... oder gibt es auch eine wirklich marktwirtschaftliche Variante? Vielleicht ist ja gerade die gängige Plan- und Kontrollwirtschaft das Problem. Überlegungen aus Anlass der WEF-Konferenz in Davos und dort lancierter Zahlen der Hilfsorganisation Oxfam.
In guter Tradition hat die Hilfs- und Entwicklungsorganisation Oxfam zu Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos einen Bericht veröffentlicht, in dem die „wachsende und extreme Ungleichheit“ beklagt wird. Dabei stellte sie fest, dass „die fünf reichsten Männer der Welt ihr Vermögen seit 2020 mehr als verdoppelt haben, während im gleichen Zeitraum fünf Milliarden Menschen ärmer geworden sind“.
Ein Problem dabei: Diese Zahlen gehen nicht auf. Der schwedische Forscher Johan Norberg erklärt, dass der „Global Wealth Report“ der Schweizer Großbank UBS, „der die Hauptquelle für Oxfams Vermögensberechnungen ist“, zeigt, dass „für die Welt als Ganzes diese jährlichen Verschiebungen sich in etwa aufgehoben haben, so dass die globale Vermögensungleichheit wieder auf dem Niveau liegt, das zu Beginn der Pandemie vorherrschte“. Norberg fügt hinzu, dass „dies für die meisten Ungleichheitsindikatoren das niedrigste Niveau war, das in diesem Jahrhundert verzeichnet wurde“.
Der Blick auf die fünf Personen, die in einem bestimmten Zeitraum am besten abgeschnitten haben, vermittelt immer den Eindruck, den Oxfam erwecken möchte. Dabei ignoriert die Hilfsorganisation, die vom sogenannten „Gini-Index“, einer von einem italienischen Faschisten erfundene Methode zum Vergleich der Ungleichheit, besessen ist, die 24 Reichen, die von der Forbes-Liste verschwunden sind, nachdem sie in einem Jahr 43 Milliarden Dollar verloren haben.
Norberg fügt hinzu, dass der Gini-Koeffizient seit dem Jahr 2000 von 92 auf 88 gesunken ist, wobei der Anteil der „1 Prozent Reichsten“ am globalen Reichtum ebenfalls von 49 auf 44,5 Prozent zurückging. Daniel Waldenström, Mitverfasser des Global Wealth Report, stellt ebenfalls fest: „Die globale Vermögensungleichheit ist bei allen Standardmessungen zurückgegangen.“ Seit 1900 ist der Anteil der „1 Prozent“ am globalen Reichtum in allen europäischen Ländern gesunken, von damals 50 bis 70 Proznt auf 20 bis 23 Prozent im Jahr 2017. Nur in den Vereinigten Staaten und in geringerem Maße in Großbritannien ist ein Trend zu einer neuen Vermögenskonzentration zu beobachten, aber auch dort in einem viel geringeren Ausmaß als in den Jahren 1900 bis 1950.
Während es nirgendwo so viel Ungleichheit gab wie in der Sowjetunion mit ihrer mit allen möglichen Privilegien ausgestatteten Klasse kommunistischer Regimegläubiger, führt der globale Kapitalismus dagegen zu einem Rückgang der Ungleichheit. Wäre die Ungleichheit das Ergebnis von Sonderprivilegien, die die Regierungen einigen gewähren, wäre es natürlich richtig, dagegen zu protestieren. Dabei könnte man die expansive Geldpolitik des Westens in den letzten 40 Jahren anprangern. Denn je mehr Kapital jemand hat, desto weniger riskant ist es, sich durch den Kauf von Sachwerten wie Immobilien, Aktien oder Gold gegen Inflation zu schützen. Das ist jedoch eindeutig nicht das, was Oxfam tut. Oxfam konzentriert sich in seinen Mitteilungen auf die Grundlage unseres derzeitigen Lebensstandards: das kapitalistische System, nicht auf die sozialistischen Aspekte unseres Systems, wie zum Beispiel die expansive monetäre Finanzierung, die nur dazu dient, den sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaat zu finanzieren.
„Klimawandel“ nur ein Vorwand
Dies ist nicht das erste Mal, dass Oxfam mit reiner Desinformation aufwartet. Auch im November, anlässlich des Beginns der jährlichen UN-Klimakonferenz „COP28“, griff sie die „Superreichen“ an. In einem Bericht stellte die Organisation sie als „Ultra-Verschmutzer“ dar und fügte in nicht gerade gemäßigten Worten hinzu, dass sie „den Planeten bis zur Zerstörung ausplündern und verschmutzen und die Menschheit mit extremer Hitze, Überschwemmungen und Dürre ersticken“. In diesem Bericht behauptete Oxfam auch, dass das reichste 1 Prozent der Weltbevölkerung „im Jahr 2019 so viel Kohlenstoffverschmutzung verursacht hat wie die fünf Milliarden Menschen, die die ärmsten zwei Drittel der Menschheit ausmachen“.
