Peter Grimm / 30.05.2020 / 06:01 / Foto: Thomas Bresson / 119 / Seite ausdrucken

Linksextreme Totschlagargumente

Zentrum Automobil e.V. stellt sich selbst als Gewerkschaft und als Opposition vor. Auf der eigenen Webseite liest sich das so:

„Wir sind gegen den Arbeitsexport durch die Globalisierung, das Co-Management als legalisierte Korruption, Lohnverzicht als Erpressungsmittel milliardenschwerer Großkonzerne und die faulen Kompromisse satter Gewerkschaftsfunktionäre.“

Spätestens seit es der Verein geschafft hat, bei der letzten Wahl Sitz und Stimme im Daimler-Betriebsrat zu gewinnen, steht er im Fokus des von vielen Gruppierungen aktiv geführten Kampfes gegen rechts. Selbstverständlich ist es aller Ehren wert, wenn sich jemand gegen Rechtsextremismus einsetzt, denn jedweder Extremismus ist gefährlich und nicht jeder kann sich um alle Extremismen gleichzeitig kümmern.

Nur wird bekanntlich zwischen rechts, rechtsradikal und rechtsextrem geraume Zeit schon kaum mehr unterschieden. Wer politisch rechts, aber dennoch auf dem Boden des Grundgesetzes steht, wird inzwischen stets als vom radikalen Gedankengut beziehungsweise der extremistischen Gewalt infiziert angesehen. Im Gegenzug sind allerdings auch viele, die sich politisch links verorten, nicht um die nötige Trennschärfe zu Linksradikalen und gewalttätigen Linksextremisten bemüht, sondern sehen sie mitunter gern als Bündnispartner unter anderem im Kampf gegen rechts. Problematisch wird das allerdings, wenn es in diesem Kampf plötzlich um Leben und Tod geht.

Zurück zu Zentrum Automobil e.V.. Man kann den Verein durchaus rechts verorten. Ob er rechtsradikal ist, vermag ich mangels eigener Recherche nicht zu sagen. Aber, wer zu der Überzeugung gelangt ist, die Kollegen dort seien Rechtsradikale oder gar Rechtsextreme, sollte – so er selbst kein Extremist ist – anerkennen, dass es außerhalb unseres Zivilisationsrahmens liegt, jemanden wegen seiner Mitgliedschaft dort totschlagen zu wollen.

Andreas Ziegler schwebt – Stand Donnerstag – nach einem Angriff am 16. Mai immer noch in Lebensgefahr. Der Mann ist aktiv im Zentrum Automobil und wurde an diesem Tag nach einer Demonstration auf dem Cannstatter Wasen zusammen mit zwei Kollegen von sogenannten Antifaschisten auf dem Heimweg brutal angegriffen. Die Polizei ermittelt wegen versuchten Totschlags.

Den Berichten über den Angriff folgte nur wenig öffentliche Empörung. Was vermutlich an der politischen Täter-Opfer-Konstellation lag. Aber nach wie vor setzen sich Politiker, Gewerkschafter, Kirchenvertreter oder die gern als „Zivilgesellschaft“ oder „Nichtregierungsorganisationen“ umschriebenen fördermittelfinanzierten Körperschaften nur ungern mit linksextremer Gewalt auseinander.

Tod durch „Gewalt gegen Sachen“?

Stets wurde der besorgte Bürger mit dem Argument beruhigt, dass sich linksextreme Gewalt im Gegensatz zu rechtsextremer Gewalt nicht so sehr gegen Menschen, sondern vor allem gegen Sachen richte. Doch Andreas Ziegler ringt nach einem Überfall mit dem Tod. Das sollte nach der eben zitierten Beruhigungslogik mit keiner politischen Verfehlung des Opfers zu rechtfertigen sein. Umso interessanter ist es, zu lesen, was die Genossen von der Antifa selbst zu dieser Gewalttat schreiben. Auf der linksextremen Seite indymedia.org heißt es dazu:

„Unserer Einschätzung nach kann es momentan nicht das Ziel antifaschistischer Angriffe sein, Nazis in Straßenauseinandersetzungen systematisch schwere bis tödliche Verletzungen zuzufügen. Aber wir sind nicht naiv: Jede körperliche Auseinandersetzung birgt die Gefahr einer ungewollten Eskalation. Schon ein Faustschlag kann unter Umständen tödliche Folgen haben und trotz guter Vorbereitungen kann das Eskalationslevel vom Gegner in eine Höhe geschraubt werden, der man sich in der konkreten Situation nicht mehr entziehen kann. Dieses Risiko gehen wir ein, weil es keine Alternative wäre, der Straßenpräsenz der Faschisten, die zwangsläufig zu enthemmter Gewalt und Mord führt, keine Grenzen zu setzen. Es bleibt die Feststellung, dass ein verantwortungsbewusster und kollektiver Umgang mit dieser Ebene antifaschistischer Arbeit notwendig ist und dass wir die Bereitschaft brauchen, einen konstruktiven und selbstkritischen Umgang mit den Risiken zu entwickeln – sie auszublenden wäre fahrlässig, sie zu verabsolutieren wäre lähmend.“

