Johannes Eisleben / 23.04.2020 / 12:00 / Foto: Parpan05 / 29 / Seite ausdrucken

Öl zu verschenken! Lasset uns beten!

Dieser Tage war ein Preis im Ölderivatgeschäft negativ, während sich die Aktienmärkte vom Absturz seit Ende Februar erholen – im Vergleich zum Stand Anfang des Jahres belaufen sich die Verluste nur noch auf 25 Prozent, aber nicht mehr auf 35 Prozent. Wie passt das zusammen, was ist da los und worauf weisen diese Phänomene hin?

Der negative Ölpreis im Termingeschäft kam zustande, weil Spekulanten, die sich mit Öloptionen eingedeckt hatten, ihre Kaufrechte nicht mehr loswurden, während der Termin, bei dem sie zum Kauf verpflichtet sind, näher rückte. Da viele von ihnen gar nicht in der Lage sind, Öl zu transportieren und zu lagern, sondern nur spielen wollten, bekamen sie Panik, das Öl wirklich kaufen zu müssen. Deswegen boten sie Käufern Geld an, um ihnen das Öl abzunehmen. Doch der echte Ölpreis liegt derzeit um die 20 US-Dollar je Fass. Also alles nur Spekulantensorgen? Ganz und gar nicht, denn Preise für Derivate sind immer nah an das reale Verhältnis von Angebot und Nachfrage angepasst.

In den letzten Wochen ist die weltweite Nachfrage nach Rohstoffen massiv eingebrochen. Mehr als 50 Prozent der Menschheit befindet sich im Shutdown, die Leute fahren weniger Auto, fliegen weniger und kaufen weniger Waren. Die Unternehmen produzieren auch weniger, nicht nur wegen der mangelnden Nachfrage, sondern auch, weil ihnen wegen der Unterbrechung der globalen Lieferketten die Vorstufen für die Produktion fehlen. Der Ölverbrauch ist deswegen um etwa 60 Prozent gefallen, doch die Produktion lässt sich nicht so schnell senken. Daher haben wir derzeit ein massives Überangebot an Öl. Die Lager sind voll, Tanker können teilweise nicht entladen werden, weil sich ein Stau in der Abarbeitung der Ölprodukte bildet.

Bei 20 USD je Fass kann dauerhaft kein einziger Ölproduzent überleben, Experten schätzen die Gesamtkosten für Produktion und Verkauf eines Fasses Öl auf 50 bis 55 USD. Derzeit gehen wegen der Differenz zwischen Produktionskosten und Preis insbesondere die kleinen Produzenden alternativer Kohlenwasserstoffe, wie die Schiefergas-Förderer, pleite. Doch auch normales Öl – ganz zu schweigen von Sandöl und anderen teureren Ölsorten – zu fördern, lohnt sich derzeit nicht mehr. Je nach Kapitalisierung müssen bald immer mehr Firmen die Produktion drosseln. Wenn man ein Ölfeld einmal abgestellt hat, dauert es lange, um die Produktion wieder aufzunehmen: Die Wertschöpfungskette für die Gewinnung und Verarbeitung von Kohlenwasserstoffen ist tief und träge.

Doch ist auch nicht damit zu rechnen, dass sich die Nachfrage nach Ende des Shutdowns (wann auch immer das sein mag) rasch erholen wird, weil wir es mit einer durch Corona ausgelösten, aber nicht dadurch verursachten Wirtschaftskrise zu tun haben: Der Lockdown trifft auf eine durch Jahrzehnte der Geldüberproduktion und Überschuldung massiv vorgeschädigte Wirtschaft.

Staatliche Umverteilung von unten nach oben

Warum steigt der Aktienmarkt, wenn der Ölpreis fällt? Weil der Staat bei seinen Rettungsmaßnahmen zwar Schwierigkeiten hat, dem Mittelstand zu helfen, die Großunternehmen jedoch durch Anleihenkauf und Sonderkedite (Adidas bekommt Milliarden) mit Geld flutet. Und was machen viele damit? Aktienrückkaufprogramme. Dadurch steigt der relative Anteil der Großaktionäre am Unternehmensbesitz, da die ihre Aktien halten. Dazu gehören die riesigen Hedgefonds, die das Geld der globalen Milliardäre verwalten, aber auch reiche Familien, die direkt Anteile halten. Staatliches Geld, das aus Steuermitteln kommt und von uns allen hart erarbeitet wird, wird also genutzt, um die globalen Eliten in kurzer Zeit noch reicher zu machen: Der Staat verteilt auf direkte Weise Geld von unten nach oben.

