Hubert Geißler, Gastautor / 13.10.2023 / 14:00 / Foto: Pixabay / 19 / Seite ausdrucken

Neues vom Schrauber: Rentner an die Werkbank!

Sowohl mein Bruder als auch ich arbeiten noch, obwohl wir bereits Rentner sind. Dieses Modell soll Schule machen, um den Fachkräftemangel auszugleichen. So hat CDU-Generalsekretär Linnemann vorgeschlagen, den Steuerfreibetrag für erwerbstätige Rentner zu erhöhen.

Sowohl mein Schrauberbruder als auch ich haben ja das Rentenalter erreicht und arbeiten weiter: Mein Bruder im Rahmen eines steuerfreien 520-Euro-Jobs und ich als Aushilfslehrer, immer mit dem Blick auf die fällige Steuererklärung. Zu viel „schaffen“ nützt nur dem Finanzamt. Dabei würden die Chefs meines Bruders sicher öfter anrufen, und als ich mich das letzte Mal um einen schulischen Aushilfsjob bewarb, meinte der mir bekannte, für das Personal zuständige Lehrer: „Kannst morgen mit voller Stelle anfangen!“ Das habe ich natürlich dankend abgelehnt. Nun kann ja auch der CDU gelegentlich etwas Vernünftiges einfallen, und so hat deren Generalsekretär, Herr Linnemann, vorgeschlagen, die Freibeträge für weiterarbeitende Vollrentner drastisch auf 2.000 Euro pro Monat zu erhöhen.

Immerhin, da die Migranten nicht gerade auf offene Stellen strömen und auch unsere ukrainischen Gäste etwas zögerlich sind, was Arbeit angeht, könnte das den Fachkräftemangel mildern. Vor allem angesichts der drohenden Wirtschaftskrise könnte dies helfen. „Aktivrente“ nennt sich das Projekt, und es hat seinen Wert. Statt sinnlos mit dem E-Bike durch die Gegend zu fahren, könnte man durch moderate Anstrengung volkswirtschaftlich etwas voranbringen, anstatt andere spazieren gehende Rentner zu verschrecken. Aber schon erhebt sich Widerstand. Der Plan würde nur privilegierten Berufsgruppen wie Anwälten oder Ärzten nutzen, während arme Handwerker wie Dachdecker und Fliesenleger leer ausgehen würden, da sie aus physischen Gründen oft in den Ruhestand gehen müssten und in die Röhre schauen würden.

Nun schrillen bei uns, wenn die Politik plötzlich ihr Herz für den Malocherstand entdeckt, natürlich die Alarmglocken. Logisch ist ein 80-jähriger Dachdecker auf dem Dach ebenso wenig vorstellbar wie ein verrenteter Karlsson von Astrid Lindgren. Aber kann er nicht etwas anderes tun, natürlich nur, wenn er will? Meistens muss er ja, wegen der lamentablen Rentenhöhe. Gibt es denn keine Alternative zum Flaschensammeln? Kleinbusfahren im ländlichen Mecklenburg oder was weiß ich? Wir vermuten, dass hinter den für die Fliesenleger vergossenen Krokodilstränen doch der Unwille steckt, auf Steuereinnahmen zu verzichten.

Nun hat man sich die größte Mühe gegeben, die Besteuerung der Rente einzufädeln, und das soll plötzlich futsch sein: Gone und perdu. Da würde man den Staat schlecht kennen: Steuern abschaffen? Never! Klar würde vielleicht mancher Kollege in gewissem Umfang weiter in Schulen arbeiten, wenn es sich für ihn subjektiv rentieren würde. Aber lieber wird über den Lehrermangel gejammert, als Anreize zu schaffen. Logisch, ein älterer Arbeitnehmer hat oft eine Expertise und ein praktisches Fachwissen, das allenthalben fehlt. Aber wenn es um Steuereinnahmen geht, kennt die Obrigkeit keinen Spaß. Ich hatte kaum einen Vertretungsjob übernommen, da hat das Finanzamt schon Vorsteuer bei mir eingetrieben. Dass einem da die Lust vergeht, ist wohl verständlich. Also solidarisieren wir uns mit den Dachdeckern und Fliesenlegern, sammeln Pfandflaschen und trinken Dosenbier aus den Beständen unserer Discounter. Irgendwelche Heinzelmännchen werden die Arbeit schon erledigen. Und wenn wir schon am Mosern sind: Keine Steuern auf Überstunden und rauf mit dem Grundfreibetrag. Sonst bleibt die Rentnergang auf der Parkbank. Capito!

Hubert und Bernhard Geißler

 

Hubert Geißler stammt aus Bayern und war Lehrer für Kunst/Deutsch/Geschichte. Er schreibt diese Serie zusammen mit seinem Bruder. 

Bernhard Geißler gehört zu den sogenannten Fachkräften und Technikern, also zum gut ausgebildeten Teil der produktiven Arbeiterschaft, hier kurz „Schrauber“ genannt. Der arbeitet viel, kommt aber selten zu Wort, was diese Serie ein wenig wettmachen will.

Foto: Pixabay

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U.Heuer / 13.10.2023

Es gibt zwischen den Extremen,” Lehrer und Dachdecker” noch unzählige Jobs die von unserer tatsächlichen Elite, “den Rentnern” bei Steuerbefreiung gemacht werden könnten. Mit dem 2000,- Regel wäre vielen Rentnern geholfen. Sie wurden nähmlich bei den Geldverteilungsaktionen der Ampel nicht berücksichtig. Allerdings kann ich mir bei unserer abgehobenen Politikerkaste eine solch einfache und schnelle Regulierung nicht vorstellen.

