Sehr geehrte Frau Stephan, es mag sein, dass, wie gemeinhin behauptet, eigentlich der WKI das Urübel des 20. Jh. in Europa war. Aber es war, wie sie überzeugend darlegen, damals eine nachvollziehbare patriotische Überzeugung, die jene deutschen Soldaten begeistert in den Krieg ziehen ließ. Ich kann das - trotz meines lieben Tucholsky - notfalls nachvollziehen. Nicht nachvollziehen kann ich hingegen das Handenl der Millionen Lemminge, die einem Adolf, einem Goebbels, einem Göring nachrannten - fanatisch deren Parolen nachbrüllend und Millionen “Untermenschen” begeistert ausrottend. DAS ist für mich die eigentliche Europa-Katastrophe des 20. Jh., die ich auch einigen meiner inzwischen toten Familienmitglieder nie verziehen habe - vor allem weil sie bis zu ihrem unseligen Ende judenhassende Nazis geblieben sind. Obwohl ich persönlich Ihre historische Einschätzung nicht ganz teile: Vielen Dank für Ihre immer sehr nachdenkenswerten und lehrreichen Texte! Beste Grüße, Ulrich Berger
Superb. Profunde Analyse! Ich habe in den 1980ern Geschichte studiert: Im konservativen Würzburg, wo man mit den Geschichts-Totalitaristen der “Bielefelder Schule” zwar wenig im Sinn hatte, aber doch irgendwie mit ihnen umgehen musste; und in Albany/NY (USA), wo die “Bielefelder Schule” erst gar nicht bekannt war, und Fritz Fischer nicht als Historiker ernstgenommen, sondern im Kapitel “Geschichte der Geschichtswissenschaft” abgehandelt wurde. “Die Deutschen” wurden in der anglo-amerikanischen Geschichtswissenschaft nie als “Die Bösen” schlechthin gesehen - nicht unkritisch, gelegentlich auch polemisch, mit gewissem Unverständnis, gelegentlich auch amüsiert. Aber: Das absolut Böse, inkarniert im Deutschen? Sorry, Krauts, stay sane & sensible. You are not THAT unique. Der “Historikerstreit” in den 1980ern hat eigentlich schon damals klar gemacht, dass Wehler & Co. in Rückzugsgefechte verstrickt waren, wissenschaftlich nicht zu gewinnen, deshalb ersatzweise die PC-Moralkeule. Was in den 1970ern und 1980ern als “Geschichtswissenschaft” durchgegangen ist - unglaublich! Verbohrte Ideologen, und - man darf unterstellen- , nicht ohne Narzissmus. Früher hiess es “Historia magistra vitae”, in den 1970/80ern stattdessen, Historiker sind die Lehrmeister und Sinndeuter der Nation. Es ist eine Wohltat, die Bücher aus dem anglo-amerikanischen Raum zu lesen, schon allein deshalb, weil ihnen die provinzielle Fokussierung auf Deutschland abgeht. Das Telos der Geschichte ist eben nicht die speziell deutsche “Vergangenheitsbewältigung” mit vorangegangenem deutschen Sonderweg. Die deutschen Elaborate aus den 1970er/80ern sind daher nur peinlich. Als ich in den Medien von Wehlers Tod erfahren habe, war mein erster Gedanke, wie er sich gefühlt haben muss, noch zu Lebzeiten demontiert und abgewrackt worden zu sein. Korrekter: “Demontiert” ist der falsche Ausdruck, das haben er uns seine Genossen unbarmherzig mit den Altvorderen getan, naja, Zeitgeist damals eben. Wehler & Co. sind “ausgeschlichen” worden. Vielleicht ist das viel kränkender für selbstbestallte Nationalpädagogen.
Sehr geehrte Frau Dr Stephan, Sie haben natürlich eine gute Analyse abgeliefert, aber ich war trotzdem geschockt, als ich bei der Berichterstattung über den 1. Weltkrieg hören mußte, daß in Belgien Zivilisten von der deutschen Armee gezielt getötet wurden. Gruß Peter Lütgendorf
Sehr verehrte Frau Dr. Stephan, meine von Chapeau-Rufen begleitete, tiefstmögliche Verneigung endet gerade im Staub suhlend vor mir! Selten eine so souveräne und erfrischend kluge Draufschau gehört!! Wo kann ich denn mehr von Ihnen lesen?
Danke Frau Stephan!!
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