Seit wenigen Jahren laboriert Deutschland zaghaft mit dem Betriff „Elite“. Sensible Geister sind dann schnell mit Kritik an dem irgendwie als basisfeindlich empfundenen Diskurs bei der Hand. Psychologisch gesehen tun sie sich aber mit ihrer Fundamentalopposition gar keinen Gefallen. Es ist nämlich davon auszugehen, dass gerade traditionslinke Intellektuelle am Elitesein einige Freude haben könnten – weil dies die Gelegenheit zu ganz viel genussvoller Selbstschmähung bietet…
Wie so oft, hat es auch hier Amerika besser. Auf Basis gewachsener, unzweideutiger Elitestrukturen können die dortigen sensiblen Geister vehement das eigene Elite-Sein verteufeln. Ein Beispiel liefert Yale-Eliteakademiker William Deresiewicz. Sein Essay ( http://www.theamericanscholar.org/su08/elite-deresiewicz.html ) ist ein Paradebeispiel davon, wie viel Glück die Selbstgeißelung stiften kann. Mit spürbarem Genuss seziert Deresiewicz, wie es ihm nicht gelingt, mit seinem Handwerker auch nur einen Satz zu wechseln. Was folgt, ist die erwartbare, aber gleichwohl sehr vehemente Preisung alternativer, also nichtanalytischer Intelligenzformen (emotionaler etc.), die natürlich vor allem “die da unten“ haben.
Diese Freude an der Selbstgeißelung könnte auch eine potenzielle deutsche Elite entwickeln. Leute wie Claudia Roth, tränenreich am Lagerfeuer mit den Unterprivilegierten. Oder jene Freundin von mir, die in ihrer journalistischen Arbeit stets auf Seite der Entrechteten steht, aber bei einem Kneipenbesuch im Wedding arges Unbehagen empfand angesichts von so viel realem (und so gar nicht romantisierbarem) Tresenelend.