Gastautor / 10.02.2022 / 18:00 / Foto: J.Lohmann / 26 / Seite ausdrucken

Trudeau argumentativ am Abgrund – macht er einen Schritt nach vorn?

Von Joe Lohmann.

Justin Trudeau verschärft seinen Ton gegenüber den Demonstranten und Truckern weiter und in einem Tenor, der immer mehr wie pure Verzweiflung  wirkt, im Schulterschluss mit Bürgermeister und Stadträten Ottawas. Doch die Front bröckelt.

Ein Kollege aus Deutschland begann seine E-Mail gerade mit dem ebenso simplen wie berechtigte Statement: „Es besteht eindeutig Redebarf!“ Damit meinte er die angesichts der in Ottawa lauter werdenden Proteststimmen im Echo des kanadischen "Freedom Convoy 2022" wenig hilfreiche Gesprächsverweigerung von Premierminister Trudeau und seiner Minderheitsregierung.

In der Tat besteht Redebedarf – und das fordern, seit vergangener Woche, die konservative Opposition im Parlament und nun sogar liberale Abgeordnete aus Quebec. Einer von ihnen sprach sich gestern öffentlich klar gegen die Verunglimpfung der Convoy-Bewegung aus und stellte sich damit gegen seinen eigenen Parteivorsitztenden Justin Trudeau. Nur die Regierung und viele Trudeau treu ergebene liberale Abgeordnete weichen dem Dialog stur aus, im Parlament selbst, aber auch gegenüber den Demonstranten, die ständig ihre Angebote zur öffentlichen Diskussion erneuern.

Die Lage ist bizarr: Justin Trudeau verschärft seinen Ton gegenüber den Demonstranten weiter und in einem Tenor, der immer mehr nach purer Verzweiflung im Festhalten an seiner Position wirkt, im Schulterschluss mit Bürgermeister und Stadträten Ottawas, die die Demonstranten nun als „Terroristen“, „Hooligans“ und „Feinde der Demokratie“ ins Visier genommen haben. Die restlichen Regierungsmitglieder reagieren in der laufenden Sitzung auf Fragen aus dem Parlament nicht mit Anworten, sondern einfach mit brüskem Themenwechsel. Tot reden statt lebendigem Dialog, scheint die Taktik zu sein. So geht Demokratie jedenfalls nicht.

Dass diese Regierung argumentativ am Ende ist, wird immer unübersehbarer. Aber die Opposition ist nicht abgetaucht. Beredtes Beispiel vom 6. Februar von Pierre Poilievre von der konservativen Partei, der schon Ministerämter bekleidete und bei der nächsten Wahl für das Amt des kanadischen Premnierministes antreten will.

Geht das auf das Erfolgskonto der Freedom-Convoy-Bewegung? Ziemlich sicher. Und die konservativen Premiers mehrerer Provinzen ziehen mit. Vorgestern kündigte Saskatchewan die Aufhebung der Impfnachweise ab kommendem Montag an, die Beendigung sämtlicher Covid-Massnahmen zum Ende des Monats. Ähnliches läuft in Alberta und an der Ostküste.

Fazit: Die Spaltung läuft weiter und mit erhöhter Drehzahl – aber jetzt nicht unter der Bevölkerung, das tat sie in Kanada noch nie ernsthaft, sondern im Parlament, zwischen der stoisch bewegungslosen und gesprächsverweigernden Regierungsbank und der Opposition, die sich diese Chance nicht zweimal offerieren lässt.

Joe Lohmann lebt seit den späten 1990er Jahren überwiegend in Nordamerika und arbeitet sowohl in der wissenschaftlichen Projekt-Koordination und als freier Autor. Derzeit befindet er sich in Ottawa.

Foto: J.Lohmann

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Wolfgang Roth / 10.02.2022

Die glücklichen Kanadier. Die haben zwei Dinge, die uns fehlen: eine Opposition im Parlament, die den Namen verdient – und Leute mit Eiern, die sich von den selbsternannten “Eliten” nichts bieten lassen.