Also im Klartext: Sie wollen eigentlich nicht unbedingt jemanden umbringen, aber das kann im Eifer des Gefechts schon mal passieren. Auf keinen Fall darf man auf Gewalt gegen „Faschisten“ verzichten. Das wird auch kurz und klar begründet:

„Faschistische Kräfte arbeiten hin auf die politische und physische Vernichtung dieser Bewegungen. Wer das ernst nimmt, muss auch anerkennen, dass die gewalttätige Gegenwehr ein wichtiger Teil des Antifaschismus ist, der nicht unterschätzt werden sollte.“

„Sie sollen mit Schmerzen, Stress und Sachschaden rechnen“

Dass ein gewalttätiger Angriff der eigenen Seite immer nur ein Akt der Gegenwehr ist, überrascht nicht, denn das gehört schon ewig zum Grundbestand des kleinen vulgärdialektischen Argumentationsbaukastens für jedwede Ideologie. Ein wenig rationaler kommt der nächste Absatz daher:

„Es geht uns mit körperlichen Angriffen darum, das öffentliche Auftreten der Faschisten soweit wie möglich zu unterbinden. Wir treiben den gesundheitlichen, organisatorischen und materiellen Preis dafür in die Höhe. Sie sollen mit Schmerzen, Stress und Sachschaden rechnen und dadurch möglichst isoliert, gehemmt, desorganisiert und abgeschreckt werden. Außerdem zeigen sie oft genug selbst, wieviel ihre angebliche „Kameradschaft“ zählt, wenn es mal ernst wird. Dieser Wirkungsgrad politischer Gewalt erfordert keine gezielten schweren/tödlichen Verletzungen hat sich in der Vergangenheit immer wieder als wirkungsvoll erwiesen.“

Ein Klassiker, dass Linksextremisten den „Wirkungsgrad politischer Gewalt“ genau kalkulieren, aber es ist dennoch gut, wenn es die Genossen selbst in dieser Klarheit wiederholen. Zumal, wenn sie ganz deutlich sagen, dass sie das gezielte Töten auch nur deshalb derzeit ablehnen, weil die Kosten-Nutzen-Rechnung zu ungünstig ausfällt.

„Warum wir es darüber hinaus aktuell für die antifaschistische Bewegung für gefährlich und nicht durchführbar halten, den Konfrontationskurs mit den Faschisten gezielt auf die Ebene von schweren/tödlichen Verletzungen zu heben: Wir gehen davon aus, dass wir als Bewegung momentan nicht stark genug wären, dieses Level in größeren Teilen und auf lange Sicht zu halten. Das gilt auch für den Repressionsdruck, den es zweifellos mit sich bringen würde. Uns ist klar, dass wir uns auf dieser Einschätzung nicht ausruhen können. Wenn der faschistische Mob wächst und sein Organisationslevel steigt, können andere Kampfformen notwendig werden.“

„Kein weiteres Geschwätz“

Mit anderen Worten: Wenn die Linksextremisten in der Lage sind, dass Konfrontationslevel Tötung „auf lange Sicht“ zu halten, dann befinden sich ihre Gegner nicht nur umständehalber, sondern gezielt in Lebensgefahr. Und was heißt das jetzt konkret fürs aktuelle Agieren?

„Neben einer sachlichen und klaren Auseinandersetzung zu militanter antifaschistischer Politik ist jetzt aber vor allem eines wichtig: Schützen wir uns gegenseitig vor den Angriffen der Repression! Kein unnötiges Geschwätz über die Aktionen in der Öffentlichkeit, in sozialen Medien und anderen Ecken des Internets, keine Spekulationen, keine Hinweise, die den Bullen bei ihren Ermittlungen irgendwie weiterhelfen könnten.“

Also kein weiteres Geschwätz. Um die Tat einordnen zu können, haben die Genossen ja auch schon mehr als genug gesagt.

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Leserpost

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Wilfried Cremer / 30.05.2020

Das sind die Reinrassigen von Trizonesien. Wobei die Statthalter der Zonen mittlerweile Intendanten heißen.

