Gunter Weißgerber / 25.11.2019 / 11:14 / Foto: Superbass / 81 / Seite ausdrucken

Mutti verfügt, Haseloff springt, Wendt weg

Die Tinte meines gestrigen Textes über ein zartes Pflänzchen Selbstbewusstsein in der CDU Sachsen-Anhalts war noch nicht trocken, da kam es schon, wie es wohl kommen musste. Blockflöten bleiben Blockflöten: Es wird keinen Innenstaatssekretär Rainer Wendt geben. Linke, SPD, Grüne und Merkel sind dagegen. Dieser Teil der Population der Bundesrepublik genügt inzwischen zur Entscheidungsfindung. Das ist die Rückkehr der „Nationalen Front“.

Rainer Haseloff, seines Zeichens Ministerpräsident eines stolzen Bundeslandes, hatte wohl nach einem erwartungsgemäßem Shitstorm gegen die Personalie Rainer Wendt dermaßen die Hosen voll, dass zuletzt ein Kommando von der Bruchlandebrücke Berlin genügte, den Sturm im Wasserglas zu beenden. Rainer Wendt ist jedenfalls raus, und die CDU vergibt sich eine Chance, in Sachsen-Anhalt Eigenständigkeit zum Wohle der Bevölkerung zu zeigen. 

Wie kann eine Partei so blind und zahm durch die Zeiten kommen wollen? Als Ostdeutschem treibt es mir die Schamesröte ins Gesicht. Erst das Land, dann die Partei! Was ist nur aus uns geworden? Zum Glück waren die Haseloffs und Merkels 1989 in den hinteren Reihen. 

„Helden in gebückter Haltung“

1946 wurden die ostdeutschen Sozialdemokraten unter den Karabinern der Besatzungsmacht mit den Kommunisten zwangsvereinigt und damit geschluckt. Fusionswillige, die es damals auch gab, ändern an dieser Einschätzung nichts. 
1949 wurden LDPD, NDPD, DBD und CDU auf gleiche Weise ebenfalls mit den Kommunisten, die SED hießen, in der „Nationalen Front“ zwangsfusioniert. Auch da wird es Freiwillige gegeben haben – an der Gesamteinschätzung des Zwangs ändert das auch nichts. Eine Koalition im herkömmlichen Sinne war das bis 1989 nie. Die „Blockflöten“ hatten nichts zu sagen. Die Diktatur machte es möglich. 

Was aber jetzt? 2019? Die Diktatur ging vor dreißig Jahren den Bach runter. Wer hat noch Angst vor ihr? Was kann jemanden heute zwingen, mit den Geistern von damals eher gemeinsame Sache zu machen, als sich selbstbewusst aufzurichten? 1989 sprachen wir von den „Helden in gebückter Haltung“, als mit abnehmender Gefahr die ersten Parteifahnen der bisherigen Blockparteien montags in Leipzig auftauchten. Wir waren froh über jeden weiteren Demonstranten, in diesem Sinne waren die Blockflöten selbstverständlich willkommen. Aber ein bisschen witzig sah das mit deren Fahnen nach der großen Gefahr schon aus. Schwamm drüber, dachten wir. Die Freiheit muss in der Einheit gesichert werden, da brauchten wir jeden Mann, jede Frau.

Fürs erste fallen mir nur zwei zusammenhängende Erklärungen ein: Stockholm-Syndrom und Blockflöten-Gen. Und für die SPD gilt: Das Sozialismus-Gen ist so unsterblich wie das Blockflöten-Gen. Deutschland – ein Biotop Dressierter. Für Thüringen lässt das nichts Gutes erwarten. Mike Mohring gab seinen Stolz auch schon an Ramelows Garderobe ab.
 

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Leserpost

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P.Gross / 25.11.2019

Prinzipiell ist mir die Karriere des Herrn Wendt wurscht. Prinzipiell…! Aber zu dem Schmierentheater, das diese Politclowns unter der Fuchtel von Mama Africa abliefern, ist nur eines anzumerken: wer diese Truppe noch reinen, demokratischen Gewissens wählen kann, der hätte vor 80 Jahren vermutlich sein Kreuzchen, mehr oder weniger besinnungslos, auch bei den Nazis gemacht…die stetig zunehmende Ähnlichkeit im Handeln ist frappierend, da hat sich an der gefühlten Demokratieferne kaum etwas geändert. Ehrlich? Ich wüsste momentan nicht, wem ich beim Urnengang mein Vertrauen geben sollte…

Steffen Rascher / 25.11.2019

Das hab ich noch vergessen. Mein Opa erinnerte sich an die Aufbruchsstimmung nach dem Zusammenschluss von SPD und KPD. Von Zwang war da nichts zu spüren, meinte jedenfalls mein Großvater und andere aus der Verwandtschaft haben das bestätigt. Das ist also eine Mär, die nicht wahrer wird, je häufiger man sie wiederkäut. Da sich Geschichte immer wiederholt, kann man es nun auch live beobachten. SPD, Linke und Grünen sind aus denselben Teig gebacken nur was man drüber streut ist unterschiedlich.

Andrea Nöth / 25.11.2019

Das ist Diktatur.

Rainer Niersberger / 25.11.2019

Korrekt. Zudem sollten wir nicht die Kritik des Herrn Wendt, zumindest mittelbar, an Mutti vergessen. Das hat sie als Narzisstin nicht so gerne, bestimmt aber neben Anderen durchaus ihre Entscheidungen, zumal sie die Duckmaeuser immer wieder einmal beeindrucken muss, um den Angstpegel hoch zu halten.

Steffen Rascher / 25.11.2019

Sag ich doch. Das mit dem aufrechten Gang war nicht so ernst gemeint. Erst schlittern die Sozen den Hang hinunter, jetzt rodelt die Union hinterher. Hatte Sie doch vorhergesagt. Die Königin Mutti sitzt das aus, denn sie möchte doch so gern UN Generalsekretärin werden. Das hatte Vera Lengsfeld vorhergesagt. Die Eintrittskarte kostet halt die Heimat. Was solls – nicht Muttis Land, sondern unser Land. Die verscherbelt einfach alles für ihren Ego. Nach der griechischen Demokratie kam der Despotismus. Auch die Demokratie kann einfach so zerfallen.

HaJo Wolf / 25.11.2019

Nehmen Sie es doch zur Kenntnis… dieses Volk WILL es nicht anders. Die Mehrheit wählt CDUSPDGRÜNELINKE. Höchstens ein Viertel besinnt sich und möchte dieses Grauen nicht. Deutschland ist dem Untergang geweiht, die derzeit junge Generation, die Hüpfer und Teddybärwerfer sind nicht zu beneiden, aber sie haben es selbst in der Hand. Wir alte weiße Männer (und Frauen, pardon, liebe Mitkommentatorinnen, für das “alt”) sind nur noch geduldete Mitreisende. Wir werden nichts ändern. Ich ahne, wie sich meine Eltern 1933 gefühlt haben…

Mario Bernkopf / 25.11.2019

Die Deutschen sind ein Volk von Knechten und Untertanen. Sie waren dieser FDJ-geschulten Kanzlerin niemals gewachsen.

Nico Schmidt / 25.11.2019

Hallo Herr Weißgerber, ich glaube, einige Leserbriefe von gestern haben Sie schon dezent auf dieses Ergebnis vorbereitet. Wir wollen es mit dem Selbstvertrauen bei der CDU mal nicht übertreiben. MfG Nico Schmidt

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