Ulrike Stockmann / 02.11.2020 / 11:00 / 108 / Seite ausdrucken

Weiß Angela Merkel, dass sie einen Fehler begeht?

Christian Lindner hielt am vergangenen Donnerstag eine Ansprache im Bundestag, in der er sich mit den Beschlüssen der Regierung auseinandersetzte, einen zweiten Lockdown einzuberufen. Lindner sprach in seiner Rede einige aus meiner Sicht wichtige Kritikpunkte an, die ich im Folgenden auszugsweise wiedergeben möchte. Das wirklich Interessante sind jedoch die Kamera-Einstellungen, die Angela Merkels Gesichtsausdruck zeigen, während sie Lindners Vorwürfen lauscht. Mir scheint, als zeichne sich auf dem Gesicht der deutlich angeschlagenen Kanzlerin Verunsicherung, Zerknirschung und an manchen Stellen sogar der Anflug eines schlechten Gewissens ab. Ich musste mich unwillkürlich fragen, ob Angela Merkel sich darüber klar wird, dass ihre Corona-Politik mehr als fragwürdig ist. Ich habe jeweils angegeben, an welchen Stellen des Videos das Gesicht der Bundeskanzlerin für mein Empfinden mehr als tausend Worte sagt.

Christian Lindner beginnt seine Rede:

„Der deutsche Bundestag tritt heute zusammen, nachdem gestern empfindliche Einschränkungen der Freiheit beschlossen worden sind. Diese Entscheidungen betreffen Millionen Menschen, sie haben Auswirkungen auf das soziale Miteinander und die wirtschaftliche Zukunft des Landes. Sie wurden getroffen ohne Öffentlichkeit und nur von Regierungsspitzen, aber sie binden 16 beziehungsweise 17 Koalitionsregierungen und Legislativen. Der deutsche Bundestag kann diesen Beschluss nur noch nachträglich zur Kenntnis nehmen. Solche Entscheidungsprozesse (…) drohen unsere parlamentarische Demokratie zu deformieren.“

(00:30 Angela Merkel sieht nicht erfreut aus.)

Lindner kritisiert die Kanzlerin:

„Frau Merkel, Sie haben gesagt, Debatte stärke die Demokratie. Das ist richtig. Dafür muss die Debatte aber vor der Entscheidung stattfinden und der Ort der Entscheidung muss das Parlament sein (…)“

(01:32 Angela Merkel schluckt und blickt betreten ins Leere. Ich meine sogar, ein leichtes Nicken bei ihr beobachten zu können.)

Lindner fährt fort:

„(...) Und deshalb gehört die Pandemiebekämpfung zurück in die Parlamente. Alle Fraktionen dieses Hauses sehen inzwischen diese Notwendigkeit, außer der Unionsfraktion alle auch mit hoher Dringlichkeit. Die dazu notwenige gemeinsame interfraktionelle Initiative sollten wir nicht erst irgendwann, sondern umgehend und aus der Mitte dieses Hauses ergreifen“

(...)

„Frau Merkel hat mehrfach betont, die Beschlüsse des gestrigen Tages seien erforderlich, geeignet und verhältnismäßig.“ (Lindner dreht sich in Richtung Angela Merkel) „Diese Feststellung alleine reicht nicht, das muss mit Argumenten untermauert werden. Denn schließlich werden nun beispielsweise auch Gastronomiebetriebe, Hotels, Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie Kosmetikstudios geschlossen (…) Es werden damit Bereiche geschlossen, die eben nicht regelmäßig als Infektionstreiber aufgefallen sind (…) Wenn durch Ihre Schließung Menschen in unkontrollierte Graubereiche gedrängt werden, dann ist für die Bekämpfung der Pandemie nicht gewonnen, ganz im Gegenteil (…) Viele Schließungen sind deshalb für den Gesundheitsschutz nicht nur unnötig, sie sind gegenüber den Menschen unfair.“

(…)

Ihre eigene Rede trug sie heiser und kraftlos vor

Nun bringt Lindner noch das Positionspapier protestierender Ärzte ins Spiel, das am vergangenen Mittwoch vorgestellt wurde:

„Gestern, liebe Kolleginnen und Kollegen hat ein beachtlicher Teil der organisierten Ärztinnen und Ärzte zusammen mit namhaften Experten Bedenken gegenüber Ihren Beschlüssen geäußert. Es wurden andere Vorschläge für die Bewältigung dieser Krise vorgelegt. Frau Bundeskanzlerin, dieser Gruppe kann und darf man nicht Populismus oder Unkenntnis unterstellen, nur weil sie zu anderen Abwägungen kommt als Sie.“

(08:58 Angela Merkel spielt nervös mit ihrer Kette, schüttelt dann den Kopf und blickt erneut nach unten.)

