Ulrike Stockmann / 04.08.2020 / 16:00 / Foto: Pixabay / 68 / Seite ausdrucken

Sarrazin im afrikanischen Restaurant

Nachdem Thilo Sarrazin am vergangenen Freitag aus der SPD ausgeschlossen wurde, fragen sich rechtschaffene Menschen, wie sie mit diesem bitterbösesten aller (Ex)-SPD-Mitglieder fortan umzugehen haben. Schweigen ist zwar meistens Gold. Doch in Zeiten der Haltung ist es unabdingbar, möglichst deutlich zu machen, dass man sich in aller Form und ohne Wenn und Aber vom Missetäter distanziert.

Man könnte etwa das Verhalten des Genossen Lars Klingbeil als Vorbild heranziehen, jenem SPD-Generalsekretär, der die treibende Kraft hinter Sarrazins Ausschluss war. Klingbeil frohlockte ob des Erfolges: „Das Kapitel Thilo Sarrazin ist für uns beendet. Er wird künftig seine rassistischen, seine antimuslimischen Thesen nicht mehr unter dem Deckmantel einer SPD-Mitgliedschaft verbreiten können.“

Nicht nur im Falle Sarrazin, auch sonst ist Lars Klingbeil stets auf der richtigen Seite, wovon man sich auf seinem Twitter-Account überzeugen kann: „Wir reden seit Tagen über einige Tausend Corona-Leugner. Gleichzeitig sind Millionen Menschen solidarisch, arbeiten von zu Hause, tragen Masken, versuchen sich in die neue Normalität einzufinden. Unter schwierigen Bedingungen. Sie verdienen mehr Aufmerksamkeit als die Krakeeler!“, tweetete er beispielsweise am 3. August todesmutig und wird sich damit vermutlich den Hass sämtlicher „Corona-Leugner“, Verschwörungstheoretiker und Aluhut-Träger zuziehen. Und da sage nochmal einer, in der SPD gäbe es keine Politiker mit Rückgrat mehr!

Die Möglichkeiten sind größer, als Sie vielleicht ahnen

Nun fragen Sie sich vielleicht, wie Sie als einfacher, unbescholtener Bürger haltungstechnisch in die Fußstapfen eines Berufspolitikers treten können. Nur Mut! Die Möglichkeiten sind heutzutage größer, als Sie vielleicht ahnen. Letzte Woche – noch vor seinem Ausschluss – sorgte etwa ein Foto Thilo Sarrazins im hessischen Örtchen Lich für Furore. Im afrikanischen Kultur-Restaurant „Savanne“ gibt es aktuell die Ausstellung „Portraits of Life“ des Fotografen Karl Anton Koenigs zu bestaunen.

Dieser hat u.a. bereits für die „Vogue“ gearbeitet und im letzten Jahrzehnt ziemlich viele Prominente abgelichtet, darunter Heidi Klum, Desirée Nick, Tilda Swinton oder Johannes „Jopi“ Heesters. Teil der besagten Ausstellung sind Schwarz-Weiß-Porträts unbekannter Gesichter sowie Prominenter, darunter ein Foto Thilo Sarrazins.

Dies stieß jedoch einer aufmerksamen Besucherin schon am ersten Abend unangenehm auf, wie die Gießener Allgemeine vermeldete. Da hatte doch der unbedarfte Restaurant-Besitzer sich vom boshaften Fotografen einen waschechten Rassisten ins Haus hängen lassen!

„Jetzt hängen hier zwei Hakenkreuze in einem afrikanischen Restaurant“

Die beherzte Dame entschied, dass ein Foto Sarrazins nicht in einem afrikanischen Restaurant hängen dürfe! Der sture Fotograf sah jedoch nicht ein, das Foto aus diesem Grund aus der Ausstellung zu entfernen. „Man soll die Bilder aus ästhetischen Gründen anschauen“, befand er. Schließlich bot er der Besucherin an: „Dann nehmen Sie einen Edding und werden Sie aktiv.“

Sämtliche Bilder hingen bewusst ohne Beschriftung und Erläuterung aus, lediglich über einen QR-Code konnte man sich näher informieren. Die couragierte Kunstkennerin schnappte sich jedenfalls einen Stift und schrieb „Rassist“ unter Sarrazins Konterfei. Da sie im Anschluss leider immer noch nicht ruhig schlafen konnte, kam sie zwei Tage später wieder und malte Sarrazin noch zwei Hakenkreuzaugen.

