Georg Etscheit / 28.09.2020 / 12:00 / Foto: White House / 79 / Seite ausdrucken

Warum ich Donald Trump die Daumen drücke

Mein schönster Trump-Satz ist dieser: „Ich bin mir sicher, dass sich die Menschen sehr freuen werden, einen großen, fetten Scheck zu bekommen und meine Unterschrift steht drauf.“ Das sagte der US-Präsident bei einem Pressebriefing, in dem er „Helikoptergeld“ versprach, um die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise abzumildern. 1.200 Dollar Cash auf die Kralle für eine Million Amerikaner mit geringem Einkommen. Natürlich hätte der Mann mit der stromlinienförmigen Frisur auch weniger theatralisch daherkommen können. Aber Understatement ist Trumps Sache bekanntermaßen nicht und nirgendwo steht geschrieben, dass ein Staatschef bescheiden sein muss.

Helikoptergeld gab's übrigens auch in Deutschland und Europa, nur läuft das hier unter „Zukunftsinvestition“ und wird niemand direkt in die Hand gedrückt, sondern von Politikern in Sachen gesteckt, die sie für wichtig halten. Man möchte ja nicht, dass die Leute das schöne Geld einfach für Dinge, die SIE für wichtig halten, zum Fenster hinauswerfen. Dazu schmeißt EZB-Präsidentin Christine Lagarde einfach die Geldpresse an. Wer die Zeche am Ende bezahlen muss? Alle. Und da macht es keinen Unterschied, ob Madame Lagarde die Moneten unters Volk bringt oder Mr. Trump.

Noch ein toller Trump-Satz. „Es wird auch wieder kälter.“ Das war sein Kommentar zu der These, dass der Klimawandel die Megawaldbrände im Osten der USA maßgeblich verursacht hat. Dass Trump mit dem Klimawandel als dringlichstem Menschheitsproblem nicht viel anfangen kann, dürfte er mit vielen anderen Politikern auf diesem Planeten gemeinsam haben, darunter auch die wegen ihrer Wirtschaftsmacht vor allem von Energiewende- und Klimaschutzdeutschland hofierten Chinesen, Die listig-zurückhaltenden Asiaten posaunen nur ihre Meinung nicht wie der stets ungeschützt polternde Trump laut heraus, sondern behandeln das Paris-Abkommen so, wie es 2015 verabschiedet wurde: als geduldiges Stück Papier.

Weitere vier Jahre Trump würden krude Medien-Fantasie überfordern

Wenn die Medien Donald Trump nicht bekommen hätten, sie hätten ihn erfinden müssen. Seit seinen ersten Tweets nach der Präsidentenwahl im November 2016 vergeht kein Tag, an dem er nicht die Schlagzeilen dominiert. Der tägliche Trump ist zur unverzichtbaren Gewohnheit geworden, genauso unverzichtbar wie einst das Morgengebet. Jeder echte oder vermeintliche Fehltritt, jede missverständliche oder absichtlich missverstandene Äußerung wird genüsslich breitgetreten. Über was soll man denn noch reden, wenn „Sleepy Joe“ regiert und die Corona-Krise vielleicht doch einmal vorbei ist? Nur noch über den Klimawandel? Nicht auszudenken!

Als wer oder was wurde Trump nicht alles geschmäht. Wer einen Überblick möchte, braucht nur die Spiegel-Titel der letzten vier Jahre studieren: Trump als Zündler, der die USA in Brand setzt, als flammender Komet, der auf die Erde zurast, als Stinkefinger gen Europa, als King Kong am Obelisken in Washington, Trump und Kim Jong-un als ungezogene Babys, auf der Atombombe reitend, Trump als Henker in Taliban-Manier mit blutigem Messer in der einen, dem abgeschlagenen Kopf der Freiheitsstatue in der anderen Hand, Trump als Rückentwicklung des Homo sapiens zum Menschenaffen. Der Stern zeigte ihn, noch subtiler, mit zum Hitlergruß erhobener Hand und der Schlagzeile „Mein Kampf“. So radikal abgearbeitet hatten sich die Hamburger Magazin-Macher noch nicht einmal an „Birne“ Helmut Kohl, und weitere vier Jahre Trump würden wohl auch deren krude Fantasie überfordern.

Fragt sich, was Trump nun wirklich gemacht hat in den letzten vier Jahren. Noch las ich nirgendwo eine halbwegs redliche Bilanz seiner bisherigen Präsidentschaft. Nur weitere Husarenmeldungen, wonach Trump die Wahl, falls er verlöre, nicht anerkennen wolle und womöglich bereit sei, einen Bürgerkrieg anzuzetteln. Nein, unter maximalen Schreckgespenstern wie Weltkrieg, Bürgerkrieg und Weltuntergang, alles verursacht von einem, nämlich Donald Trump, machen es unsere Schlagzeilenfabrikanten nicht mehr.

