Stefan Frank / 08.02.2020 / 14:00 / 9 / Seite ausdrucken

US-Universität in Katar geht vor Schwulen-Hassern in die Knie

Aufgrund von homosexuellenfeindlichen Protesten hat die Zweigstelle einer amerikanischen Universität in Katar eine auf dem Universitätsgelände geplante Diskussionsveranstaltung zum Thema „Medienrevolutionen im Nahen Osten“ abgesagt, an der auch Hamed Sinno (31), der offen homosexuelle Sänger der populären libanesischen Indie-Rockband Mashrou’ Leila hätte teilnehmen sollen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Dem Bericht zufolge nannte die Northwestern University in Qatar (NU-Q) „Sicherheitsbedenken“ als Grund für die Absage. Sinno ist bekannt dafür, sich für die Rechte sexueller Minderheiten im Nahen Osten einzusetzen. Homosexualität ist in dem Emirat, das 2022 die Fußballweltmeisterschaft ausrichten wird, eine Straftat. Wegen der Proteste habe man im Einvernehmen mit der Band entschieden, die Veranstaltung statt in Katar in den USA auszurichten, teilte die Leitung der Universität laut Reuters mit.

„Die Entscheidung zur Verlegung wurde aus sehr großer Vorsicht heraus getroffen, aufgrund zahlreicher Faktoren, darunter die Sorge um die Sicherheit der Band und unserer Community“, teilte der Pressesprecher der Universität, Jon Yates Reuters per E-Mail mit. Yates versicherte, die Northwestern University sei sowohl in Katar als auch in den Vereinigten Staaten der akademischen Freiheit verpflichtet“. Die Verlegung der Veranstaltung „stellt sicher“, dass die „Gedanken und die Kunst gehört werden können“.

„Anstachelung zur Unmoral“

Laut Reuters hatten Gegner der geplanten Diskussion unter einem (von Reuters nicht spezifizierten) „arabischen Hashtag“ auf Twitter Druck gemacht und die Absage verlangt. Beispielhaft zitiert Reuters einen Twitter-Nutzer, der schrieb: „Dies ist gegen unsere kulturellen Standards und gesellschaftlichen Normen.“

Es ist nicht das erste Mal, dass Mena-Watch (wo dieser Artikel zuerst erschien, Anm. d. Red.) über einen Konflikt berichtet, der sich im arabischen Raum an Mashrou’ Leila entzündet. Im September 2017 kam es in Ägypten zu einer Reihe von Verhaftungen, nachdem Fans der Band auf einem Konzert in Kairo eine Regenbogenfahne geschwenkt hatten. Den Verhafteten wurde vorgeworfen, „sexuelle Abweichung beworben“ und „zur Unmoral angestachelt“ zu haben.

In Jordanien wurden schon mehrfach geplante Konzerte von Mashrou’ Leila kurzfristig verboten. Ihr Konzertkalender zeigte in den letzten Jahren einige wenige Veranstaltungen in Marokko, Tunesien, Ägypten und dem Libanon, wesentlich häufiger tritt die Band aber in Westeuropa, Kanada und den USA auf.

Globalisierung des Wissens?

Die Northwestern University in Qatar ist eine geisteswissenschaftliche Universität, die vor allem für ihren Studiengang Journalismus bekannt ist. Katar begann in den 1990er Jahren mit dem Aufbau einer luxuriösen Education City, die mittlerweile Ableger westlicher Universitäten beherbergt. Die Qatar Foundation, die dem Herrscherhaus gehört, bewirbt den Standort so:

„Education City, unsere Flaggschiffinitiative, ist ein ziemlich einzigartiger Ort. Während eines kurzen Spaziergangs – oder einer Fahrt mit der Straßenbahn – können Sie eine Ivy-League-Universität besuchen, auf der anderen Straßenseite eine der größten Bibliotheken der Region durchstöbern, und dann an einer Offenen Bühne der benachbarten Universität dahinter teilnehmen. So ist das Leben, wenn Sie Teil der engen Gemeinschaft von Education City sind. Es ist ein Ort mit Zweigstellen einiger der weltweit führenden Bildungseinrichtungen, einer einheimischen Forschungsuniversität, Gründerzentren, Technologieparks, Kulturstätten, kulturellen Einrichtungen und vielem mehr.“

