Stefan Frank / 21.03.2022 / 16:00 / Foto: Imago / 8 / Seite ausdrucken

USA bekräftigen Marokkos Autonomieplan für die Westsahara

Die Vereinigten Staaten haben ihre Unterstützung für Marokkos Autonomieplan für die Westsahara zugesagt. Diese Entscheidung wurde noch vom damaligen Präsidenten Donald Trump getroffen, von seinem Nachfolger Joe Biden aber ausdrücklich nicht geändert.

Im Zuge einer Reise zu wichtigen Mittelmeeranrainerstaaten traf die stellvertretende US-Außenministerin Wendy Sherman am 8. März Marokkos Außenminister Nasser Bourita in der marokkanischen Hauptstadt Rabat. Weitere Stationen der Reise waren Algerien, die Türkei und Spanien. Ein geplanter Besuch in Ägypten musste aus „logistischen Gründen“ verschoben werden, wie das State Department verlautbarte.

Bei ihrem Treffen erörterten Bourita und Sherman nach Angaben der US-Regierung Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung der langjährigen bilateralen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Marokko, „einschließlich gemeinsamer Interessen an Frieden, Sicherheit und Wohlstand in der Region“.

Auch Putins „vorsätzlicher, nicht provozierter und ungerechtfertigter Krieg gegen die Ukraine“ sei Thema gewesen. Beide Seiten hätten ihre „starke Unterstützung“ für Staffan de Mistura, den Persönlichen Gesandten des UN-Generalsekretärs für die Westsahara, zum Ausdruck gebracht, der versucht, den UN-geführten politischen Prozess für die Westsahara wiederzubeleben. Einer breiteren Öffentlichkeit ist Mistura als langjähriger UN-Vermittler im Syrienkonflikt bekannt. Dieses Amt hatte er 2018 nach vierjährigen – letztlich erfolglosen – Bemühungen abgegeben.

US-Außenminister Antony Blinken hatte Mistura erst am 3. Februar getroffen und ihm versichert, wie wichtig den USA ein „glaubwürdiger politischer Prozess“ sei, der zu einer „dauerhaften und würdigen Lösung des Konflikts“ in der Westsahara führt.

Bei ihrem Besuch in Rabat versicherte Sherman, die US-Regierung betrachte den Autonomieplan Marokkos „weiterhin als ernsthaft, glaubwürdig und realistisch und als potenziellen Ansatz zur Erfüllung der Bestrebungen der Menschen in der Westsahara“.

Damit stärken die USA Marokko den Rücken, nicht nur im Dauerkonflikt mit Algerien, sondern auch gegenüber der deutschen Bundesregierung, die Marokko brüskierte, als sie nach der amerikanischen Anerkennung der marokkanischen Souveränität über die Westsahara im Dezember 2020 eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats beantragte.

Lang anhaltende Beziehungen

Mit einer Fläche von 266.00 km² ist die Westsahara größer als Großbritannien, hat aber lediglich etwa 300.000 Einwohner. Nachdem Spaniens Machthaber General Franco 1975 gestorben war und das Land demokratisch wurde, zogen sich die Spanier 1976 aus dem Gebiet zurück, in dem sie 1884 eine Kolonialherrschaft errichtet hatten.

Weil die Region in vorkolonialer Zeit in einem losen Abhängigkeitsverhältnis zu Marokko gestanden hatte, beanspruchte Marokko – das 1956 seine Unabhängigkeit von Frankreich erhalten hatte – die Westsahara als sein Staatsgebiet. Das mit Marokko verfeindete Nachbarland Algerien hingegen unterstützte die Abspaltung der Westsahara von Marokko, weil es selbst dort die Kontrolle übernehmen wollte.

Die Entscheidung der USA, Marokkos Souveränität über das Gebiet anzuerkennen, wurde noch vom damaligen Präsidenten Donald Trump getroffen, von seinem Nachfolger Joe Biden aber ausdrücklich nicht geändert. Die USA wollten lediglich „mehr Energie“ darin investieren, den Vereinten Nationen zu helfen, „endlich Ergebnisse zu erzielen“, hieß es aus dem US-Außenministerium nach Bidens Amtsübernahme.

Marokko war eines der ersten Länder, das die Vereinigten Staaten nach ihrer Unabhängigkeitserklärung am 4. Juli 1776 anerkannt und durch ein Dekret von Sultan Mohammed III. im Jahr 1777 seine Häfen für amerikanische Schiffe geöffnet hatte. 1786 unterzeichneten Marokko und die USA einen Friedens- und Freundschaftsvertrag.

Die Vereinigten Staaten ernannten Marokko 2004 zu einem wichtigen Nicht-NATO-Verbündeten, die Militärs beider Länder veranstalten gemeinsame Schulungen und Manöver.

