Joachim Nikolaus Steinhöfel / 30.08.2022 / 10:00 / Foto: Achgut.com / 80 / Seite ausdrucken

„Knietief im rechten Medienmilieu“

Was ist nötig, um von einer Deutschlandfunk-Journalistin im rechten Milieu verortet zu werden? Nicht viel, wie das folgende Beispiel zeigt. Es wirft ein Schlaglicht auf die Maßstäbe mancher Journalisten.

Der Deutschlandfunk ist ein Sender, bei dem exzellente Journalisten, aber auch Aktivisten des Haltungsjournalismus tätig sind. Gebührengelder sind halt für alle da. Mein Lieblingsmoderator ist Christoph Heinemann, besonders wegen seiner oft brillianten Interviews ein absoluter Könner. Kommt hingegen Peter Kapern zu Wort, ist es eine Frage der Tagesform, wie lange man seiner gedankenarmen Tendenzberichterstattung folgen mag.

Welcher Gruppe Nadine Lindner (Jobbeschreibung bei Twitter: „Korrespondentin Hauptstadtstudio Deutschlandradio dort Verkehrspolitik + AfD“) zuzuordnen ist, muss jeder Gebührenzahler selbst entscheiden.

Nadine Lindner („Niemand muss meine Arbeit mögen“) ist zweifellos eine ernst zu nehmende Stimme des deutschen Journalismus. Schauen Sie in ihren selbstbewussten Auftritt bei Markus Lanz am 24.08.2022 hinein. Übrigens: Die Sendung ist auch aus anderen Gründen durchaus sehenswert, weil Katrin Eigendorf (ZDF) den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) in aller Öffentlichkeit sachlich und sachkundig so zurechtstutzt, wie Politiker seines Formats es sich verdient haben.

Frau Lindner, die Protagonistin dieses kleinen Aufsatzes, war am 26.08.2022 Mitwirkende der Folge 275 des Politikpodcasts des Deutschlandfunks. Titel: „Maskenlos nach Kanada,“ Untertitel: „Kanzler, Vizekanzler, Presse- und Wirtschaftsvertreter fliegen nach Kanada – und alles was bleibt ist eine Maskendebatte?“

Fast schon investigativ

Der Maskenball im Regierungsflieger hat alle kleinen, mittleren und großen Medien der Republik beschäftigt. Aber wie kam es eigentlich zu dieser großen Aufmerksamkeit? Nadine Lindner weiß mehr, sie ist da einer ganz großen Sache auf der Spur. Es ist fast schon investigativ zu nennen, was die 1980 in Fulda geborene Journalistin aufdeckte und die Hörer des Deutschlandfunks wissen ließ. Denn die Sache mit den Masken sei „vor allem auch über Twitter so groß geworden“. Ja, so etwas soll es geben. Über Twitter also. Nach den „Recherchen“ von Frau Lindner sei der erste Account, der zwei Stunden nach Veröffentlichung der Fotos von maskenlosen Regierungsmitgliedern diesen Vorfall getweetet habe, „@Argonerd“ gewesen. Dieses Profil operiert überwiegend nach dem Karl Kraus zugeschriebenen Prinzip: „Mein Herr, wenn Sie nicht schweigen, werde ich Sie zitieren!“. Es stellt Aussagen derselben Person oder Institution, die nicht in Einklang zu bringen sind, einander gegenüber. Der Kritisierte wird als Zeuge gegen sich selbst ins Feld geführt. Eigentlich ein sehr elegantes Stilmittel. Nur nicht für Nadine Lindner, die sich auch daran stört, dass auf @Argonerd gelegentlich Journalisten von öffentlich-rechtlichen Sendern ihr Fett wegbekommen.

In dem Podcast deckt Frau Lindner, die sich „auf Rechtstwitter rumtreibt“, nun Folgendes auf. Es handele sich um ein großes Profil mit über 97.000 Followern. Und dann wörtlich hier ab Minute 06:48:

„Es ist interessant, wenn man sich anschaut, wer alles so unter den Followern von diesem Argonerd ist. Da sieht man, das ist so die ganze Bandbreite. Unter anderem ist die Basis dabei, die ja so als Anti-Coronamaßnahmenpartei groß geworden ist, da ist auch der klassische Querdenken-Account dabei, da sind aber z.B auch mit Dimitrios Kisoudis enge Mitarbeiter von Tino Chrupalla, dem Co-AfD-Chef, dabei und da…braucht man nicht viel Phantasie, um zu merken, dass das in diesem Milieu auf Twitter dann halt auf große Begeisterung schlägt…also das ist jemand der, ich würde sagen, knietief auch in diesem rechten Medienmilieu unterwegs ist.“

Wenn bei heute 98.000 Followern ganze drei genügen, um „knietief in diesem rechten Medienmilieu unterwegs“ zu sein, was sagt man dann zu einem Profil wie @ostwestkonflikt, zu dessen etwa 10.000 Followern zum Beispiel diese gehören, die Frau Lindner sicherlich auch „im rechten Milieu“ einordnen würde:

Stephan Protschka, Agrarpolitischer Sprecher der AfD Fraktion im Bundestag, Landesvorsitzender AfD Bayern

Sebastian Münzenmaier, MdB, Stellv. AfD-Fraktionsvorsitzender

Dieter Stein, Chefredakteur der Wochenzeitung „Junge Freiheit“

Hannes Bräutigam, Autor von „Das Christentum und die Außerirdischen“

„Der Patriot“ #ProAfd #FCKANTIFA #AFD

@ostwestkonflikt ist das Twitter-Profil von Nadine Lindner, Korrespondentin Hauptstadtstudio Deutschlandradio, und nach ihren eigenen Maßstäben ebenfalls knietief in diesem rechten Medienmilieu unterwegs.

Kategorien der Kontaktschuld

OK, der Follower, der es mit den Außerirdischen hat, ist vielleicht nur jemand, den Frau Lindner mal bei einer seiner Lesungen um ein Autogramm gebeten hat und der ihr deswegen verbunden ist.

Das, was Lindner da unwidersprochen im Deutschlandfunk vorbringen durfte, ist Vulgärjournalismus, auf den ein Erich Mielke stolz wäre. Er operiert allein mit den Kategorien der Kontaktschuld.

Du bist, wer Dir folgt.

Bei Lindner, die gleichartige Follower hat, gilt das aber nicht?

Mit der beanstandeten Behauptung dichtet Lindner allein wegen drei von 97.000 Followern ganz im Sinne des mit Kontaktschuld operierenden und verfassungswidrigen Radikalenerlasses eine politisch-ideologische Nähe zu politischen Positionen an, für die aufgrund der Follower keine tragfähige Grundlage existiert. Frau Lindner leistet einer Kultur des Misstrauens und des Verdachts Vorschub. Sie denunziert, schürt Argwohn, sie will isolieren und ausgrenzen, brandmarken und mundtotmachen.

Über ein Argument gegen die Verbreitung des Fotos vom maskenfreien Regierungsflieger verfügt sie nicht. Jedes große deutsche Medium hat das Thema aufgegriffen. Wird der Vorfall weniger valide, weil ihn ein Lindner missliebiges Twitter-Profil zuerst erwähnt hat? Sind die großen deutschen Medien, der DLF eingeschlossen, Trittbrettfahrer des rechten Medienmilieus? Will uns Lindner das damit sagen? Oder war da jemand mit einem validen Thema einfach schneller?

Wer auf Nadine Lindners Niveau argumentiert, macht sich lächerlich. Ein Moderator, der einen solchen Unsinn unkommentiert im Raume stehen lässt, disqualifiziert sich.

Hätte Frau Lindner ein bisschen recherchiert – sie selbst nimmt das Wort für ihre Aktivitäten ja tatsächlich in den Mund –, dann hätte sie schnell ermitteln können, dass mehr als drei Follower des Profils nach ihren Kategorien auch die Einschätzung rechtfertigen, dass @Argonerd „knietief in diesem linken Medienmilieu unterwegs ist“.

Und jetzt singen wir alle gemeinsam das Lied von Pippi Langstrumpf.

Dieser Beitrag erschien zuerst hier bei steinhoefel.com.

Foto: Achgut.com

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Sara Stern / 30.08.2022

DLF gehört auch zum ÖR. Jeder der meint die Vorgänge beim RRB, MDR, NDR und WDR wäre auf einzelne Sendungen und einzelne Mitarbeiter beschränkt lügt oder ist durch die ÖR informiert und damit fachlich nicht in der Lage eine neutrale Bewertung zu treffen. Solange im ÖR nicht 100% des Personals ausgetauscht wird, ist nichts anderes als Regimetreue Propaganda im Stile von RT zu erwarten. Logik, Rationalität, Fakten…das alles spielt im ÖR keine ROlle. Die Erzählung ist wichtiger. Und das der Rezipient die Erzählung glaubt. Ich finde es eigentlich immer wieder erstaunlich, wie dreist sie ihre Regierungsnähe zelebrieren und wie die Leute trotzdem noch “glauben”. Wie die Bauern im Mittelalter zum Ablasshandel. Ich bin mir nicht mal sicher, ob die Deutschen heute viel intelligenter sind als vor 1000 Jahren.

Steven Müller / 30.08.2022

Dass eine Katrin Eigendorf vom ZDF den sächsischen MP bei Lanz zurechtstutzte und dann auch noch „sachlich und sachkundig“ kann so nicht bestätigen. Ich würde sage, sie hat ihn eher argumentativ schwach angegiftet, weil er plötzlich von der früheren Kriegsrhetorik abweicht und sich für eine Verhandlungslösung im Sinne Deutschlands aussprach. Sowas geht natürlich nicht, anscheinend auch nicht bei der Achse.

Thomas Szabó / 30.08.2022

Um Kontaktschuld zu meiden, muss man Andersdenkende meiden. Nennt man das nicht Faschismus?