Hans Kloss / 10.02.2022

Ich glaube es immer noch nicht. Wenn es aber eine das ganze an der Realität zerschälen soll, dann vlt doch in Ottawa. Da gibt es auch offensichtlich freie LKW Fahrer und was es nicht weniger wichtig ist - die Abfragen der Polizei bei Abschleppdiensten bleiben unbeantwortet - in D. unmöglich. Selbst wenn die Maßnahmen in Ottawa aber weg fallen sollen, muss der Prozess vollenden - Justin der Mutigste muss auch weg. Egal was in Ottawa passiert. Wenn wir mit Mediendiktatur nicht Schluß machen wird wird es uns nicht besser gehen. CO2 oder Russen oder es gibt neue Viren. Ich meine zB friedliche Proteste von BLM die Milliarden an Sachschaden gebracht und mehrere Leben gekostet haben und die Nazis und Terroristen in Ottawa die mit Familien und Kinder friedlich ihren Bürgeraufstand feiern. Ich hoffe wirklich dass mindestens die Truckies ihr Ziel erreichen. Egal aber wie es ausgeht. Wir müssen uns über die Medien unterhalten. Diesen Sumpf muss man austrocknen. Mindestens sollten diese Lügner nicht noch mein Steuergeld kriegen.

Stefan Paulick / 10.02.2022

Mit Poilievre tritt der nächste benevolente Retter an. Gebt ihm ein halbes Jahr - und auch er ist erfolgreich eingenordet in der Landkarte von Macht und Korruption und wird sich in seinem Handeln “alternativlos” gegen die Interessen seiner Wähler wenden.

Rainer Niersberger / 10.02.2022

Gewisse Parallelen zum Auftreten und der Wortwahl hiesiger Machthaber oder auch zu Herrn Macron sind auffaellig. Das ist kein Zufall und es bestaetigt letztlich auch, vdass es nicht um Corona oder eine Impfbereitschaft geht, sondern um deutlich mehr. Offenbar fürchten die Transformatoren im Auftrag des WEF um ihre Chance, die ihnen das Virus und sein Potential auf welche Art und Weise auch immer eroeffnet hat. Da steht mehr auf dem Spiel und insoweit kann man die (verbalen) Ausraster und Rundumschlaege nachvollziehen. Hier geht es um (totale) Macht und eine Verfassung der Gesellschaften, die man als günstig fuer weiterer Transformationen ansah. I want you to panic galt ja bereits fuer dieses Virus und es stand auch in Papieren mit einschlägigen Empfehlungen an die Machthaber. Und nicht nur Schaeuble hat sich “verraten”. Nur so lassen sich das Auftreten der Herrn Trudeau, Macron, Draghi, und hiesiger bzw oesterreicherischer Regimemitglieder plausibel erklaeren.  Immerhin lassen sich nun die “Schwabjuenger” in ihren unterschiedlichen psychokulturellen Ausprägungen identifizieren.

Dr. Ralph Buitoni / 10.02.2022

Immerhin, in Kanada gibt es noch eine Opposition, die aktiv werden kann! In Dummland ist dieses vor-postdemokratische Verhalten längst abgeschafft.

Andreas Bitz / 10.02.2022

Das Beharrungsvermögen von Trudeau ist nicht zu unterschätzen; der Einsatz der Polizei und Truppen gegen Trucker ist offenbar doch sehr massiv. Aber immerhin gibt es eine echte politische Opposition und (bedingt) Medien, die nicht nur Fake news verbreiten. Dank für die Berichte von vor Ot; die hiesigen Medien sind ja ansonsten wieder mal Totalausfall!

H. Krautner / 10.02.2022

„Dass diese Regierung argumentativ am Ende ist, wird immer unübersehbarer.“          Wenn eine Regierung in einer solchen Situation ist, dann reagiert sie in der Regel einem Ersatz für ihre fehlenden Argumente und das ist der Einsatz staatlicher Gewalt.

Volker Kleinophorst / 10.02.2022

Diese lächerliche Pfeife wird der erste “Young Global Leader” sein, der fällt. Aber erst wenn in keiner Regierung mehr ein Schwabscher Lehrling sitzt und Klausi Mausi und nicht nur er lebenslang Tüten kleben, sind wir auf nem guten Weg.

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