Ulrike Stockmann / 29.07.2022 / 16:00 / Foto: Achgut.com / 77 / Seite ausdrucken

Wer sind eigentlich diese Ungeimpften?

Das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium wollte Licht ins Dunkel bringen und beauftragte eine Studie, die Ungeimpfte über die Beweggründe ihrer Verweigerung befragte.

Seit über zwei Jahren mahnen und warnen Politiker, Medien und ausgewählte Experten vor den Gefahren Coronas. Die Einführung der rettenden Impfstoffe schien ein Ende des Grauens zu verheißen, in Wahrheit fing die Tragödie hiermit erst an: Denn auch wenn die meisten Bürger sich pflichtschuldigst „piksen“ ließen, blieb eine kleine, aber nicht zu unterschätzende Minderheit renitent und war trotz aller Verführungen und Drohungen einfach nicht zur Spritze zu bewegen. Und das bis heute!

Das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium wollte Licht ins Dunkel bringen und sich beherzt diesem Konfliktfeld stellen. Frei nach dem Motto: Eine erkannte Gefahr ist eine gebannte Gefahr. Aus diesem Grunde wurde bei der Berliner Agentur pollytix eine Studie in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse am Dienstag vorgestellt wurden. Die Untersuchung näherte sich dem heiklen Thema, indem sie die fraglichen Problemfälle interviewte: nämlich Ungeimpfte. Was denken die? Was empfinden die? Warum sind sie noch nicht geimpft? Welche Verschwörungstheorie ist in diesem zwielichtigen Milieu am beliebtesten? Und: Wie kann man die störrischen Verweigerer doch noch für die Vakzination begeistern?

Insgesamt wurden 8.620 Menschen in Rheinland-Pfalz online und telefonisch befragt. Von diesen waren sechs Prozent oder 463 Menschen nicht gegen Corona geimpft. Solche, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden durften, wurden bei der Frage nach der Gesinnung nicht berücksichtigt. Wie es im Bericht bei Die Rheinpfalz heißt, kamen zu der Befragung „noch zwölf Stunden Diskussionen mit Impfgegnern“ hinzu.

„Bruch zum übrigen sozialen Umfeld“

Als Argumente und Haltungen gegen eine Impfung wurde folgendes ermittelt:

„Die Impfung stellt für Ungeimpfte nach der Studie ein nicht vertretbares Risiko dar und erscheint als größere Gefahr als die Erkrankung. 76 Prozent haben demnach Sorge vor Impfschäden. 61 Prozent glauben, die Impfung sei gefährlicher als eine Corona-Infektion. 91 Prozent sagten, der Impfstoff sei nicht ausreichend erforscht. 41 Prozent glaubten, die Impfung könne zu Unfruchtbarkeit führen.“

Außerdem seien 59 Prozent der Skeptiker überzeugt, „mit der Unterschrift auf dem Impf-Merkblatt selbst für Impfschäden (zu) haften“. Landesimpfkoordinator Daniel Stich zeigte sich hiervon überrascht, weil dies nicht den Tatsachen entspreche und außerdem von rund 9,1 Millionen rheinland-pfälzischen Impfungen bislang nur drei Fälle als Impfnebenwirkungen anerkannt worden seien. Zuzüglich 250 „noch nicht entschiedene Anträge“. Noch Fragen?

Die besonderen Sorgenkinder stellen laut Studie die 87 Prozent der „kaum noch erreichbaren“ Umgeimpften dar, die nicht mehr für eine Impfkampagne offen sind. Wer ist diese Klientel? Laut Studienleiterin sind die Aufmüpfigen „in allen Berufs-, Altersgruppe und Bevölkerungsschichten“ zu finden, „leicht überrepräsentiert seien AfD-Wähler, aber auch Nicht-Wähler sowie Menschen mit osteuropäischem Migrationshintergrund“. Zu allem Übel rotten sich diese Außenseiter auch noch in Gruppen Gleichgesinnter zusammen – und suchen den „Bruch zum übrigen sozialen Umfeld“.

In leicht verständlicher Sprache natürlich

Beunruhigend ist die Tatsache, dass nur ein Drittel dieser Staatsfeinde der Überzeugung ist, dass das demokratische System noch funktioniere und rund 60 Prozent der Befragten sind sogar der Meinung, Deutschland ähnele mehr einer Diktatur als einer Demokratie. 13 Prozent der Aufrührer befürwortet oder toleriert sogar Gewalt gegen Politiker!

Bei derart niederschmetternden Ergebnissen ist es kein Wunder, dass die Studie über die Hälfte der Ungeimpften eine Verschwörungsnähe attestieren muss. Also ungefähr 107.000 bis 232.000 Menschen in Rheinland-Pfalz.

Und wie steht es mit den 13 Prozent der Ungeimpften, die vielleicht wieder auf den Pfad der Tugend zurückfinden können? Hierbei handelt es sich vor allem um junge Frauen, Eltern und Menschen, „die in Städten leben mit einem eher höheren Bildungsniveau“. In absoluten Zahlen entspräche dies im Bundesland ungefähr 27.000 bis 58.000 Menschen.

Was empfiehlt die Studie nun der Politik im Umgang mit den Widerspenstigen? Da sich 35 Prozent für eine Impfung erwärmen könnten, wenn es Langzeitstudien gäbe, müssen „unabhängige Wissensdaten“ her! In leicht verständlicher Sprache natürlich. Für die 24 Prozent, die vielleicht durch ein Beratungsgespräch umzustimmen wären, bräuchte es „individuelle Beratungsangebote“. Und natürlich sollte bei dieser Gelegenheit noch einmal die Freiwilligkeit der Impfung betont werden.

