Im vergangenen Jahr war ich im Latium und beschäftigte mich hauptsächlich mit den Hinterlassenschaften der Etrusker, ihren atemberaubenden Nekropolen. Nun besuche ich Perugia in Umbrien, das antike Perusia, das bereits im 9. Jh. v. Chr. besiedelt war.
Der Name dieser umbrischen Stadt prägte sich mir erstmals tief ein, als es um die Mitte der 1980er Jahre herum hieß, dort würde ein bedeutender Kongress der Friedensbewegung stattfinden und es würden Einladungen für die Unabhängige Friedensbewegung der DDR, heute Bürgerrechtsbewegung genannt, verschickt. Wir waren elektrisiert von der Aussicht, dass einige von uns ein Visum bekommen könnten, aber am Schluss fuhren nur ein paar Vertreter der Evangelischen Kirche.
Zum zweiten Mal faszinierte mich der Name Perugia, als ich im vergangenen Jahr im Latium war und mich hauptsächlich mit den Hinterlassenschaften der Etrusker, ihren atemberaubenden Nekropolen, beschäftigte. Perugia ist eine etruskische Gründung, die später von den Römern, noch später vom Mittelalter überformt wurde. Wie alle etruskischen Siedlungen liegt es auf einem Berg. Wenn man unten am Bahnhof ankommt, fährt man eine steile, endlose Serpentine hinauf bis zur Altstadt. Wir kamen abends an. Unser Hotel lag günstig am Beginn des Corso. Wir entledigten uns schnell unseres Gepäcks und zogen los.
Als erstes mussten wir feststellen, dass sich die Klimaerwärmung von ihrer perfidesten Seite zeigte. Statt der erwarteten frühlingshaften Temperaturen kurz unterhalb der 20°C wehte ein eisiger Wind. Wir genossen trotzdem die Aussicht von einer der vielen Aussichtsplattformen. Die untergehende Sonne brach hinter den Wolken hervor und tauchte den Stadthang in ein terracottafarbenes Licht. Darüber der dunkelblaue Himmel, der von einigen Strahlenkränzen geschmückt wurde. Ich konnte sofort das absurde Deutschland, das meine Seele aufzufressen droht, vergessen.
Ein etruskischer Brunnen, 3.000 Jahre alt
Am anderen Morgen begannen wir unseren Rundgang in einer Buchhandlung des legendären Millionärs Feltrinelli, der sein Leben als Unterstützer der RAF und anderer Extremisten wie den Roten Brigaden beendete, als er versuchte, einen Hochspannungsmast bei Mailand zu sprengen. Sein Verlag und die Buchhandlungen in ganz Italien florieren bis heute, dank des Kapitalismus, den er abschaffen wollte. Wir bekommen den Kunstführer für Perugia, der in Deutschland nicht zu bekommen war, und fühlen uns für unsere Besichtigungstour gewappnet.
Wir begannen am Etruskischen Tor der Arco Etrusco, einem Bogenbauwerk aus dem 3. Jahrhundert v. Chr., das wegen der Inschrift AVGVSTA PERVSIA auch Arco di Augusto genannt wird. Hier kann man sehen, wie sich spätere Zivilisationen auf den etruskischen Mauern aufgebaut haben. Das sind drei Jahrtausende auf einen Blick. Ich bewunderte den gelben Mauerpfeffer, der sich zwischen den Mauerritzen aus allen Zeiten breitmachte. In wenigen Wochen wird er verdorrt sein und im nächsten Frühjahr wiederkommen. Die Natur ist auf Überleben spezialisiert.
