Fritz Vahrenholt, Gastautor / 22.07.2019 / 08:34 / Foto: Mixalkov / 56 / Seite ausdrucken

Wie Klimamodelle die Erderwärmung aufblasen

Anfang 2018 hatten wir über eine Arbeit berichtet, die mit den besten zur Verfügung stehenden Daten die Empfindlichkeit unseres Klimasystems auf eine Veränderung des CO2-Gehaltes der Atmosphäre herleitete (Dafür ist auch der Begriff Klimasensitivität genräuchlich). Lewis/Curry (2018) kommen zum Ergebnis:

1,3°C für eine Verdopplung des CO2-Gehaltes der Atmosphäre bis etwa zum Ende dieses Jahrhunderts (Transient Climate Response), 1,7°C für ein langfristiges Gleichgewicht (ECS) etwa im Zeitraum 2150 bis 2200. Die Zahlen reagieren kaum empfindlich auf die Wahl von Zeitfenstern, sie schwanken nur sehr wenig, ob man 1870…2016 auswertet oder 1930…2016. Es gab eine ganze Reihe von Vorläuferarbeiten auch anderer Autoren, die ebenfalls etwa diese recht geringen Werte fanden. Auch Arbeiten, die historische Zeiträume (letztes glaziales Maximum bis vorindustriell) unter die Lupe nahmen, widersprechen diesen niedrigen Zahlen nicht.

Wie wir schon häufiger ausgeführt haben, laufen die Klimamodelle zu heiß, sie rechnen mit einer zu hohen ECS- im Mittel liegen sie bei 3°C. Dass diese Modelle nicht einmal die vergangenen 30 Jahre richtig wiedergeben können und daher die Modelle künstlich für diese Zeit mit einer um ein Drittel und mehr verringerten Sensitivität rechnen, hat Steve Koonin (Under Secretary for Science unter Präsident Obama von 2009 bis 2011) vor geraumer Zeit auf einem Hearing der American Physical Society (S. 255) offenbart. Das IPCC nennt das scaling (WG 1, Chapter 10, S. 882), auf deutsch was nicht passt, wird passend gemacht. Denn für die Zukunft rechnen die Modelle dann wieder mit der um ein Drittel höheren Sensitivität.

Können die IPCC-Modelle vor der Empirie gerettet werden?

Wenn Modelle und Wirklichkeit nicht zusammenpassen, sollten eigentlich Wissenschaftler  eher ihre Modelle in Frage stellen. Das hieße, die viel dramatischeren Sensitivitäts- Abschätzungen der letzten IPCC-Modellbetrachtungen – 1,86°C für TCR und 3°C für ECS – müssten über den Haufen geworfen werden. Die IPCC-Wissenschaftler stellen sich eher die Frage, wie können die IPCC Modelle mit ihren besorgniserregenden Projektionen vor der Empirie gerettet werden? Denn daran hängt ja der ganze Alarmismus, der die westlichen Gesellschaften prägt, von Fridays for Future bis zur CO2-Steuer.

Ein Schlüsselargument bisher geht so: Modelle sagen eine andere räumliche Verteilung der Erwärmung der Ozeane voraus als das, was wir beobachten. Es könnte also durchaus sein, so Aktivisten, dass die Abweichung eine „Laune der Natur“ wäre, eine interne Variabilität, und nach Beendigung dieser eher zufälligen Episode die Erwärmung „modellkonform“ viel stärker wird im globalen Maßstab. Und daher versucht das IPCC mit allem Krampf, im nächsten Bericht wieder eine viel zu hohe CO2-Sensitivität durchzudrücken.

Hier nun leisten zwei aktuelle Arbeiten Aufklärung. Um es vorweg zu nehmen: Die Beobachtungen der Erwärmungsrate sind korrekt, die abweichenden Muster der Klimamodelle entstehen durch ihre Unzulänglichkeiten, und die Muster werden sich auch nicht ändern.