Eine Gesundheitskatastrophe sieht wohl anders aus

Dabei hat Trump bislang nirgendwo auf der Welt einen Krieg angezettelt, im Gegenteil. Über Kim Jong-un und die angeblich so teuflische Atommacht Nordkorea spricht schon länger keiner mehr, obwohl viele Kommentatoren schon das nukleare Armageddon an die Wand gemalt hatten. Im Nahostkonflikt hat sich der US-Präsident unmissverständlich hinter Israel gestellt und zumindest erreicht, dass die Front der arabischen Staaten, die Israel vom Erdboden tilgen möchten, bröckelt. Besser als das aussichtlose Gezerre um die längst an israelisch-palästinensischer Realpolitik gescheiterte Zweistaatenlösung ist das allemal.

Richtung Asien versucht Trump, das immer aggressiver auftretende China in die Schranken zu weisen. Wie ich jüngst mit Verwunderung las, ist die ökonomische America first-Politik offenbar das einzige Thema, bei dem sich Republikaner und Demokraten einig sind. Noch vor Corona hieß es doch immer, Trump-Amerika riskiere mit seiner „protektionistischen“ Handelspolitik den weltweiten wirtschaftlichen Niedergang. Jetzt wird klar, dass in dieser Hinsicht von Biden-Amerika kaum Änderungen zu erwarten sind.

Und in der Corona-Krise mag Trump reichlich inkonsequent gehandelt haben, doch bei der Zahl der Pandemie-Toten pro eine Millionen Einwohner steht sein Land gar nicht so schlecht da. Ganz oben Peru, gefolgt von Belgien und mit größerem Abstand Spanien, Brasilien und Chile. Auf dem sechsten Platz liegen die USA. Eine Gesundheitskatastrophe sieht wohl anders aus, vor allem wenn man bedenkt, dass es in den Vereinigten Staaten kein All-inclusive-Krankenversicherungssystem gibt. Last but not least: Wenn sich Trump im Konflikt um die Black-Lives-Matter-Bewegung auf die Seite derjenigen stellt, für die Plünderungen eine Straftat darstellen und keine soziale Errungenschaft, halte ich das nicht für erklärungsbedürftig.

Kriegt passt nicht in sein Konzept

Das einzige, was man Trump vorhalten könnte, ist die Tatsache, dass er eine klassische Interessenpolitik verfolgt, wie viele andere (demokratische wie republikanische) US-Präsidenten vor ihm. Früher wurden die USA dafür kritisiert oder verlacht, sich als hypermoralischer Tugendwächter der ganzen Welt aufzuspielen. Diese Rolle hat heute das von Deutschland geführte Europa übernommen, allerdings nur rhetorisch oder bestenfalls per Scheckbuch, weil die militärischen Mittel zur robusteren Durchsetzung solch vorgeblich altruistischer Interessen fehlen, worauf Trump genüsslich hingewiesen hat.

Hätte es den ganzen Medien-Zinnober und das nicht enden wollende Trommelfeuer auf die leibhaftige Verkörperung des Teufels im Weißen Haus nicht gegeben, wären die bislang vier Jahre seiner Regierung eine ziemlich normale republikanische Präsidentschaft gewesen. Jedenfalls weit weniger dramatisch als die Amtszeit von Georg W. Bush, der nach dem Terrorakt von 9/11 den Irakkrieg angezettelt hat, mit Folgen, die bis heute spürbar sind. Was Trump im Falle eines solchen Angriffs gemacht hätte, weiß man nicht. Doch Trump ist als Geschäftsmann, als der er sich offenbar auch in seiner präsidialen Rolle versteht, eher Zauderer und Opportunist. Kriegt passt nicht in sein Konzept.

Wenn ich bei einem Wahlsieg Trumps eine Flasche meines besten Weins öffne, wäre zugegebenermaßen eine gehörige Portion Schadenfreude dabei im Spiel, denn ich möchte in aller Ruhe die belämmerten Mienen von Angela Merkel, Heiko Maas und Robert Habeck studieren und das dann vermutlich noch schiefere Gesicht von Claus Kleber im heute-Journal. Falls Biden gewinnt, was ich für wahrscheinlicher halte, entkorke ich ebenfalls eine gute Flasche, weil das amerikanische Volk dann eben entschieden hat und die Welt nicht untergeht, so oder so. Das ist Demokratie: Mal knirschen die einen mit den Zähnen, mal die anderen.

