Felix Schnoor, Gastautor / 31.05.2013 / 22:26 / 0 / Seite ausdrucken

Straße frei für Blockupy!

Felix Schnoor

Den Frankfurter Hauptbahnhof konnte ich heute morgen nur über die darunter liegende U-Bahn-Station betreten, die oberirdischen Eingänge hatte die Polizei gesperrt. Der Grund war wieder einmal der Kapitalismus. Diese Ansicht dürften zumindest einige so genannte Kapitalismuskritiker vertreten, denn das System lasse ihnen ja schließlich keine andere Wahl, als auf die Straße zu gehen. Ob die Mehrheit dieser Demonstranten, die dafür sorgten, dass erhebliche Teile der Frankfurter Innenstadt heute stillgelegt waren, tatsächlich so denkt oder doch eher die allgemeine Lust, gegen alles zu sein (und so vielleicht das eigene Nicht-Vorankommen zu rechtfertigen), im Vordergrund stand, weiß ich nicht. Was ich weiß, ist, dass Blockupy ein Sammelbecken von überwiegend verwahrlosten Verrückten ist (habe es mit eigenen Augen gesehen), die unser in der Tat krankes System durch irgendetwas „Sozialeres“ ablösen wollen.

Es ist sicherlich kein Zufall, dass sie konkreter nicht werden. Inhaltlich ähnlich, wenn auch auf breiterem Intellekt fußend und konkrete Lösungsvorschläge anbietend, äußerte sich Sarah Wagenknecht, die am letzten Dienstag auf dem Campus Westend der Goethe-Universität Frankfurt über „Freiheit, Kapitalismus und Krise“ sprach (und sich über die Absage der Veranstaltung durch die Universitätsleitung hinwegsetzte).

Auch ich finde unser System zu großen Teilen unsozial und vor allem ungerecht. Aber ist an den Missständen wirklich der Kapitalismus, also die Marktwirtschaft, der Wettbewerb, schuld?

Laut Bundesfinanzministerium liegt die aktuelle Staatsquote bei etwa 45%. Blockupy, Wagenknecht und co. unterstellen, dass die übrigen 55% für die Probleme in Deutschland verantwortlich sind. Doch was, an dem der Staat direkt oder indirekt beteiligt ist, funktioniert denn wirklich gut? Mir zumindest fällt da spontan nicht viel ein, selbst, wenn ich die Vergangenheit mit einbeziehe.

Die Staatsquote so zu interpretieren, dass die eine Hälfte vom Staat, also planwirtschaftlich dominiert wird und die andere vom Markt, ist allerdings auch nicht korrekt, wie der große Ökonom F.A. Hayek in seinem Buch „Der Weg zur Knechtschaft“ schon feststellte: „Obwohl der Staat direkt nur die Verwendung eines großen Teils der vorhandenen Produktionsmittel beherrscht, so wirken sich seine Entscheidungen auf den verbleibenden Teil des Wirtschaftssystems so stark aus, dass er indirekt fast die ganze Wirtschaft überwacht.“ Hayek nannte Deutschland um 1928 als konkretes Beispiel, damals betrug hierzulande die Staatsquote 53%.

Dass für die Blockupy-Aktivisten aber ausgerechnet die EZB als Symbol des (gescheiterten) Kapitalismus herhalten muss, ist schon sehr verwunderlich, schließlich repräsentiert die EZB Planwirtschaft par excellence. Denn nicht der Markt bestimmt den Preis des Geldes, also die Höhe der Zinsen, sondern es sind Technokraten, welche dadurch unfassbar viel Macht über das gesamte Wirtschaftsleben haben.

Wohin das führt, können wir seit mindestens fünf Jahren beobachten: nämlich zu Blasen und Krisen. Vielleicht sind nicht nur die Notenbanken Schuld an der Misere, aber sie sind es sicher zu einem großen Teil. Aber sie haben nicht das Geringste mit Kapitalismus zu tun. Sie sind stattdessen ein Teil eines Systems, welches man als Korporatismus bezeichnen könnte, also eines Systems, in dem „big business“ und „big government“ Hand in Hand arbeiten und die Steuerzahler und zukünftigen Generationen unter dieser Allianz leiden lassen, weil dadurch wirklicher Wettbewerb durch Regulierungen verhindert wird.

