Peter Grimm / 03.11.2020 / 10:30 / Foto: Pixabay / 231 / Seite ausdrucken

Die Veränderung der Sprechblasen nach dem Anschlag

Nun also Wien. Vier Menschen wurden dort im Namen des Propheten getötet, und plötzlich müssen die Corona-Krise und die US-Präsidentschaftswahl für ein paar Stunden ein wenig Platz in den Medien für den islamistischen Terror räumen. Die Redaktionen reagieren professionell, die politischen Verantwortungsträger routiniert, die Textbausteine liegen – schon etwas abgegriffen – bereit, denn der Ablauf ähnelt sich seit Jahren. Diese Kontinuität, wie auch die Folgenlosigkeit der nach jedem Anschlag zu Schau gestellten politischen Entschlossenheit, lässt viele Beobachter der Zeitläufte auf eine neue Anschlags-Nachricht mit einer Mischung aus Erschrecken und Ermüdung reagieren.

Doch vielleicht verführt einen diese Ermüdung dazu, etwas zu übersehen. Bei aller Routine scheint sich etwas zu verändern. Es war schon bemerkenswert, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach dem islamistischen Mord an dem Lehrer Samuel Paty nicht auf verbales Appeasement gegenüber Islamideologen setzte, sondern im Gegenteil dazu aufrief, sein Land und dessen Werte gegen Islamisten zu verteidigen. Und er nimmt dabei bewusst auch die Demonstrationen und Boykottaufrufe fast der gesamten islamischen Welt in Kauf.

Die offiziellen deutschen Betroffenheitsäußerungen waren nach den Anschlägen von Paris und Nizza allerdings so rücksichtsvoll wie gewohnt. Jede Erwähnung der Weltanschauung, die die Mörder motivierte, wurde tunlichst vermieden. Immerhin ist der Satz „Das hat nichts mit dem Islam zu tun“ inzwischen offenbar aus dem Textbausteinkasten aussortiert worden.

Jetzt, am Morgen nach den islamistischen Mordanschlägen in Wien, zeigt sich aber wiederum eine Veränderung in den Sprechblasen. Nicht in den Sätzen, die Anteilnahme vermitteln sollen, aber bei allem, was als politische Ansage verstanden werden soll.

„Unser gemeinsamer Feindbild“

Der französische Präsident Macron gab sich wieder kämpferisch: "Nach Frankreich ist es ein befreundetes Land, das angegriffen wird. Dies ist unser Europa. Unsere Feinde müssen wissen, mit wem sie es zu tun haben. Wir werden nicht nachgeben." Das war vielleicht erwartbar. Aber was die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die nun wahrlich nicht für prägnanten Klartext bekannt ist, heute erklärt, lässt aufmerken: „Der islamistische Terror ist unser gemeinsamer Feind. Der Kampf gegen diese Mörder und ihre Anstifter ist unser gemeinsamer Kampf.“

Ein solcher Satz und das schon so früh, das hat es von der Bundeskanzlerin nach einem islamistischen Anschlag noch nicht gegeben. Wer sich noch an den Angriff auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz vor knapp vier Jahren erinnert, weiß, dass am Morgen danach kein politischer Verantwortungsträger von einem islamistischen Anschlag sprach. Es dauerte, bis – gewohnt verschämt – der ideologische Hintergrund der Morde Erwähnung fand. Was ist heute anders? Folgt Merkel einfach der Macron-Linie? Glaubt auch das Kanzlerin-Team inzwischen nicht mehr daran, dass sich die Bevölkerung mit Appeasement-Worten beruhigen lässt? Hierin ein Zeichen für einen tatsächlichen Kurswechsel zu sehen, wäre wohl eine deutlich übertriebene politische Astrologie.

Außenminister Heiko Maas hat sich am Dienstagmorgen dieser Sprechblasen-Reform noch nicht angeschlossen und twitterte aus dem Textbausteinkasten lediglich: „Wir dürfen nicht dem Hass weichen, der unsere Gesellschaften spalten soll.“ Vielleicht ändert sich das ja noch.

Nun ändern erneuerte Sprechblasen noch nichts an der Politik. Ein kleines Zeichen sind sie dennoch. Denn sie zeigen, an welchen Stellen die politische Klasse versteht, dass bisherige Beruhigungsstrategien nicht mehr greifen. Bis sie auch versteht, dass nicht nur Worte und Kommunikation verändert werden müssen, ist es sicher ein langer Weg. Aber vielleicht ist es eine ganz kleine Motivation, sich angesichts all der abscheulichen und niederschmetternden Nachrichten nicht schweigend der verständlichen Ermüdung hinzugeben.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Jörg Habenicht / 03.11.2020

Herr Grimm, es gibt weder “islamistische” Anschläge noch “Islamisten”. Wenn Sie sich schon (zu Recht) über Textbausteine der sog. “politischen” und insbesondere deutschen Schwätzer-Klasse mokieren, so halten Sie dann doch bitte auch selbst an korrekte und zutreffende Bezeichnungen anstatt lächerliche Kunstworte für eine kommunikative Ausflucht zu benutzen. Ich mache die Übung gerne einmal vor: es handelt sich rundweg um islamische Anschläge, begangen durch Moslems. Geht doch….oder?

Richard Kaufmann / 03.11.2020

Nein, Merkel wird ganz gewiß keinem Macron folgen. Und Macron wird ebenfalls keinem Macron folgen.