Die IPCC-Modelle sehen beispielsweise als Ergebnis des menschgemachten CO2-Antriebs eine recht gleichmäßige Erwärmung des tropischen Pazifiks. Die Beobachtungen jedoch stellen eine bedeutend stärkere Erwärmung des westlichen tropischen Pazifiks gegenüber dem östlichen fest.

In Dong et al (2019) weisen die Autoren nach, dass, wenn sich die konvektiven Regionen mit vielen Wolken des westlichen Pazifiks stärker erwärmen als die mit kaum Konvektion des Ostpazifiks, die globale  Gesamterwärmung deutlich weniger ausgeprägt ist. Die Konvektion im westlichen tropischen Pazifik führt dazu, dass es eine verstärkte Abstrahlung von Wärme in den Weltraum gibt, die dortige Erwärmung also viel effektiver abgebaut werden kann, als dies bei einer stärkeren Erwärmung des östlichen Pazifiks mit geringerer Konvektion möglich wäre. Es ist also ein klarer physikalischer Mechanismus, der dazu führt, dass die beobachtete stärkere Erwärmung des tropischen Westpazifiks zu geringeren globalen Sensitivitäten (= stärkeres negatives globales Feedback) führt. Wieder einmal scheitern die Modelle an den Wolken!

Große Defizite in der Abbildung des Geschehens

Klimamodelle haben so große Defizite in der Abbildung des Geschehens im tropischen Pazifik, dass sie dadurch die Antwort auf den Antrieb global falsch ermitteln und die Empfindlichkeit auf den CO2-Antrieb systematisch überschätzen, wie eine zweite Arbeit von Seager et al von der Columbia University in der angesehenen Wissenschaftszeitung "Nature" (!) vom Juli 2019 zeigt: "The failure of state-of-the-art models to capture the correct response introduces critical error into their projections of climate change".

Konsequenzen? Keine. Ich habe Zweifel, dass die Ergebnisse der beiden bedeutenden Arbeiten überhaupt inhaltlichen Eingang in den kommenden Sachstandsbericht des IPCC finden werden. Dann nämlich müsste man hunderte Seiten kritisch überarbeiten, die sich mit Modellprojektionen beschäftigen.

Ein Grund mehr für uns, der Empirie zu vertrauen und nicht der „Playstation Klimatologie“. Aber was soll dann aus der „Panik“ werden, die uns „Fridays for Future“ verordnen wollen? Alles nur heiße Luft? Die Politik läuft heiß, weil die Modelle zu heiß laufen. Welche Wissenschaftler haben den Mut und sehen ihre Verantwortung, FFF und die Politik aufzuklären? Selbst wenn wir die CO2-Emissionen auf dem heutigen Niveau aufrechterhalten und nicht weiter steigen lassen, bleiben wir in diesem Jahrhundert unter 500 ppm und unterhalb von 2 Grad Erwärmung.

Lesen Sie zum Thema auch Fritz Vahrenholts Seite „Die Kalte Sonne".

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Norbert Sixtus / 22.07.2019

Warum muss denn etwas aufgeblasen werden? Die Klimaveränderung ist doch Jahr für Jahr greif- und spürbar und kaum noch ernsthaft zu bestreiten und selbst in Medien wie dem Cicero, nicht gerade ein Hort grün-roter Politik, war jüngst zu lesen, dass es wissenschaftlich nicht ansatzweise eine plausible, alternative Erklärung zur menschlichen (Mit-)Verantwortung für den aktuellen Klimawandel gibt. Das Fatale ist, dass wir doch im Prinzip auch über alle erforderlichen Techniken verfügen, es ist eine reine Kostenfrage oder Lobby-/Werbe-/Interessenfrage - warum fährt man heute SUV - und die serienreifen 3L-Autos gibt es nicht mehr? Sind die deutschen Straßen plötzlich so schlecht geworden? Aber vor 20 Jahren hätte auch keiner den aktuellen Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung auch nur für möglich gehalten - oder Siri und Alexa in jedem Privathaushalt… Warum müssen wir energetisch unbedingt weiterhin in dem Maße von so “tollen” Ländern wie Saudi Arabien, Iran, Russland abhängig sein anstatt hier technisch Umbrüche voranzutreiben?