Würde der Staat den Aktiengesellschaften stattdessen Eigenkapital geben und dadurch Anteile erwerben, wären die Maßnahmen immerhin temporär zu rechtfertigen, denn dadurch würde jeder Steuerzahler Miteigentümer – was, nebenbei gesagt, auf Dauer auch keine gute Lösung ist. Doch der Staat zieht es vor, die Reichen durch seine Kreditvergabepolitik im Eiltempo noch reicher zu machen. Denn auch wenn die Aktienkurse etwas später wieder fallen und die Renditen gegen Null gehen werden, was sehr sicher ist, bleiben denen die Anteile, so lange die Unternehmen nicht pleite gehen und es noch einen realen Gegenwert gibt.

Der Vorgang zeigt, dass wir nicht mehr in einer freien Marktwirtschaft leben, sondern in einem Feudalkapitalismus, bei dem der Staat das Steueraufkommen aller nützt, um den Reichen zu geben. Dies geschieht ebenfalls bei der Eurorettung, indem drohende Verluste vergemeinschaftet werden und Kredite reichen Anteilseignern zukommen, während für diese Forderungen keine Zinsen gezahlt werden und der Steuerzahler für den Ausfall haftet (so im TARGET-Salden-System). Gleichzeitig enteignen Negativzinsen und Realgüterinflation, die wir seit über 10 Jahren haben, Kleinsparer und Rentner. Die durch die staatliche Geldproduktion ausgelöste Inflation wirkt wie eine versteckte Steuer zugunsten des Staates und der Realeigentumsbesitzer.

Immer weniger Selbstständige

Durch die Folgen des Lock-Downs und die dadurch ausgelöste, längst fällige Wirtschafts- und Finanzkrise wird die Umverteilung zugunsten der Superreichen sich noch beschleunigen, da die anstehenden Rettungsmaßnahmen den Mittelstand ausbluten werden. Mittelständler bekommen viel schlechter Rettungsgelder und Kredite. Besonders Kleinunternehmen werden schwer getroffen, viele werden pleite gehen und ihre Mitarbeiter entlassen. Insgesamt kommt es zu einer weiteren Konzentration des Eigentums in den Händen ganz weniger, es gibt immer weniger Selbstständige.

Und wie reagieren die Bürger? Derzeit ist die politische Stimmung noch durch die Angst vor dem Corona-Virus geprägt. Doch wenn die Wirtschaft erst einmal am Boden liegt und es zu ernsthafter Massenarbeitslosigkeit und -armut mit Versorgungsengpässen in Deutschland kommt, werden die Nachrichten darüber die Sorgen um das Virus verdrängen. Spätestens dann wird Olaf Scholz’ Ausspruch von der “neuen Normalität” einfach vergessen, weil es dann ans Eingemachte geht, wie man früher zu sagen pflegte. Die Zeit der Luxusnarrative von der deutschen Weltrettung bei Klima und Migration und einer Politikergeneration à la Merkel, die noch nie eine echte Krise gemeistert hat, ist dann vorbei – die heutigen Schönwetterpolitiker werden das nicht überstehen.

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Chr. Kühn / 23.04.2020

“Und wie reagieren die Bürger? Derzeit ist die politische Stimmung noch durch die Angst vor dem Corona-Virus geprägt. Doch wenn die Wirtschaft erst einmal am Boden liegt und es zu ernsthafter Massenarbeitslosigkeit und -armut mit Versorgungsengpässen in Deutschland kommt, werden die Nachrichten darüber die Sorgen um das Virus verdrängen.” Dazu wird es nicht kommen. Das wird unter großem Tamtam und Merkel-Seligpreisungen mit Ach und Krach abgewendet werden (dabei wahrscheinlich nicht viel weniger Schaden anrichten wie der Crash selbst), und am Ende steht ein “Weiter so!”, während die Vermaledeite der Heiligsprechung, wahlweise der Stelle des UN-Generalsekretärs, wieder ein Stück nähergekommen ist, auf daß sie sich nie und nuscht vor irgendjemanden für irgendetwas zu rechtfertigen bräuchte. Wetten, daß…? Alles Weitere ist nicht zitierfähig…

Günter H. Probst / 23.04.2020

Das stimmt an Ihrem Artikel nicht: Die Billionen, die die Regierungen und die Parteien der Nationalen Front jetzt rauswerfen, stammen nicht aus den Steuern , die längst für Anderes verplant und ausgegeben werden, sondern werden mit neuen Schulden finanziert. Die dafür ausgegebenen Staatsanleihen werden letztlich von der EZB aufgekauft und erweitern lediglich deren Bilanz. Da dies seit 10 Jahren läuft und sich offensichtlich niemand dafür interressiert, kommt dieses Verfahren einem finazpolitischen perpetuum mobile gleich. und kann bis zu einem Zusammenbruch fortgeführt werden. Erst dann wird das Volk richtig leiden. Ich staune jeden Tag, wenn ich höre, daß die Politiker der Nationalen Front und die Regierungen mit voller Begeisterung hier wider Millionen, dort wiedder Milliarden und dort schließlich halbe oder ganze Billionen € rausschmeißen, selbstverständlich immer für gute Zwecke. Und Geld, daß es gar nicht gibt. Ist das nicht großartig?