A.Lisboa / 03.11.2020

“Der Kampf gegen diese Mörder und ihre Anstifter ist unser gemeinsamer Kampf.” Sollte dies ernst gemeint sein (ich glaube dieser Unperson schon lange nichts mehr), dann wäre mein kriminologischer Vorschlag als “Anstifter” sämtliche in Europa tätigen Muftis zu verhaften, zu entfernen und durch eigene, von uns ausgebildete Muftis zu ersetzen. Den diese sind u.a. die (Haupt-)Anstifter für diese Täter. Sogar der Innen- oder Religionsminister aus der VAE hat vor etwa 2 Jahren in einem Interview gesagt, dass er die deutschen Politiker für völlig naiv hält. Denn diese glaubten, dass man nicht laufend konsequent überwachen müsste, was in den Moscheen des Landes gepredigt wird. Eine Radikalisierung findet immer in den Moscheen statt! Dass dies nicht am Dönerstand, am Fließband von VW oder an der Kasse des muslimischen Halal-Supermarktes geschieht, sollte selbst dem naivsten Esel einleuchten. Außerdem sollten die Geldströme sämtlicher muslimischen “(Kultur-)Vereine” in Europa untersucht werden. Der erschossene Täter in Wien kam im Dezember 2019 vorzeitig aus dem Knast (verurteilt als IS-Sympathisant, er wollte nach Syrien einreisen und sich dem IS anschließen). Da er “nur” eine automatische Langwaffe (viel weniger Schuss pro Magazin als bei der sonst üblichen Terrorwaffe AK47) besorgen konnte, waren seine Verbindungen zum einschlägigen Milieu wohl nicht allzu gut. Er war Nord-Mazedonier mit österr. Pass. Also kann man sagen, dass die Sicherheitsbehörden wieder mal völlig versagt haben. Der die vorzeitige Freilassung entscheidende links-grüne Psychologe im Knast, dachte wohl wieder einmal, diesen irren Anhänger der Wüstenreligion mit einer Stuhlkreistherapie heilen zu können. Es sind leider immer dieselben Muster des Versagens unserer Behörden. Die aktuell von Macron verwendete Kriegssprache ist wohl eher dem bevorstehenden Wahlkampf zu verdanken als wirkliche Besorgnis um die Sicherheit seiner Landsleute.

Zdenek Wagner / 03.11.2020

Ich warte nur noch auf die Supa-Dupa-Mega-Plattitüde aller Plattitüden: “Wir bleiben weiterhin tolerant, offen und verstärken den Kampf gegen Rechts”. Wetten es wird sich gar nichts ändern? Der einzige Weg wäre alle Verdächtigen und sonst wie auffällig gewordenen Sympathisanten dieser geisteskranken Ideologie einzusperren, oder aus dem Land zu werfen - und danach die Grenze zu, wie es Ungarn vorgemacht hat. Doch bevor das passiert, wird eher das fliegende Spaghetti-Monster der nächste Bundeskanzler (wäre mir ehrlich gesagt lieber, als die derzeit wütende Rauten-Hexe). Ergo weiter so, bis zum nächsten “Einzeltäter”, wo auch immer ...  P.S.: Hat alles natürlich NICHTS mit dem Islam zu tun!

Jörg Plath / 03.11.2020

Ein langer Weg, der mit weiteren Leichen gepflastert wird? Ich erkenne darin keine Hoffnung, was Merkel so absondert. Es wird so weitergehen, wie bisher. Es bedarf des Drucks von unten und der ist nicht da. Nicht mal mehr von der AfD.

K.Anton / 03.11.2020

Der Autor ist leider naiv. Heiko meint natürlich die Rächten, nicht dem Islam/ Islamismus.

Rudolf Öller (Österreich) / 03.11.2020

Unbestätigten Meldungen zufolge besaß der von der Polizei erschossene Mörder (auch) die österreichische Staatsbürgerschaft. Das ist das Schlimme an der Sache. Wir haben die religiös motivierten (Massen)mörder längst mitten unter uns. Es wird aber etwas übersehen. Die islamistischen Mörder können nichts außer Menschen umbringen. Das ist schon schlimm genug. Fast genauso schlimm ist die schleichende und daher fast unbemerkt ablaufende Islamisierung unserer Gesellschaft: Das Gesetz der Scharia wird bei uns im Westen befolgt und umgesetzt, wenn eine Muslima ein Kopftuch trägt, wenn in Krankenhäusern muslimische Frauen anders behandelt werden müssen als es bei uns üblich ist, wenn muslimische Kinder und Jugendliche an kulturellen Schulveranstaltungen (Operette, Konzert usw.) nicht teilnehmen dürfen, wenn muslimische Mädchen mit ihren Mitschülern nicht ins Hallenbad mitgehen dürfen, wenn (weltlichen) Lehrern angeordnet wird, jede Kritik am Islam zu unterlassen, Kritik an der Kirche aber erlaubt bleibt, wenn sich muslimische Eltern mit wachsendem Eifer in die Lehrpläne einmischen und Lehrer mangels Unterstützung ihrer Vorgesetzten aus Angst nachgeben, wenn, wie bereits geschehen, in einigen englischen Krankenhäusern Nicht-Muslimen verboten wird, im Ramadan dort zu essen, wo sie von Muslimen gesehen werden können, wenn, wie bereits mehrfach geschehen, deutsche Behörden Kindergeld an hier lebende Familien mit einem Mann und mehreren Ehefrauen ausbezahlen, wenn in muslimischen Kindergärten (wie in Wien üblich) die Mitglieder für eine Parallelgesellschaft erzogen werden, wenn überhaupt unsere westlichen Staaten unzähligen weiteren muslimischen Forderungen aus Bequemlichkeit, Unwissenheit und pathologischem Hang zu Toleranz und Appeasement ständig nachgeben.  Die Liste ist unvollständig.

Rudolf George / 03.11.2020

Der Italiener weiß: parole, parole, soltanto parole.

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