Brigitte Miller / 22.07.2019

@Armin Reichert Prof.Knutti von der ETH erklärt es so, dass das natürliche CO2 sich immer wieder ausgleiche: “CO2 wird gebunden durch Photosynthese, wenn der Salat wächst. Wenn ich ihn esse und das CO2 ausatme oder der Salat verfault, ist das CO2 wieder da, wo es vorher war. Aber das fossile CO2 ist eben zusätzliches CO2, und der beobachtete Anstieg des CO2 ist voll menschengemacht.” WW

Udo Kemmerling / 22.07.2019

@ Anders Dairie: Nicht “Hintergrundstrahlung”, das ist was gänzlich Anderes. Das ist der Blick vor die Phase des undurchsichtigen Universum, dessen Schwarzkörper-Strahlung heute ihr Strahlungsmaximum bei ca. 2,7 K (grob -270°C) hat. Unvorstellbar dünn verteilte Mikrowellenstrahlung, deren Wellenlänge durch 13,7 Milliarden Jahre Expansion der Raumzeit eine enorme Rotverschiebung erfahren hat.

Udo Kemmerling / 22.07.2019

Es wird auch hier unkritisch akzeptiert, dass mehr Kohlendioxid automatisch zu höheren Temperaturen führt. Man rechne das mal für die Konzentrationen früherer Erdzeitalter aus, in denen der Wert nicht bei 400 ppm sondern bei bis zu 7000 ppm lag. Die Welt müßte gebrannt haben, hat sie aber nicht. Ergo ist der Zusammenhang nicht haltbar, oder mit klareren Worten: UNSINN!!! (Nur eins von sehr vielen Argumenten, aber das allein reicht schon!!!) Politisch gewollt mit dem Ziel, den Sozialismus durch die Klimahintertür einzuführen.

Armin Eisenstein / 22.07.2019

Sehr geehrter Herr Vahrenholts, die von Ihnen herangezogenen Arbeit von Yue Dong et al beschreibt eben NICHT, dass die Klimamodelle “aufgeblasen” oder falsch wären, sondern fügt ihnen einen Aspekt hinzu. Die Kernaussage der bisherigen Modelle wird weder von Dong noch seinen Kollegen in Abrede gestellt. Bitte achten Sie zukünftig darauf, damit Ihre Artikel nicht zu FAKE NEWS werden. Ihr Armin Eisenstein

Paul Braun / 22.07.2019

Wenn es denn nur bei 1,3 Grad Celsius bliebe - auch Skeptiker können sich irren - ist das immer noch ganz schön viel, zumal dies ein Durchschnittswert ist. Das bedeutet dann, z.B. in den USA sind es minus 1,0 Grad und in Deutschland z.B. plus 3,6 Grad. Und in Ihrem Beitrag, Herr Vahrenholt,  “diskutieren” Sie lediglich die Bedeutung eines einzigen klimatisch relevanten Gases. +++++++++++++++++ Daneben wirkt CO2 auch wesentlich bei der Versauerung (oder Entbasung bzw. pH-Wert Senkung) der Ozeane mit. Also 500 ppm CO2 in der Luft sind an sich schon ein Grund zur skeptischen Betrachtung anthropogener CO2 Emissionen. Selbst wenn mit CO2 alles problemlos wäre. Aber das wissen Sie ja ...

Jürgen Schnerr / 22.07.2019

Der ganzen Klimahysterie ist zu einer Ideologie geworden. Und leider laufen die Leute heute den Grünen als Erfinder dieser Ideologie, zumindest in Deutschland genauso hinterher, wie weiland den Nazis mit ihrer kruden Ideologie. Aber als alter, weißer Mann weiß ich, wie alle Ideologien im letzten Jahrhundert geendet sind: im Chaos. Und Deutschland war jedesmal volle Kanne mit dabei. Die sogenannten Eliten in diesem Lande versagen schon seit mehr als 100 Jahren. Aber sie mussten das von ihnen angerichtete, außer ein paar oberste Nazis, auch nie persönlich verantworten. Und es scheint so, dass gerade Deutschland immer weiter munter auf diesem Weg in einen erneuten Abgrund weiterschreitet.

