Bald gibt es nicht nur an jeder Ecke ” Starbucks “. Die Leute werden auch so fühlen, denken, reden und leben wie ” Starbucks ” und sie werden auch alle so aussehen und wohnen. Der Konzernname ist natürlich austauschbar und kombinierbar mit anderen. Weltweit. Es wird also keinen Unterschied mehr machen, ob man sich mit so einem Mäuschen unterhält in Seattle oder Frankfurt. Sind alle geklont. Wie die Malls auch. Usw. Alles Klone auf der Suche nach dem Hype. Irgendwie ist das Internet mitschuldig und bleibt’s auch , vorläufig. - Es schneidet die direkte Erfahrung vorzeitig ... ab.
Oh, es gibt nach wie vor schöne Architektur, aber sie ist eine Frage des Geldes. Wenn Länder zugesiedelt werden mit Armen, entstehen natürlich seelenlose Bauten für sie, billig ist das Gebot. Dies ist schon unendlich lange besonders zu besichtigen in romanischen Ländern. Es besteht ein krasser Unterschied zwischen schönen Innenstädten und Außenbezirken. Hier darf nicht nur Paris als Beispiel dienen, wo man in den Vorstädten schon vor 40 Jahren den Nachbararbeiter auf die Toilette gehen und streiten hören konnte, sondern auch mittlere Städte wie Florenz, Mestre oder Pamplona. Überall das gleiche Phänomen. Wer dort landet, kann schwer glücklich werden. Ich schätze mal, dass mancher Migrant aus Afrika das so nicht erwartet hat. Diese seelenlose Uniformität betrifft keineswegs nur Vorstädte, sondern auch Fischerdörfer in Spanien und Portugal, die nach exakt demselben Muster zerstört wurden und heutzutage gern mal halbleer sind, auch vor Covid19. Die Bauindustrie hat auch teilweise die Schweiz zerstört, insbesondere die Stadt Luzern und den Raum zwischen Luzern und Zürich. Dass sie vermutlich der größte CO2-Emittent überhaupt ist, wird dabei gern übersehen. Interessant ist, dass während des lockdown weiter gebaut werden durfte und die meisten Bauarbeiter von robuster Gesundheit berichten.
@Petra Wilhelmi: Wenn es für den Jäger und Sammler einfacher war, seine Bedürfnisse in einer Ansiedlung zu stillen, warum wurde er dann nicht schon VORHER sesshaft? Nein, er wurde sesshaft, weil er den Ackerbau erfand und so lokal genug Lebensmittel erzeugen konnte, damit er nicht mehr umherziehen musste.
Es ist noch viel schlimmer. Nicht nur, dass alles immer ähnlicher wird und es irgendwann egal ist, wo man ist, sondern auch, dass den Menschen eine Dimension genommen wird. Man sitzt viele Stunden des Tages vor Monitoren, die so etwas wie Räumlichkeit simulieren, aber das Gefühl für Räumlichkeit ist bei vielen jungen Menschen nicht entwickelt. Dies wiederum hat Auswirkungen auf die manuelle Entwicklung mit damit verbundenen handwerklichen Fertigkeiten. Mit dem Verlust für Räumlichkeit geht die Fähigkeit zur Einschätzung für Geschwindigkeiten einher, die Menschen werden immobil und alles zieht wie auf einer Leinwand vorbei, träge, eintönig, langweilig, abstumpfend. Der neue Mensch, der das ertragen soll, wird gerade geschaffen.
Wäre schön wenn es nur Gedankenspiele wären, denn fast alles was heute gebaut wird ist seelenlos, kulturlos, austauschbar und von unfassbarer Brutalität. Es werden keine identitätsstiftenden Städte mehr für Bürger geplant und gebaut, sondern sterile Wohneinheiten für „Menschen“, welche dann in irgendeine selbstgewählte oder mitgebrachte Identität flüchten. Ein Albtraum für alle.
Liebe Frau Lengsfeld, Ihre Melancholie verstehe ich gut, aber die Welt wird sich nicht zurückdrehen. Auch ich stelle mir eine automatisierte und durchvirtualisierte Welt furchtbar vor, ich werde nie in ein selbstfahrendes Auto steigen oder mit meinem Kühlschrank kommunizieren (außer öffnen und schließen) - aber unsere Jugend sieht das offenbar anders. Wen soll meine Meinung morgen noch interessieren? Und welche Alternativen hätten Sie zum Fortschritt? Weder die Dorfidylle (falls es die jemals gab) noch der Tante-Emma-Laden werden wiederkommen, höchstens nach einer weltweiten Katastrophe. Es ist wie in der Natur: Sproß, Knospe, Blüte… Freuen wir uns, das wir die/eine Blüte erleben konnten.
Frau Lengsfeld! Mir hätte es durchaus gefallen , wenn Sie in Ihrer Klasse - Rezension gestern, wenigstens erwähnt hätten, daß Applebaum den ” Harper’s Letter” mitunterzeichnet hat und, obwohl sie wohl dem Konservativismus nicht ganz vernagelt ist , dennoch eine Wahl von Clinton zur Präsidentin befürwortet hätte. Es kann nicht falsch sein, sich die Liste mal genau anzuschauen mit Hilfe des amerikanischen Wikipedia - Eintrags, denn Applebaum gehört ja offensichtlich noch nicht auf den linken Müll genauso wenig wie der Siedler Verlag.
Wenn von Totalitarismus und Verflachung und Vereinheitlichung die Rede ist, geht es dann nicht immer um das Auslöschen der ursprünglich EUROPÄISCHEN Kultur? Noch müssen die Anywheres ihrer Arbeit nachhetzend kreuz und quer über den Globus jetten, und als Ersatz für das wahrscheinlich in jedem Menschen vorhandene Bedürfnis nach Somewhere gibt es dann überall die gleichen Ladenketten, die gleiche Systemgastronomie, die gleichen Hotelketten, wo der Gast von Kuala Lumpur bis Posemuckel Klo und Bett immer blindlings an der gleichen Stelle findet. Ein heute garantiert als rassistisch gelöschter Mercedes-Werbespot ging so: Der Geschäftsreisende verlässt den Flughafen, bekommt den Schlüssel für den Mietwagen überreicht. Draußen, Hitze, Staub, Geschrei, röhrende Kamele. Der Reisende setzt sich in seine Luxuslimousine; mit sattem Plopp fällt die Tür zu, Lärm und Staub bleiben draußen, schlagartige Stille, der Reisende seufzt erleichtert. Stimme aus dem Off: „Willkommen zu Hause!“ Geht es aber um die leistungslosen Zuwanderer ins Sozialsystem, wird doch eher peinlich darauf geachtet, dass diese ihre Moscheen bekommen und auch sonst ihre kulturelle Identität, Sprache, Kleidung, Religion leben können, sich also von den Europiden abgrenzen können, während deren Bestehen auf allgemein gültigen Regeln, Kultur, Tradition etc. von Gutmenschen als rassistisch abgestempelt wird. Aber welcher Australier, Chinese oder Japaner besucht noch Europa, welcher Europäer noch Ägypten, Marokko oder Thailand, wenn alles immer mehr vereinheitlicht wird und es nichts besonderes mehr zu sehen gibt?
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