Manfred Haferburg / 22.11.2021 / 11:28 / Foto: Ciberprofe / 92 / Seite ausdrucken

Wie lange bleibt es noch friedlich?

Wenn zur Erklärung von Katastrophen der Hinweis auf Dummheit der Akteure ausreicht, braucht es keine Verschwörungstheorien. „Die Feigen und Kleinmütigen sind weder im Himmel noch in der Hölle willkommen, sondern müssen in einer Vorhölle nackt umherlaufen“, so Dante Alighieri. Es fehlt nur noch das Kind, das ausruft: „Der Kaiser ist ja nackt!“, um das politische Kartenhaus einstürzen zu lassen.

Die „Zahlen steigen“, der Tierarzt vom RKI prophezeit 100.000 Tote zum Weihnachtsfeste. Den Apokalyptikern „laufen die Intensivstationen voll“, nachdem ihnen die Intensivbetten samt Personal davongelaufen sind. Die Halbwertszeit des Ablaufs politischer Heilsankündigungen und Freiheitsversprechen auf Basis des „Pikses“ ist kleiner als die Druckzeit ihrer Jubelperserzeitungen. Bald steht der Kaiser splitternackt da.

Noch wähnen sich die Impf-Gutgläubigen voll kognitiver Dissonanz in Sicherheit, indem sie den ungeimpften Sündenböcken die Schuld für das komplette Impfversagen in die Schuhe schieben. Und schon haben sich „Wissenschaftler“ gefunden, die wissenschaftlich beweisen, dass es zwischen Zustimmung zur Regierungspolitik und Corona-Inzidenz eine indirekte Proportionalität gibt. So kann der gute Untertan gleichzeitig die Impf-Unfolgsamen und die Regierungskritiker, Querdenker, Verschwörungstheoretiker und Schwurbler hassen.

Der ganze verbale Hasswerkzeugkasten

Wer wurde in dieser Krise nicht schon alles zum Sündenbock ernannt, zum Schuldigen am Versagen der Verantwortlichen? Erst waren es chinesische Touristen, die von Angst-Irren mit Sagrotanflaschen auf offener Straße besprüht wurden. Dann waren es die „Apres-Ski-Wütigen“ aus Ischgl, denen der Tod unserer Oma egal war. Ein paar Monate später waren es die nach Deutschland vom Heimaturlaub zurückkehrenden Gastarbeiter. Sogar Einzelpersonen schafften es auf die Schuldzuweisungs-Titelblätter, eine „verantwortungslos partywütige US-Soldatin“ steckte angeblich eine ganze Stadt an. Dann gerieten die „vergnügungssüchtigen Jugendlichen“ ins Visier der Sündenbock-Schützen. Und jetzt sind es halt die „Ungeimpften“, auf die voller Hass geblickt wird.

Doch halt, ihr Geimpften, schon morgen könntet ihr die nächsten Sündenböcke sein, weil es die „Geboosterten“ so sehen. Dann wird es heißen, die Hospitäler seien voller Geimpfter, weil es so viele unsolidarische „Boosterverweigerer“ gibt, die ihre eigene Gesundheit über das Allgemeinwohl stellen. Später werden die „doppelt Geboosterten“ auf die „Geboosterten“ mit dem Schuldzuweisungsfinger zeigen. Wird dann bald die Impfabo-Armbinde zum Zeichen der Unschuld an der eingebildeten Misere ernannt?

Wen interessierte schon der mangelnde Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen, wenn sie doch den Politikern zur Ablenkung so willkommen waren? Damit keiner sich an die gebrochenen Worte erinnern möge, wurde der ganze verbale Hasswerkzeugkasten ausgepackt. Unsolidarische Egoisten war noch das Mindeste, was Medien und Politik den Ungeimpften anhingen. Von der politisch-medialen Bühne schmähten die größten Versager Ungeimpfte als Terroristen, Idioten und Schädlinge.

Sie verloren erst jeden Anstand, dann jede Scham. Kein Freiheitsversprechen, keine Impfzwang-Ablehnung, kein Schutzversprechen gilt mehr. Es gilt nur noch, die Gesellschaft möglichst tief zu spalten, um die eigene Unfähigkeit zu kaschieren.

