Von Roland Tichy
Man darf an solchen Tagen nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Aber es ist doch überraschend, was der Millionenerbe Jakob Augstein schreibt. Ich gebe es wörtlich wieder. Die Wegbereiter der Gewalt haben Namen und Adresse: Sarrazin, Broder, Tichy, und andere, die die Verrohung des Diskurses vorangetrieben haben. Zuerst kommen die Worte, dann die Taten. Das ist bei den Rechtsterroristen so, wie bei den Islamisten.
„Namen und Adresse.” – Es ist ein Aufruf, meine Familie und mich, meine Kollegen und Mitarbeiter einzuschüchtern, zu belästigen, anzugreifen. Wir sollen zum Verstummen gebracht werden, indem man uns in eine Reihe mit einem wahnsinnigen Mörder stellt. Einfach so.
Natürlich sagt Augstein das nicht wörtlich. Er ist ein Schlitzohr, verfügt über ein gewaltiges Vermögen, hat sich eine eigene Zeitung gekauft, tritt in Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf. Andere springen auf: Jan Böhmermann, hinter sich die gewaltige Maschinerie ZDF, das gerade in diesen Tagen eine Gebührenerhöhung einfordert.
Es ist die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth, die mit der Wucht ihres Amtes frontal auf unabhängige Medienportale eindrischt, die eine andere Meinung vertreten als die einzig wahre, in deren Besitz sie sich glaubt, und schäumend andere Meinungen pauschal als „Geschäftsmodell von Hass und Hetze“ denunziert. Man sieht die historischen Bilder von Jagden auf Andersdenkende.
Gerade Augstein, den damit Vertraute als den wohl wirkmächtigsten Antisemiten des Landes bezeichnen, steht in einer Tradition, in der dumpfe Stiefelträger die Medien derjenigen in den Boden gestampft haben, die ihnen an Klugheit und journalistischem Ethos überlegen sind. Dummheit gebiert Hass, Stumpfheit stachelt zur Hetze an.
Abscheuliche Verbrechen werden von Augstein und Böhmermann instrumentalisiert, die Opfer von Hanau können sich nicht dagegen wehren, wie sie missbraucht werden.
Sie wollen, dass wir schweigen
Worauf wollen sie hinaus? Sie wollen uns zum Schweigen bringen. So einfach. Es stört sie, und da wissen sie sich einig mit vielen Regierenden, dass wir Kritik üben – berechtigte. Dass wir hinterfragen, was wir ohne Fragen schlucken sollen. Dass wir dieses Land, seine Grundrechte, seine Freiheit verteidigen vor immer neuen Zumutungen, vor denen, die mittlerweile offen über die gesetzlichen Schranken hinwegmarschieren. Sie fürchten die Wahrheit, die sie verzerren und deren Autoren sie denunzieren, um dann natürlich ihre weißen Händchen in Unschuld zu waschen; man kennt diese Charaktere. Sie fürchten jeden Widerspruch.
Wir nehmen nicht in Anspruch, eine vierte Gewalt zu sein, wir sind nicht im Besitz der Wahrheit. Aber wir sind eine mahnende Stimme; diesen Anspruch nehmen wir ernst und lassen uns auch von Hass und Hetze davon nicht abbringen. Sie möchten, dass wir aufhören, den Finger in die Wunden zu legen, sie wollen die Spaltung in diesem Land vertiefen, um ihrer ganz persönliche Macht und Ideologie zum Durchbruch zu verhelfen. Daran ist nichts Anständiges, auch wenn sie sich so geben.
Heute Nacht hat man mir und meiner Familie eine Fluchtwohnung angeboten. Dafür danke ich, das zeigt, welche großherzigen Menschen es gibt. Aber mehr noch bin ich entsetzt, wie weit dieses Land gekommen ist. Dass wir uns verstecken sollen vor den Folgen einer Aufwiegelung?
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