Fotograf Karl Anton Koenigs kommentierte etwas ratlos: „Das hat mich erstaunt. Jetzt hängen hier zwei Hakenkreuze in einem afrikanischen Restaurant. Ist das nun besser?“ Und überhaupt stach jetzt das Sarrazin-Foto besonders heraus, was nie eine Intention dieser Sammlung stimmungsvoller, sich eher auf den zweiten Blick erschließender Schwarz-Weiß-Fotografien war.

Nehmen Sie sich gefälligst ein Beispiel!

Koenigs sah sich nun gezwungen, sich in Flexibilität zu üben und auch den anderen Porträts fiese Etikette zu verpassen. Mit „Magermodel“ oder „Presseopfer“ betitelte er nun beispielsweise seine Motive, um Ausgleich zu schaffen. Seine edlen Porträts zieren nun unflätige Beschimpfungen.

Die Reaktion der Besucherin resümierte er wie folgt: „Es spiegelt auch ein wenig die Hysterie wider.“ In einer Demokratie gehöre es dazu, „die Worte des Anderen erst einmal zu hören und dann zu diskutieren, ob wir es okay finden.“

Das alles ist in der Tat bedauerlich, aber Sie sehen: Um Haltung zu zeigen, darf man auch nicht vor der Kunst Halt machen, sondern muss sich in Konsequenz üben. Das fand auch eine Buchhandlung in der Region, die es aus diesem Grund ablehnte, den zur Ausstellung gehörenden Bildband „Portraits of Life“ zu vertreiben. Einmal Sarrazin, immer Sarrazin. Sollten Sie nicht so haltungsstark sein wie die hier vorgestellten Protagonisten: Nehmen Sie sich gefälligst ein Beispiel!

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Jochen Schmid / 04.08.2020

Hat sich die “gute” Dame damit nicht strafbar gemacht? Ermittelt hier schon der hessische Staatsschutz?

Klaus U. Meyerhanns / 04.08.2020

Da haben wir es in der Tat mit sehr unappetitlichen menschlichen Abgründen der Neuzeit zu tun. Exakt derselbe deutsche Menschenschlag war es, der sich mit dem unbeirrten Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen, - wenn auch unter einem andersartigen, angeblich politisch motivierten Deckmantel - besonders in der Menschenverachtung, der Existenzzerstörung, der Diffamierung, der Ausgrenzung, der Verfolgung und, und, und ... exponierte. Und bei alledem und unserer besonders belasteten Vergangenheit kommen dem aufrechten modernen “Demokraten”  nicht die leisesten Selbstzweifel im Rahmen seiner tagtäglichen Hetzjagden gegen die (straffrei)  Andersdenkenden und Mainstream-Kritiker ... ein “Hoch” auf die Meinungsfreiheit!

Marc Blenk / 04.08.2020

Liebe Frau Stockmann, der undemokratische Geist einer vermutlich links - oder liberalfaschistischen Dame, die möglicherweise auch bei den Bücherverbrennungen ihre hocherregte Freude gehabt hätte…. Geschenkt. Aber Herr Karl Anton Koenigs, der Fotograph, dessen Profession ich nicht bewerten kann, weil ich seine Bilder nicht kenne, hat da tatsächlich Haltung gezeigt, dazu Phantasie. Haltung eben nicht im Vernichtungsfeldzug gegen die andere legitime Meinung (das kann Haltung nämlich nicht sein), sondern in erfrischender Bejahung demokratischer Grundprinzipien.

Volker Kleinophorst / 04.08.2020

“Die beherzte Dame”. Es heißt nicht mehr “Der häßliche Deutsche” sondern “Die häßliche Deutsche”. Dumme Otze geht ja nicht, außer es ist satirisch. Aber ist das nicht mittlerweile das ganze Land? Ein schlechter Witz.