Lindner greift als nächstes die mehrfach kritisierte Corona-Rhetorik der Kanzlerin an:

„Droht dann im Januar mit der dritten Welle auch der dritte Lockdown und dann später die vierte Welle mit dem vierten Lockdown? (…) Sollen irgendwann die Zügel so stark angezogen werden, dass auch die Wohnungsdurchsuchungen aus der Vorstellungswelt bestimmter Mitglieder dieses Hauses durchgeführt werden? Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist ein Grundrecht, und wem unsere Verfassungsordnung heilig ist, der stellt das nicht in Frage.“

Abschließend stellt Christian Lindner fest:

„Eine vertiefte Debatte über Alternativen zu den beispiellosen Freiheitseinschränkungen dieser Tage findet hier im Zentrum unserer Demokratie indessen nicht hinreichend statt. Aber jeder Vorschlag, der Gesundheitsschutz und Freiheit in eine bessere Balance bringt als Ihre Politik, hätte eine ernsthafte und ergebnisoffene Prüfung verdient.“

Angela Merkel scheint sich allgemein am vergangenen Donnerstag demoralisiert gefühlt zu haben. Ihre eigene Regierungserklärung trug sie heiser und kraftlos vor und verhaspelte sich mehrfach. Auch bei den Reden anderer Abgeordneter während dieser Sitzung, wie etwa von Malu Dreyer (bei 04:09) und Alexander Gauland (besonders eindrücklich bei 05:33) stellen die Nahaufnahmen ebenfalls den Ausdruck eines Menschen mit einem extrem schlechten Gewissen zur Schau. Die Rede von Katrin Göring-Eckardt verbrachte Angela Merkel übrigens komplett über Smartphone und Tablet gebeugt.

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Leserpost

netiquette:

Dr. Ralph Buitoni / 02.11.2020

@Frances Johnson - VIER Jahre wollen Sie die CDU zusammen mit Ihren Freunden zum Nachdenken schicken? Du meine Güte! Die CDU muss auseinanderfliegen wie einst die Democrazia Cristiana in Italien - das ist eigentlich schon seit 10 Jahren überfällig - sie muss im Orkus der Geschichte enden, auf immer verbunden mit dem Ruch, einst die Zerstörung Europas hauptsächlich verursacht zu haben.

Lutz Herzer / 02.11.2020

An was Merkel gedacht haben könnte, während Lindner redete, lässt sich aus ihrer Mimik nicht schließen. Vermutlich an etwas ganz schreckliches, nur um einen Lachanfall über Lindners Ahnungslosigkeit zu unterdrücken. Der Ärmste scheint immer noch nicht mitbekommen zu haben, dass das Parlament, der Deutsche Bundestag, sich durch die Verabschiedung der zwei diesjährigen Änderungen des Infektionsschutzgesetzes selbst entmachtet hat. Merkels Gremium mit den Ministerpräsidenten war eine reine Showveranstaltung im DDR-Retro-Style. Jens Spahn, seines Zeichens Gesundheitsminister, hätte ganz alleine alle Maßnahmen per Rechtsverordnung selbst erlassen können. Das weiß Merkel, das wissen auch die Ministerpräsidenten und die AfD weiß das. Hätte allerdings Spahn die Maßnahmen selbst verordnet, würde das nicht so demokratisch - Quatsch - würde das noch undemokratischer aussehen, als es das jetzt schon tut. Dies galt es also tunlichst zu vermeiden. Der Rest der Schafherde könnte ja aufwachen, wenn ein paar mehr zu laut blöken.

