Vera Lengsfeld / 12.01.2022 / 12:00 / Foto: Imago / 59 / Seite ausdrucken

Was hat die Linke, das die Union nicht hat?

Einen Bundespräsidentenkandidaten! Der hat zwar keine Chance, ins Amt zu kommen. Aber er kann zeigen, dass er ein passenderer und würdigerer Präsident wäre als der Amtsinhaber.

Die Union als größte Oppositionspartei im Bundestag demonstriert täglich, dass sie weder willens noch in der Lage ist, ihrer Aufgabe gerecht zu werden. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak, einstmals fälschlicherweise für einen konservativen Hoffnungsträger gehalten, hat seine Anwartschaft auf den Titel „Schlechtester Generalsekretär aller Zeiten“ untermauert, indem er sich an den Favoriten für den „schlechtesten Bundespräsidenten aller Zeiten“ rangewanzt hat:

„Frank-Walter Steinmeier ist ein Bundespräsident, der über Parteigrenzen hinweg geschätzt wird. Er handelt integrativ und schafft Zusammenhalt in unserer Demokratie. Nach unserer Unterstützung bei seiner ersten Wahl werden wir auch eine zweite Amtszeit unterstützen.“

Während die erste Unterstützung noch irgendwie zu rechtfertigen war, weil Ex-Kanzlerin Merkel keinen geeigneten Kandidaten fand und die Sozialdemokraten als Koalitionspartner mit ihrer Personalie vorpreschten, gibt es keinen Grund für die Union, Steinmeier erneut zu wählen. Weder ist er bei der Unionsbasis geschätzt, noch hat er „integrativ“ gewirkt und den „Zusammenhalt“ gefördert. Im Gegenteil, er hat ohne Not den Keil der Spaltung tiefer in unser Land getrieben, indem er Ungeimpfte ausgegrenzt hat. Unvergessen sind seine Musikempfehlungen für linksradikale Bands, die Polizisten verletzen und die „Messerklinge in die Journalistenfresse“ rammen wollen. Steinmeier hat dem Mullah-Regime im Iran zum Regierungsjubiläum gratuliert und am Grab des Terroristen Arafat einen Kranz niedergelegt.

Das Einzige, was für ihn spricht, ist, dass er im Ruhestand so viel kostet wie im Amt. Da ist es für die Steuerzahler günstiger, diesen Grüßaugust zu behalten. Man muss ihm ja nicht zuhören.

Die politische Entscheidung der Union, ihn zu unterstützen, ist nur als Signal zu verstehen, dass die Partei ihren Selbstauflösungsprozess nicht zu stoppen gedenkt.

Kampfgeist von der Linken lernen

Dabei könnte sie von der Linken durchaus etwas lernen: Kampfgeist und Durchhaltevermögen. Die umbenannte SED ist nach dreißig Jahren immer noch da. Zwar kam sie zum zweiten Mal nur aufgrund von drei Direktmandaten wieder in den Bundestag, das hält sie aber nicht davon ab, Zeichen zu setzen, um ihren Überlebenswillen zu demonstrieren.

Die Nominierung des Autors Gerhard Trabert, auch als Armen-Arzt bekannt, ist ein sehr geschickter Schachzug der Linken. Trabert hat eine Professur für Sozialmedizin und Sozialpsychiatrie an der Hochschule Rhein-Main. Er sieht sich aber selbst in erster Linie als Sozialarbeiter. Der Mann ist häufig in Katastrophengebieten unterwegs, aber auch in Deutschland tätig. Hier sind seine Patienten Wohnungs- und Mittellose, Deutsche und Ausländer, die er kostenlos medizinisch behandelt. Seine Erfahrungen und Erlebnisse hat er in seinem Buch „Der Straßen-Doc“ veröffentlicht. Es ist ein leidenschaftliches Plädoyer für mehr Humanität und richtet sich gegen alle Formen von Gleichgültigkeit.

Natürlich weiß Trabert, dass er nicht zum Bundespräsidenten gewählt wird. Gleichzeitig kann er sicher sein, dass er ein passenderer, würdigerer Präsident wäre als Steinmeier. Es wäre gut, wenn viele Wahlleute das auch so sehen würden.

