Peter Grimm / 24.04.2020 / 14:00 / Foto: Bundesregierung/Steins / 127 / Seite ausdrucken

​​​​​​​„Wir sollten auf unsere Kanzlerin hören”

Sollte in nächster Zeit unter deutschen Medienschaffenden ein Merkel-Elogen-Preis ausgelobt werden, so dürfte die Jury an Miriam Khan vom Stern nicht vorbei kommen. Khan über ihr Glück mit der Kanzlerin:

„Ihre Besonnenheit, analytische Kühle und ihr Weitblick sind genau das, was wir in einer solch beispiellosen Situation brauchen. Wie froh können wir sein, dass Merkel noch da ist. Dass sie es ist, die uns durch die Pandemie steuert.“

Ja, die große Steuerfrau. Aber um zu zeigen, dass Frau Khan mehr als nur einen lobenden Satz zu bieten hat, ja dass sie mit Recht zur Meisterin der Kaisers-Geburtstags-Dichtung des 21. Jahrhunderts gekürt werden könnte, gönnen wir uns gleich noch ein weiteres Zitat:

„Angela Merkel ist keine Machtpolitikerin, sie ist keine, die regiert um des Regierens Willen. Sie ist demütig, stellt ihr Wirken in den Dienst des Landes. Um John F. Kennedy zu zitieren: ‚Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst.‘ Wenn Merkel entscheidet, hat sie nicht den persönlichen Vorteil vor Augen, sondern das Wohl ihrer Landsleute. Auch, wenn ihr in der Flüchtlingskrise und von rechten Hetzern das Gegenteil unterstellt wurde: ‚Wir schaffen das‘, hat Merkel gesagt. Und wir haben es geschafft. Genauso werden wir auch durch diese Epidemie kommen – wenn wir auf unsere Kanzlerin hören. Und das sollten wir, denn wir wissen, dass wir uns auf sie verlassen können.“

Ich gebe zu, an dieser Stelle habe ich etwas gezögert und mich gefragt, ob Frau Khan es hier vielleicht doch fachfremd in der Satire-Abteilung versucht hat. Aber vielleicht liegt mein Missverständnis einfach daran, dass ich noch so ein altes Deutsch verwende, ohne Gendersternchen und mit althergebrachten Pluralformen für alle Geschlechter. In diesem Deutsch heißt, etwas geschafft zu haben, dass man eine Arbeit mit Erfolg erledigt bzw. ein Problem gelöst hat. Bei Frau Khan ist die „Flüchtlingskrise“ wahrscheinlich geschafft, weil sie durch die nächste Krise in den Hintergrund der öffentlichen Wahrnehmung gerückt ist. Mit dem, was nicht geschafft wurde, haben ja auch nur die zu tun, die durch Beruf oder Lebensschicksal mit dem Alltag sogenannter Problemviertel oder sozialer Brennpunkte in Berührung kommen bzw. sich zur falschen Zeit im falschen Zug, Bus, Park oder Schwimmbad befinden. Wer all dies vermeiden kann, hat es ja geschafft.

Aber was bedeutet das nun, wenn man dieses „geschafft“ auf die Corona-Krise anwendet, wie Frau Khan es tut? Halt! Aufhören! Für solche Fragen ist Kaisers-Geburtstags-Dichtung einfach nicht gemacht. Man soll sich hier am lyrischen Genuss erquicken, um sich gegen zersetzenden Zweifel zu immunisieren:

„Wir können wirklich dankbar sein, dass Merkel immer noch da ist. Dass sie noch nicht amtsmüde ist. Denn auch wenn die Zeiten wahrlich sorgenvoll sind – zumindest darum müssen wir uns keine Sorgen machen. Bei Angela Merkel ist das Land in guten Händen.“

Was wohl Frau Khan in ihrer schönen Polit-Lyrik über Menschen schreiben würde, die sich eher Sorgen machen, weil das Land in den Händen von Angela Merkel zu bleiben droht?

Foto: Bundesregierung/Steins

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Leserpost

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S.Rohrwasser / 24.04.2020

@Frau Kumbroch: Bitte drehen Sie nicht durch. Ich trage seit einigen Wochen freiwillig eine Maske, wenn ich einkaufen gehe. Deswegen habe ich mich nicht Merkel unterworfen. Ich möchte damit vor allem andere Menschen schützen, weil ich ja nicht weiß, ob ich selbst das Virus in mir trage. Es soll durchaus Menschen geben, die schwerstens erkranken, wenn sie infiziert werden. Muss ja niemand ungewollt Kummer bereiten, wenn ich es mit so einer Marginalie wie einer Maske verhindern kann, die ich für ein paar Minuten trage. Schauen Sie mal nach Asien; die kennen sich mit Epidemien aus; die Menschen tragen erfahrungsbasiert ganz diszipliniert Masken; und Taiwans Demokratie und Freiheit hat darunter nicht gelitten. Wir Deutschen können viel von anderen lernen.

