Joachim Nikolaus Steinhöfel / 10.11.2018 / 12:00 / 15 / Seite ausdrucken

Landgericht Berlin verhängt 10.000 Euro Ordnungsgeld gegen Facebook

Facebook gerät juristisch weiter unter Druck. Mit am 07.11.2018 zugestelltem Beschluss vom 02.11.2018 (6 O 209/18) verhängte das Landgericht Berlin erstmals überhaupt in Deutschland ein Ordnungsgeld von 10.000 Euro wegen unzulässiger Nutzersperre – ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann – für je 1.000 Euro einen Tag Ordnungshaft, zu vollziehen an seinen Geschäftsführern. Der Grund: „Zuwiderhandlung gegen die in der einstweiligen Verfügung… enthaltenen Unterlassungsverpflichtung…”.

Besonders bemerkenswert ist es, dass ein Facebook-Sprecher in der Medienkolumne von Kai-Hinrich Renner in den Zeitschriften der Funke-Mediengruppe dahin zitiert wird, die einstweilige Verfügung sei Facebook „nicht wirksam zugestellt“ worden. Tatsache ist nicht nur, dass das Gericht ein Ordnungsgeld nur verhängen kann, nachdem es die wirksame Zustellung vorher prüft. Und die steht hier lange rechtskräftig fest. Im konkreten Fall hat das Berliner Kammergericht (20 W 53/18 v. 16.10.2018) nämlich das Rechtsmittel von Facebook gegen die Zustellung in Berlin sogar als “unzulässig” verworfen“. Diese Entscheidung kennt Facebook bereits seit dem 19.10.2018. 

Die Öffentlichkeit wird also schlicht belogen.

Nun zum konkreten Fall: Am 9. Juli sperrte Facebook den Nutzer Gabor B., weil er eine Nutzerin in Schutz genommen hatte, die von einem anderen Nutzer als “Nazischlampe” beschimpft worden war. Gabor B. kritisierte diese Beleidigung. Facebook ließ daraufhin jedoch die Beleidigung stehen und sperrte stattdessen Gabor B. für 30 Tage.

Das Landgericht Berlin (6 O 209/18 v. 19.07.2018) verbot die Löschung des Posts sowie die Sperrung des Nutzers unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft. Die einstweilige Verfügung wurde Facebook am 01.08.2018 zugestellt. Facebook hob die Sperre dennoch erst am 08.08.2018 auf, nachdem die ursprünglich verhängten 30 Tage abgelaufen waren.

Das Landgericht führt in dem Beschluss aus, es habe bei dem Ordnungsmittel „sowohl die Schwere der fortgesetzten Zuwiderhandlung berücksichtigt als auch dem Umstand Rechnung getragen, dass die Antragsgegnerin durch ein empfindliches Übel zur künftigen Einhaltung des gerichtlichen Verbots angehalten wird.”

Dieser wichtige Beschluss stärkt die Rechte der Nutzer deutlich. Er war auch dringend erforderlich, da Facebook nicht nur rechtswidrig löscht und sperrt, sondern jetzt auch noch gerichtliche Verbote ignoriert. Das Unternehmen wird lernen müssen, dass gerichtliche Verbote einschränkungslos zu beachten sind. Da wir weitere vergleichbare Verfahren betreiben, dürfte dies nicht das letzte Ordnungsmittel sein, das gegen das Unternehmen verhängt wird.

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Martin Viebahn / 10.11.2018

Liebe Kommentatoren, es mag sein, dass €10.000 für Facebook nicht viel sind. Aber wiederholte Strafen PLUS der Ärger PLUS die negative publicity, das tut weh. Deswegen: vielen Dank, Herr Steinhöfel!

Gabriele Klein / 10.11.2018

PS: Da kommt mir noch was.  Heißt das nun, dass es so oder so, durch Facebook in “Merkel’s” Staatskasse klingelt? Wer bekommt am Ende das Ordnungsgeld?  Die Opfer ? Das Ministerium für “bürgerliches Engagement…”? Oder vielleicht jene Einrichtung die Facebook für die Regierenden prüft? Vielleicht gar die “Amadeo Stiftung” ?