Schon seit der Kandidatur von Joachim Gauck ist immer wieder diskutiert worden, dass dieses Amt entweder abgeschafft oder von den Wählern besetzt werden sollte.

Es wäre ein starkes Zeichen, wenn es künftig Bundespräsidenten aus der Mitte der Gesellschaft gäbe, statt Parteisoldaten.

Foto: Imago

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Leserpost

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Hans-Georg Villy / 12.01.2022

Das, was Herr Ziemiak hier von sich gegeben hat, „quietscht“ in meinen Ohren, dass es schon weh tut. Die Tatsache, dass sich nun auch der CDU-Parteiapparat für eine Wiederwahl Steinmeiers ausgesprochen hat, lässt tiefer blicken und auf die künftige Parteilinie schließen . Es zeigt nämlich, dass die alte Merkelseilschaft immer noch sehr präsent und tonangebend ist und dass Herr Merz auf dem kommenden Parteitag keine Chance hat, als Parteivorsitzender bestätigt zu werden, wenn er nicht deutlich auf die Merkelianer im Parteiestablishment zugeht. Ob die Parteibasis ihn vorab nun mehrheitlich gewählt hat, erscheint aus meiner Sicht eher unerheblich. Weitere Indizien für den immer noch maßgeblichen Einfluss der Merkelriege sind die Versuche, HG Maaßen, aber am liebsten auch die Werteunion aus der Partei zu drängen und die immer wiederholte Zusicherung, eine quasi unüberwindbare Brandmauer zur AfD aufzubauen, anstatt mit ihr prospektiv zumindest in einen orientierenden Dialog zu treten. Ich sehe hier beim besten Willen keinen Weg zu einer Erneuerung der Parteiprogrammatik, sondern eher die Bereitschaft und Inkaufnahme, das konservative Wählerpotenzial abzuschreiben. Wie schwer es Herr Merz in einem angenommenen Erneuerungsprozess haben wird, wenn er denn als Vorsitzender bestätigt werden sollte,  zeigt das Verhalten von Herrn Brinkhaus, der bereits öffentlich signalisiert hat, den Fraktionsvorsitz behalten zu wollen. Vieles deutet darauf hin, dass sich die CDU weiter zerlegen und bei der nächsten BTW nicht mehr maßgeblich sein könnte.

Peter Michel / 12.01.2022

„Es wäre schön …..“, träumen Sie weiter, positive Träume stärken ja das Selbstbewusstsein. Jeder Mensch mit einigermaßen Verstand weiß doch sehr genau, dass es dieses Mal nicht gut ausgehen kann. Die „Gräben“ hat man wesentlich tiefer als 89 gelegt

Heinz Kirchhof / 12.01.2022

Und wieder das Wort von der “Oppositionspartei”. Wann begreift man endlich, dass die CDU die Partei ist, die dieses Land faktisch in ein Einparteiensystem (oder Blockparteiensystem) verwandelt und damit die Wähler endgültig entmachtet hat? Konsequenterweise verzichtet diese Partei jetzt ganz offen darauf, den (falschen) Anschein zu erwecken, sie stelle eine Opposition zu dem Teil der Einheitspartei dar, der gerade die Regierungsbank besetzt. Die Union ist ein fester Bestandteil des “demokratischen Blocks”; und dazu zählt die CDU mittlerweile auch die Erfinderin dieses undemokratischen Begriffs, nämlich die umbenannte SED, die bekanntlich in Thüringen durch die CDU an die Regierung gehievt worden ist.