Peter Ackermann / 04.08.2020

Ich beziehe mich ausschließlich auf den Bericht der Autorin, habe also keine weitere Kenntnis vom Vorgang, wenn ich behaupte, dass der Fotograf sehr geistesgegenwärtig reagiert hat: So ganz nebenbei ist aus der Ausstellung eine live-Performance geworden, quasi interaktiv, sehr spontan, die sich zudem nicht einmal den Vorwurf machen lassen muss, sich andere Sichtweisen nicht anzuhören (in dem Fall „anzusehen“). Mit der Erweiterung des Themas der Ausstellung um den Punkt „Diskussionskultur“, kann selbige eigentlich nur dazu gewinnen.  P.S.: Genau diese Art der Gelassenheit des Fotografen bedarf es noch viel mehr; lässt sie doch die narzisstische Wut überkochen und sich selbst auslöschen.

E. Grüning / 04.08.2020

Wie kommt die “Dame” dazu? Mal kurz erinnern: “Das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, darunter auch das Hakenkreuz, ist nach dem deutschen Strafrecht ein Vergehen, das in § 86a StGB geregelt ist.” Verstehe den Künstler nicht, dass er nicht die Polizei ruft! Und Herr Sarrazin könnte sich sein Portrait auch mal durch den Kopf gehen lassen und eine Anzeige starten! Eine andere Sprache verstehen diese wandelnden Gerechtigkeitsapostel nicht!

Ilona Grimm / 04.08.2020

Mao Zedongs Kulturrevolution wiederholt sich im bunten Deutschland: Alles ästhetisch Ansprechende wird zerstört, unliebsame Figuren der Geschichte werden vom Sockel gestoßen und es wird vernichtet, was anderen Menschen Freude macht. Selber bringen die Marxisten-Maoisten nichts zuwege außer fremdfinanzierter abgedroschener Propaganda. Aber eine Sache beherrschen sie meisterlich: sich auf Kosten der verachteten—Steuern und Abgaben zahlenden—Bürger ein flottes Leben zu machen. Und immer wird das Rückgrat in selbstgefälliger moralischer Überlegenheit ganz fest durchgedrückt. Das aber ist auf die Dauer sehr schmerzhaft, weil Wirbel viel bewegt werden müssen, um die Bandscheiben geschmeidig und beschwerdefrei zu erhalten. Außerdem verursacht der Heiligenschein irgendwann erhebliche Druckschmerzen an den Schläfen. ... Jetzt, beim Schreiben, wird mir klar, dass die Marxisten deswegen keinen Humor haben: Die haben einfach ständig Schmerzen; denen ist das Lachen vergangen.—//—Warum hatte eigentlich der afrikanische Lokalbesitzer kein Wort mitzureden?

Karla Kuhn / 04.08.2020

WAS soll ich zu DIESEM SCHWACHSINN sagen, bzw. schreiben ?? Ich vermute mal, besagte “Dame”  wurde vom Leben vernachlässigt und hat jetzt endlich die Gelegenheit auch mal aus der Dunkelheit, wo sie keiner beachtet hatte, ans Licht zu kommen ?? Egal mit WAS und mit wem ?? Sogar der “verpönte” Herr Sarrazin ist da gut genug ?? WAS für eine Moral. Es “menschelt” immer mehr in diktatorischen, denunziatorischen und BLOCKWARTschen Bereichen. Gelernt scheint eben gelernt zu sein, da scheinen wirklich viele Deutsche hervorragende Noten einzufahren. Das Hitlerdeutschland mit dem elenden Massenmörder aus Braunau und die UNRECHTSSTAAT DDR haben eben viele solche “Blockwart-Lehrlinge ” hinterlassen. Es geht “aufwärts” in Merkeldeutschland, nur leider NICHT mit der Wirtschaft !  “„Das Kapitel Thilo Sarrazin ist für uns beendet. Er wird künftig seine rassistischen, seine antimuslimischen Thesen nicht mehr unter dem Deckmantel einer SPD-Mitgliedschaft verbreiten können.“  Das kann sich der Typ abschminken, ich hoffe, Herr Sarrazin wird in Zukunft viele Lesereisen unternehmen und vor allem über seine “LIEBEN GENOSSEN”  mal so RICHTIG aus dem NÄHKÄSTCHEN plaudern. . SARRAZIN wird IMMER, auch wenn er nicht mehr in der SPD,  mit ihr in einem Zug genannt werden. Aber ich hoffe sehr,  da das KAPITEL KLINGENBEIL (Nomen est omen ) so schnell wie möglich GESCHICHTE ist !

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