Chaim Noll / 04.03.2021 / 14:00 / Foto: Imago / 55 / Seite ausdrucken

Ölpest als Waffe gegen Israel - eine neue Terror-Strategie

Die mit Corona begründete Schließung Israels nach außen (die monatelang sogar im Ausland lebende Israelis betraf) hat einen weiteren Grund, über den offiziell nicht gern gesprochen wird: die Gefahr von Vergeltungsschlägen des militärisch schwer angeschlagenen Iran. Man befürchtet Raketen-Angriffe der Stellvertreter-Milizen Hamas (von Gaza aus) und Hisballah (vom Libanon), neuerdings auch Langstrecken-Raketen von iranischem Territorium. Bisher ist es nicht dazu gekommen, die Milizen in Gaza und Libanon sind durch frühere Desaster geschwächt (bei der Hisballah ist sogar ein dramatischer Einbruch in der Demographie zu beobachten, deutlichstes Zeichen für eine Depression). Die gefürchteten Angriffe wären eine Antwort auf  Israels „shadow war“ gegen die in Syrien operierenden Revolutionären Garden des Iran. Seit spätestens 2018 fliegt die israelische Luftwaffe mit stillschweigender Billigung der Vereinigten Staaten, Russlands, wahrscheinlich auch der EU hunderte Angriffe gegen pro-iranische Ziele auf syrischem Territorium.

Der Staat Syrien ist heute nur noch ein Fragment. Israels Ziele liegen in Gebieten, die umkämpft sind oder der Kontrolle des Assad-Regimes entrissen, so dass auch die rudimentäre Regierung in Damaskus Israels ständige Luftpräsenz über dem Rumpfstaat ohne öffentliche Proteste duldet. Angesichts der wachsenden iranischen Bedrohung hat sich die israelische Regierung offenbar dazu entschlossen, das Assad-Regime als das kleinere Übel zu betrachten und ihm, wenn auch uneingestanden, in seiner Misere beizustehen. Hatte auch die kürzlich erfolgte Schenkung von Impfstoff an das Regime in Millionenwert – in den Medien bemäntelt als „Deal“ in Verbindung mit dem Austausch einer auf syrisches Staatsgebiet abgeirrten Israelin gegen zwei syrische Schäfer – damit zu tun?

Die meist nächtlichen Luft-Angriffe der israelischen Luftwaffe gelten vom Iran bezahlten und ausgerüsteten Milizen, aber auch Truppen der iranischen Revolutionsgarden, die große Teile des Irak und Syriens unter ihre Kontrolle zu bringen versuchen, offenbar in der Hoffnung – auch im Sinne der wohlwollend dahinterstehenden Großmacht China –, eine strategische Schneise bis zur Mittelmeerküste zu schlagen. Keine Frage, dass ein solcher Versuch angesichts immer wieder geäußerter Israel-Eliminierungs-Wünsche des iranischen Regimes für Israel eine ernst zu nehmende existenzielle Bedrohung darstellt. Das vom Bürgerkrieg geschwächte Regime in Damaskus ist weder imstande noch willens, diesen Brückenschlag abzuwehren. Das tut dafür Israel mit seiner technologisch hochüberlegenen Luftwaffe, die heute, wie kürzlich einem hochrangigen israelischen Militär im Interview entschlüpfte, fast unangefochten den gesamten Luftraum des Mittleren Ostens kontrolliert.

Ungehindert hunderte Tonnen Schweröl ins Meer abgelassen

Aber offenbar nicht die eigene Mittelmeerküste. Von dort versah man sich keiner größeren Gefahr. Wie sonst war es möglich, dass vor einigen Wochen, fünfzig Kilometer vor Israels Küste, ein unter libyscher Flagge fahrendes Schiff im Auftrag des Teheraner Regimes ungehindert hunderte Tonnen Schweröl ins Meer ablassen konnte? „The recent oil spill off Israel's shores (…) was caused by a Libyan ship sailing from Iran to Syria, Environmental Protection Minister Gila Gamliel said on Wednesday, describing the incident as 'environmental terrorism'“, meldete am 4. März 2021 die führende israelische Tageszeitung Yediot Acheronot.

Im völligen Gegensatz zur Strategie der israelischen Seite, ausschließlich militärische Ziele in möglichst präzisen pin point-Operationen anzugreifen und, wo immer möglich, zivile Opfer zu vermeiden, richtet sich die heimtückische Aktion des Teheraner Regimes gezielt gegen die israelische Zivilbevölkerung. Wäre die Einreise von Ausländern nicht zum Zeitpunkt der Katastrophe unter Berufung auf Corona reglementiert gewesen, hätte die an mittelalterliche Kriegführung erinnernde Aktion auch hunderttausende westliche Touristen getroffen. Die Schäden für die Ökosysteme des östlichen Mittelmeers, für Tierwelt, Meerespflanzen und andere Organismen, sind immens. (Ein am Strand bei Ashkelon angeschwemmter toter Wal war das erste Zeichen der nahenden Umweltkatastrophe). Die Reinigungsarbeiten werden Monate dauern, die Möglichkeit einer vollständigen Beseitigung des die Küste verschmutzenden Bitumens zieht Israels Umwelt-Ministerin in Zweifel.