Udo Kemmerling / 12.01.2022

Ihrem Profil über “Frank-Walter Pahl-Rugensteinmeier” (M. Klonovsky, acta diurna) bleibt nichts hinzuzufügen. Herr Zimiak stammt offensichtlich aus einem Paralleluniverum, in dem der Gebrauch von Halluzinogenen zum Goldstandard zählt. Den Kandidaten der SED für den Besseren zu halten entspricht in seiner Relevanz für die (ehemalige) Demokratie in diesem Land in etwa der Relevanz für den mitteleuropäischen Frühling, dass -272,16°C genau 1 K mehr sind als das absolute Temperaturminimum. In der Armut den Ursprung aller Probleme zu sehen blendet schon den Ursprung der Sachlage aus. Diese Diskussion würde aber jeden Rahmen sprengen. Glaubwürdiger wäre es, würde der Kandidat der Kommunisten klar gegen die Armutsbeschleuniger der neuen unsäglichen Bundesregierung, geführt von der Partei des unsachgemäßen Bellevue-Benutzers, positionieren, als da wären die idiotische Klimarettung, die idiotische Massenzuwanderung, die idiotische Energiewende, die idiotische Abschaltung von grundlastfähigen Kraftwerken aller Art, dass idiotische Einsperren der Bevölkerung, inspiriert durch die KPCh und den Rest der Maßnahmen der übergriffigen sozialistischen Maßnahmen-Republik. Republik nur noch deswegen, weil der ungebildete Mob das wirklich noch für res publicae hält, was die Hofberichterstattung ihnen täglich zwangsfinanziert vortrompetet. Irgendwie beschleicht mich aber der Verdacht, das der Genosse Trabert bei all dem Mist mit Zustimmung reagiert. Ich würde mich eines Besseren belehren lassen, glaube aber nicht wirklich daran, dass ich mich auch nur an einer Stelle täusche. Als dann…

Sirius Bellt / 12.01.2022

Gerhard Trabert steht auf meiner Liste von Menschen, die ich sehr schätze, ganz oben. Nicht nur aus diesem Grund fände ich es gut, wenn Gerhard Trabert Bundespräsident würde. Ein ganz außerordentlicher Mann mit ganz außerordentlichen Verdiensten. Um auch nur in die Nähe von Traberts Lebenswerk für die Schwachen zu kommen, brauchte Steinmeier noch Jahrhunderte.

Dieter Weiß / 12.01.2022

Hier zeigfen sich die Nachteile der Demokratie. Gemäß dem Peterprinzip werden häufig ungeeignete Personen in Führungspositionen geschoben. Man muss sich auf einen Kompromiss, auf das kleinste gemeinsame Vielfache einigen und da kommt halt ein Steinmeier heraus. Das ist in einer Monarchie anders, den Monarchen hat man ob gut oder schlecht aber auf jeden Fall kostengünstiger. Die britische Queen ist sicher nicht billig aber rechnet man mal die Pensionen der alle vier Jahre wechselnden Bundespräsidenten zusammen relativiert sich das stark. Ausserdem haben die Zeitungen immer was zu schreiben und man hat etwas das allen Bürgern gleichertmaßen gehört, das Königshaus. Also suchen wir uns einen aus und fragen ob er nicht König von Deutschlend werden möchte!

Dr Stefan Lehnhoff / 12.01.2022

Die AfD sollte das Krümelmonster als Gegenkandidat aufstellen . Ok, das geht nicht. Wie wäre es dann mit einem EX-RAF Terroristen? Nominiert mich als Wahlmann. Meine Stimme hätte er gegen Steinmeier allemal.

Rolf Mainz / 12.01.2022

“Paul Ziemiak, einstmals fälschlicherweise für einen konservativen Hoffnungsträger gehalten…” Pardon, aber den Passus musste ich zweimal lesen. Zunächst dachte ich an ein Versehen meinerseits. Wer hielt ihn dafür? Er sich selbst vielleicht, aber sonst? Für Merkel diente er ohnehin nur als das übliche Kanonenfutter., willfährig, austauschbar, harmlos, mitlaufend. Und zu besagtem Amt? Sicher, am besten abschaffen, aber welcher Beamte schafft schon Beamtenposten ab? Ist wie die Sektsteuer: im Kaiserreich zur Finanzierung der Kriegsflotte eingeführt, eine richtige Marine hat das Land nicht mehr, aber die betreffende Steuer bleibt sicher noch ewig ;-)

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