Archi W. Bechlenberg / 05.01.2020 / 06:00 / Foto: Bernard303 / 21 / Seite ausdrucken

Weil es so schön bunt ist

In den Weihnachtstagen spielte mir das Internet in einem sozialen Netzwerk einen knapp einminütigen Clip vor, den ich mir wohlwollend ansah. Es geht darin um recht raffinierte Methoden, wie man ohne jeglichen Aufwand Geschenke einpacken kann.

Tatsächlich braucht man zum Nachmachen der Tipps nur etwas Geschenkpapier, ein-, zweimal etwas Klebeband und ansonsten nur das Know-how. Zwar gibt es von mir tradionell zu Weihnachten keine Geschenke, aber mit anders bedrucktem Papier eignen sich die Methoden auch für Aufmerksamkeiten zu Geburtstagen, Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen und ähnlichen Gelegenheiten. Ich nahm die Ideen im Film dankbar auf, denn ich bin alles andere als ein Verpackungskünstler; bei mir sieht der Versuch, etwas hübsch zu verzieren, so ähnlich aus, wie wenn Mr. P. D. Gumby ein Blumenbouquet gestaltet.

„Nett“, dachte ich, das gefällt mir, und ich sah mir den Clip noch einmal an, um die Anregungen besser behalten zu können. Anders die Reaktion eines anderen Netzwerkmitglieds. „Warum nicht ganz darauf verzichten, Einpackpapier zu verwenden? Welchen Zweck hat das, außer Müll zu produzieren? Würde das Geschenk an Wert verlieren? Würde es das Schenken ruinieren, wenn das Geschenk unverpackt überreicht würde? Offensichtlich nicht. Zusätzliches Geschenkpapier ist einfach nur eine weitere Hülle, erst recht, wenn das Geschenk schon eine eigene Box hat (ein weiteres sinnloses Stück Müll, sobald das Ding seinen Empfänger erreicht hat).“

Und kämen diese Worte hübsch verpackt mit Smilies und Emojis drum herum: daraus spricht Ökobolschewismus in Reinkultur. Jedes Tun, jede Geste sei der Rettung der Welt untertan. „Hier! Nimm! Zum 1. Mai ein neuer Hammer und eine Sichel aus nachhaltigem Anbau, und dazu ein gutes Gewissen!“ „Mach mal die Hand auf, ich schenke dir 5 Gramm bestes Gras aus eigenem Anbau!“ Ästhetik, liebevolle Verpackung als Geschenk um das Geschenk herum und ein Gespür dafür, dass Auspacken oft eben so viel Freude machen kann wie der Inhalt selber – im real existierenden Ökobolschewismus spielt das keine Rolle mehr. Ich vermute, zarte Damen-Dessous sind in diesen Kreisen völlig unbekannt.

Wo es nix gibt, gibt es auch nix zu verschenken.

Natürlich ist der „Warum nicht ganz darauf verzichten“-Gedanke, wie das Meiste aus Ökoköpfen, nicht konsequent durchdacht. Noch mehr Müll sparen ließe sich schließlich, indem man ganz und gar aufs Schenken verzichtet. Auf diese Weise bewiese man aktiven Konsumverzicht und damit verbunden Protest gegen den Turbo-Kapitalismus, und man würde sich den ehernen Gesetzen des Sozialismus nähern: Wo es nix gibt, gibt es auch nix zu verschenken. 

Ich vermute allerdings, noblesse oblige, dass der Schreiber des Kommentares selbst in seiner Filterblase mit der radikalen Forderung nach jeglicher Verzierung auf wenig Gegenliebe stößt. Würde man ganz und gar auf farbenfrohe, fantasievolle Verpackung verzichten – wie würde der Mund von Sawsan Chebli dann noch wirken? Und gäbe es dann noch eine Claudia Roth in Gewändern, die eher an Clown-Kostüme oder Zirkuszelte erinnern? Die könnte man doch auch... Nein, nicht erschrecken, nicht völlig weglassen! Aber, zumindest im Bundestag, durch ein der Umgebung etwas angemesseneres Ganz Großes Schwarzes ersetzen. 

Könnte man. Ich bin allerdings dagegen und sage „Ja!“ zu bunter Verpackung! Das Leben ist trist genug.

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Leserpost

netiquette:

Dr. Karl Wolf / 05.01.2020

Bei Claudia Roth stört mich die Verpackung weniger als der Inhalt.

Frank Holdergrün / 05.01.2020

Der ganze bunte Multikulturalismus ist nichts als Verpackung, nix drin außer Wünschen und viele uralte Märchen haben mehr Wahrheitsgehalt als diese dümmlichste aller Ideologien, die die Welt je gesehen hat. Nicht umsonst hängt Claudia Roth diesem äußeren Fummel so gerne an. Zirkuszelt ist dafür eine mehr als gelungene Bezeichnung, lol.

Wolfgang Kaufmann / 05.01.2020

Noch nachhaltiger wäre die Ökobilanz, wenn diese Krampfhennen mit gutem Beispiel vorausgingen und ihren Metabolismus auf Null fahren. Wo kein Inhalt ist, braucht man auch keine Verpackung. – Und die Kinder bringt das Klappereinhorn. Spaß; das macht ja schon die Rackete.

Anders Dairie / 05.01.2020

ICH weiss noch von Zeiten, wo eine Zehnerpackung Zigaretten, ein paar rohe Kartoffel (nein, nicht ein Paar) oder ein paar Eier als Mitbringsel pure, echte Freude bereiteten .  Die hüpfenden “Fruchtzwerge”  könnten aus Kraftlosigkeit erfahren,  dass Sitzen und Schweigen bei Hunger guttun.  Nein, die verzichten nicht, sie durchströmt das Glücksgefühl einer Religion zu dienen. Bis das Smartphone dunkel bleibt und das Jugendzimmer kalt.  Dann sind die Höschen voll und Mamma muss trösten.

P.Gross / 05.01.2020

Ja, Herr Bechlenberg - und es wird immer trister. Warum ich das so empfinde? Weil diese Traumtänzer im Shithole und deren Spezis im Geiste an der QWERTZ-Tastatur mir ständig eintrichtern, dass Deutschland, dieses miese Stückchen Erde, ständig bunter wird und stantepede werden muss…Und was passiert? Es wird mitnichten bunter - ich sehe nur eine Zunahme in schwarz und braun in etlichen Schattierungen. Die Republik also eher monochrom erbuntet, in unspektakulärem Farbspiel; wobei “weiss”, jaja, das gibt es auch noch, bekanntermassen keine Farbe, sondern ein erbarmungswürdiger Zustand ist. Da hilft auch keine “bunte” Verpackung.

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