Quentin Quencher / 13.12.2020 / 16:00 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 18 / Seite ausdrucken

Naturromantik und das Virus

Lediglich gelegentlich sind Versuche zu beobachten, das Corona-Virus ganz im Sinne der Rede von „die Natur wird sich rächen“ zu instrumentalisieren: die Umweltsünden, das Ausbrechen der Menschen aus ihrer naturgegebenen Rolle werden nun bestraft. Eigentlich hatte ich sogar erwartet, dass diese Erklärung noch viel häufiger zu hören ist, als es nun geschieht. Doch im Grunde passiert das Gegenteil, die Lösung des Problems wird im Handeln der Menschen gesehen. Sie schützen sich vor der Natur mittels Masken, Handschuhen, Desinfektionsmitteln und suchen nach Impfstoffen, um sich immunisieren zu lassen. Mit einem Mal wird die Natur wieder als Bedrohung angesehen, die sich aber nicht rächen will, sondern nur existiert, als dynamisches Gebilde, und Viren, Bakterien, Keime, Tiere und Pflanzen hervorbringt, ganz einfach nur den Mechanismen der Evolution folgend.

Nun geschieht etwas, was für die, welche sich in das Bild von der „Mutter Natur“ so verliebt haben und in der Rückkehr des Menschen in die gott- oder naturgegebenen Kreisläufe ihr Sinnbild des Daseins erkennen, geradezu katastrophal ist: Menschen schützen sich wieder vor der Natur, die eben nicht nur menschliches Leben ermöglicht, sondern es auch bedroht. Der beliebte Gegensatz von lieber und gütiger Natur auf der einen und auf der anderen Seite die böse verdorbene und verderbende Menschheit beginnt an Wirkungskraft zu verlieren. Naturromantiker werden nun als naive Gefährder betrachtet, denn wenn es jemand schaffen kann, das Virus zu besiegen, dann sind es die Menschen selbst, indem sie sich mit allen möglichen technischen Mitteln schützen und gezielt gegen das Virus vorgehen. Sei es durch Impfungen, technischer Luftreinigung, chemische Desinfektionsmittel.

Rechtfertigung der Notwendigkeit im Ausnahmefall

Während sonst auf allen möglichen Lebensmittelverpackungen irgendwelche Öko-Label prangen und so manche meinten, sich vor den ach so gefährlichen Insektiziden oder Pestiziden schützen zu müssen, vor der Gentechnik sowieso, selbst beim Mineralwasser finden sich schon Bezeichnungen wie „Solarfood“, kann es nun, da die Bedrohung durch das Virus real und nicht nur imaginär ist, gar nicht künstlich und menschengemacht genug sein. Selbst die Gentechnik, sonst als regelrechter Beelzebub gebrandmarkt, wird nun Mittel zum Zweck. Corona ist eben der Ernstfall, etwas Reales, eine Bedrohung der persönlichen Gesundheit jetzt und unmittelbar, und in solchen Fällen zeigt sich, welche Mittel zum Schutz vor der Natur, was genauso wichtig wie der Schutz der Natur ist, praktikabel und legitim erscheinen.

Das Gewissen und Mutter Gaia werden beschwichtigt und das eigene Verhalten, die eigenen Mittel des Selbstschutzes, als Notwendigkeit im Ausnahmefall gerechtfertigt.

Was aber, wenn wir es gar nicht mit einem Ausnahmefall zu tun haben, sondern mit ganz normaler Natur, zu deren Prinzip die Evolution gehört und die ständig neue Dinge schafft, die auch Bedrohungen und Angriffe auf die menschliche Gesundheit sein können? Dann, ja dann wackelt das Bild von den natürlichen Kreisläufen, in die sich die Menschheit einzuordnen habe, und die Naturromantik wird als Träumerei erkannt und weicht einem realistischen Blick. Dieser wäre: Menschen können sich ihren Platz zum Leben nur schaffen, wenn sie in die Natur eingreifen, sie zwar nutzen, sich oft aber auch vor ihr schützen müssen, vor ihren Viren, Pilzen, Bakterien und was sie sonst noch hervorbringt.

Das Coronavirus mag einen Ernstfall darstellen, der die Gesundheit und das Leben vieler Menschen bedroht, ein Ausnahmefall ist das aber nicht, dergleichen geschah, geschieht, wird immer wieder geschehen, weshalb die Antworten, die die Menschen auf diese Bedrohung finden, generell für unseren Umgang mit der Natur gelten können. Naturromantik gehört nicht dazu, der Ernstfall zeigt das.

Dieser Beitrag ist zuerst auf Quentins Quenchers Blog Glitzerwasser erschienen.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Leserpost

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Karsten Dörre / 13.12.2020

Wir haben sonst die Pandemie nicht unter Kontrolle! Ähnlich lautende Politikerwitze des Jahres 2020 haben gerade Konjunktur.  Da Kabarett, Komik, Witzeerzählen und Satire gerade nicht stattfinden können, keiner sich traut bzw. nicht ausgestrahlt wird, werden Witze von den Regierungen verbreitet. Der neueste Witz ist, Impfung wird uns erlösen.

