Noch eine Anmerkung zu dem Leserkommentar P. Bereit: “Auch dann nicht, wenn diese Mauer gelegentlich Anschläge verhindert haben sollte” - derartige Äußerungen haben Tradition bei Schreibtischtätern.
Ein jüdischer Urgroßvater oder ein Jude im Freundeskreis müssen seit jeher als Rechtfertigung für so ziemlich jeden Unsinn herhalten. Geht aber auch mit “ich war auch schon mal in Israel”.
Sehr geehrte Frau Lengsfeld, doppelte Staatsbürgerschaft ist grundsätzlich ein Ausdruck dafür, dass nicht alle immer alles so unheimlich verkniffen sehen, also zu begrüssen. Als Automatismus haftet ihr dennoch etwas Gefährliches an. Es gibt Konstellationen, die es nicht ertragen, dass von einer Person nicht geklärt ist, welcher der beiden (oder noch zahlreicheren) Nationen denn nun im Zweifelsfall ihre Loyalität und Solidarität zuvorderst gehört. Meines Erachtens ist das immer dann gegeben - ohne Anspruch auf Vollständigkeit -, sobald eine Person in der Politik, im Staats- oder Rechtswesen, in der obersten Elite der Wirtschaft und der Banken, der inneren oder der äußeren Sicherheit oder in den Bereichen der Informatik, die mit Datenverschlüsselung und Telekommunikation zu tun haben, beschäftigt ist oder werden soll. Ich hielte es für angezeigt, dass Sie einmal die Karten offen auf den Tisch legen, ob Sie nicht auch der Meinung sind, dass sich die sonst so vorbildlichen USA mit Figuren wie Henry Kissinger, Eric Holder, den Brüdern Chertoff und dem neuen Fed-Chef nicht ein Kuckucksei ans Land gezogen haben. Bedenken Sie: Ein weitherum beliebter Arnold “Barbar” Schwarzenegger kann dort nicht für das Präsidentenamt kandidieren, weil er in Österreich geboren ist, vermutlich weil man dann ja nie sicher sein kann, ob er nicht verkappt die nationalen Interessen Österreichs in Zweifelsfällen eben doch höher einstuft als die der USA. Klar, könnte ja sein… Juden sollten in Deutschland jederzeit gern gesehen sein und Staatsbürgerschaft beantragen können nach Regeln wie alle anderen auch. Schlimm genug, dass das nicht immer so war und der Weg zu einer Normalität auch in vermeintlichen Kulturnationen mitunter ganz schön lang und steinig sein kann. Bei Israelis wäre ich aus Prinzip so vorsichtig wie bei Ukrainern oder Uiguren. OK, vermutlich nicht wenn ich Angela “Staatsräson” Merkel hieße.
Funkelnde Wolkenkratzer, grüne Wiesen, Sonne und freundliche Menschen. Eine Idylle, würden da im Hintergrund nicht die kahlen Häuser und Gärten der Ureinwohner und die Einwohner selbst, Palästinenser genannt, stören, die man mit einer hohen Mauer auf Abstand halten muss. Dass es oft palästinensische Bauern sind, die für das Grün auf den Feldern verantwortlich sind und die israelische Bevölkerung mit frischen Agrarprodukten versorgen, ist natürlich nebensächlich. So nebensächlich wie die Tatsache, dass sie sich oftmals das teure Wasser nicht leisten können, um den eigenen Garten zu begrünen. Ich habe im Jahre 2008 Israel bereist und kann bestätigen, dass es sich bei Tel Aviv um eine lebendige Stadt handelt, in der alles anders ist, als im Rest von Israel. Mithin ist Tel Aviv weit davon entfernt, eine schöne Stadt zu sein, sieht man von der Altstadt in Jaffa einmal ab. Der wirtschaftliche Aufschwung Israels, den sie hier beschwören, kann nicht überall angekommen sein. Zumindest nicht bei den vielen Demonstranten, die sich unlängst auf den Straßen sammelten, um gegen die massive Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen zu protestieren. Selbst Überlebende des Holocaust leben oft unter armseligsten Bedingungen