Die Saarländer sind experimentierfreudig - besonders in der Politik. Die Umtriebigkeit kann sich das Land leisten, weil es seit Jahren bezuschusst wird. Zeit, für einen alten Vorschlag: Die Bildung der „Saarpfalz“.
BerlinDie Saarländer sind ein lustiges Völkchen. Gemütlich, kulinarisch, französisch. Sie stellen den Grillweltmeister und probieren gerne mal was Verrücktes aus. Vor allem in der Politik, die sie als eine Art Hexentanzfestival betrachten.
Einmal küren sie einen Ego-Zauberer wie Oskar Lafontaine zu einem druiden-ähnlichen Ministerpräsidenten, dann probieren sie eine wilde Jamaika-Koalition aus und wenn die Stimmung gerade danach ist, geben sie die auch plötzlich wieder auf und – fragen kostet ja nix – befragen sich, ob nicht eine Große Koalition viel besser und eine kürzere Legislatur viel cooler wäre. Und dann auch wieder nicht. Nun also wählt das sympathische Völkchen neu – und man darf sicher sein, es wird ihnen etwas Originelles einfallen, wie sich die politischen Tänzchen im Saarland denn weiter drehen können.
Denn im Grunde ist es egal, wer das Saarland regiert. Es kann ohnedies nicht aus eigener Kraft existieren. Das Bonsai-Bundesland – es ist etwas kleiner als der Landkreis Emsland und etwas größer als der Landkreis Bautzen – hat doch tatsächlich gut zwölf Milliarden Euro Schulden angehäuft.
Bayerische Gemüter nennen es schon „das deutsche Griechenland“, was nicht stimmt, denn im Saarland tanzt keiner Sirtaki. Und doch haben sie sich für das Jahr 2012 im Haushalt 630 Millionen neue Schulden gegönnt. Es müssen ja schließlich so wichtige Etatposten wie „Zuschüsse zur Durchführung von Wanderungen“ (200.000 Euro) finanziert werden! Und auch das „Institut für Zukunftsenergiesysteme“ will mit 800.000 Euro bezuschusst werden. Ganz zu schweigen von der Förderung von „Waldpädagogik“! Die Saarländer sind eben pfiffig.
Ihre kreative Umtriebigkeit können sie sich nur leisten, weil das Saarland seit vielen Jahren von den Zuwendungen der anderen Deutschen lebt. Über die Jahre haben sich die Gelder des Länderfinanzausgleich auf 6,5 Milliarden Euro addiert. Jeder sechste Euro, den das Saarland ausgibt, wird nicht über Steuern finanziert, sondern über neue Kredite. Trotz einer akuten Staatsschuldenkrise lebt das Bundesland auch im letzten, in diesem und im nächsten Jahr massiv auf Pump.
Es ist seit Jahrzehnten geübt: Anfang der neunziger Jahre schließlich erklärten sich Bremen und das Saarland für konkursreif. Sie verlangten Hilfe, klagten vor dem Bundesverfassungsgericht und bekamen milliardenschwere Sonderzuschüsse. Die sollten eigentlich dazu dienen, vom Schuldenberg herunter zu kommen. Doch passiert ist das Gegenteil. Im vergangenen Jahr musste das Saarland wieder unter den Rettungsschirm des Bundes flüchten und ein Sanierungsprogramm für die kommenden fünf Jahre vereinbaren. Man darf wetten, dass auch aus dieser „Sanierung“ nichts wird
Die Situation ist offensichtlich absurd: Es leben zwar nur so wenige Menschen im Saarland wie in Köln- und doch leistet sich dieser freundliche Landstrich ein ganzes Bundesland mit Parlamentariern, Ministern, Staatssekretären, Dienstwagen, einer pensionsberechtigten Beamtschar, einem „Landesinstitut für präventives Handeln“ und sogar einer eigenen Landesmedienanstalt.
Da das Saarland alle Versprechungen, endlich solide zu wirtschaften, gebrochen hat, ist es an der Zeit, über andere Lösungen nachzudenken. Länder, die über Jahrzehnte hinweg gegen Stabilitätskriterien verstoßen, müssen ja fortan auch in Europa mit Sanktionen rechnen. Und wenn die Stabilitätsunion wahr werden soll, dann müssen wir im eigenen Land damit beginnen.
Am sinnvollsten ist es daher, das Bundesland aufzulösen und mit Rheinland-Pfalz zu verschmelzen. Dieser Vorschlag wurde bereits von Kurt Beck einmal ins Spiel gebracht und er verdient es, neu gedacht zu werden. Das neue Bundesland “Saarpfalz” wäre für den Steuerzahler dramatisch billiger zu haben als zwei voll ausgestattete Hoheitsgebiete.
Es würde immer noch zu den kleineren Bundesländern zählen, es passte kulturell zusammen und es könnte die Interessen seiner Menschen im Bund besser durchsetzen. Ihre Experimentierfreude könnten die Saarländer endlich einmal im großen Stil ausleben. Und um den Lokalpatriotismus zu respektieren, würde Saarbrücken zur Hauptstadt von Saarpfalz gekürt. Die Mainzer nähmen es wie immer – mit Humor.
Zuerst erschienen im Handelsblatt vom 20.01.2012