Ulli Kulke / 23.06.2020 / 14:23 / Foto: Freud / 55 / Seite ausdrucken

Seehofer darf das

Es stimmt zwar: Ob Horst Seehofer sich einen Gefallen tut, wenn er gegen eine Kolumnistin der Tageszeitung „Taz“ Anzeige erstattet, ist die Frage. Man kann mit so einer Strafanzeige wegen Volksverhetzung vor Gericht auch scheitern, selbst wenn die Autorin in ihrem Beitrag alle Polizisten pauschal als „Müll“ bezeichnet (ausdrücklich nicht nur als Müllwerker), und in dem Fall wäre der Schuss nach hinten losgegangen. Nach hinten losgegangen wäre es allerdings für den Bundesinnenminister auch schon, wenn – wie es ja nun aussieht – er die Klage nach seiner Ankündigung gar nicht erst einreicht, weil ihn die Kanzlerin zurechtgestutzt hat. Das aber hat dann eher mit der besonderen Geschichte und der politischen Rolle Seehofers („Drehhofer“) zu tun als mit der Sache und der Diskussion darüber selbst. Bei der läuft nämlich derzeit einiges schief

Aus den Parteispitzen von Grünen und Linken kommen nach Seehofers lautem Nachdenken über die Strafanzeige volle Breitseiten, nachzulesen hier und hier. Nur noch Seehofer wird skandalisiert, nicht mehr die Hetze in der Taz. Von einem Angriff auf die Pressefreiheit ist da die Rede, der Innenminister wird mit Victor Orbán und Jaroslaw Kaczynski auf eine Stufe gestellt. Grünen-Chefin Annalena Baerbock sieht gar die „Vorbildfunktion“ unseres Landes „mit Blick auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundgesetz“ in Gefahr. Renate Künast findet Anzeige gar „ungeheuerlich“ und sieht Seehofer deshalb schon „am Ende“.

Bei Licht betrachtet offenbaren die wütenden Angriffe auf Seehofer lediglich eines: Das völlige Unverständnis unseres Rechtssystems und der Gewaltenteilung. Mit welchem Recht wollen die linksgrünen Politiker einem Minister verbieten, ein unabhängiges Gericht darüber urteilen zu lassen, ob die taz-Kolumne noch durch die Pressefreiheit gedeckt ist oder nicht? Völlig haltlos wird insinuiert, dass Seehofer durch einen eigenmächtigen Eingriff in Justiz und Presserecht eine Zeitung maßregeln will, ein Bestreben, für das Orban und Kaczynski schließlich bekannt geworden sind. Dabei legt es die „Vorbildfunktion“ unserer Rechtstaatlichkeit eigentlich nahe, hier die Gerichte sprechen zu lassen. Mit offenem Ende.

Die Taz-Kolumne stand in keinem zeitlosen Raum

Seehofer weiß, dass eine Anzeigte noch kein Urteil ist. Aber wissen das Baerbock und ihre Freunde auch? Ist es denn – mal abgesehen von politisch-taktischen Erwägungen – völlig abwegig, wenn ein Bundesinnenminister, wenigstens symbolisch doch ranghöchster Dienstherr aller Ordnungskräfte im Lande, durch so eine Anzeige der Fürsorgepflicht für seine Schützlinge nachkommen will, nachdem eine Journalistin diese alle in die Tonne treten will?

Gewiss, Seehofer ist nicht der Betroffene. Doch Volksverhetzung ist ein Offizialdelikt. Jeder darf bei Verdacht Anzeige erstatten, wenn die Staatsanwaltschaft nicht von selbst tätig wird. Auch ein Minister. 

Die Taz-Kolumne stand in keinem zeitlosen Raum. Nur wenig später wurden Polizisten von einem wütenden Mob in Stuttgart wie Freiwild behandelt. Erst wenige Wochen zuvor hatte in Berlin das Abgeordnetenhaus ein Gesetz verabschiedet, nach dem Polizisten unter Generalverdacht gestellt und ihnen der Rechtsweg bei Auseinandersetzungen deutlich erschwert wurde. Kein Mensch weiß, ob bei so etwas Zusammenhänge nachzuzeichnen sind oder nicht. Ich weiß aber, dass bei einer solchen zeitlichen Abfolge bei anderen Vorzeichen landauf, landab in sämtlichen Blättern aller Schattierungen ein Begriff die Kommentare dominiert hätte: „Geistige Brandstifter“ – und nicht „Pressefreiheit“.