Zahlreiche westliche Universitäten – und vor allem Eliteuniversitäten aus den USA – haben in den letzten 20 Jahren Zweigstellen in Ländern am Persischen Golf errichtet. Sie können sich rühmen, Teil der Globalisierung des Wissens zu sein und nehmen überdies mehr Geld in Form von Spenden und exorbitanten Studiengebühren ein.

Akademische Selbstzensur

Doch in einem repressiven Staat wie Katar – der obendrein ein Sponsor von Terrororganisationen wie der Hamas ist – präsent zu sein, wirft moralische Fragen auf, die seit Jahren diskutiert werden. „In einem Umfeld wie Katar ist akademische Freiheit nicht möglich. Sie kann nicht existieren“, sagte vor einigen Jahren der inzwischen verstorbene Historiker und Kolumnist der Washington Times, Herbert London.

„Wenn es um Ernennungen von Dozenten geht, wenn es um Geld geht und wenn es um grundlegende Merkmale des akademischen Lebens geht, vor allem um die ganze Frage des freien und offenen Gedankenaustauschs, haben sich die Universitäten meines Erachtens kompromittiert, indem sie die Einrichtung der Universität in einem Teil der Welt zugelassen haben, in dem diese Bedingungen von Freiheit nicht erfüllt sind.“ 

Die Alternative sei einfach, sagte London:

„Entweder sagt man, man nimmt das Geld und kompromittiert seine Werte, oder man sagt, man nimmt das Geld nicht, und dann ist man eben nicht dort, und ehrlich gesagt, denke ich, es sollte Letzteres sein.“

Im jährlich von Freedom House veröffentlichten Bericht Freedom in the World wird Katar als „nicht frei“ bewertet. Über die akademische Freiheit heißt es dort: „Die Verfassung garantiert akademische Freiheit, doch Wissenschaftler üben oft Selbstzensur bei politisch heiklen Themen.“ So wie wohl auch die Northwestern University, die die Debatte über „Medienrevolutionen im Nahen Osten“ sicherheitshalber in die USA verlegt.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

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Leserpost

netiquette:

Oliver Lang / 08.02.2020

-„Sicherheitsbedenken“ als Grund für die Absage. -...hatten Gegner der geplanten Diskussion unter einem ... Hashtag auf Twitter Druck gemacht und die Absage verlangt. Beispielhaft ... einen Twitter-Nutzer, der schrieb: „Dies ist gegen unsere ... Normen.“ -In einem Umfeld wie xxx ist akademische Freiheit nicht möglich. Sie kann nicht existieren -Die Verfassung garantiert akademische Freiheit, doch Wissenschaftler üben oft Selbstzensur bei politisch heiklen Themen… Alltag an deutschen Hochschulen.

Hilde Maas / 08.02.2020

US-Universitäten gehen doch vor jedem Machthaber und Geldgeber in die Knie. Die Selbstzensur ist auch innerhalb der USA total. Die Freiheit der Forschung und besonders der Lehre ist längst abgeschafft: fast ausschließlich linke Professoren, Identitätspolitik und Intersektionalität in den Lehrplänen (man beschäftigt sich z.B. nicht mit kulturell anspruchsvollen oder kanonischen Werken, sondern liest die Gedichte einer schwarzen, lesbischen Transfrau mit Behinderung), Safe-Spaces für Schneeflockenstudenten, gendergerechte Sprache, eigene Abschlussfeiern und Wohnheime für Schwarze (um sie vor den bösen Weißen zu schützen), Aufwertung schlechter Testergebnisse und Noten bei Minderheiten, besondere Sprachregelungen für Trans-Studenten, besondere Dekanate und Verwaltungsapparate für Minderheiten und Frauen, Fördermaßnahmen für Studenten mit kognitiven Einschränkungen etc. etc. etc. @M. Otto: Es ist gut, dass wir im Westen gelernt haben, Homosexualität zu tolerieren und auch als normal zu empfinden, denn niemand sucht sich seine sexuelle Orientierung aus. Aber Sie haben m.E. völlig recht, wenn Sie darauf hinweisen, wie sehr wir uns von Bibel entfernt haben. Die Vergötzung und Idolisierung von abweichender Sexualität, wie sie die LGBTQ-Aktivisten betreiben, ist für Christen nicht akzeptabel, besonders auch, weil sie die Idee der Ebenbildlichkeit aufgibt und leugnet, dass es zwei Geschlechter gibt.