Foto: White House FLOTUS via Wikimedia Commons

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Dr. Roland Mock / 28.09.2020

„Fragt sich, was Trump nun wirklich gemacht hat in den letzten vier Jahren“. Da kann ich dem Autor helfen: Unter anderem die umfassendste Steuerreform seit Reagans Amtszeit durchgeboxt. Sein Land benachteiligende Regelungen durch mehr oder weniger faire, aber immer amerikanischen Unternehmen dienende Handelsabkommen ersetzt. Bürokratie abgebaut….. Folgen: Entlastung nahezu jeder amerikanischen Familie, welche Steuern zahlt, eine historisch hohe Beschäftigungsquote, ein Wirtschaftsaufschwung mit Wachstumszahlen weit oberhalb jener der Eurozone. Dies alles erst durch das Covid-19-Virus gestoppt. Trump hat sich auch in politischer Hinsicht vom unseligen sog. „Multilateralismus“  getrennt und setzt auf Vereinbarungen, welche der amerikanischen Bevölkerung und nicht internationalen NGO oder amerikafeindlichen Organisationen wie der UNESCO dienen. Er hat wirksam die Drogenkriminalität, insbesondere an der mexikanischen Grenze, bekämpft. Und nicht zuletzt: Präsident Trump sch….. auf die sog. „liberalen“, sprich linken,  Medien und hat damit der ganzen Welt gezeigt,  daß man auch g e g e n den Schwachsinn der politischen Correctness und des international grassierenden CO2- „Diversitäts“ - und „Me too“- Wahns (zum Neispiel) eine Wahl gewinnen und regieren kann.

herbert binder / 28.09.2020

Was mich immer wieder aufbringt, das sind Artikel wie dieser. Es wird vor allem relativiert und relativiert. D.h., Autoren, die irgendwie eher Trump zuneigen, müssen immer erst lang und breit die Fehler und Untaten dieses Menschen herausarbeiten, um ja nicht in den Verdacht zu geraten, auf beiden Beinen Hurra geschrien zu haben. Ein Übel. Nur, wie kann ich mit meinem Urteil noch glaubhaft wirken, wenn ich zuvor fast ausschließlich Versäumnisse aufgelistet habe. Für mich ist das eine Art Pilatus-Syndrom. Leute, bekennt euch einfach, meinetwegen mit einer Begründung - oder laßt es einfach. Es geht hier nicht um eine Biographie.

Markus Kranz / 28.09.2020

Wenn Menschen ermordet werden, ist es nicht mehr Demokratie. Wir hatten mehrere Morde an schwarzen Polizisten und schwarzen und weißen Trump Anhängern. Dazu mehrere Mordaufrufe auch hierzulande. Ein großer Teil unserer Gesellschaft möchte keine Polizei, Armee oder Demokratie mehr, sie wollen Gewalt.

Roland Stolla-Besta / 28.09.2020

In Trump hat die hiesige Medien-Landschaft (welch schöner Begriff für eine doch eher trostlose Wüste) endlich eine Person, an der man sich echauffieren und abarbeiten kann, an der deutschen Polit-Mischpoke darf und kann man es sich ja nicht. Und so ergötze ich mich immer wieder daran, wie es Herr Trump alleine durch sein Auftreten schafft, dieses saturierte Journo-Personal aus dem Schlaf zu wecken. Bitte weiter so, Herr Trump!!!

S.Niemeyer / 28.09.2020

Understatement ist nicht das häufigste Stilmittel im Amerikanischen, es ist vor allem britisch. Das “Fantastic, Great” der einen ist das “Not too bad” der anderen.      Richard Grenell hat in Mission des US Präsidenten erste Erfolge in der Befriedung des Konflikts zwischen Serbien u. Kosovo erreicht, u.a. geht es um einen Stausee im Grenzgebiet mit beiderseitigen Ansprüchen darauf. Der See wird von beiden Parteien jeweils anders bezeichnet. Als Joke schlug Grenell vor, ihn nach Trump zu benennen und löste damit bei beiden Parteien sofortige ernstgemeinte Zustimmung aus. Wow! Lake Trump als Symbol für Friedenstiftung

Andreas Hofer / 28.09.2020

Ist ganz einfach. Gewinnt Biden, gibt es Krieg mit dem Iran.  Wahrscheinlich macht Deutschland unter Schwarz-Grün mit. Die Russen werden das nicht durchgehen lassen.  Ja, und das kann es dann gewesen sein.

Frances Johnson / 28.09.2020

And may this help before you go celebrate democracy: ” First the basics: Your name is Joe Biden and you’re running for president of the United States. Your opponent, the incumbent, is Donald Trump. Please don’t say that you’ll “beat Joe Biden” – it sounds like you’re either hopelessly muddled or into self-flagellation. You have a problem with math. Avoid it, if possible. If you must use statistics, remember 150 million people did not die of “gun violence” since 2007 (it’s really about 40,000 a year, and 60% of those are suicides). And 120 million did not die from COVID-19 in the United States. At the time you uttered this absurdity in June, it was 119,000. Today, it’s 200,000. Two hundred and seventy million would amount to the demise of roughly 80% of the population, and that’s before Medicaid-for-All.” By Don Feder. Pops up when googled. Vest wishes

Frances Johnson / 28.09.2020

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