Ernsthaft, lieber Sepp Kneip, Parolen wie etwa “No Borders, No Nations”, die aktuell gerade in Kreisen der Grünen und der CDU solch begeisterte Reaktionen hervorrufen, sind in einem konservativen Umfeld möglich? Die Leute merken es nur nicht, weil Frau Merkel die Leute gleichsam hinter die Fichte führt? Ich behaupte Gegenteiliges: Solche Politik gedeiht nur in Parteien, wo sich die Leute (meinetwegen) für konservativ halten, es aber überhaupt nicht sind. Und Frau Merkel hat dies nur richtigerweise erkannt - und nutzt dies in ihrem Sinne.
Ich fürchte mich vor dem Konservatismus einer Generation Greata, die das Lebensmodell ihrer Makramee-Mamas und Piece-Papas zum allein selig machenden Dogma erheben will. – Jede gesunde Jugend im modernen Europa hat sich gegen die Eltern erhoben und muss sich gegen die Eltern erheben, denn durch die Abgrenzung gewinnen sie Identität. Derzeit jedoch scheint das Blockwartmodell attraktiver, wo ideologische Superspreader alle nicht weichgespülten Eltern und Lehrer denunzieren und ihnen Nazismus, Faschismus und Rassismus anhängen; drunter tun’s die Kiddies nicht. – Nun gut, sogar Robespierre musste am eigenen Hals erfahren, wohin Tugendterror führt.
Obwohl es heute vielen Mitbürgern eher schwer fällt öffentlich zuzugeben, ein “nicht cooler Konservativer” zu sein (gar mit leicht reaktionären Tendenzen in der Rezeptur seiner zivilisatorischen Firnis’), hier also das Geständnis: Der Lack ist noch lange nicht ab, bröselt nicht mal - und richtig cool (bis grünlich) ist nur eine Leiche.
Schön, lieber Herr Schubert, wenn Kaffeewerbung bei Ihnen solche Erfolge zeitigt… Ferner: Das Kriege bisher (immer) von Nationalstaaten ausgingen, liegt in der Natur der Sache. Denn es gab bisher nur Nationalstaaten in Europa. Nach dem letzten Krieg garantierten die Nationalstaaten in (West)-Europa Freiheit, Wohlstand, Sicherheit und die Herrschaft des Rechts. Die aktuelle Entwicklung der EU läuft diesbezüglich in eine gänzlich andere Richtung. Die EU ist das Werk von Progressiven und deren Unterstützern, so wie Sie dies einer sind. Schau`n wir mal, wo uns dieser Progressivismus am Ende hinführt… Nebenbei: Auch die Französische Revolution war eine zutiefst progressive Veranstaltung.
Ohne ihren Artikel schmählern zu wollen, aber meine Antwort auf die Frage “Was ist konservativ?” ist viel, viel kürzer: 2+2=4
@Dietmar Schubert,Kriege werden heutzutage in der halbwegs zivilisierten Welt ohne offizielle Kriegserklärung, Truppenaufmarsch und Flächenbombardierung geführt. Besatzung,Plünderung findet unter anderem Namen statt, und viel nachhaltiger. Manche haben es bis jetzt nicht mitbekommen, wollen es nicht wahrhaben,wir sind mittendrin, statt nur dabei.
Sie setzen dem Konservatismus den Progressivismus entgegen, als sei dies ein Gegensatzpaar. Ich halte dies für einen Irrtum. Rein logisch ist ohnehin nur der Nicht-Konservatismus der Gegensatz. Konservatismus kann sehr wohl progressiv sein, denn er bewahrt das Bewährte und ändert nur das, was sich nicht bewährt und daher einer Verbesserung bedarf. Die Evolution arbeitet übrigens ganz genauso, deshalb ordne ich den Konservatismus auch einer evolutionären Entwicklung zu. Das Tempo solcher Veränderungen ist daher eher langsam. Anders als der von Ihnen genannte Progressivismus kennt der Konservatismus kein Endziel, keinen geläuterten Übermenschen, der all seine evolutionäre Last an Gefühlen, Eigennutz und Streben nach mehr Wissen hinter sich gelassen hat, um in eine entindividualisierte Gemeinschaft von Übermenschen einzugehen Der von ihnen genannte Progressivismus hingegen muss eigentlich Destruktivismus heißen, den für ihn gibt es nichts, was des Bewahrens würdig ist, nur die ständige Veränderung ist ihr “Wert”. Das bedingt jedoch, dass jegliche Strukturen stets sofort wieder geändert oder zerschlagen werden müssen. Dieser Progressivismus kennt sehr wohl ein Endziel, stets ist es der sozialistische Mensch, der eigentlich keine menschlichen Eigenschaften mehr hat, weil er sich lediglich wie in einem Ameisenkollektiv verhalten soll, ohne Streben nach Eigentum, ohne individuelle Identität. Weil er das nicht will, erzeugt der Progressivismus Strukturen, mit denen er die Menschen dazu zwingen kann. Damit verhält sich der Progressivismus antievolutionär, was ja auch die Theoriegebäude zeigen, die daraus hervorgehen, wie die Gendertheorie, die die Existenz von nur zwei biologischen Geschlechtern schlichtweg leugnet, oder die zweifelsohne vorhandenen Unterschiede zwischen Ethnien, deren bloßes Benennen bereits als Diskriminierung und Rassenhass diskriminiert wird. Wenn ich zwischen diesen beiden Polen die Wahl habe, dann ist sie eindeutig: Ich bin ein Konservativer!
@Dietmar Schubert: “Kriege in Europa gingen immer(!) von Nationalstaaten aus.” Kriege in Europa und der Welt gingen immer von Abstraktionen, von Konzepten, Religionen oder Ideologien aus. Beute machen ist heute nicht mehr über Kriege sinnvoll, sondern über den Verkauf von Waren, davon Kriegen die meisten nicht genug, es ist so einfach. Nur religiöse Kalifate machen davon noch eine Ausnahme und beschuldigen die Waren, die sie gerne konsumieren, Auslöser der Kriege zu sein. Je flexibler und wendiger ein Konzern, Region, Gesellschaft agieren kann, umso erfolgreicher sind sie. Die Diktatur einer Brüsslerer Bürokratie, also einer routinierten Ratlosigkeit, ist dafür wenig geeignet. Eine Europäische Wirtschaftsgemeinschaft wäre gerichtet auf den Kern heutigen Agierens, das Kriege verhindert, es ist schlicht der Warenaustausch und hat mit Nationalstaaten nichts zu tun.
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