Das Schauspiel der Demütigung der vermeintlichen Schuldigen

Die Spaltung der Gesellschaft ist nicht auf Dummheit zurückzuführen. So dumm sind die Akteure nicht, dass sie nicht darum wüssten. Es nützt ihnen, wenn der Hass der Geimpften auf die Ungeimpften Familien, Freundschaften, die Gesellschaft zerreißt. Unverdrossen säen sie Wind.

Die Scharfmacher sind aber zu dumm, die möglichen Folgen dieses Risses zu überblicken. Sie glauben, dass „teile und herrsche“ unbegrenzt funktioniert. Deshalb packen sie die Folterwerkzeuge für die Sündenböcke ohne jede Hemmung aus, wohl wissend, dass ein Teil der Bevölkerung und die Medien sich an dem Schauspiel der Demütigung der vermeintlichen Schuldigen ergötzen.

Soziale Ausgrenzung, Wegsperren, Ausbeuten, Verächtlichmachen, Zwangsimpfen – „es muss wehtun“, sagen sie ganz offen. Und mancher Pöbel klatscht Beifall dazu, ohne zu merken, dass er der Nächste sein wird, der dran ist. Denn Dantes Vorhölle wartet schon morgen auf diejenigen, die heute über das Elend der Geächteten frohlocken.

Nicht überall werden die staatlichen Übergriffe klaglos hingenommen. Guadeloupe ist im Generalstreik, Macron sendet das Militär. In den Hauptstädten Paris, Amsterdam, Brüssel, Rom und Wien demonstrieren Abertausende gegen die maßlosen Zwangsmaßnahmen.

Besorgniserregend ist, dass an den Rändern dieser friedlichen Demonstrationen eine Gewalt heranwächst, mit der die Windsäer nicht gerechnet haben. Sie kommt aus Ecken, die bisher unter ihrem politischen Schutz standen und daher von den Medien nicht thematisiert und von der Politik nicht wirksam eingehegt werden.

Wir sitzen auf einem Pulverfass

Wer hätte sich vorstellen können, dass die deutsche Polizei 2020 im Angesicht des Reichstages mit Wasserwerfern gegen friedlich demonstrierende Bürger vorgeht? Wer hätte sich die Bilder ausmalen können, dass – schon vor zwei Jahren in Paris – auf den Champs-Elysees Barrikaden brennen und die Gendarmen Demonstranten mit Gummikugeln die Augen ausschießen und mit Granaten Menschen vor dem französischen Parlamentsgebäude die Gliedmaßen abreißen? Wer hätte sich vorstellen können, dass in Rotterdam – im friedlichen Holland – die Polizei auf randalierende Demonstranten schießt und sieben verletzt?

Wir sitzen auf einem Pulverfass, und die Corona-Scharfmacher spielen mit Zündhölzern. Sie sagen: „Es muss wehtun“ und unterschätzen, dass sie damit Millionen Bürgern wehtun. Coronakrise, Inflation, Energiekrise – das alles türmt sich auf den Schultern derselben Menschen. Und es tut weh.

Es tut den Familien weh, es tut den Kindern weh. Druck erzeugt Zorn. Die Wut wächst und stößt auf den gesäten Hass der anderen Seite. Wenn es nicht die Corona-Wut ist, wird es die materielle Verelendung sein. Oder ein Blackout bringt aus heiterem Himmel unsere Zivilisation ins Wanken. Dazu das unkalkulierbare Verhalten einer unberechenbaren „Jugend- und Partyszene“.

Nicht jeder von den Betroffenen weiß seine Wut auf friedliche Weise auszudrücken. Zumal die Menschen lernen, dass friedliche Demonstrationen totgeschwiegen und weggelächelt werden. Macron nahm seine ausbeuterische Politik erst zurück, nachdem es wochenlang Gewalt auf den Straßen gegeben hat.

Wie lange bleibt es noch friedlich? Die Windsäer fangen an, ihren selbst gesäten Sturm zu ernten. 

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Leserpost

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Karl Kaiser / 22.11.2021

Seien wir dankbar. Wir hatten noch einen schönen Sommer.

