Sprache im Rundfunk: Diversität, aber keine Bildung

Zur Allgemeinbildung gehörte es bisher, Wörter und vor allem Eigennamen vertrauter und benachbarter Sprachen einigermaßen korrekt auszusprechen. In Deutschland ist das für das Englische weitgehend durchgesetzt, obwohl man sich doch noch schmunzelnd an die Durchsagen in der Bahn erinnert, in denen es einen Inter-Zitti gab.

Kritisch wird es, wenn es zu anderen Sprachen kommt. Hier ist das Italienische hart betroffen. Höhepunkte sind vor allem im Bereich des Kulinarischen anzutreffen. Da gibt es ein Speiseeis namens Schtrazzatella (Stracciatella) und eine Sorte Pasta namens Gnotschi (Gnocchi) sowie einen roten Salat namens Raditschio (Radicchio). Klar kann man nicht von jedem erwarten, sich mit der Umsetzung der Schrift- in die Lautsprache auseinanderzusetzen, obwohl diese im Italienischen eigentlich recht klar und einfach geregelt ist.

Anders sollten aber die Ansprüche an Profis sein. Rundfunksprecher sollten sich zumindest mit der Aussprache von Sprachen auskennen, die vor allem über Eigennamen von Personen und Orten in den Sendungen eine größere Rolle spielen. Bei den großen deutschen Rundfunkanstalten konnte man sich in dieser Hinsicht bisher nicht beschweren. Aber ebenso wie jetzt gelegentlich bei Verkehrsdurchsagen deutsche Ortsnamen in abstrusen Verballhornungen wie etwa Regens-Tauf für den Ort Regenstauf vorkommen, bemerkt man ein Nachlassen bei der Behandlung der romanischen Sprachen.

So wurde jüngst die Sopranistin Diana Damrau im SWR angekündigt mit einer Arie der Gilda aus der Oper „Rigoletto“. In der Ansage hieß die Figur /g/ilda, was der Schreibung „Ghilda“ entspräche. Es war kein Versehen, denn es wurde wiederholt. Das Beispiel zeigt nicht nur die sprachliche Unkenntnis, sondern auch ein musikkulturelles Defizit, das man von Sprechern nicht erwarten würde, die Sendungen mit klassischer Musik moderieren. Wenn jemand nicht einmal die populärsten Werke des Repertoires kennt, ist er, so finde ich, am falschen Platz.

Das Französische wird natürlich auch nicht verschont. Der Ort Chamonix, dessen Name eigentlich durch die vielen Wintersport- und Mont Blanc-Berichte gut im Ohr sein sollte, wurde in einer Sendung am 31. Januar 2021 ausgesprochen als Tschamoni. Nachdem bereits den Journalisten mit der Umbenennung in Dschurnalisten eine lang schon nötige Aufwertung widerfahren ist, kommen jetzt vermutlich die ch-Wörter dran. Dann rudert halt ein Tschevalje in einer Tschiffon-Hose, ein Glas Tschampanjer schwingend, über den Tschamps Eli-See. Macht nichts. Man kann ja auch beim Rundfunk nicht alles wissen.

Das wirklich ärgerliche ist, dass der Verfall an Bildung und sprachlicher Sorgfalt einhergeht mit einem kometenhaften Aufstieg der vermeintlich „gendergerechten“ Sprache. Quasi alle Rundfunkanstalten halten inzwischen ihre Sprecher zur Umsetzung abstruser egalitaristischer Gender-Vorschriften an, die sich nach linguistischen Kriterien durchgehend als unhaltbar erweisen. Die korrekte Aussprache von Fremdwörtern spielt zunehmend weniger ein Rolle. Die Akzeptanz von Ideologie geht mit der Toleranz von Bildungslosigkeit eine unselige Verbindung ein. Für die großen Rundfunkanstalten des Landes ist das wahrlich kein Gütesiegel.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Leserpost

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Gudrun Meyer / 06.02.2021

Die schlechte Aussprache französischer, italienischer und sogar deutscher Wörter halte ich für ein einzelnes und ziemlich harmloses Symptom des Sprachverfalls. Nicht harmlos sind die endlosen Neusprechkaskaden, und hier nicht nur die Gendergrammatik. Wenn ein SPD-Politiker, wie vor etwa 3 Jahren, unerwünschte Assoziationen “denkunmöglich” machen will, ist das weit ernster zu nehmen als die Gnotschi-Pasta, die Orte Regens-Tauf und Tschamoni, der Interzitti und die falsche Aussprache von Personennamen zusammen. Dazu kommen älteste Propagandamethoden, die nicht immer mit Neusprech verbunden sind, wenn auch sehr oft. In ZEIT online 6/2021 wird der Journalist Reiner Meyer (“Don Alphonso”) für den rechten Teil des Internetmobbings in D verantwortlich gemacht; dass es mindestens genauso viel und genauso bösartiges linkes Internetmobbing gibt, ist dem ZEIT-Mitarbeiter entweder entgangen oder er findet es gut. Bei der Gelegenheit klärte die linksliberale (so ihr Selbstbild) ZEIT-Redaktion ihre Leser noch darüber auf, dass “Kulturmarxismus” ein “antisemitischer Kampfbegriff” sei und nicht etwa, wie wir bildungsfernen Umzuerziehenden glauben könnten, eine Haltung, deren Anhänger in ihrer überwältigenden Mehrheit Nicht-Juden sind und meist keine Ahnung vom Judentum haben. Dass es eine jüdische Kultur und damit ein Kultur-Judentum gibt, das mit der jüdischen Religion verbunden sein kann, aber nicht muss, wissen die nicht mal, dafür aber, dass alle Kritiker der in D herrschenden Ideologie Antisemiten sein müssen! Diese Hetze und die vielleicht noch gefährlicheren Übersetzungen und gleichzeitigen Umdeutungen aller möglichen Begriffe in Neusprech ist ein wichtiges Thema. Die Schtrazzatella u.s.w. sind allenfalls Randerscheinungen, die nur über sehr dünne Fäden mit dem bewusst durchgeführten Wechsel von Dt. zu Neusprech verbunden sind.

