewesen. Zusätzlich hätten 12,34 TWh Gasstrom erzeugt werden müssen, um an den übrigen 19 Tagen fehlenden Wind- und Sonnenstrom auszugleichen. Am 24.1.2019 wären als Tageswert 1,31 TWh Gasstrom nötig gewesen. Dafür hätte eine installierte Leistung Gas von 55 GW vorhanden sein müssen. Installiert sind z.Zt. etwa 30 GW. Es käme nach einer Verdoppelung also hin. Zumindest rein rechnerisch. Zu den Kosten des Modells in späteren Folgen mehr.

Der Januar zeigte praktisch alle Facetten der Stromerzeugung mittels erneuerbarer Energieträger. Hohe Windwerte, Windwerte fast gleich Null. Die Sonnenwerte sind kaum der Rede wert. Auch wenn die Balken groß aussehen. Das ist selbstverständlich vor allem dem Winter geschuldet. Die Sonne steht tief, hat wenig Kraft. Wenn sie denn die Solarpaneelen erreicht. Die Gesamtschau der einzelnen Energieträger zeigt, dass im Januar 7,31 TWh Strom exportiert wurden. Auch wenn dieser Strom überall verfügbar gewesen wäre und nicht als Reserve zum Nachsteuern der unregelmäßigen Stromerzeugung der Erneuerbaren nötig gewesen wäre, hätte dieser Strom gerade mal ausgereicht, um den Strom aus Kernenergie zu ersetzen. Im Durchschnitt. En Detail durchaus auch nicht immer. Die lilafarbenen Balken Exportstrom decken an einigen Tagen die roten Balken Kernkraftstrom nicht ab.

Womit die Problematik der Durchschnittsbetrachtung wieder offensichtlich wird. Fast 40 Prozent Strom durch Erneuerbare auch im Januar 2019 hören sich gut an. Sie sind aber nur Teil der schönen Geschichte "Energiewende". Die wahre Geschichte zeigt sich am 24.1.2019. Da bringen die Erneuerbaren lediglich 15,34 Prozent der Gesamtstrommenge. Wind- und Sonnenkraftwerke erzeugen sogar nur 0,07 TWh Strom. Das macht 4,3 Prozent des Gesamtbedarfs von 1,63 TWh netto.

Hier die bisherigen Folgen der Kolumne "Woher kommt der Strom?"Alle Werte von der Seite www.energy-charts.de, welche das Fraunhofer ISE bereitstellt. Bedenken Sie bei Vergleichen, dass die Zahlen des Fraunhofer ISE auch noch Wochen später verändert werden können. Geringe Abweichungen sind also möglich. Sie ändern allerdings kaum etwas an der Gesamttendenz. Alle Berechnungen von Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Stand 10.2.2019.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Jörg Themlitz / 12.02.2019

Ein Effekt der bisher wenig Beachtung findet. Was passiert, wenn ich der Umwelt Unmengen “Windenergie” entziehe und diese in elektrische Energie umwandele? Es weht weniger Wind. Die Windmüller wissen das. - IWR Windertragsindex -  Sind jetzt die Windräder dran schuld? Ein zeitlicher Zusammenhang ist erkennbar. Oder ist das Klima mal gerade wieder so? Kräftiger Wind wird zum bestäuben von Pflanzen benötigt. Besonders kritisch, wenn es sich jetzt die Bienen überlegen, den Hirngespinsten der Grünen zu folgen und kollektiven Selbstmord begehen.

Mathias Pauls / 12.02.2019

Danke für die Klarstellung. Meiner Meinung nach sind Sie aber zu nachsichtig. Was hilft es den in Zukunft von Stromsperren Betroffenen, wenn nach einem bewölkten und windstillen Tag, abends ein Sturmtief über das Land zieht und den Tagesdurchschnitt nach oben treibt. Es sollte im Stundentakt verglichen werden, besser alle 30 Minuten.

Regina Becker / 12.02.2019

Als erneuerbare Energieträger wären wir doch alle geeignet. Induktionsstrom durch Bewegung… das schafft nicht nur das niedliche Tierchen im Laufrad - das können wir alle. Die hüpfenden Schulschwänzer erzeugen ganz sicher einen guten Strom. Die Schulen könnten statt Stühlen entsprechende Geräte aufstellen (was auch für die Fitness gut wäre und den Ausfall des Sportunterrichts kompensieren könnte). Die Beleuchtung des Unterrichtsraumes könnte also über die Muskelkraft der umweltbegeisterten Schüler erfolgen. Übrigens wäre jede Mucki-Bude ein schönes Kraftwerk, wenn die umgewandelte Energie eingespeist bzw. gespeichert werden kann. Auf, auf ihr Spezialisten: Energie ist genug da. Die Blitze eines kurzen Gewitters könnten den gesamten Energiebedarf decken, sind aber nicht nutzbar (wird mit Gender-Forschung auch nicht erreicht werden können). Da können keine Windparks oder großflächige Solaranlagen mithalten, die eh nur die Landschaft verschandeln und m.E. auch nur eine Ergänzung statt Hauptbestandteil der Energieversorgung sein sollten - lieber sollte man auf diesen Flächen blütenreiche Pflanzen ansiedeln, damit die Bienen ihrer Aufgabe nachgehen können.