Natürlich stünde auch der Weg zum Presserat offen. Es wäre die mildere Variante. Das brancheninterne Gremium kann Rügen aussprechen, mehr nicht, wird deshalb bisweilen als "Zahnloser Tiger" bezeichnet. Und oft genug auch der Intransparenz beschuldigt. So oder so: Entscheidet sich jemand, die ordentliche Gerichtsbarkeit anzurufen, ist dies jedenfalls keine "Ungeheuerlichkeit", sondern einfach nur gutes Recht. Ganz im Sinne unserer Gewaltenteilung.

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Hans Kloss / 23.06.2020

Alles wie üblich. Drehhofer dreht. Links-rote Politik und Medien drehen es auch - wie zB in Chemnitz wird etwas skandalisiert und so Aufmerksamtheit weg von dem eigentlichem Problem zu lenken. Das Spiel ist jedes Mal bisschen anders aber das Prinzip bleibt. Was sich ändert ist die Wirtschafts- und Sicherheitssituation, langsam aber immer weiter. Mal sehen was passiert wenn die “Neuen” und die Antifa dann irgendwann weniger Mittel kriegen? Irgendwann kann die Polizei auch nicht helfen und selbst wenn: wohin mit allen den Kriminellen?

Wilfried Düring / 23.06.2020

Wenn Künast (man darf sie ‘Pädo-Trulla’ nennen - das ist lt. Gericht von der Meinungsfreiheit gedeckt und KEINE Hetze) die Anzeige ‘ungeheuerlich’ findet und die BaerböckIn die ‘Vorbildfunktion unseres Landes in Gefahr’ sieht (wieso müssen wir Deutsche ‘Vorbild’ sein - für was und gegen wen) - GERADE DANN sollte man diese Straf-Anzeige erstatten. Orban und Kaczynski werden mir immer sympathischer.  Sie versuchen, gegen die linken Hetzer in ihrem Land vorzugehen - und das ist gut und richtig so !!! Noch ist Polen nicht verloren.

RMPetersen / 23.06.2020

Dazu (- d. h. zu m/w/d Y. und Genoss_*Innen) passt ein Satz, gefunden in “Die Posaunen des Jüngsten Gerichts” von Isaac Asimov (1953): “Mögen sie für alle Zeiten in ihrem geistigen Eiter ersticken!”

margit KÄSTNER / 23.06.2020

Sobald Merkel ins Spiel kommt , mutieren scheinbar alle zum Rohrkrepierer , von wegen Bettvorleger .

Werner Arning / 23.06.2020

Zwar darf er das, aber als „Pamper-Boy“ wird er das sehr schnell zurücknehmen bzw. relativieren. Mit Linksgrün und Merkel verdirbt er es sich nicht. Denn das Böse kommt nur von rechts. Horst weiß das schon. Er hat schnell gelernt. Und hat es nicht so gemeint ...

Julian Nagler / 23.06.2020

Dürfen darf er viel, die Frage ist, ob die Demokratiequereinsteigerin Merkel ihm erlaubt, von seinen rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch zu machen. Soviel ich weiß, ist ja auch von anderer Seite Strafanzeige erstattet worden. Der Vorgang ist bei der Staatsanwaltschaft also längst amtsbekannt, es muss also ermittelt werden, so dass eine weitere Anzeige an der Situation gar nichts mehr ändern würde. Es geht also nur noch um politische Machtverhältnisse und um bloße Symbolik. Ich frage mich aber schon, wie der Herr Seehofern nach all den Demütigungen durch seine ostzonale Herrin noch in den Spiegel schauen kann, ohne sich mit Scham vor sich abzuwenden ob all seiner Rückgratlosigkeit. Er muss sich jedenfalls vorwerfen lassen, dass seine Lebensleistung darin bestand, Beihilfe beim Abbau von Demokratie und Rechtsstaat geleistet zu haben…

P. Wedder / 23.06.2020

Was soll dabei schon rauskommen? Der Schriftzug ACAB (All Cops Are Bastards) ist z.B. laut BVerfG keine Beleidigung, sondern von der Meinungsfreiheit gedeckt. Denn beleidigt werde in diesem Fall nicht der einzelne Beamte, sondern das gesamte Kollektiv und seine soziale Funktion. Die Äußerung müsse sich auf eine hinreichend überschaubare und abgegrenzte Personengruppe beziehen. Man stelle sich vor es würde eine andere Personengruppe treffen…

Ilse Polifka / 23.06.2020

Was erwarten sie von “Kobold” und “Washington und ich”. Und Seehofer ? Oh Gott, ich habe ihn gesehen, wie er maskiert und begleitet von anderen maskierten Affen den Tatort in Stuttgart besichtigt hat. Erbärmlich !!

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