Gerd Heinzelmann / 06.02.2021

Sir Ustinov hatte damit kein Problem. Aber, wer hatte Nero schon besser gespielt als er?

Therese Beckers / 06.02.2021

Lieber Herr Bayer, Sie haben ja so recht! Von dem, was Sie hier beschreiben, ist die englische Sprache ganz besonders betroffen, weil jeder glaubt, sich mit englischen Ausdrücken schmücken zu müssen, ohne auch nur ansatzweise die Aussprache zu kennen. Schon vor Jahren sagte mir eine Engländerin: „Was mit unserer Sprache passiert, ist einfach schrecklich“. Was mir persönlich aber am meisten auffällt, sind die Verstöße gegen unsere Muttersprache. Professionelle Sprecher tischen uns mehr Fehler auf, als die einfachen Mitmenschen um uns herum. So führt man schon seit langem einen erbarmungslosen Krieg gegen das „ä“. Wir hören von Weelern in den Steedten, von Peedagogen, und natürlich wird überall Keese gegessen. Andererseits holt man das „ä“ zurück, sobald ein „r“ auftaucht. Man kann also Ärrdbeeren essen, auch Ärrdöl ist en vogue. Selbst „Mehr“ und „mehr“ werden erbarmungslos zu „märr Märr“ eingestampft. Aber nicht nur die Aussprache ist daneben, Selbstverständlichkeiten im Wortgebrauch misslingen ebenfalls. „Scheinbar“ und „anscheinend“ sind z.B Synonyme etc. etc. Über die Verwendung der deutschen Grammatik schweigen wir an dieser Stelle, wie man es tut, wenn man über liebe Tote trauert.

Petra Wilhelmi / 06.02.2021

Sehr schöner Artikel. Darüber rege ich mich auch stundenlang auf. Ich habe einmal den MDR auf den Unterschied von Makedonien und Mazedonien hingewiesen, in welchem Staat die eine oder andere Variante benutzt wird. Naja, ich hätte das auch auf chinesisch schreiben können. Auch der Autoname Škoda wird immer falsch ausgesprochen. Was ich auch entsetzlich in Texten finde, die Umschreibung slawischer Worte in englischer Schrift, vor allem bei Namen. Manche slawischen Namen werden so unlesbar oder sind schlichtweg falsch dargestellt. Es geht auch nicht nur um die falsche Aussprache von Orten oder anderem, sondern inhaltlich wird auch vieles falsch dargestellt, Stichwort Sklaverei u.a. Jetzt hat man jedoch eine Sendung eingeführt: Geschehen - neu gesehen. Dort werden wir auf das ideologisch Richtige getrimmt werden.

Herbert Gasthuber / 06.02.2021

...da gab es doch bei uns an der Schule einen Wortwitz: Dass die Schweiz mehrsprachig ist, merkt man doch schon daran, dass Luzern auf Italienisch „Lugano“ hieße - und auf französisch „Lausanne“...

Heinrich Wolter / 06.02.2021

Das erinnert mich an mein Navigationsgerät. Im Ausland erkennt der Algorithmus Wörter nicht mehr als Ganzes, sondern lässt sie streng schematisch Silbenweise ausgeben. Besonders im Fränzösischen kommt dabei entsetzliches Gestammel heraus!

Peter Maier / 06.02.2021

Von Wittgenstein stammt wohl der Satz: Unser Denken reicht soweit wie unsere Sprache. Nun, allzuweit reicht eben beides nicht mehr, ist aber auch gar nicht notwendig. Vor etwa 50 Jahren war meine erste philosophische Lektüre ein Buch von Karl Jaspers. Heute dienen als Einstieg und eventuell alsgleich finaler Höhepunkt philosophischer Literatur die Bücher von Richard David Precht. Na und Robert Habeck ist ja auch Filosof. Bassd scho, wie der Franke sagen würde.

Ilse Polifka / 06.02.2021

Sprechen sie von Gütesiegel ( letzer Satz ihres Artikels) ?

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