Sebastian Biehl, Gastautor / 11.03.2024 / 10:40 / 10 / Seite ausdrucken

Kurzkommentar: Portugal zwischen den Brandmauern

Die kürzliche Wahl in Portugal hat eine Situation entstehen lassen, wo im Prinzip ohne die rechtspopulistische Chega-Partei keine Regierung gebildet werden kann. Mit der will aber niemand etwas zu tun haben.

Während in immer mehr europäischen Ländern Koalitionen oder zumindest Duldungsübereinkommen zwischen gemäßigt-konservativen und rechten Parteien nichts Außergewöhnliches mehr sind (man denke an Italien, Finnland, Schweden, möglicherweise demnächst die Niederlande und in der Vergangenheit Österreich), gilt neben Deutschland auch in Portugal eine sogenannte Brandmauer gegenüber rechts. In dem Land war man bis vor kurzem noch gewöhnt an absolute oder zumindest sehr klare Mehrheiten der einen oder anderen der zwei großen Parteien etwas links und etwas rechts der Mitte.

Nachdem die bisher regierenden Sozialisten von der absoluten Mehrheit stark abstürzten auf nur noch 77 Sitze (für die Regierungsmehrheit benötigt es mindestens 116 Sitze), konnte auch die gemäßigt-konservative Opposition, die Sozialdemokraten (die trotz ihres Namens mit der deutschen CDU vergleichbar sind), nicht hinreichend davon profitieren. Mit 79 Sitzen sind sie ebenfalls meilenweit von einer Mehrheit entfernt. Da Parteichef Luis Montenegro eine Zusammenarbeit mit Chega, die sensationell auf 48 Sitze kam, ausgeschlossen hat, blieben als einziger möglicher Koalitionspartner die Liberalen, die aber mit 8 Sitzen nicht viel beitragen können. Auch vier weitere, allesamt linke bis linksradikale Parteien, könnten mit insgesamt 10 Sitzen keiner Seite zur Mehrheit verhelfen.

Eine große Koalition, an die sich Deutschland mittlerweile gewöhnt hat, gilt in Portugal, ähnlich wie im Nachbarland Spanien, als praktisch ausgeschlossen.

Die Sozialdemokraten mauern sich also zwischen den Brandmauern ein. Eine Situation wie die letzten Jahren in Spanien, wo monatelang erfolglos eine von vornherein aussichtslose Regierungsbildung probiert wurde und es dann zu Neuwahlen kam, die auch nichts wesentlich anderes erbrachten, könnte nun auch Portugal bevorstehen.

Allerdings haben in der Politik Nibelungenschwüre von ewiger Treue und ewiger Ablehnung bekanntlich keine lange Gültigkeit. Am Ende könnten die Sozialdemokraten, die die Macht schon in Reichweite sahen, gezwungen sein, „im nationalen Interesse und weil es gar nicht anders geht“ sich von Chega als Minderheitsregierung tolerieren zu lassen.

Sebastian Biehl, Jahrgang 1974, arbeitet als Nachrichtenredakteur für die Achse des Guten und lebt, nach vielen Jahren im Ausland, seit 2019 mit seiner Familie in Berlin.

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O. Nott / 11.03.2024

Leider haben die meisten Politiker in der EU vergessen das in einem demokratischem System der Politiker ein Volksvertreter ist. Wenn die gewählten Vertreter nicht mehr den Willen des Volkes durchsetzen sondern Ideologien und eigene Interessen, wählt der mündige Bürger diese Nichtvolksvertreter ab. In Ermangelung sinnvoller Alternativen dann auch mal durch die Wahl extrem rechter Parteien. Die meisten Bürger/Passagiere des Schiffes EU haben genug Verstand zu wissen das ein Schiff kentert wenn man alle Passagiere und Fracht nur auf eine Seite packt. Es braucht eine ausgewogene Verteilung. In Dänemark hat die Demokratie funktioniert. Als die Liberalen in der Flüchtlingskrise 2014/15 laut über die zwangsweise Belegung freien, privaten Wohnraumes mit Flüchtlingen nachgedacht hat reagierte die Bevölkerung bei den nächsten Wahlen mit einem Rechtsruck. Es gab aber keine Brandmauern, es wurde eine Regierung gebildet und die Parteien haben ihr Wahlprogramm für die nächsten Wahlen angepasst um den Großteil der Bürger wieder in die Mitte des Schiffes zu holen. Ein paar bleiben Links, ein paar Rechts, das Boot läuft sicher geradeaus.

Irene Luh / 11.03.2024

Die sog. portugiesischen Sozialdemokraten, entsprechen der hiesigen ?DU. Genau wie die ?DU, verraten auch sie deren ursprüngliche Werte massivst und biedern sich der linken Verräterhure an. Schlimmer, dümmer geht nicht. +++ Die absolut demokratische Partei CHEGA soll seine Sitze im Parlament verVIERfacht haben, so die neueste Meldung, von heute Morgen.  +++ Die portug. ?DU (PSD) ist im Grunde eine sozialistische Partei, die sich von den linken Verbrechern nur in Nuancen unterscheiden will.

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