Gerald Krüger / 12.02.2019

Eine Verdoppelung der Wind- und PV-Anlagen hätte nicht automatisch auch eine Verdoppelung des Outputs zur Folge. Wenn der Input, bspw. wegen einer Dunkelflaute, fehlt, ist auch der Output “Null”. Somit müsste für jede kwh aus Wind und PV eine konventionelle Reserve bereitstehen. Eine hochentwickelte Industrienation funktioniert ausschließlich mit einer erschwinglichen und verläßlichen Energieversorung.  Die wird durch die unverantwortliche “alternative” Politik gefährdet. Im Moment steht D bereits bei den Strompreisen an der Weltspitze: Nur South Australia und Dänemark sind noch teurer. Dann auch noch 10 Milliarden Euro in gigantischen Batteriespeichern verbraten zu wollen ist einfach nur grünkranker Irrwitz.

JoPatera / 12.02.2019

Hallo Herr Stobbe, auch die Tagesstromanalyse ist eine Durchschnittsbetrachtung. Was ich mich frage, ist die Tagesstromanalyse ausreichend. Auf Stundenbasis oder auch Minutenbasis könnte der Anteil an regenerativ (Sonne, Wind) erzeugtem Strom relativ ja noch weiter sinken. Der “Gaspuffer” müsste dann noch höher sein. Eine stetige Analyse liefert womöglich noch extremere Werte bzgl. Anteil regenerativ erzeugtem Strom. Freundliche Grüsse

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Rüdiger Stobbe / 23.04.2024 / 11:00 / 2

Woher kommt der Strom? 15. Analysewoche 2024

Es werden große Mengen Strom importiert – in der Wochenmitte sogar mehr als ein Viertel des Bedarfs. Dafür folgt darauf eine Überproduktion. Die 15. Analysewoche…/ mehr

Rüdiger Stobbe / 16.04.2024 / 11:00 / 0

Woher kommt der Strom? 14. Analysewoche 2024

Abgesehen vom Ostermontag korrelierten die Niedrig- und Negativpreisphasen immer mit Nettoexporten Deutschlands ins europäische Ausland. Wenn wir Strom importierten, stieg der Preis. Bei der Betrachtung dieses…/ mehr

Rüdiger Stobbe / 09.04.2024 / 10:00 / 6

Woher kommt der Strom? 13. Analysewoche 2024

Der Sonntag zeigt, wie dumm es laufen kann: Über Tag kaum Windstrom. Ordentliche PV-Stromerzeugung. Und hohe Stromimporte: Innerhalb von vier Stunden steigt der Strompreis von Null…/ mehr

Rüdiger Stobbe / 02.04.2024 / 11:00 / 3

Woher kommt der Strom? 12. Analysewoche 2024

Geben und Nehmen: Bis zum 23. März 2024, 9:00 Uhr hat Deutschland permanent Strom importiert. Ab 10:00 Uhr bis zum Ende des Analysezeitraums wurde, bis auf…/ mehr

Rüdiger Stobbe / 26.03.2024 / 11:00 / 0

Woher kommt der Strom? 11. Analysewoche 2024

Fast die komplette Woche wird Strom aus dem benachbarten Ausland importiert. Nur am Donnerstag gibt es eine längere Unterbrechung, die 14 Stunden dauert. An diesem Chart erkennt…/ mehr

Rüdiger Stobbe / 12.03.2024 / 11:00 / 0

Woher kommt der Strom? 9. Analysewoche 2024

Geringe Windstromerzeugung macht immer wieder Importe notwendig. Außerdem: Rechnungshof-Schelte für Energiewender Habeck und das Revival der Verbrenner. 31 Stunden wurde in der neunten Analysewoche kaum Windstrom erzeugt.…/ mehr

Rüdiger Stobbe / 05.03.2024 / 11:00 / 5

Woher kommt der Strom? 8. Analysewoche 2024

Die regenerative Stromerzeugung ist insgesamt nicht übel, doch werden naturgemäß – und auch in dieser Woche – immer wieder Importe notwendig. Und die kosten. Offensichtlich…/ mehr

Rüdiger Stobbe / 27.02.2024 / 10:00 / 2

Woher kommt der Strom? 7. Analysewoche 2024

Leider schwankt die regenerative Stromerzeugung erheblich. PV-Strom- und Windstromerzeugung sind hochvolatil, wie die aktuelle Analysewoche belegt. Stromlücken können nur durch starken Stromimport geschlossen werden. Die…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com