Wenn 27 EU-Mitglieder sowie Russland, USA und andere von unserer Qualitätspresse permanent als politische Geisterfahrer gescholten werden, ist dies doch der beste Beweis, dass wir Deutschen als einziges Volk der Welt normal sind. Wir wüssten auch nicht, was wir anders hätten machen sollen. Details würden uns nur beunruhigen. Noch nie ging es uns so gut wie heute! — Warnhinweis: Übermäßiger Konsum des Staatsfunks kann zu mentaler Impotenz führen und Ihren Nachwuchs gefährden.
Aus meiner Sicht -generell genommen-nicht. Ich denke, hier in Tschechien bin ich nicht mit diesem Verdacht alein.
Wie aber ordnen wir diese Klientel ein, die hier ihre Ansichten über Deutschland kundtun? Unter Google: Deutschfeindliche Zitate von BRD-Politikern und anderen einflussreichen Personen. Sie sind zweifellos Fälle für Psychotherapeuten, aber die werden sie nicht aus dem Verkehr ziehen können. Die Bundeszentrale für politisch Bildung dürfte versagen oder die Zuständigkeit ablehnen, und Internierungslager sind gottlob nicht mehr zeitgemäß. Bleibt also nur die normale unbewohnte Insel ...
Als jemand, der niemals mit den Wölfen heult, als Individualist oder – weniger positiv ausgedrückt– als Eigenbrötler, hatte ich in den frühen 80er Jahren als Student an meinem Arbeitsplatz in der Universitätsbibliothek folgende ironische oder vielleicht auch sarkastische Selbstcharakterisierung als Plakat angebracht: Ich bin langweilig, platt, leicht zu verwechseln. Ich habe Erfolg im Beruf und Glück in der Liebe. Obwohl mir wohlwollend gegenüberstehende Freunde sagten, dass Aussehen und Intelligenz bei mir keinesfalls unterdurchschnittlich seien, verlief mein Leben anders als damals geplant. Ich habe weder geheiratet und eine Familie gegründet, noch war ich im Berufsleben sonderlich erfolgreich. Wer langweilig, platt und leicht verwechselbar ist, hat offenbar wirklich die besseren Karten. Es sei denn, er wird Kabarettist oder Künstler. Da muss er sich lediglich in seinen politischen Ansichten dem Mainstream anbiedern, darf ansonsten aber durchaus „originell“ sein.
Der berühmte schweizer Psychiater Eugen Bleuler (1857-1939) definierte es so: “Normal ist mäßiger Schwachsinn”! Wenn man das Fernsehen oder diverse Politikeräußerungen betrachtet, so scheint er recht gehabt zu haben.
Ja sagen Sie mal, sind Sie noch normal? Beim letzten Satz kommen Sie endlich auf den Punkt, und dann: Strömungsabriss.
Dem Begriff des Normalen ist mit ethischen Maßstäben nicht beizukommen. In solchen Fällen kann / muss man auf eine ästhetische Bewertung zurückgreifen. Ein Verhalten ohne Dankbarkeit beispielsweise ist nicht angenehm.
Normen sind in der Regel Grenzbedingungen des Zulässigen. Normal zu sein will sagen, dass man sich innerhalb der Norm bewegt. Das ermöglicht eine Bandbreite ... aber der Begriff impliziert noch nicht, wie breit die Norm ist. Problematisch ist, dass aber jene Norm gar nicht definiert st, sondern jeweils implizit angenommen wird. Das aber ist bereits ein performativer Widerspruch, denn eine Norm kann nur dann existieren, wenn sie definiert ist. Umgangssprachlich wird also entgegen der engen Wortbedeutung die Frage gestellt, ob die Person, die der Anormalität verdächtig ist, fatale Defizite aufweist. Die Frage wäre dann mit der Gegenfrage nach der Norm zu beantworten.
Ich bin so ein Stinknormaler. Na und?
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