Martin Lederer / 23.04.2020

@Friedrich Neureich / 23.04.2020 Wer weiß. Vielleicht erreichen uns bald Nachrichten von Unruhen in Saudi-Arabien, wenn das Geld zur Beruhigung der eigenen Bevölkerung nicht mehr ausreicht. Und wir müssen dann auch noch für Saudi-Arabien zahlen, “um schlimmeres zu verhindern”. Würde ich auch nicht mehr ausschließen.

Thomas Taterka / 23.04.2020

Die Konzernmächte mit ihren aalglatten Anwaltsgrossfirmen werden den ” Schönwetterpolitikern ” schon erklären, wie sie sich zu häuten haben, damit es wenigstens immer so aussieht wie echte Demokratie. Und da das ein weltweites Phänomen ist , wer sollte das wohl aufhalten können ? - Eine Epoche kann man nicht einfach abwählen auf halber Strecke, die Katharsis erfolgt durch ein Gewitter und bis dahin ist noch ein Weilchen. Wir sind noch bei der Aufladung desselben. - Das wird schon, kann man ganz ” beruhigt ” sein. Es wird genug Probleme geben, ist für jeden was dabei ( auch wenn das manche Hirnträger noch nicht einsehen mögen, die meinen, sie müssten den Schönwetterpolitikern ” helfen ” ! )

Rolf Lindner / 23.04.2020

Dem Geist des Artikels folgend müssten eigentlich alle linken Strömungen propagandistisch auf diesen Zug aufspringen. Tun sie aber nicht, denn genau die, welche der Artikel in den Fokus stellt, halten den Linken einen braunen Lappen hin, auf den sie mit der Dummheit und blinden Wut eines Stieres losstürmen und nicht begreifen, wie sie ihr eigentliches Klientel verraten, von dem leider auch ein Teil nicht begreift, wie er vergesäßt wird.

Peter Brauer / 23.04.2020

Komisch dass der negative Ölpreis so eine große Sache ist, negative Energiekosten sind auf dem Strommarkt dank EEG Standard: Wenn die Sonne knallt zahlt Deutschland seinen Nachbar für die Stromannahme Geld.

Alexander Schilling / 23.04.2020

Warum Sie in diesem Zusammenhang eine bis zum Turm im Wasser eines Stausees versunkene Kirche zeigen und in der Überschrift das katholische Messformular zitieren (“oremus”—lasset uns beten), erschließt sich mir nicht: Zählen Sie etwa die Città del Vaticano für das Gesicht der erdölexportierenden Staaten, oder hindert Sie eine irrationale Scheu vor einem Aufruf zum Gebet in folgender Gestalt حي على الصلاة، حي على الفلاح، الصلاة خیر من النوم, Herr Eisleben?

Max Blank / 23.04.2020

Wie reagiert der Bürger? Zweierlei: - die einen schreien nach Sozialismus und wollen “den Reichen” an den Kragen. Damit meinen sie aber nicht Bill G, Jeff B. & Co, damit meinen sie in Deutschland hauptsächlich diejenigen, die sich in jahrelanger, harter Arbeit etwas aufgebaut haben und von den Früchten ihrer Arbeit leben können. - die anderen, eine kleine Minderheit, überlegt verzweifelt, wie sie diesem Wahnsinn noch entgehen kann und finden keine Lösung. Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten! - eine der ersten Amtshandlungen von Olav Scholz war es, seine Spezel von Goldman Sachs ins Finanzministerium zu holen - die größte Amtshandlung war die Schuldenbremse auszuhebeln (war ja alternativlos), und die “versäumten” Schulden der letzten Jahre auf einen Schlag aufzunehmen. Merke: die Schulden des einen, sind immer das Guthaben eines anderen. - Merkel, die Staatsratsvorsitzende und Vorsitzende der sizialistischen Einheitspartei Deutschlands (CDUCSUSPDGrüne) bricht ein ums andere mal das Grundgesetzt und niemand interessiert sich dafür - Kritiker werden mundtot gemacht, Stimmen, die hinterfragen werden mundtotgemacht. Die Presse ist gleichgeschaltet (bis auf ein paar “gallische Dörfer”, die energisch Widerstand leisten), der Staatsfunkt verbreitet Propaganda, wie einst in der DDR. Wir werden von den herrschenden Eliten ausgeplündert, unsere Zukunft wird vernichtet. Es JETZT an der Zeit aufzustehen und dagegen vorzugehen, sonst finden wir uns 2021 in einer orwellschen Dystopie wieder.

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