Wir umrundeten die Altstadt entlang der etruskischen Mauer und nutzten eines der Tore, um wieder zum Zentrum hinaufzusteigen. Unser Ziel war die etruskische Quelle, die seit über dreitausend Jahren die Stadt mit Wasser versorgt. Man kann das erstaunliche Bauwerk für 4 Euro besichtigen. Der über dreißig Meter tiefe Brunnenschacht wird von einer Travertin-Konstruktion überdacht, die eben diese 3.000 Jahre alt ist. Nach dem Prinzip werden heute noch Brücken und Gewölbe gebaut. Man kann auf nassen Stufen den Schacht zum Wasser hinunterzusteigen. Etwa fünf Meter über dem Wasserspiegel wurde eine gläserne Brücke gebaut. Dort steht man in dem Schacht aus vorbiblischen Zeiten und kann nicht fassen, dass diese Schöpfung einer Zivilisation, die nichts Schriftliches hinterlassen hat, weil sie wahrscheinlich keine Schrift hatte, bis heute funktioniert. Was wird von uns in 3.000 Jahren geblieben sein?
Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Homepage der Autorin.
Vera Lengsfeld, geboren 1952 in Thüringen, ist eine Politikerin und Publizistin. Sie war Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Von 1990 bis 2005 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages. Seitdem betätigt sie sich als freischaffende Autorin.

Perouse ist ein Stadtteil der im baden-württembergischen Landkreis Böblingen gelegenen Stadt Rutesheim. Am 13. Juni 1699 entstand Perouse durch den Zuzug von 71 Waldenser-Familien, die den Ort in Erinnerung an ihre ursprüngliche Heimatgemeinde Perouse (heute: Perosa Argentina) im Piemont benannten. Bis heute erinnern Familiennamen wie Baral, Baret, Charrier, Mouris, Simondet, Servay und Vinçon an die Herkunft der Bewohner. 1738 entstand die gegenwärtige Waldenserkirche als Ersatz für einen kleinen Vorgängerbau. 1839 kaufte Perouse, bis dahin Teil der Gemeinde Heimsheim, die Markung mit 266,5 ha zum Preis von 3.924 Gulden ab. 140 Jahre nach seiner Gründung war Perouse damit eine selbständige, den Nachbargemeinden gleichgestellte Gemeinde. 1951 erhielt Perouse ein neues Schulhaus. Die Schule wurde allerdings 1973 vom Kultusministerium aufgelöst. 1968 wurde ein Kindergarten und 1970 die Gemeindehalle gebaut. Am 1. Januar 1972 wurde Perouse nach Rutesheim eingemeindet. 2017 wurde mit Perosa Argentina eine Städtepartnerschaft geschlossen. Mein Flugplatz liegt nicht weit davon, bin oft mit meiner Ka6 da herum geflogen. Meine Mutter stammt von Waldensern ab. Die Welt ist soo klein.
Ich hätte gemeint, “der dunkelblaue Himmel” mit den Strahlenkränzen hätte Sie sofort an Ihr altes FDJ-Hend erinnern müssen. In der DDR gab es übrigens einen fabelhaften Bildband mit etruskischer Bildhauerkunst. Also vor der Eisenzeit. Da hält man die Luft an. Das waren Hedonisten, also vom Zeitgeist her sollten Sie dort nicht hinfahren. Das sieht sonst danach aus, als würden sich die ehemaligen Wasserprediger von der Ost-CDU in der Ferne einen Fetten machen, während hier die Hütte brennt. Während der öffentliche Dienst für die Erhöhung Ihrer Abgeordneten-Pension streikt. Also ich bin für die Absenkung der Pensionen auf ein menschliches Maß (frei nach Johannes Rau). Nichts für ungut!
Ja, Reisen bildet nicht nur, wie Goethe sagte, sondern tut der Seele gut und verhindert, dass man kleingeistig und intolerant wird. Sogar schon ein kurzer Reisebericht wie dieser über Geschichte und Kultur eines fremden Volkes hebt die Stimmung und beruhigt. Bitte mehr davon!
Von “uns” wird man in dreitausend Jahren wohl die Erinnerung haben, dass wir uns in vollem Unwissen aber mit aller Kraft dem “Klima” entgegengestellt haben und wie Leonidas bei den Thermopylen heldenhaft vom “Klima” überrollt wurden.
Danke, Frau Lengsfeld, für diese tiefgehenden und berührenden Zeilen! Ich bitte Sie um Fortsetzung!