Auch diese Behauptung war sachlich falsch, da Oxfam bei seiner Berechnung nicht nur den Lebensstil der Reichsten, sondern auch die Emissionen der Unternehmen, deren Aktionäre sie sind, berücksichtigt hat. Vielleicht war es weniger pikant, als die Millionen von Menschen, die mit diesen Unternehmen verbunden sind – Aktionäre, Mitarbeiter, aber auch normale Verbraucher – als „Plünderer und Umweltverschmutzer“ darzustellen.
Bei all dem scheint der „Klimawandel" nur ein Vorwand zu sein. Wenn es Oxfam wirklich um die Verringerung der CO2-Emissionen in Verbindung mit der Erhaltung unseres Lebensstandards ginge, würde sich die Organisation voll und ganz für die Kernenergie einsetzen. Schließlich sind andere Energiequellen, die keine hohen CO2-Emissionen verursachen, wie Wind- und Sonnenenergie, noch nicht zuverlässig genug. Doch genau das tut Oxfam nicht. Im Jahr 2022 sprach sich die Generaldirektorin von Oxfam Frankreich, Cécile Duflot, trotz der drohenden Energiekrise offen gegen die Atomkraft aus. Im Gegenteil, sie sprach sich für „radikale Lösungen“ aus, womit sie Steuern und Regulierung meinte.
Diese Art von zentraler Planung ist nicht nur ökonomischer Unsinn, sondern dient auch nicht dem Ziel, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Dies wird deutlich, wenn wir uns Deutschland ansehen, das durch den Ausstieg aus der Kernkraft nur noch abhängiger von CO2-emittierenden Energiequellen geworden ist. Wir brauchen also im Gegenteil ein neues Modell, das auf Unternehmer und Innovation setzt, um die „Klimafrage“ zu lösen.
Ist Oxfam offen für Alternativen?
Eine solche Alternative wird von Mitgliedern der „Climate & Freedom International Coalition“ propagiert, einer Gruppe von Wissenschaftlern und Politikern, die einen Entwurf für einen internationalen Vertrag ausgearbeitet haben, der auf der Prämisse beruht, dass freie Märkte klimaneutrale Lösungen hervorbringen. Länder, die einen solchen Vertrag unterzeichnen, der eine marktwirtschaftliche Alternative zum kollektivistischen „Pariser Abkommen“ wäre, würden Handelsvorteile genießen, wenn sie eine klimafreundliche marktwirtschaftliche Politik betreiben.
Die Unterzeichner verpflichten sich damit, ihre Märkte für den Handel zu öffnen. Ein Vorschlag ist, dass Unternehmer und Finanziers in den Vertragsstaaten über steuerfreie „CoVictory Bonds“, Darlehen und Sparfonds Anreize für Investitionen in „Property, plant, and equipment (PP&E)“ – Vermögenswerte, die für Unternehmen langfristig wichtig sind – erhalten. Dadurch sollen die Kreditkosten um mindestens 30 Prozent gesenkt werden, was wiederum Investitionen in neuere, sauberere Technologien fördert.
Weitere Vorschläge sind die Förderung gezielter Steuersenkungen (Clean Tax Cuts, CTCs), insbesondere in den vier Sektoren, die für 80 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich sind – Verkehr, Energie und Elektrizität, Industrie und Immobilien – sowie Steuersenkungen zur Entmonopolisierung. Letzteres beinhaltet die Abschaffung von Gewinnsteuern für Investoren, die Monopolunternehmen und Staatsbetriebe aufkaufen, mit dem Ziel, die Liberalisierung der Energiemärkte zwischen den Vertragsparteien zu fördern. Zu den weiteren Empfehlungen gehören „Game Changer Tax Cuts“, die Unternehmen, die durch bahnbrechende Innovationen einen großen Teil der Treibhausgasemissionen eliminieren, mit einer 15-jährigen Steuerbefreiung auf solche Gewinne belohnen würden.
Zusammengefasst läuft der Kern dieses Alternativmodells auf die Idee hinaus, die umfangreichen staatlichen Eingriffe in den Energiesektor einfach zu beenden und damit auch alle herkömmlichen Energiesubventionen abzuschaffen, um umweltfreundliche Innovationen zu fördern. Ist Oxfam offen für eine solche Alternative? Oder würde sie lieber ihren „Degrowth“-Instinkten nachgeben? Leider sieht es so aus, als ob das zweite der Fall ist.
Pieter Cleppe war Leiter des Brüsseler Büros des Think Tanks „Open Europe“. Er schreibt regelmäßig für Rundfunk- und Printmedien in ganz Europa und diskutiert häufig über die EU-Reform, die Flüchtlingskrise und die Eurokrise. Der gelernte Jurist war zuvor in Belgien als Rechtsanwalt tätig und arbeitete als Kabinettsberater und Redner des belgischen Staatssekretärs für Verwaltungsreform.