Mach Dir kein Bildnis von mir! ARD-Faktenfinder Gensing vor Gericht nicht heilig

Es gibt nicht viele gute Nachrichten in diesen Zeiten. Umso überwältigender war für mich die, die ich am Wochenende erhielt. Und auch, wie ich sie erhielt. Ein Leser von mir ist extra zum Verkündungstermin des Urteils zum Amtsgericht in Köln gefahren – ohne dass ich das wusste.(Anm. der Red: Es ging um die Rechte an einem Twitter-Bild von Gensing und die Frage, ob man es  veröffentlichen darf, was Gensing unterlassen wissen wollte, Einzelheiten hier).

Normalerweise ist bei Verkündigungen von Entscheidungen im Zivilprozess kaum jemand anwesend – anders als bei der mündlichen Verhandlung am 18. März. Zu der war ich nach Köln gefahren, während Patrick Gensing sich nur durch seinen Anwalt vertreten ließ (siehe hier). Der Leser, ein IT-Experte aus Köln, schrieb mir zur Urteilsverkündung dann eine Mail: „Die Richterin hat verkündet, dass die Klage abgewiesen wird. Die Verwendung des Bildes durch Sie war in Ordnung. Das ist die Kurzfassung, Sie können mich bei Fragen gerne fragen.“ Ich konnte es kaum fassen. 

Am Telefon erzählte mir dann der Leser, was bei ihm als Schlüsselpunkte der Begründung im Gedächtnis geblieben ist: Der Kläger Gensing habe mit der Anmeldung auf Twitter konkludiert, dass die Weiternutzung des Bildes von ihm möglich sei und es weiter verwendet werden dürfe; zudem müsse man sich als Nutzer von Twitter darauf verlassen können, dass man Bilder, die man dort vorfindet, auch teilen könne – was ja etwas anderes als ein Herunterladen sei.

Wie gesagt liegt das schriftliche Urteil noch nicht vor, daher ist dies wirklich nur eine ungefähre Information. Aber ich habe keinen Anlass, meinem Leser hier nicht zu trauen – zumal genau die Argumentation mein Anwalt auch vorgebracht hatte. Ihm, Dr. Ulrich Prutsch, gebührt mein ganz besonderer Dank! Er hat sich sehr engagiert und in meinen Augen auch brilliert. Er schloss sich meiner Argumentation an, dass das Urteil wegweisend sei. Auch wenn es nur von einem Amtsgericht stammt und damit von unterster Ebene – es ist ein überaus wichtiges Signal. Für Millionen Nutzer von Twitter, Facebook & Co. Wir hatten geltend gemacht, dass Gensing hier über den Umweg des Urheberrechts versuchte, gegen Kritik an ihm vorzugehen.  

Deshalb danke ich ganz, ganz herzlich den vielen Leserinnen und Lesern, die mich in dieser Sache unterstützt haben. Ohne Ihre Unterstützung wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen. Ich hoffe, dass der Richterspruch Bestand hat – das Einlegen von Rechtsmitteln ist nur möglich, wenn das Gericht sie explizit gestattet hat. So eine Zulassung von Rechtsmitteln in solchen Fällen wäre aber eine Ausnahme. Um ganz sicher zu gehen, muss ich hier noch die Vorlage des schriftlichen Urteils abwarten. Mein Dank gilt auch dem Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel, der mir mit wichtigem und wertvollem Rat zur Seite stand. Sehen Sie hier mein Video zu der Entscheidung – und lesen Sie hier Details zu dem Rechtsstreit. Sobald die Urteilsbegründung schriftlich vorliegt, werde ich noch einmal berichten. Den streitgegenständlichen Tweet finden Sie hier (runterscrollen).

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Reitschuster.deDanke für  die freundliche Erlaubnis ihn auch bei uns zu veröffentlichen!

 

Foto: Martin Kraft CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Nico Schmidt / 25.04.2021

Sehr geehrter Herr Reitschuster, Herr Gensing kennt sich offenbar mit schäbig sehr gut aus. Wie so ein Mann Fakten prüfen will und soll wir mir ein Rätsel bleiben. MFG Nico Schmidt

Sirius Bellt / 25.04.2021

Gratulation, Herr Reitschuster. Ich freue mich sehr für Sie. Nie aufgeben, bitte weiter machen. Der mit normalem Menschenverstand gesegneten Richterin danke ich ebenfalls von ganzem Herzen.

Uta Buhr / 25.04.2021

Mit welchem Pillepalle sich die Gerichte in dieser - gelinde gesprochen - problematischen Zeit beschäftigen müssen. Na ja, “Faktenfinder” vom Staatsfunk sagt eigentlich alles. Die haben offenbar nichts anderes zu tun, als nach einer Amöbe im Sumpf zu fahnden. Eine solche Aktion rechtfertigt allemal ihre stratosphärischen Bezüge zu Lasten des GEZ- Zwangsabgabenzahlers. Ich wünsche Boris Reitschuster, den ich wegen seiner Courage in diesem von so viele Feiglingen bewohnten Land sehr schätze, einen fulminanten Erfolg vor Gericht. Audaces fortuna adiuvat!

Paul Siemons / 25.04.2021

Ich weigere mich noch, das verstanden zu haben: Gensing hat deshalb geklagt, weil im Screenshot seines Postings sein winziges Profilbild zu sehen war? Bitte sagen Sie mir, dass das nicht wahr ist.

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