Wilfried Cremer / 08.02.2020

@ Herrn Otto, so ist es. Nach der Bibel steht auf den Vollzug der Homosexualität (unter Männern) die Todesstrafe. Seit Jesu Zeiten ist die Strafe abgeschafft. Warum wohl?

Sirius Bellt / 08.02.2020

@Bernhard Freiling. Sehe ich exakt genau so. Gruß

Frank Holdergrün / 08.02.2020

Sie nehmen das Beste von uns und leben ihr frauenunterdrückendes Paschatum und die Ausgrenzung von Schwulen & Ungläubigen einfach weiter. Alle Berührungen mit dieser Religion & Kultur sind für unser westliches Verständnis nicht akzeptabel, aber nichts dazu höre ich von jenen Bubis, die wegen Auschwitz in die Politik gegangen sind.  Warum der Mainstream es unterlässt, den Islam kritisch unter Beschuss zu nehmen, ein völliges Rätsel für mich. Nach wenigen Sätzen im Koran oder den Hadith wird klar: „Man kann in Mohammed den größten Feind sehen, den die menschliche Vernunft je hatte.“ (Denis Diderot)

Wolf Hagen / 08.02.2020

Tja, gegen die Anhänger der friedlichsten und tolerantesten Religion der Welt, kann man eben nichts machen. Sonst fackeln die einem noch die Hütte ab, oder noch schlimmer sperren den Gehaltscheck. Was sind dagegen schon ein paar westliche Werte?! Davon haben wir ja mehrere, da kann man schon mal den einen, oder anderen aufgeben.

Gerd Heinzelmann / 08.02.2020

Bildung oder Netzwerk? Mir ist es egal. Dummes Grinsen ist eindeutig. Von der “candle in the wind” ganz zu schweigen. Und übrigens, auch wenn mich keiner gefragt hat: Ich lehne Türkische Schulen in Deutschland ab, auch wenn das die Schließung Deutscher Schulen in der Türkei bedeutet. MfG

Bernhard Freiling / 08.02.2020

Ist das wirklich so? Erwarten wir von unseren moslemischen Gästen nicht, daß sie sich den Gebräuchen unseres Landes anpassen, wenn sie bei uns (auch schon mal länger) zu Besuch sind? Keine Burka, keine Kinderehen, keine Polygamie? Von unserem Umgang damit, wenn sich unsere Gäste nicht an die Vorgaben halten, will ich jetzt mal nicht reden. ++ Wenn jetzt das “Einknicken” einer Universität vor den Gebräuchen in Katar bejammert wird: heißt das nicht, wir sähen es als durchaus legitim an, Moslems in deren Heimat mit unseren Gebräuchen zu beglücken, verwehren ihnen aber das gleiche, wenn sie bei uns “zu Gast” sind? Worin unterscheidet sich diese Geisteshaltung von der moslemischen? ++ So traurig es auch sein mag, wenn Menschen in anderen Ländern für uns selbstverständliche Grundwerte und Menschenrechte vorenthalten werden. Die Aufgabe des aufgeklärten Westens kann m.E. nur die Rolle des steten Tropfens, der den Stein höhlt, sein. Nicht die des “auf Teufel komm raus Zwangsbeglückers”.

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