Pascal Arn / 22.07.2019

Computermodelle sind das Eine. Aus der Vergangenheit lassen sich die Zusammenhänge besser erklären. Dass der CO2 gehalt das erste mal so hoch ist weie vor 3 millionen Jahre, sollte zu denken geben. Damals war die Erde Eis frei.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Fritz Vahrenholt, Gastautor / 10.04.2024 / 13:30 / 31

USA reaktivieren Atomkraftwerk, Deutschland die Steinzeit

Die USA reaktivieren das erste Kernkraftwerk, weil der boomende Einsatz von KI-Rechenzentren extrem zuverlässige Stromquellen erfordert – mit Erneuerbaren ist das nicht zu machen. Der…/ mehr

Fritz Vahrenholt, Gastautor / 06.11.2023 / 12:50 / 50

Strompreise: Habecks Brücke ins Nichts

Der Wahnsinn der deutschen Energiepolitik wird immer offenkundiger: Behauptete Robert Habeck noch bis vor kurzem „Wir haben kein Stromproblem“, heißt es jetzt: „Für zahlreiche Betriebe…/ mehr

Fritz Vahrenholt, Gastautor / 05.10.2023 / 06:00 / 46

Mehr Windenergie wird nicht billiger, sondern noch teurer

Der Windkraftausbau macht die Windkraft nicht billiger, sondern teurer. Diese „Brücke“ führt ins Nirgendwo. Lässt sich schon die Offshore-Windkraft nicht auf Dauer runtersubventionieren, so gilt…/ mehr

Fritz Vahrenholt, Gastautor / 10.08.2023 / 10:00 / 56

Der pädagogisch unerwünschte Ausbruch des Hunga-Tonga

Der Ausbruch des Unterwasser-Vulkans Hunga-Tonga beförderte 2022 gigantische Mengen von Wasserdampf in die Atmosphäre – das mit Abstand wichtigste Treibhausgas des Planeten. Das wirkt sich…/ mehr

Fritz Vahrenholt, Gastautor / 11.05.2023 / 16:00 / 78

100-mal billiger als Wärmepumpe! Habeck nicht interessiert

Der Habecksche Monsterplan mit den Wärmepumpen wäre für einen Bruchteil der Kosten viel einfacher zu erreichen. Eine CO2-Abscheidung für die Braunkohlekraftwerke würde für den gleichen…/ mehr

Fritz Vahrenholt, Gastautor / 06.04.2023 / 10:30 / 94

Das Wärmepumpen-Desaster

Woher die Bundesregierung einen zukünftigen Kostenvorteil für Wärmepumpen ableitet, bleibt schleierhaft, denn sie betreibt ja eine Politik der Stromverknappung. Daher hat die Bundesnetzagentur Anschlüsse von…/ mehr

Fritz Vahrenholt, Gastautor / 08.03.2023 / 11:30 / 70

Trotz drohender Stromknappheit setzt Regierung auf mehr Verbrauch

Die Strompreise bleiben viermal so hoch wie vor 2021. Im April gehen zusätzlich drei Kernkraftwerke vom Netz, ein Jahr später sollen Kohlekraftwerke mit 7.000 Megawatt…/ mehr

Fritz Vahrenholt, Gastautor / 07.02.2023 / 15:00 / 30

Die Bundes-Netzagentur im Fantasieland

Der in der letzten Woche verabschiedete Bericht der Bundesnetzagentur zur „Versorgungssicherheit Strom“ zeigt, wie überholungsbedürftig die Reden des Kanzlers in Sachen Verringerung der Importabhängigkeit von…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com