Für jeden Impfschaden wird schließlich auch gehaftet

Landesimpfkoordinator Daniel Stich zeigt sich jedoch wenig geduldig angesichts der Forderung nach solchen Kinkerlitzchen: Impfangebote mit Bussen, Apothekern und niedergelassenen Medizinern müssen als Überzeugungsarbeit reichen, eine Diskussion um weitere Anreize wie einer Bratwurst bewertet der SPD-Politiker als eindeutig „überflüssig“.

Und junge Frauen müssen mit ihrer neurotischen Angst vor Unfruchtbarkeit selber fertig werden. Es gibt laut Stich schließlich Gynäkologen, um diese „unbegründeten Sorgen“ zu nehmen. Und auch die „Befürchtung vor dem angeblichen Haftungsausschluss nach einer Impfung gegen das Coronavirus“ sollte sich leicht durch Hausärzte und Impfzentren zerstreuen lassen. Für jeden Impfschaden wird schließlich auch gehaftet. Sofern er anerkannt wird.

So steht es also um die bedenkliche Gemengelage in Rheinland-Pfalz, und gewiss kann man diese Verhältnisse auch auf das restliche Bundesgebiet ausdehnen. Die schockierenden Ergebnisse der Studie zeigen einmal mehr, wie viel törichte Kritik und bockige Medizinverweigerung in der Mitte der Gesellschaft anzutreffen ist. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Politik pünktlich zum Herbst mit einer überzeugenden Impfkampagne die Skeptiker zum Schweigen bringen wird, auf dass ihre Zweifel sich in Wohlwollen verwandeln und sie endlich alle Corona-Impfungen nachholen, die sie der Gesellschaft schuldig geblieben sind. Was sind die Bedenken weniger gegen den Willen der Mehrheit?

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Ludwig Luhmann / 29.07.2022

Viele der wahren Verschwörer kommen gar nicht auf die Idee, dass sie selbst welche sein könnten. Ich vermute, dass es ihnen innerhalb weniger Wochen gelingen wird, Langzeitstudien vorzulegen, denen sie selbst trauen.

Michael Hinz / 29.07.2022

Alter Wein in neuen Schläuchen: Die Impfung ist freiwillig und fast ohne Nebenwirkungen, kann junge Frauen nicht unfruchtbar machen. Jeder # Impfwundenlecker# wird selbstredend entschädigt. Nur die Ungebildeten vom Lande verweigern sich hartnäckig der Sittlichkeit und Schönheit. Daß es auch eine Frage der Selbstachtung sein könnte, dieser nie da gewesenen Propaganda in Reinkultur zu mißtrauen und allein aus ästhetischen Gründen, dem #Pathos der Distanz# nicht mitzumachen, auf diese Idee kommen diese Zinker nicht.

Fritz Neumann / 29.07.2022

„Für jeden Impfschaden wird schließlich auch gehaftet. Sofern er anerkannt wird.“ -  Und wie beweist man einen Impfschaden? Es ist eigentlich ganz einfach: Man muss halt nur beim Pathologen tot auf dem Seziertisch liegen und sich in ganz viele kleine feine Scheibchen schneiden lassen, die sich der Pathologe dann in wochenlanger Arbeit unterm Mikroskop ankuckt. Und schon hat man den Impfschaden eindeutig bewiesen, zumindest wenn der Pathologe genau die richtige Stelle im Körper findet. Wie das mit dem Einklagen der Entschädigungszahlung für den Impfschaden dann funktioniert weiß ich nicht, aber vielleicht finden die Juristen einen Weg. Dann ist man zwar tot, aber dafür hat man ganz viel Geld auf dem Konto. Wirklich toll, wie kann man da noch „nein“ zur Impfung sagen?

A. Ostrovsky / 29.07.2022

Wieso erzählen die Leute alle eine Legende? Oder wurde das nur von den Befragern so “gedreht”. Wieso sollte etwa keiner der “Ungeimpften” und “*Innen” der Ansicht sein, dass die “Impfung” keine Ansteckung, keine Erkrankung und keine schwere Erkrankung verhindert und dass insbesondere Geimpfte, wenn sie sich infizieren, mit größerer Wahrscheinlichkeit Symptome haben, teils auch schwere, und dass sie insbesondere andere Personen anstecken können? Wieso sollte keiner der Befragten in Wahrheit die Impfung deshalb ablehnen, weil er/sie/es genau weiß, dass es sich bei dieser Gentherapie auf keinen Fall um den Versuch handelt, einer Viruserkrankung entgegenzuwirken, im Gegenteil.

Nico Schmidt / 29.07.2022

Sehr geehrte Frau Stockmann, da waren sie also wieder, die Schwurbler,  die Reichsbürger, die ewig Gestrigen und die Rechten, die wollen wir bloß nicht vergessen. Nach der Wiedervereinigung wurde das Altlastenkataster eingeführt. Wer dort anerkannt wurde, mußte für Umweltschäden aus DDR - Zeiten auf seinem von der Treuhand erworbenen Gelände nicht haften. Raten Sie einmal, wieviel Prozent im Altlastenkataster anerkannt wurden. So wir es auch mit den Impfnebenwirkungen und der Anerkennung gehen. Mfg Nico Schmidt

Uwe Zind / 29.07.2022

Haben Sie nicht am Ende di Anmerkung vergessen “Satire aus” oder habe ich etwas übersehen.

Peter Heuer / 29.07.2022

“Außerdem seien 59 Prozent der Skeptiker überzeugt, „mit der Unterschrift auf dem Impf-Merkblatt selbst für Impfschäden (zu) haften“ ... verstehe ich nicht. Was wird denn da sonst unterschrieben?

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