Tatsache ist, immer mehr Menschen haben darauf keine Lust mehr. Nicht nur Deutschland, wo die aktuelle wirtschaftliche Lage noch gut ist, scheint vor dem Scheideweg zu stehen, sondern im Grunde der gesamte Kontinent. Der eine Weg, der künftig eingeschlagen werden könnte, ist der Sozialismus. Der Preis dafür wäre die individuelle Freiheit und wohl auch der Wohlstand. Der andere Weg ist die Wettbewerbswirtschaft, also der wahre Kapitalismus, in dem Notenbanken, ebenso wie Bankenrettungen und hohe Steuersätze Geschichte sind und stattdessen derjenige haftet, der auch die Verantwortung trägt. Verantwortung kann aber niemals durch ein Kollektiv getragen werden, sondern nur durch Individuen.

Die Tendenz geht trotz der furchtbaren Erfahrungen zum erst genannten Weg, weil dieser es recht erfolgreich verstanden hat, die wirkliche Alternative als das eigentliche Problem darzustellen. Blockupy ist da nur eine Randerscheinung.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Felix Schnoor, Gastautor / 14.03.2020 / 06:05 / 76

Coronavirus: Beten mit Scholz

Von Felix Schnoor. „Regierung sagt unbegrenzte Kredite zu“, so liest man aktuell auf allen Nachrichtenportalen. Es geht um die Bundesregierung und die Sprache, die diese…/ mehr

Felix Schnoor, Gastautor / 22.09.2014 / 08:56 / 13

Der Untergang des Wischiwaschi-Liberalismus

Felix Schnoor Eine Woche ist es nun her, da verteilten die Wähler die nächsten beiden Ohrfeigen an die FDP. Selbst, wenn man die beiden Wahlergebnisse…/ mehr

Felix Schnoor, Gastautor / 03.08.2014 / 09:10 / 2

Judenrein und dennoch besetzt

Felix Schnoor In der Aktuellen Stunde des WDR wurde am 1. August über den Krieg im Nahen Osten zwischen Israel und der Hamas berichtet. Zunächst…/ mehr

Felix Schnoor, Gastautor / 12.11.2013 / 00:22 / 4

Achtung! Problemalarm!

Felix Schnoor Als Palästina in der Zeit zwischen den Weltkriegen von einer Rattenplage heimgesucht wurde, fingen die britischen Mandatsherren an, Katzen ins Heilige Land zu…/ mehr

Felix Schnoor, Gastautor / 12.10.2013 / 21:45 / 9

Was ist mitfühlender Liberalismus?

Felix Schnoor Auf einen mitfühlenden Liberalismus möchte der designierte FDP-Vorsitzende Christian Lindner in Zukunft setzen, um seine Partei wieder wettbewerbsfähig zu machen. FDP-Ehrenvorsitzender Genscher gibt…/ mehr

Felix Schnoor, Gastautor / 04.09.2013 / 16:43 / 6

Warum es in Ordnung ist, nicht wählen zu gehen

Felix Schnoor Ich möchte mit diesem Text niemandem nahelegen, am 22. September nicht wählen zu gehen. Ich möchte mit diesem Text auch nicht sagen, dass…/ mehr

Felix Schnoor, Gastautor / 16.07.2013 / 00:45 / 5

Linke Heuchler

Felix Schnoor In den letzten Wochen verging kein Tag, an dem nicht irgendein prominenter Grüner, Linker oder Sozialdemokrat seine Sympathien für Edward Snowden verlauten ließ.…/ mehr

Felix Schnoor, Gastautor / 27.01.2013 / 14:41 / 0

Subventionen für Schlossherren

Felix Schnoor Als ich in der Zeitung las, dass Thomas Gottschalk sein Schloss am Rhein verkauft hat, fand ich diese Meldung zunächst in etwa so…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com