Nur zur Erinnerung: Kardinal Marx hat für diesen Herrn und seine Seenotrettungsmission 50000 Euro gespendet. Wahrscheinlich war er auch ein begeisterter Leser der Relotius-Märchen, weil sie ihm so gut ins Weltbild passten.
Mich wundert der Fall Relotius kein bisschen. Ich halte ihn für symptomatisch, einfach weil ich schon festgestellt habe, live wo gewesen sein und hinterher in der Zeitung darüber zu lesen, führt seltenst zu dem Gefühl zur gleichen Zeit am gleichen Ort gewesen zu sein, wie der Journalist.
Tichy folgert also richtig, wenn der Spiegel schreibt „Für diesen Artikel hat Claas Relotius allerdings kein Material geliefert, sondern lediglich die Teile, die von den anderen Teammitgliedern recherchiert wurden, in der Hamburger Redaktion zu einem Text zusammengefasst.“ - Wenn dem aber so gewesen sein soll, wie ist dann der Kommentar des Kapitäns zu bewerten? Der spricht ja immerhin nachgereicht von einer „Geschichte, die so nicht stattgefunden hat aufgepeppt mit ein paar Fakten, die z.T. auch noch falsch sind.“ Also besteht hier der dringende Verdacht, dass die Co-Autoren hier genauso dreist geflunkert oder ausgeschmückt haben, wie Relotius in dutzenden Geschichten mehr? Dem sollte nachgegangen werden.
Der Kapitän ist doch genau so ein falscher Fufziger wie der Relotius und die Co-Autoren. Das hier noch nicht die Staatsanwaltschaft samt Presse um 6Uhr früh vor der Türe steht verwundert doch schon, oder nicht? Naja, hat ja nix mit Steuern zu tun sondern allgemeiner Betrug und erst noch gut gemeint. Muss man nachsichtig sein.
Solange Relotius gefeiert wurde, haben sich die vier “bemitleidenswerten” Co-Autoren sicherlich den Arsch aufgerissen, um mit ihm zusammenarbeiten zu dürfen. Keine Gegenkontrolle erfolgte, denn den Erfolgsautor wollte ja Niemand der “bemitleidenswerten” Co-Autoren in irgendeiner Weise womöglich kritisieren. Bei einem Platz an der Sonne hält man sich nicht mit Feinheiten, wie dem Wahrheitsgehalt auf. Man sieht weg, das Gehalt stimmt, man ist am abreiten der Erfolgswelle und wenn man dann zusammen mit Claas womöglich noch einen Preis bekommt oder umsonst auf dem Presseball saufen und fressen darf?! Was ich gruselig finde ist, dass ich mir mittlerweile für einen kritischen Beitrag eher die Bild zur Hand nehme, als das Schmierenblatt aus Hamburg. Vor 20 Jahren wäre das für mich undenkbar gewesen.
Die schreienden: es gibt kein Recht auf “Nazipropaganda” sind absolut faschistoid unterwegs und haben keine Ahnung von der Entgleisung in deutscher Geschichte! Am deutschen Gutmenschentum soll die Welt genesen! Ansonsten Gewaltexess - Nazistentum in Nazireinkultour pur. Die Opfer ihres Wahn sind so nichtig wie die Opfer der Faschisten denen.
Man mag ohnehin nicht glauben, dass Relotius isoliert handelte. Natürlich distanzieren sich heute alle, die dieses für gegeben halten, um selbst keine Schwierigkeiten zu bekommen. Solange jedoch alles gut lief, konnte man doch auch von Relotius‘ Namen profitieren. Ich weiß nicht, ob einem die Co-Autoren leid tun müssen. Leid tun, braucht einem in dieser Angelegenheit wahrscheinlich keiner der „Beteiligten“. Relotius trägt das Kreuz. Die ihn dort festnageln, sind möglicherweise nicht besser. Wer in dieser ungut riechenden Angelegenheit der Gute ist, der ist wirklich zu beglückwünschen. Mich beschleicht das Gefühl, hier findet eine große Inszenierung statt, um die jeweils eigene Haut zu retten. Und auf der Bühne steht ein Mörder, ein Held und die Betrogenen. Die Regisseure des Stücks sitzen, so vermute ich, in Hamburg. Im wirklichen Leben geht es meistens anders zu. Aber wie war das noch? Fakten interessieren ja heute nur noch am Rande.
Man kann nur hoffen, dass in den Redaktion wenigstens für ein paar Wochen die Notbremsen geölt werden. Wetten, dass dann Relotius vergessen sein wird und die Schlampereien wieder stattfinden werden. Der Skandal um die gefälschten Hitler - Tagebücher hätte eigentlich ein reinigendes Gewitter auslösen müssen. Aber der STERN leuchtete weiter und der SPIEGEL dürfte auch nicht splittern. - Hat sich eigentlich schon jemand die Mühe gemacht Ausgaben mit den Relotius - Fakes zu sammeln und zwecks Regress - Ansprüchen an den Verlag zu senden ?
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