Zweitgrößter Phosphatproduzent der Welt

Nachdem sich durch den Ukraine-Krieg eine weltweite Nahrungsmittelknappheit abzeichnet und mit Russland und Weißrussland der zweit- und drittgrößte Produzent von Kalidünger auszufallen drohen, dürfte es bei amerikanisch-marokkanischen Konsultationen auch um dieses Thema gehen, da Marokko etwa 70 Prozent der weltweit bekannten Phosphatvorkommen besitzt.

Phosphat wird für die Herstellung von Phosphatdünger benötigt. Mehr als zehn Prozent der marokkanischen Phosphatproduktion entfällt auf das umstrittene Gebiet Westsahara.

Wäre die Westsahara ein unabhängiger Staat, wäre sie der zweitgrößte Phosphatproduzent der Welt nach Marokko. Die Phosphatmine Bou Craa in der Westsahara und das mit 100 Kilometern längste Fließband der Welt, mit dem das Phosphatgestein zur Küste transportiert wird, sind auch von der Raumstation ISS zu sehen.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

Foto: Imago

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Hans-Peter Dollhopf / 21.03.2022

Herr Frank, gestern war hier Ihr Menawatch-Artikel “Algerien: Nutznießer der Russlandkrise?” zu lesen. Der heutige Beitrag komplementiert angesichts der strategischen Bedeutung der Maghreb-Staaten in der komplexen aktuellen Gesamtsituation die Informationslage!

Hans-Peter Dollhopf / 21.03.2022

John Smith III / 21.03.2022 : “Die USA machen Politik im Eigeninteresse. Hunter Biden wusste schon, warum er in der Ukraine krumme Geschäfte machte. ” - - - Inwiefern symbolisiert Hunter Biden denn die USA für Sie? Und was verbindet diese Type über seine Ukraine-Umtriebe konkret mit der Westsahara-Agenda Trumps, Ihrer Vorstellung nach? Verstehe nur “Bahnhof”! Aber nicht welcher. Egal, wollte hier eh nicht aussteigen.

Gus Schiller / 21.03.2022

Es geht also wieder um Geld. Nahrungsmittelknappheit gegen Düngerproduktion und Uncle Sam ist schon da, während die EU noch mit Uschis Frisur zu tun hat. Wenn es nicht klappt, darf Europa wieder die Scherben auffegen, Flüchtlinge aufnehmen und den Wiederaufbau bezahlen. “Same procedure as every year.” Das schlimme ist, ja, wir machen das gern und fühlen uns dabei als Retter der Welt.

klaus brand / 21.03.2022

Phosphat und Kalium sind zwei verschiedene, für das Pflanzenwachstum erforderliche Substanzen, die sich in der Wirkung nicht gegenseitig ersetzen können. Das hat schon Liebig in seinem “Mindestmengenpostulat” festgestellt. Kalium kann in fast beliebiger Menge in Deutschland gewonnen werden (Kali+Salz AG). Es bedarf lediglich der politisch erforderlichen Abbaugenehmigungen.

Frances Johnson / 21.03.2022

Danke sehr. Extrem interessant. Hätte ich ohne Sie gar nicht gesehen.

John Smith III / 21.03.2022

Die USA machen Politik im Eigeninteresse. Hunter Biden wusste schon, warum er in der Ukraine krumme Geschäfte machte. Die USA werden auch bei erster Gelegenheit wieder Rohstoffe aus Russland importieren und ihren riesigen SUVs verfeuern, während deutsche Rentner in drei Pullovern in ungeheizten Wohnzimmern bibbern.

Peter Meyer / 21.03.2022

“Nachdem sich durch den Ukraine-Krieg eine weltweite Nahrungsmittelknappheit abzeichnet…” Weil die Ukraine ausfällt? Hätte man doch mal auf die “Ewiggestrigen”,  die “Rechten”, die “Nazis” und ich weiß nicht, wen noch, gehört, die am Beginn der Globalisierung genau davor warnten und Versorgungsautonomie anmahnten. Noch 2020 wurde Trump von Maas ausgelacht und dessen Rede als “absurd” und “typisch realitätsfremd” bezeichnet, als er auf die Abhängigkeiten Deutschlands hinwies. Jetzt stehen wir vor einem Scherbenhaufen und die Verantwortlichen stehen da, zucken mit den Schultern “konnten wir doch nicht ahnen - aber der Kampf gegen die Rechten muß jetzt erst recht mit aller Härte weitergehen” und fordern ihre eigene Versorgung durch den Steuerzahler ein. Wann greift eigentlich Art 20,4 GG? Wenn diejenigen, die ihn anwenden können, entweder totgespritzt oder verhungert sind? Ist das vielleicht der wahre Plan hinter “Corona” gewesen? Rechtzeitig genügend impfen, die sind gestorben, wenn die Nahrungsmittel knapp werden…

R. Schäfer / 21.03.2022

Deutsche Regierungsvertreter würden diese Phosphatdünger in Freiheitsdünger umbenennen, sich bei den Machthabern Marokkos untertänig in den Sand werfen und ohne Verhandlungen mehr als den üblichen Marktpreis zahlen.

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