Wolfgang Kaufmann / 02.11.2020

Unglaublich arroganter und gehässiger Artikel heute in der Qualitätspresse: „Die Corona-Leugner nehmen zu. Sie halten das Virus für Fake. Sie glauben, die deutsche Regierung vernichte absichtlich die Wirtschaft. Warum? Das können diese Deppen nicht erklären. Im Zweifel berufen sie sich auf das Internet oder die Expertise von Bekannten. Es ist schwer, das auszuhalten. Meistens sind es geistige Voll-Verlierer, die den Unsinn weiterplappern.“

Wolfgang Kaufmann / 02.11.2020

Man weiß nicht, ob sie es blickt. Sie ist eine alte, kranke, verhärmte Frau. – Aber für einen Großteil des Wahlvolks (auch für meine bessere Hälfte) sind juristische Aspekte völlig irrelevant. Die Krankenhausbilder hingegen haben sich ins Hirn gefressen; dank Qualitätsmedien. Jede Kritik daran läuft ins Leere sowie jeder Hinweis, dass ein untauglicher Test lediglich Grippe und Lungenentzündung umbucht auf Covid. – Gut, diese betreffende Zielgruppe hat’s sowieso nicht so mit Zahlen. Für die weltweite wirtschaftliche Katastrophe, die wir derzeit fabrizieren, fehlt ihnen jede Antenne und jegliches Verantwortungsgefühl, und sie verstehen nicht, dass Hunderttausenden in Afrika sterben werden für unsere Wellness. Diese selektive Wahrnehmung muss man sich einfach leisten können: „An meine Haut lasse ich nur Seife und PC.“

Frances Johnson / 02.11.2020

Ich finde es gut, dass Sie so etwas machen, Frau Stockmann. Und zwar finde ich es gut, weil ich ein Mensch des Zweifels bin und daher des Studiums, auch von Motivation. Pauschal zu verdammen führt nicht weit. Pauschal verdammen führte bei der Französischen Revolution dazu, dass die Zuschauer erst die Dekapitation von Ludwig dem Sechzehnten bewundert und bejubelt haben, danach die seiner Frau, immerhin einer Österreicherin, dann die von Charlotte Corday, danach die von Danton und Desmoulins und schließlich die von Robespierre, eine doch eigenartige Mischung. Und jeweils war das Sentiment von der Augenblicksstimmung geprägt. Ich würde mich freuen, wenn Sie das noch einmal mit der Pressekonferenz von heute machen würden. Ich ziehe aus der Pressekonferenz folgenden Schluss: Sie, Merkel, meint, dass, wenn die positiv Getesteten in zwei Wochen um das Dreifache ansteigen, dass wir in zwei Wochen auch das Dreifache an Intensivpatienten haben. Und das muss man abwarten. Denn wenn mit dem Test auch andere Teile von anderen CV gemessen werden, sollte das nicht so sein. Ich frage mich, ob sie über die Fragwürdigkeit des Testinstruments überhaupt orientiert ist und über die doch insgesamt milderen Verläufe. Dann muss man sich noch fragen, ob alles, was Sie hier vom 29.10. beschreiben, gar nicht mit den Reden zu tun hat, sondern mit dem Terrorattentat in Nizza, das an eben diesem 29.10. um 8.29h verübt wurde, so auch das Studieren des Mobiltelefons.

y.lykos / 02.11.2020

Oh oh, dann bekommt sie bald wieder ihre berühmt-berüchtigten “Zitteranfälle”.

Albert Pelka / 02.11.2020

“Die Rede von Katrin Göring-Eckardt verbrachte Angela Merkel übrigens komplett über Smartphone und Tablet gebeugt.” Anders ist KGE auch schlicht nicht zu ertragen: Man kriegt KIrchentag “geschenkt”, also aufgebraten,  und ich freu mich da keineswegs drauf!

T. Schneegaß / 02.11.2020

@giesemann gerhard: “Denn bösartig ist sie nicht, einfach nur hilflos…” Sie sollten ihr einen mitfühlenden Brief schreiben. Diese Frau ist nicht einfach nur bösartig, sie ist von Hass auf das deutsche Volk als ganzes zerfressen und hasst jeden Einzelnen, der im Gegensatz zu ihr Freude am Leben, Unbeschwertheit, Menschlichkeit, Familie und Freunde besitzt. Ich habe in meinem ganzen über 70 Jahre währenden noch nie einen Menschen so abgrundtief verachtet wie diese Person.

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