Hier deuten sich Strategien an, die schon wegen ihrer totalen Gnadenlosigkeit ein Umdenken im Westen erfordern. Da das Teheraner Regime auf militärischem Gebiet dem Westen unterlegen ist, werden neue, betont inhumane Strategien erprobt (wie sie dieses Regime ja auch im Umgang mit der eigenen Bevölkerung nicht scheut). Methoden wie ein „Umwelt-Krieg“ gegen westliche Staaten müssen in Zukunft in Betracht gezogen werden. Israel muss die seine Küsten passierenden Schiffe besser kontrollieren. Und der Westen aus der Illusion erwachen, er hätte es in dieser Auseinandersetzung mit einem einigermaßen fairen, berechenbaren und vertragsbereiten Gegner zu tun.

Foto: Imago

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Detlef Rogge / 04.03.2021

Nachteilig ist die territoriale Größe Israels. Falls, was ich nicht glaube, der Iran einen atomaren Erstschlag gegen Israel führen würde, dann könnte ein einziger atomarer Sprengkopf das halbe Land ruinieren und bei der hohen Bevölkerungsdichte unzählige Todesopfer kosten. Israel, dann mit dem Rücken an der Wand stehend, im Kampf auf Leben und Tod, würde nicht zögern, den Iran und seine Satrapen mit in den Abgrund zu reißen, Zweitschlag, volle Pulle, Raketen, Marschflugkörper, Luftwaffe, vermutlich auch U-Boot gestützt. Nur für ein solches Szenario besitzt Israel überhaupt Atomwaffen und Trägersysteme. Wer noch halbwegs bei Sinnen ist, vermeidet es, derartige Gegner in militärisch ausweglose Situationen zu bringen. Was dem Iran mit seinen ansonsten maroden Streitkräften bleibt, sind irreguläre kleinere Aktionen, neuerdings mit Treiböl an der Küste. Kategorie Zermürbung, mehr ist nicht drin.

Hubert Bauer / 04.03.2021

Warum liest man darüber nichts in anderen Medien? Und wer ist hier “Libyen”? Die von “uns” so hoch geschätzte “Einheitsregierung”? General Haftar ist ja nicht als radikaler Moslem bekannt und steht dem relativ säkularen Ägypten näher als dem fundamentalistischen Iran.

Frances Johnson / 04.03.2021

@ Wilfried Cremer: Die Perser sind enorm klug. Israel hat nicht Angst vor dem Iran, weil er auf dem Entwicklungsstand von Affen wäre. Die Chinesen dahinter sind das wohl auch kaum. Der Iran weiß genau, was er da tut und tut das in völligem Begreifen der Umstände und Folgen. Ich hab heute nach dem “Verstörenden Dokument der Zeitgeschichte” Gersemann, w-on, meinen scharfen Tag und sage zu einem so unterirdischen comment: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

Johannes Fritz / 04.03.2021

Bevor die Illusion verschwindet, dass Iran ein fairer Gegner ist, muss erst einmal die Illusion kaputtgehen, dass die Mullahs unser Partner sind, wie mir scheint.

Arnd Siewert / 04.03.2021

Leider nix neues im Lager des Todes…die “Phalästinenser” mit ihren Feuerballons, Brandstiftungen in Waldgebieten und Selbdtmordbomben sind auch keine Umweltbereicherung - aber die EU steht moralisch fest zu diesen “Friedensboten” Warum nur die Sanktionen gegen Russland? Aus eigennützigen Machtgehabe?

Volker Voegele / 04.03.2021

Die Mittelmeerküste ist auf eine Länge von 160 Kilometern mit Ölklumpen verseucht. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Iran hauptverantwortlich hinter der Aktion stand. Aber auch die erwähnten Organisationen wie Hamas („Israel ins Gas“), Hisbollah oder weitere glühende Mohammedaner könnten beteiligt gewesen sein. Wenn das verdächtige Schiff „Emerald“ (Smaragdgrün) bei der nächtlichen Entlangfahrt an der israelischen Meereszone angeblich sein Automatic Identification System AIS ausgeschaltet hat, ist wahrscheinlich etwas faules im Spiel gewesen. Israel hätte aktuell erst einmal die Schiffsmannschaft der „Emerald“ kapern sollen, bevor es an die Öffentlichkeit geht.

Manfred Knake / 04.03.2021

Es handelte sich nach anderen Presseberichten nicht um ausgelaufenes Schweröl (Bunker-C-Öl, das wird u.a. zum Schiffsantrieb benutzt), sondern um Rohöl, das eine ganz andere Konsistenz besitzt und wesentlich dramatischere Folgen für die Meeresfauna hat. Der Ölteppich wurde bereits Anfang Februar gesichtet, warum wurde nichts unternommen, um in zu binden? War es ein Ölunfall oder ein gezieltes Ablassen? Das müsste doch zunächst genau untersucht werden, bevor irgendwelche “Terrorismus”-Vorwüfe von Israel erhoben werden und wieder vorschnell der Abzug betätigt wird. Der Rohöltanker “Emerald” fährt unter der Flagge Panamas.

Angelika Meier / 04.03.2021

Mich würde interessieren, wie der Iran vernetzt ist. Z.B. mit Russland oder China oder anderen(?) Staaten. Wird er von bestimmten Staaten unterstützt? Halten sich alle Staaten ans Embargo? @Frances Johnson / 04.03.2021 Das mit dem “Backgroundakeur” würde mich z.B. interessieren. Ich weiß, dass China das Militär in Burma unterstützt. Ich weiß aber nicht, ob und wie eng die Beziehungen Chinas zum Iran sind.

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