Dr. Joachim Lucas / 30.08.2022

Es hat ja Methode, jede nichtgenehme Kritik an Linken (welche Kritik ist denen schon genehm?) als rechts zu denunzieren. So langweilig wie primitiv, aber wirksam in einem Land wie D. Substantiell haben Leute wie diese Lindner ja nichts zu sagen, also wird halt Agitprop gemacht. Die Themen können so banal sein wie sie wollen. Altbekannte Methoden von Linken, die bekanntlich historisch in allem falsch lagen und gleichzeitig Geißel der Menschheit und Schmarotzer der arbeitenden Bevölkerung sind. Die von den Staatsmedien sowieso.

Peter Woller / 30.08.2022

Der mediale Dauer-Krieg gegen “Rechts” läuft auf Hochtouren. Faktenprüfer von ARD nahmen auch die Seite “Achtung Reichelt” unter Feuer. Julian Reichelt wurde dort mindestens ein halbes Dutzend mal mit dem Begriff “rechtspopulistisch” betitelt. Es wird aus allen Rohren geschossen.

Armin Reichert / 30.08.2022

Für die Mitarbeiter des “öffentlich-rechtlichen” Rundfunks hat der liebe Gott das Wort “Abschaum” erfunden.

F. Bothmann / 30.08.2022

“Ich denke mir die Welt wie mir gefällt, WiddeWitte Jucheisassah…” - Das ist nicht nur journalistisches Haltungs- sondern auch politisches Programm in Deutschland!

Robert Korn / 30.08.2022

Sollten Frau Lindner und Co mich und meinerlei nicht im “rechten Wieauchimmer-Milieu” verorten wollen oder können, dann würde ich mich allerdings fragen, was ich falsch mache.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Joachim Nikolaus Steinhöfel / 12.03.2024 / 16:00 / 16

Eberhard Wein fragt – Broder und Steinhöfel antworten

Eberhard Wein ist als Journalist bei der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten tätig. Hier ein kleiner Schriftwechsel mit ihm, der es wert ist, festgehalten…/ mehr

Joachim Nikolaus Steinhöfel / 07.03.2024 / 13:00 / 28

Broder zwingt Baden-Württemberg zur Antisemitismus-Bekämpfung

Henryk M. Broder verklagt Baden-Württemberg und zwingt das Bundesland zur Antisemitismusbekämpfung. Das Land hat sich verpflichtet, eine Spende von 5.000 Euro an den Verein Keren Hayesod…/ mehr

Joachim Nikolaus Steinhöfel / 05.02.2024 / 06:00 / 82

Broder siegt über Faeser

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg attestiert Verfassungsministerin Faeser einen Grundrechtseingriff zu Lasten von Henryk M. Broder. Das Innenministerium wurde mit gerichtlicher Hilfe gezwungen, diesen Rechtsbruch und die…/ mehr

Joachim Nikolaus Steinhöfel / 14.11.2023 / 12:07 / 55

Abmahnungen – Die dubiose Geschäftemacherei der Abgeordneten Strack-Zimmermann 

Es ist ohne Weiteres vorstellbar, dass Frau Strack-Zimmermann auf ihrem Abmahn-Feldzug, den sie auch über die deutschen Grenzen hinaus betreibt, mehr Geld einkassiert, als sie…/ mehr

Joachim Nikolaus Steinhöfel / 08.11.2023 / 13:00 / 15

Urteil rechtskräftig: Die Achse des Guten obsiegt gegen X (Twitter)

Das siegreiche Urteil, dass Achgut vor dem LG Karlsruhe gegen X (Twitter) erstritt, ist rechtskräftig. Eine Berufung wurde nicht eingelegt. Damit wurde gleichzeitig eine niederträchtige…/ mehr

Joachim Nikolaus Steinhöfel / 08.09.2023 / 16:33 / 43

Böhmermann, Schönbohm: Programm-Beschwerde an den ZDF-Fernsehrat 

Eine den ehemaligen Leiter des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik Arne Schönbohm desavouierende Böhmermann-Sendung ist immer noch beim ZDF aufrufbar, Persönlichkeitsrechtsverletzungen inklusive. Heute habe…/ mehr

Joachim Nikolaus Steinhöfel / 15.08.2023 / 13:00 / 14

Twitter, YouTube und „Die Achse des Guten“ vor Gericht

Der juristische Kampf gegen Löschungen auf Plattformen wie YouTube und Twitter ist oft langwierig, aber im Ergebnis auch immer erhellend. Hier ein Update zu den…/ mehr

Joachim Nikolaus Steinhöfel / 08.05.2023 / 12:00 / 44

Deutschlandfunk jetzt recherchebefreite Zone

Beim Deutschlandfunk wird ungeprüft als bare Münze dargestellt und berichtet und nachgeplappert, was irgendjemand irgendwo behauptet hat. Journalistische Standards: Null, nada, zero. Das gibt’s von dort…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com