Gabriele Klein / 10.11.2018

Danke und Bravo, das ist ein tolles Ergebnis. Ich hoffe nur, dass die Jurispudenz am Ende in dieser Sache nicht so aussieht wie beim Absegnen der Quetschgelder. Irgendwas war da komisch. Wer gab da die “Vorlage” von der dann alle Verwaltungsrichter “abschrieben”...  Schien wie eine Gleichschaltung nicht nur zwischen ÖR und Regierung sondern auch zwischen Richter und Regierung…... Hoffe das passiert bei den Facebook Fällen langfristig nicht…..Hoffe, die Rechtsprechung verkommt in Ihren Fällen nicht zur reinen Verfügung…..wie ich sie bei den Zwangsgeldern erlebte.

Marc Hofmann / 10.11.2018

Facebook gerät doch NICHT unter Druck…Facebook schließt halt dann einfach seinen Standort Deutschland. Facebook ist Deutschland sowas von egal….es trifft also nicht Facebook…deren Server eh auf US Boden bzw. Außer Deutschen Boden (Staatsgebiet) stehen sondern es trifft die Freiheit der Deutschen…es trifft also jeden der sich in Deutschland aufhält. Die Freiheit Deutschlands ist bedroht und nicht das US Unternehmen Facebook!

beat schaller / 10.11.2018

Danke Herr Steinhöfel, grosse Klasse. b.schaller

Andreas Rochow / 10.11.2018

Dass Facebook, aus welchen Gründen auch immer, das Recht hat, Inhalte zu löschen und Nutzerkonten zu sperren, ist dramatisch! Facebook hatte als ein Netzwerk begonnen und international abermillionenfachen Anklang gefunden. Facebook jetzt redaktionelle Verantwortung für die “zeitnahe” Löschung aufzudrücken und die Überwachung der Inhalte zwecks Auffindung von Löschgründen, also Zensur, zu organisieren, ist ein autoritärer Akt. Das grundgesetzwidrige Netzwerkdurchsetzungsgesetz verpflichtet Facebook bei Androhung drakonischer Strafen, sich als Zensor zu betätigen. Dieses Gesetz muss weg. Wir brauchen eher ein Gesetz, das Zensur im Netz bei Strafe untersagt! Wenn in der Causa Gabor B. der unzweifelhafte Eindruck entstanden ist, dass Facebook sich ermutigt oder gezwungen fühlt, Zensurpflichten über die Achtung von Persönlichkeitsrechten zu stellen, ist das zumindest auch dem unseligen NetzDG anzulasten. - Der Klageerfolg gegen Facebook kann gar nicht hoch genug gewürdigt werden. Gratulation!

Paul Siemons / 10.11.2018

Was mir in letzter Zeit über Sperrungen bei Facebook erzählt wurde, spottet jeder Beschreibung. Das scheint rein auf Willkür zu basieren. Andere Möglichkeit: die Sperrer beherrschen kein Deutsch und wissen gar nicht, was da steht und arbeiten nur eine Namensliste ab, auf der unbequeme Menschen gesammelt sind. Solche Listen werden ja bekanntlich geführt. Seitdem neulich hier auf Achgut vorgeschlagen wurde, Werbepartner von Facebook über diese Praktiken zu informieren, schreibe ich täglich einige Firmen an, und es wird meist mit einer Antwort reagiert. Ich hoffe, Sie können noch viele zu Unrecht gesperrte Mitglieder dieses Ladens vertreten und ihnen zu ihrem Recht verhelfen. Danke für Ihre großartige Arbeit!

Mike Loewe / 10.11.2018

Ein gutes Signal, wenn auch ein sehr kleines, denn 10000 Euro jucken ein solches Unternehmen kein bisschen. Für die Umsetzung qualifizierterer Löschkriterien müsste Facebook vermutlich viele Millionen für zusätzliches Personal lockermachen, da entscheidet es sich halt für den preiswerteren Weg, für die Spitzen des Eisbergs hin und wieder ein lächerliches Ordnungsgeld zu zahlen.

Marc Stark / 10.11.2018

Das wurde auch mal Zeit. Aber nur ein kleiner Etappensieg. Solange die weiterhin ungestraft löschen, sperren, usw. können, können sie weiterhin ungeahndet Rechtsbrüche begehen. Nur auf amtliche Verfügungen müssen sie jetzt achten. Gerechtigkeit geht eindeutig anders. Bereits das unrechtmässige Löschen oder Sperren als solches sollte ein saftiges Ordnungsgeld nach sich ziehen!

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