Günter H. Probst / 13.10.2023

Selbstverständlich sollen Sie nicht bezahlt arbeiten. Sie sollen gefälligst für Lau und das eigene Seelenheil im Ehrenamt arbeiten, und dem armen Einwanderer unter die Arme greifen. Oder die lieben Kleinen beaufsichtigen. Oder die Verhungernden an der Tafel bedienen. Schaffen Sie es damit bis in die staatlichen Propagandamedien, bekommen Sie das Bundesverdienstkreuz; ein Blech, Lohn genug. Eigentlich gibt es für die Arbeit 6 Millionen arbeitsfähige Arbeitslose, aber die können gerade nicht. Sie säen nicht, sie ernten nicht, aber ihr Himmlischer Vater ernährt sie doch; und sie werden immer mehr.

S. Andersson / 13.10.2023

Nee… nee … nee! Legt die Arbeit nieder und die Schmarotzenden lernen Blitzschnell. Die Alt Genossen & deren Anbeter haben die Finger aus unseren Taschen zu nehmen… jetzt! Wer zahlt bestimmt und diese ganzen Nichtsnutze sollen dann mal selber für ihr Geld arbeiten gehen. Kann eigentlich nicht mehr so lange dauern bis das beim letzten Michel an kommt. Dann gibt es Haue… Popcorn ist gebunkert und ich warte nur noch auf die Show

Hans-J. Haupt / 13.10.2023

Werter Herr Geißler, Sie schreiben in Ihrem Artikel bzgl. der Arbeitslust “neu Hinzukommender”: “Immerhin, da die Migranten nicht gerade auf offene Stellen strömen und auch unsere ukrainischen Gäste etwas zögerlich sind, was Arbeit angeht, könnte das den Fachkräftemangel mildern.” Für Migranten mag Ihre Feststellung zutreffen, aber für Ukrainer wohl nicht, habe ich doch über die ukrainische Lebensgefährtin meines Sohnes einen Einblick in das Leben einer recht großen Gemeinschaft von Ukrainern in Leibzsch (Für Nichtsachsen: Leipzig). Und alle, aber wirklich alle gehen einer geregelten Arbeit nach, würden sich schämen, von der Unterstützung durch den Staat zu leben.

Gerard Döring / 13.10.2023

Mein Nachbar kam in Rente und das Geld wird ihm deshalb knapp. Bei einer Flasche Bier unterhielten wir uns über die Möglichkeiten unsere Konten aufzubessern.Nachdem wir Banküberfälle ausschlossen machte ich ihm den Vorschlag doch in seiner Branche weiter zu schaffen. Das war der Anlass für einen Wutausbruch. Er legte in etwa so los das er für diese Brüder keinen Finger mehr krumm machen wolle und er für die Zukunft das Schlimmste befürchte.Es viel ihm nicht schwer die deftigsten Beispiele zu benennen und ich schloss mich seinen Ausführungen vollinhaltlich an. Ja,er hatte Recht,wir werden von Jahrmarktsverreckern regiert und ja,die haben alle ein Ei am wandern.

M. Blume / 13.10.2023

Flaschensammeln muß ab 150€ im Jahr versteuert werden , wer hätte das gedacht ,bloß keinen arbeitenden Menschen ungeschoren lassen.

Jörg Themlitz / 13.10.2023

“...sammeln Pfandflaschen…”, Vorsicht! Vorsicht! Wenn der Grundfreibetrag überschritten wird, ist Einkommenssteuer fällig. Ich lege mal runde Zahlen zu Grunde. Sie sollten danach pro Kalendertag nicht mehr als für 29,00 Euro Pfandbehältnisse (116 leere oder volle Bierdosen) abgeben. Sonst klopft der Herr Lindner an Ihre Türe. Selbst im Hinblick darauf, dass das Pfandflaschen sammeln erschwert wurde gegenüber früher. Als die Pfandautomaten noch innerhalb der Verkaufsfläche standen. Den Einkaufswagen mit 116 Bierdosen vollladen, zum Pfandautomaten rüberschieben und einwerfen, sprich in 5 Minuten 29,00 Euro netto. Guter Stundensatz. Wer als Rentner noch nicht Rücken hatte, schob die vollen Bierkästen durch den Pfandautomaten. Ich nicht. Ich bringe meine Dosen (ohne Pfand) aus CZ mit und werfe die leeren Dosen in den Wald, wo noch vorhanden. Sonst unter die Windmühlen. Die gute Absicht dahinter, langfristige Brut- und Nisthöhlen für Insekten schaffen. Ja, ja die Kolonisten (abgeleitet aus dem frz. colons = Siedler) die zu uns kommen, stellen es heut deutlich schlauer an. Früher zogen die colons in wildes Land, machten es urbar, bauten Häuser und Infrastruktur auf. Leider erweckte schon damals der Erfolg der colons Begehrlichkeiten, bei den kreuz und quer durch die Erdteile ziehenden Familienclans. Und so manchem colon wurde die Rübe eingeschlagen und der Speicher ausgeräumt.

A. Ostrovsky / 13.10.2023

>>So hat CDU-Generalsekretär Linnemann vorgeschlagen, den Steuerfreibetrag für erwerbstätige Rentner zu erhöhen.<<  Diese Schwätzer sind für mich der Anlass, für dieses verlogene Erpressersystem nicht zu arbeiten. Die Rente zu versteuern, nachdem sie von dem bereits versteuerten Einkommen bezahlt wurde, ist eine bodenlose Frechheit. Wer so einem Unrechtssystem auch noch freiwillig dient, ist nicht mehr zu retten. Der Begriff “Steuerfreibetrag für Rentner” müsste jedem CDU-Politiker die Schamröte ins Gesicht treiben. Aber die kennen ja alle keine Scham.

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