L. Bauer / 22.11.2021

Wann wehrt sich das Volk? Na ja, mit den Wessis gibt es schon mal keine Revolution. Denen geht es immer noch zu gut und sie glauben wirklich was in der ARD gemeldet wird. Von ein paar Versprengten abgesehen, leider. Bitte nicht falsch verstehen, aber schauen Sie sich alle in ihrer Umgebung um, ob es da wirklich Menschen gibt, die überhaupt erstmal auf die Straße gehen, vom direkten Kampf reden wir da noch gar nicht.

Johannes Schumann / 22.11.2021

Dr. Justus Hoffmann vom Corona-Ausschuss fragte auch mal einem Experten, ob es vorstellbar ist, dass noch Schüsse fallen. Sie sind gefallen. Die Primärgewalt geht übrigens nicht von Demonstranten in diesem Falle aus, sondern vom Staat, der Ausgangssperren verhängt und Läden schließt und das nun zum wiederholten Male. Das ist Gewalt! Die Menschen sind bereit, diese Willkürmaßnahmen, die ihrer Gesundheit und ihre Existenzgrundlage abträglich sind, weiter zu akzeptieren.

Holger Sulz / 22.11.2021

Der gute alte Dante! Es war schon immer so: Katastrophen wurzeln stets auf dem Boden der Dummheit und Überheblichkeit- das war im Großen 1789 so und im Kleinen in Tschernobyl. Die Ursache heißt Verblödung, nicht Verschwörung. Wer wollte den europaweiten Polit-Pfeiffen noch Respekt zollen? Dieser ist längst verspielt durch Lug und Trug, allem Framing und Nudging zum Trotz. Nun ist die persönliche Achtung dran- man spricht allerorten von “Anna-Lenchen”, wenn die Rede auf die künftige Ministerin kommt und das ist nicht kumpelhaft gemeint, sondern was diese Person ist: Kindergarten, Anna-Lena darf jetzt auch mal Minister. Oder Flinten-Uschi: Als Erdogan sie aufs Katzensofa setze, war damit alles gesagt. Und die dumme Kuh ließ sich diese schallende Watsche auch noch bieten. Was viel über ihr Selbstverständnis aussagt. Bemerkenswert die Polit-Käsedeppen um Rute in Holland: Erst jahrelang auf taffe Kumpel machen mit Spendierhosen und Haschisch satt und dann den Macker markieren mit Wumme und so, wenn mal welche Party machen. Geht gar nicht, ej du. Völlig cool ein Jungspund im Netz: Hammwer nächstes Mal halt auch eine dabei. Eskalation ist nicht das Privileg nur einer Seite. Der Bengel (offensichtlich Einwanderersproß) sprachs gelassen aus. Und wenn die Exzesse des grünen Größenwahns erst zu harten Beeinträchtigungen führen, es dann im Selbstbedienungsladen Sozialstaat knappi wird, mechts spannend werden. Ich denke, da wird noch so mancher Behördenpalast mit dem roten Hahn geschmückt und das eine oder andere Politolein macht Bekanntschaft mit der Hanfkrawatte. Gut so. Wie bestellt, so geliefert. Es kann gar nicht schlimm genug kommen.

Esther Braun / 22.11.2021

20000 Messerangriffe pro Jahr hat die “Köterrasse” auch noch zu verkraften. Aber hey, macht doch alles nix, als Ausgleich wird Cannabis freigegeben. Gerade zum richtigen Zeitpunkt.

