Gastautor / 26.04.2023 / 14:00 / Foto: Pixabay / 32 / Seite ausdrucken

Privat ist öffentlich. Und umgekehrt

Von Konrad Adam.

Privates ist öffentlich! war das Motto der Progressiven. Inzwischen haben die Mitglieder des Berliner Parteienkartells entdeckt, dass sich der alte Slogan auch umkehren lässt; dann wird das Öffentliche zur Privatsache.

„Das Beste für Berlin“ hieß der Slogan, unter dem die Berliner CDU die von ihr gestellten Mitglieder des neuen Senats der Öffentlichkeit präsentierte. Das klang zwar ziemlich steil, war aber nicht verkehrt, denn Besseres hat Berlin nun einmal nicht zu bieten. Auch in Zukunft wird es in der Hauptstadt laufen wie bisher, also schlecht. Soweit sie der SPD angehören, hatten die Mitglieder der neuen Regierung schon unter Franziska Giffeys trauriger Amtszeit Gelegenheit genug, ihre Unfähigkeit zu beweisen. Die CDU hat ein paar neue Leute angeworben, im Koalitionsvertrag allerdings vorsorglich darauf verpflichtet, am rot-rot-grünen Kurs festzuhalten. Auch unter Kai Wegner, dem neuen Bürgermeister, soll es in Berlin bunt und divers, queer und korrupt zugehen, und weil das Geld, das dafür nötig ist, von außen kommt, kann sich die Stadt das auch leisten.

„Privates ist öffentlich“, war das Motto der Progressiven. Wohin das führt, hatte Klaus Wowereit vorgemacht, als er sich mit einem laut vorgetragenen Bekenntnis zu seinen sexuellen Vorlieben – „Ich bin schwul, und das ist auch gut so“ – um das Bürgermeisteramt bewarb und damit tatsächlich auch durchkam. Für die Berliner ist das ziemlich teuer geworden, war es doch Wowereit, der den Neubau des Berliner Flughafens, des berüchtigten BER, so dilettantisch organisierte, dass sich die Eröffnung um Jahre verzögerte und das Ganze am Ende geschätzte fünf bis sechs Milliarden Euro teurer kam als geplant. Ein reichlich hoher Preis für so erhabene Ziele wie Emanzipation und Gleichstellung; für die Berliner aber nicht zu hoch, weil sie vom Länderfinanzausgleich leben, für ihre Fehler also nicht selbst einstehen müssen.

Inzwischen haben die Mitglieder des Berliner Parteienkartells entdeckt, dass sich der alte Slogan auch umkehren lässt; dann wird das Öffentliche zur Privatsache. Wie weit man damit kommt, hat Franziska Giffey demonstriert, als sie die Antwort auf die Frage, wie es ihr Ehemann geschafft habe, als Beamter auf Lebenszeit fristlos entlassen zu werden, mit Hinweis auf den privaten Charakter dieser öffentlichen Angelegenheit zu verweigern. Privatsache war wohl auch ihr Verzicht auf einen akademischen Titel, den sie durch die Kunst des Abschreibens erworben, also erschwindelt hatte. Das Recht auf Öffentlichkeit und Transparenz reicht in Berlin immer nur so weit, wie der private Vorteil das gestattet. Jetzt soll Frau Giffey Wirtschaftssenatorin werden, ein Amt, in dem sie die Grenze zwischen privat und öffentlich auf ihre Weise neu markieren kann.

Ganze 28 Prozent haben der Berliner CDU gereicht, um sich zum Wahlsieger zu erklären und die SPD, die noch kläglicher abgeschnitten hatte als sie, als zweiten Verlierer mit ins Boot zu nehmen. Wie überall herrschen auch in Berlin die Parteien, nur eben schamloser als anderswo, weil sie das Geld, das sie mit vollen Händen ausgeben, nicht selbst eintreiben müssen. Verantwortungslosigkeit ist die Geschäftsgrundlage ihres Treibens, und sie sind offenbar entschlossen, sie kräftig zu nutzen. Als Interessenvertreter von Berufspolitikern versorgen sie sich selbst und ihre ständig wachsende Klientel mit Posten, die niemand braucht und keiner will, unter anderem mit zwölf hauptamtlichen Queer-Beauftragten, je einen für jeden der Bezirke. Wo das Private öffentlich geworden ist, da dauert es nicht lange, bis das Öffentliche privatisiert wird. In Berlin ist man schon längst so weit.

 

Konrad Adam ist Journalist und Publizist. Er war von 1979 bis 2000 Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und dann bis 2007 Chefkorrespondent und Kolumnist der Welt.

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Leserpost

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Gert Köppe / 26.04.2023

@Torsten Hopp; Im Prinzip tun die das doch schon. Die Listenwahl und der Fraktionszwang sind das Fundament dafür.

Torsten Hopp / 26.04.2023

Wenn man so klug wie eine leere Bierbüchse ist, braucht man keinen Doktortitel. Bald wählen diese Blutsauger sich nur noch gegenseitig selber.

Jürgen Fischer / 26.04.2023

Wenn man was unter den Teppich kehren will, dann muss dieser a) groß genug, b) lichtundurchlässig, damit nichts durchscheint, und c) gasdicht sein, sonst fängt es irgendwann zu stinken an.

Ludwig Luhmann / 26.04.2023

Welchen Osterhasen kann man anlasten, dass man bunte betrügerische Gifteyer nicht loswerden kann oder will?

Thomin Weller / 26.04.2023

Giffey wurde nur aufgrund ihrer Kontakte zu C40 dot org (Transforming Cities The new age of urban living Transforming Cities. Cities participating in the Walking & Cycling Network), Soros, Papst und Co Wirtschaftssenatorin. Für die Bibelrunde hier, ohne Mitglied in der Kirche, AWO Filz etc. erhält in der SPD niemand einen Posten. Das wird der berliner steuerbefreite Ehrenbürger Steinspalter zu verhindern wissen.

Thomas Kache / 26.04.2023

Warum sich eigentlich noch über die „Berliner Verhältnisse“ echauffieren? Das sollte doch der Dorftrottel von Hintertupflingen mitgeschnitten haben, das er in Berlin die No. 1 sein kann. Was auch den Vorteil für den Rest der Republik hat, das halt die ganze, ähm… Trotteligkeit, sich auf Berlin konzentriert. Ich finde das gut. Wenn ich mal nen Doofen brauchen sollte, weiß ich, wo ich die Auswahl habe. Da können Monthy Pythons Trottel der feinen Gesellschaft einpacken.

Klaus Schmid / 26.04.2023

Der Mechanismus ist klar: Politiker haben ganz überwiegend immer die Tendenz eigene Karriere und Partei-Spezies in den Vordergrund vor dem Bürgerwohl zustellen. Mögliches Regulativ sind da nur die Medien und die Wähler. Die Medien, voran der GrünRote ÖRR fallen aus, blieben nur die Wähler. Aber da dreht sich das im Kreis, die deutschen Wähler sind kinderleicht von den Medien in jede gewünschte Richtung zu bringen. Also ab in den Abrund. Wieder mal.

Gerd Heinzelmann / 26.04.2023

“Wie überall herrschen auch in Berlin die Parteien, nur eben schamloser als anderswo, weil sie das Geld, das sie mit vollen Händen ausgeben, nicht selbst eintreiben müssen.” Sind Sie ein Engel? Sie scheinen das Prinzip einer kriminellen Organisation nicht verstanden zu haben.  Demokratie ist zwar teuer, aber sie ist es wert. Deswegen werde ich immer auf Seitens des Westen stehen. Die DDR gehört nicht dazu.

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