Ein nicht unerheblicher Faktor, der zum gegenwärtig stattfindenden Völkermord in Darfur und dessen stillschweigender Duldung durch die Weltgemeinschaft beiträgt, heißt schlicht Rassismus. Einerseits der Rassismus der herrschenden arabischen Bevölkerung im Sudan - ein völlig enthemmter, echter Herrenmenschenrassismus. Und andererseits der selektive Rassismus all derer, die einen Völkermord nur dann wahrnehmen wollen, wenn er angeblich in der Westbank stattfindet und von Juden an Arabern begangen wird. Auch ich musste als junge Studentin erstmal lernen, dass Rassismus weder von den Neonazis noch vom Ku-Klux-Klan gepachtet ist. Rassismus hat viele Gesichter …
Während meines Soziologiestudiums an der Uni Hamburg arbeitete ich in den Achtziger Jahren in einem Migrantenforschungsprojekt. Damals trieb ich - unter anderem - teilnehmende Beobachtung in einer interkulturellen Begegnungsstätte im Schanzenviertel, einem Stadtteil mit hohem Ausländeranteil. Auf einem Frauennachmittag kam ich mit einer reizenden Afrikanerin ins Gespräch, die, wenn meine Erinnerung mich nicht täuscht, in ihrer Heimat Ghana Lehrerin gewesen war. Sie sagte seufzend: “I don’t know what’s wrong with these turkish women. They don’t look at me. They won’t talk to me. They won’t shake my hand. They just don’t care about black people!” Mein bis dahin recht naives Weltbild bekam einen Knacks, dass es krachte. Denn es stimmte, was diese Frau da sagte. Die anwesenden türkischen Muttis, mehrheitlich Analphabetinnen, wollten dieser gebildeten Frau, die fließend Englisch und Französisch sprach, in der Tat nicht einmal die schwarze Hand schütteln. Bis dahin hatte ich geglaubt, unter Rassismus hätten vor allem die Türken zu leiden und es gäbe so etwas wie eine ‘Wir-Ausländer-gegen-die-blöden-Deutschen’-Solidarität.
Zur selben Zeit etwa beleidigte ich meine ägyptische Bauchtanzlehrerin maßlos, weil ich sie mit der schönen schwarzen Dominique, einer Figur aus der damals so beliebten TV-Serie ‘Denver-Clan’ verglich. Man dürfe niemals einen Ägypter mit einem Schwarzen verwechseln, belehrte sie mich. In Ägypten wäre das eine schlimme Beleidigung. Schwarze wären praktisch Sklaven! Sie hatte Recht. Das Bild Schwarzer = Sklave ist bis heute in vielen muslimischen Ländern erschreckende Realität.Als Ayaan Hirsi Ali mit ihrer Familie zeitweilig in Saudi-Arabien leben musste, wurde sie von ihren Mitschülerinnen in der Koranschule schlicht ‘Abid’ geannt: Sklavin. Was Wunder in einem Land, in dem Hass auf Schwarze und Juden zum Alltag gehört. Die Juden sind in Saudi-Arabien an allem schuld, was schief geht, z.B. an kaputten Klimaanlagen und defekten Wasserleitungen; bereits die Kinder flehen fünfmal täglich um die Vernichtung der Juden zu Allah. Soweit Hirsi Ali. Das ist für ein Land, in dem es keine Juden gibt, schon eine beachtliche Leistung!
In dem Artikel ‘Wie ein Volk ermordet wird’ von Carsten Stormer in der gestrigen WAMS kann man es gleichfalls nachlesen. “Jahrhundertelang hielten Araber Schwarze als Sklaven.” Aber auch heute noch werden sudanesische Kinder, die das Glück haben, den Milizenüberfall auf ihr Dorf zu überleben, von den Dschandschawid zusammengeschlagen, vergewaltigt und anschließend für ein paar hundert Dollar an reiche Araber verkauft(siehe auch:Mende Nazer:Sklavin. Droemer/Knaur 2004). Nicht einmal die Tatsache, dass es sich bei der schwarzen sudanesischen Bevölkerung mehrheitlich um muslimische Brüder handelt, hält die Dschandschawid von diesen Verbrechen ab. Das schon gar nicht.Und die Welt steht, wieder einmal, daneben und sieht zu. Der Sudan, ist in Stormers Artikel zu lesen, ist Chinas größter Erdöllieferant, weshalb China (und Russland) bisher jedwede Sanktion gegen den Sudan im UN-Sicherheitsrat abgelehnt hat.Warum geht hier kein einziger linker Gutmensch vor die nächste chinesische Botschaft und schreit “Kein Blut für Öl”? Vielleicht, weil in Darfur weder Amerikaner noch Israelis involviert sind. Aus purem Rassismus eben.