Hans Kloss / 22.11.2021

„Jugend- und Partyszene“ - ich will das keinesfalls unterstützen aber wie stellt sich ein Deutsche vor, 20.4 gebraucht wird? Ich meine die da oben gehen immer weiter in der großen Tradition von Schon-Klod dem Nüchternen. Klar bringt so was wie in Rotterdam kaum was, etwas brachte diese Nacht aber doch - man hat über die Protesten in den Niederlanden in den Hofmedien lesen können. Die Hofmedien ignorieren schon seit länger die Montagspaziergängen in vielen, vielen Städten Deutschlands, Demos in vielen großen Städten der ganzen Welt, das faschistoide Vorgehen der Regierung in Australien wird in keinem Hauptmedium erwähnt. Schrecklich aber wahr - wenn die Gesellschaft so weit abgedriftet hat, braucht man was stärkeres als Tanzen und Singen über Liebe. Um noch mal Melbourne zu erwähnen. Die Bauarbeiter haben da erst feststellen müssen dass ihre Gewerkschaft (also die Funktionäre) auf der Seite der Regierung ist. Sie haben sich glücklicherweise ohne Gewerkschaften organisiert (wie geht das denn konnte man sich in D. fragen) und sie sind dann in so großen Zahlen auf die Straßen gegangen dass die Polizei sich entschieden hat sie nicht anzugreifen. Sie haben auch ihre Rechte zum Teil zurück bekommen. Man hat davon nichts in Hofmedien gelesen. Das ist auch mMn der Grund warum so große Mehrheit immer noch hinter der Regierung steht und immer öfter auf die Abweichler schimpft. So lange dieses Narrativ nicht in den Medien konfrontiert wird, wird sich nichts ändern können. Also noch mal über die Partyszene. Ich halte nichts von den jungen Randalierern. Sie zeigen aber Zeichen des Lebens und sie haben geschafft in die Medien. Man sollte sich eher die Frage stellen: wieso muss es so weit kommen damit die ach so toleranten und Menschen liebenden Medien es überhaupt zeigen? Vlt gibt es keinen anderen Weg mehr?

Markus Knust / 22.11.2021

@Klaus Schmid Dr. Dasselbe Phänomen habe ich auch bei den DDR Bürgern beobachtet, insbesondere bei den Bürgerrechtlern. Die galten zuerst als Helden, schon deshalb weil man viele von ihnen einkaufen und bei Veranstaltungen umher zeigen konnte. Nicht so lustig fanden es Politik und Presse dann allerdings, als die heldenhaften Ostdeutschen anfingen, auch die BRD Politik zu kritisieren. Man erinnere sich an die Hetzreden der Politik und begleitende Medienartikel, über das braune Sachsen, wo angeblich sinistre Umsturzpläne ausgearbeitet werden. Widerstand gegen ein Regime gefällt der Politik und ihren schreibenden Moraliban nur solange, wie er sich gegen genehmigte Ziele richtet.  Diese Leute brauchen stets Feindbilder, um ihre Unfähigkeit, aber auch ihre Vorhaben zu kaschieren. Ansonsten kann man sich, bei der veröffentlichten Mehrheitsmeinung auf eines verlassen: Möchte man wissen, welche Ziele dieses Regime verfolgt, brauchen Sie nur danach zu gehen, was vehement ausgeschlossen wird oder was man der AfD anlastet.  Dauernd rufen Sie “Haltet den Dieb” und erzählen das wahlweise die AfD, die Ungeimpften oder die Klimaleugner die Demokratie zerstören wollen - während sie selbst ein viertes Reich errichten. Nichts anderes passiert hier gerade und wer glaubt, er bekommt sein normales Leben, von vor Covid wieder zurück, wenn er sich nur impfen lässt und wohl verhält…Das wird nicht passieren. Entweder die Bürger nehmen sich ihre Freiheit oder leben demnächst in Schwab`s Welt.

RMPetersen / 22.11.2021

Sehr geehrter Herr Haferburg, ist es denn in Ihrer Wahlheimat Frankreich besser? Soweit man von hier aus sehen kann, nein. Das ist doppelt enttäuschend, denn der Merkel-Politik habe ich schon längere Zeit Schlechtes zugetraut. Und Paris .... das war doch immer Freiheit und Individualismus. Und die Schweiz, so dachte ich, wird Vernunft und Augenmaß bewahren, wenn auch die umliegenden Länder dem Totalitarismus verfallen. Jetzt liest man hier Überschriften wie “Wieviel Unfreiheit braucht die Freiheit?” oder “Wie viel Demokratie verträgt die Schweiz?”. Das bedeutet: Man sieht die Demokratie mit ihren in den 50ern und 60ern erkämpften Freiheitsrechten für ungeeignet, man würde wohl sagen “nicht zukunftsfähig”. Denkbare Modelle sind vielleicht das Politbüro unter Vorsitz der Dauerkanzlerin? Oder gleich ein vom WEF Davos bestimmtes Direktorium? Es ist deprimierend. Ich weiss nicht mehr, wo man unbeeinträchtigt leben kann. Wissen Sie es? Freundliche´Grüsse

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