Wiebke Ruschewski / 13.12.2020

Wenn das Leben in der viel umsungenen freien Wildbahn so toll wäre, dann hätte die Menschheit sich wohl kaum über Jahrtausende so abgemüht und sich immer weiter von ihr entfernt. Menschen, die unter einfachsten Bedingungen aufwachsen sind und dann die Vorzüge der Zivilisation kennenlernen, wollen meißt nie wieder in ihr altes Leben zurück. Und bekanntermaßen werden auch Tiere in menschlicher Obhut deutlich älter als in der freien Wildbahn. Kälte, Hitze, Nahrungssuche und Parasiten verhindern ein langes und schönes Leben. Und das Sterben eines Wildtieres kommt oft einem elenden Verrecken gleich. Kein Gesetz schützt die arme Kreatur vor der Gleichgültigkeit von Mutter Natur. Wenn die Sonne scheint und die Blumen blühen ist es schön draußen zu sein. Aber spätestens bei Kälte, Regen und Wind ist man froh über das Dach über dem Kopf, die Heizung und das warme und saubere Wasser aus der Leitung. Nebenbei bemerkt: Besonders artenreich und auch wunderschön war die Landschaft in den 50er und 60er Jahren. Davon haben wir uns leider mittlerweile doch sehr weit entfernt. Aber ein gewisses Maß an menschlichem Einfluss schafft oftmals sogar bessere Bedingungen für Tiere und Pflanzen als die völlig unberührte Natur.

Hans Reinhardt / 13.12.2020

Seit dem Moment, in dem die Vorfahren des Homo sapiens (böse Ironie, ich weiß) sich von ihren Bäumen erstmals in die Savanne trauten, mussten sie sich gegenüber einer feindlichen Natur behaupten. Im Kampf gegen Hitze und Kälte, gegen Dürren und Überschwemmungen, gegen wilde Tiere und Krankheiten entwickelten sich die ersten Kulturen und so etwas wie Zivilisation konnte entstehen. Zurück zur Natur heißt nichts anderes als zurück auf die Bäume. Mittlerweile sind besonders die westlichen Gesellschaften so degeneriert, dass eben diese Rückkehr vielen als das höchste Glück erscheint. Dieser Prozess kann den meisten gar nicht schnell genug verlaufen; mit der hysterischen Apotheose des Klimas (was immer auch diese Blindgänger der Evolution darunter verstehen) könnten sie es wahrscheinlich sogar schaffen, Corona ist nur ein willkommener Brandbeschleuniger für den Suizid des Westens. Der Natur ist das egal, für den Rest der Menschheit könnte das Verschwinden dieser Idioten sich allerdings als Glücksfall erweisen.

Rainer Nicolaisen / 13.12.2020

Ja, die Welt ist in erster Linie eine BakterienPilzeVirenwelt—das sind die nötigen Lebewesen       ( Viren - naja, so lebendig nicht), das vielzellige Leben hat Kompartimentierungen entwickelt, um sich erfolgreich behaupten zu können, kann sich dem Leben insgesamt allerdings nicht entziehen.

Wolfgang Kaufmann / 13.12.2020

Wir haben es mit magischem Denken zu tun. Wenn nur alle sich an die Regeln halten, wird der Zorn der Götter an uns vorübergehen. Alle Volksgenossen, hieß es früher™. Noch früher hat man ein paar Hexen verbrannt, und wenn es nichts geholfen hat, hat man die Maßnahmen geschärft und nochmals so viele Hexen verbrannt. Davor war es der Sündenbock. – Aber statt Tierversuchen machen wir lieber Menschenversuche. Wenn wir dann erst alle mal die genetische Kommunion empfangen haben, wird die Natur sicherlich wieder so gnädig mit uns umgehen wie eh und je: Darwin Award. – In der Zwischenzeit werden zehn Millionen Schüler stigmatisiert, von Lehrern als Pestratten gemobbt und von übereifrigen Schulleitungen behandelt mit einem Cocktail aus Guantánamo, Isolation und Maskenfolter. Ad maiorem gloriam reginae.

Dirk Jungnickel / 13.12.2020

Die Natur rächt sich tatsächlich. Diese Erkenntnis ist in Absurdistan allerdings der Himmlischen und ihrer engsten Entourage vorbehalten. Offensichtlich wird nicht einmal das Politbüro mit den berühmten Denkern Söder und Kretschmar eingeweiht. Aber die Wahrheit sickert durch feinste Haarrisse: Nicht das inzwischen vielfach mutierte Virus hält uns in Atem. Speziell in Absurdistan ist es ein Bakterium, genannt Yersinia pestis , das die ( lat. )Pestilentia hervorruft. Also: Die Lungenpest nimmt uns den Atem und muß bekämpft werden. Die Himmlische in treuster Ergebenheit zu den unter ihr sich Bewegenden will eine Panik vermeiden, zieht aber um unser aller Überleben zu sichern in herzerwärmender Fürsorge die Zügel ein wenig straffer. Wer könnte sie deshalb schelten ?????

Peter Holschke / 13.12.2020

Solche hirnlosen Debatten erledigt sich von selbst, wenn das Futter knapp wird und um das Überleben zu kämpfen ist.

sybille eden / 13.12.2020

Lieber Herr QUENCHER, sie sind aber naiv ! Wissen sie denn nicht ,daß der Kapitalismus an den Corona- Viren schuld ist ? Erst durch unsere falsche,unnatürliche Lebensweise ist dieses Virus entstanden. Folglich müssen wir den Kapitalismus abschaffen, dann haben wir auch das Virus “besiegt”. Dieses glauben Linke und Grünlinge ganz fest, und sie Herr Quencher sind ein Ewig-gestriger und Leugner ! Schöne Weihnachten, trotzdem.

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