Georg Czech / 30.05.2020

Hier wird deutlich mit welcher Brutalität zielsicher auf Menschen losgegangen wird, die sich gegen die Regierungspolitk aussprechen. Aufkommende Kritik soll bereits im Keim erstickt und unliebsame Kritiker eingeschüchtert werden. Die Antifa ist unbarmherzig, rücksichtslos und ihrem Oberhaupt gegenüber bedingungslos loyal. Man sollte als freiheitsliebender Mensch nicht auf Gnade hoffen, denn wer “rechts” oder ein “Faschist” ist entscheidet immernoch die Antifa. Zitat George Orwell: “Falls Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann bedeutet sie das Recht darauf, den Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen”. Welche Figuren würde wohl die Antifa in dem Buch “Animal Farm” spielen?

Holger Sulz / 30.05.2020

Wie Herr Grimm bereits am 04.09.18 im Artikel “Antifaschismus mit nachladen” auf der Achse darlegt, handelt es sich im Falle Ziegler nur um eins: Versuchten Mord. In einer Veröffentlichung auf der linksradikalen Seite “Indymedia” wird die tödliche Wirkung eines aufgesetzten Schusses aus einer Gaspistole bereits 2018 haarklein beschrieben und zur Nachahmung empfohlen, dies ist auch den Behörden bekannt. Erinnern wir uns des Falles Lübcke: Es wurden unter großem öffentlichen Bohei keine kriminaltechnischen Mühen gescheut, um den Tatverdächtigen zu überführen, vom Fall Ziegler ist nichts dergleichen bekannt. Seit langem kann als gesichert gelten, daß es unmöglich ist, an einem Tatort keinerlei Spuren zu hinterlassen. Diese feststehende Tatsache wurde erstmals im Falle des Phantoms NSU außer Kraft gesetzt, an über 20 Tatorten wurde nicht ein einziges Molekül Uwe-DNA geschweige denn sonst was gefunden. Was nicht daran hinderte, dennoch einen zweifelsfreien Schuldspruch zu fällen, im Falle der Uwes sogar vom Deutschen Bundestag, ebenfalls ein Novum in der Rechtsgeschichte. Indes fällt auf, daß es bei tausenden Anschlägen linksradikaler Mordbrenner offensichtlich nicht gelang, aufgrund von Spuren auch nur einen einzigen Täter dingfest zu machen oder gar zu verurteilen, eine im internationalen Vergleich geradezu einmalige Mißerfolgsquote, wie man sie nur noch von den Ermittlungen deutscher Polizei bei Anschlägen der SA in den 30igern kennt. Es sind nicht so sehr die Maßstäbe, die mich so ankotzen. Es sind die doppelten Maßstäbe.

Günter Schlag / 30.05.2020

“Kein unnötiges Geschwätz über die Aktionen in der Öffentlichkeit ...”. Da können sich die Linksextremisten auf unsere ö/r Meinungsmacher voll verlassen. Viel wichtiger ist denen, über den Tod eines Amerikaners zu berichten und zu jeder vollen oder halben Stunde auch gleich das fertige Ermittlungsergebnis mitzuliefern.

L. Hoffmann / 30.05.2020

Es ist und bleibt immer dasselbe. Anderen vorwerfen, was man selber tut. Eskalation ist erwünscht. Wohin das führt, hat die Geschichte unzählige Male gezeigt. Aber daraus zu lernen beraubte einen ja der momentanen Existenzgrundlage als nützlicher Idiot für politische Ziele. Ja, man kann vom “Antifaschismus” leben. Solange man nützlich ist. Danach ist man nur noch ein Idiot. Das alles gilt natürlich auch für die andere Seite. Deswegen müssten alle Extremisten, “Flügel” oder sonstige radikalen Gruppierungen klar ausgegrenzt werden, was dem politischen Mainstream allerdings nur auf der “rechten” Seite geboten erscheint. Die Folgen dieser Einäugigkeit werden schmerzhaft und bitter sein. Auch für diejenigen, die sich momentan auf der richtigen Seite wähnen.

U.Lutz / 30.05.2020

Sie reden schon jetzt zu viel. Das Schreiben zeigt doch, dass große Aufregung in der Szene herrscht.

Herwig Mankovsky / 30.05.2020

Wer schweigt, macht sich mitschuldig. Merkel, Seehofer&Co;.  schweigen. Feigheit, oder noch schlimmer: Kalkül???

Klaus Klinner / 30.05.2020

Wir schreiben das Jahr 2020 in der Bundesrepublik Deutschland, einem der höchstentwickelten und wirtschaftlich stärksten Ländern der Welt, welches solchen Idioten durch ein überbordendes Sozialsystem überhaupt erst das Überleben ermöglicht. Ich gehe davon aus, die Verfasser dieser Ideen gehen selbst keiner erwerbsmäßigen und sozialversicherungspflichtigen Arbeit nach und leben von den Steuern und Beiträgen derer, denen sie mit Repressalien bis hin zur physischen Vernichtung drohen.

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