von Sozialleistungen. Davon fehlt bei ihnen jedes Wort Ihre Behauptung, die israelischen Araber, besäßen dieselben Rechte, wie die jüdischen Israelis, ist nicht nur unvollständig, sie ist falsch. Das Selbstverständnis Israels, degradiert sie zu Bürgern zweiter Klasse, was sich u.a. auch im Bildungssystem Israels dokumentiert. Die Bestrebungen, arabische Israelis immer weiter von gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen auszuschließen, sind hinreichend dokumentiert. Viele Araber haben es überdies abgelehnt, die israelische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Die Gründe hierfür muss man nicht erklären. Erstaunlich, wie sich Chaim Noll an die Existenz einer Mauer gewöhnen konnte und wie sie diese Gewöhnung offenbar mit ihm teilen. Eine merkwürdige Metamorphose. Eine Gesellschaft, die sich durch Mauern, die dreimal so hoch sind, wie die Berliner Mauer, von seinen Nachbarn trennen muss, kann nicht gesund sein. Auch dann nicht, wenn diese Mauer gelegentlich Anschläge verhindert haben sollte. Allein die Notwendigkeit ihrer Existenz, zeigt die Paranoia der israelischen Gesellschaft. Viele junge Israelis verlassen das Land, weil sie den Spagat zwischen scheinbarer Normalität und Irrsinn nicht mehr aushalten. Ein wirklich blühendes Land, im weitesten Sinne, wird Israel erst sein können, wenn es sich als Land aller Israelis versteht und die Palästinenser, die das wünschen, endlich in einem eigenen Staat leben lässt. Erst dann wird man sich an einem Sonnenunter- oder –Aufgang in Jaffa und anderswo in Israel, wirklich erfreuen können.
Liebe Frau Lengsfeld, ich war noch nie in Israel. Aber dank Internet ist es möglich jeden Fleck auf der Erde von oben zu sehen. Genau das habe ich gemacht und mir Beer Sheva von oben angeschaut. Das was ich dort gesehen paßt nicht so ganz zu dem was Sie schildern. Der Bahnhof, der in der Nähe der Uni liegt, ist offensichtlich North Be’er Sheva-University Railway Station und die Uni selber ist dann die Ben-Gurion-Universität. Die liegt keineswegs mitten in der Wüste und ist auch keine 10 Jahre jung sondern wurde 1969 gegründet. Wenn Chaim Nolls schönes Haus in Sichtweite des Grenzzaunes liegt, dann kann es nicht in Beer Sheva liegen, denn der Grenzübergang zum Palestinensergebiet an der Route 60 liegt ca.18 Km von der Stadt entfernt im Nordosten. Aber seis drum. Ihre Beiträge sind Musik in meinen Ohren, insbesondere wenn ich Herrn Gysi, Frau Wagenknecht und all die anderen Schwachmaten so höre. Weiter so!
„Jeder junge Israeli, der einen deutschen Großvater hat, bekommt einen deutschen Pass, auch wenn er kein Deutsch spricht und noch nie in Deutschland war.“ Und jeder Mensch, der eine Jüdin zur Mutter hat, bekommt einen israelischen und dazu noch den Eintrag, der jüdischen Nation anzugehören. Irgendwie gefällt mir das. Das Problem Deutschlands scheint mir zu sein, dass die Mutterschaft einfacher belegbar ist als die Vaterschaft. Aber ich sollte nicht so kleinlich sein.
Ich weiß noch, wie ich früher über die Leserbriefe der TITANIC an Frau Lengsfeld gelacht habe, ohne bis dahin auch nur einen ihrer Texte gelesen zu haben. Typische Überheblichkeit eines Linken. Umso mehr freue ich mich inzwischen über jeden neuen ihrer Beiträge. Prost Neujahr
Wirtschaft und Handel mögen temporär für Frieden sorgen, aber die Geschichte zeigt leider in einer Unzahl von Beispielen, daß Neid und Haß jederzeit jeden Frieden zerstören können. Und die EU züchtet mit ihren Fördergeldern Neid und Haß.
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