HaJo Wolf / 24.04.2020

@A. Groma_ Sie haben ARD und ZDF nebst Anhängseln vergessen.

H.Scheid / 24.04.2020

Was war ich doch in den 60/70er Jahren des letzten Jahrhunderts ein begeisterter “Sternleser.” Der “Linksliberale” (damals) Stern, durch Henry Nannen gegründet. Echt klasse, bis ich erfuhr, dass besagter Herr auch ein, na was wohl, Nazi war. Trotzdem waren viele gute Journalisten beim Stern beschäftigt, die super recherchierten und der “politischen Klasse die Stirn boten!” Diese Frau Miriam Khan heute dagegen ist ja so etwas von “neben der Spur”, dass einem übel wird! Ist die zu oft vom “Bobbycar” gefallen oder hat sich ihre Mami nicht genug um sie gekümmert und Merkel jetzt ihre späte “Ersatzmami"ist ?  Es könnte auch sein, dass sie in der Satireshow von Dieter Nuhr (im Ersten) auftreten will? Wenn man mit Verlaub die “größste Abrissbirne der deutschen Wirtschaft;” Frau Merkel, derart “lobhudelt”, kann, ja muss “wahrnehmungstechnisch” irgendwie etwas in der Sozialisation dieser Frau Khan schiefgelaufen sein! @Ulrich Jäger, ihre Zeilen…..klasse!!

Peter Petronius / 24.04.2020

Miriam Khan hat doch recht! Merkel fragt tatsächlich nicht, was ihr Land für sie tun kann, sondern was sie für die Türkei, den Magreb, die Levante (minus Israel) und, last but first, die französisch-luxemburgischen Vereinigten Staaten von Europa tun kann.

Karsten Dörre / 24.04.2020

Merkel bleibt über 2021 hinaus Bundeskanzlerin. Wir brauchen sie als Ikone, als Gottmutter, als Kirchenbild. Wen oder was sollen wir in einer christlosen Zeit anbeten?

A. Groma / 24.04.2020

Es gibt fünf Medienprodukte, die jegliche Glaubwürdigkeit für mich verspielt haben: ZEIT, SPIEGEL, STERN, SÜDDEUTSCHE und TAGESSPIEGEL. Zum Glück bin ich beruflich nicht gezwungen, die noch anzufassen. Nicht mal mehr mit der Kohlenzange!

Jörg Klöckner / 24.04.2020

Ich glaube, das Problem ist einfach zu lösen (und wenn man es ernst nimmt, hat man schon verloren): Da ist ein Text zusammen mit der Behauptung, er handle von einem bestimmten Gegenstand. In Wahrheit aber hat der Text nichts mit dem Gegenstand zu tun, und hätte auch sonst jedwedem Gegenstand zugeordnet werden können. Kurz: Ein Märchen mit vielen Platzhaltern, die heute so, und morgen so besetzt werden können! Die Autorin will einfach nur sagen, dass sie Merkel toll findet - und es wäre aufrichtiger gewesen, sie hätte es bei dieser Kürze belassen. Man darf jetzt nur nicht den Fehler machen zu glauben, sie hätte Begründungen geliefert. Das eigentliche Problem ist ein anderes: Was hat ihr Text in der Öffentlichkeit zu suchen?

Markus Viktor / 24.04.2020

Bevor die Überwachung durch Corona-Apps oder anders mit Macht intensiviert wird, sollten Frau Merkel und Konsorten erst mal Ihre Stasi-Akte der Öffentlichkeit vorlegen, was sie bisher verweigert hat, siehe die hier veröffentlichte Spurensuche von Hubertus Knabe. Notwendige Anforderung eines auf vernünftige Verfahren bestehenden Rechtsstaats. Ich zitiere einen hintersinnigen Kommentar zu dem damaligen Artikel: „Warum müssen Menschen, die in der Politik eine verantwortliche Rolle spielen wollen, nicht ihre Stasi-Akte freigeben? Frau Merkel würde sich mit einem solchen Akt entlasten können.“ Man könnte auch unsere angelsächsischen Befreier bitten, diesen Akt zum 08. Mai 2020 durchzuführen.

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