Gastautor / 18.05.2018 / 15:00 / Foto: Mixalkov / 19 / Seite ausdrucken

Kein Skandal, nirgends

Von Mascha Memel.

Um allen Falschmeldungen vorzubeugen: Die Gemeinsame Erklärung 2018 wurde überreicht, und zwar zusätzlich und extra erklärt. Bald wird sie die gewählten Volksvertreter beschäftigen, es sind noch ein paar Schritte nachzuholen, bevor es zu einer formgerechten Zweitüberreichung kommt. Der Text wird auf der Seite des Petitionsausschusses hochgeladen, dort sollte jeder Unterzeichner noch einmal elektronisch unterschreiben.

Zeitweilig schlossen sich in den vergangenen Wochen täglich 4.000, zuletzt 1.000 Unterzeichner dem zweisätzigen Text und der daran anschließenden Forderung nach Einsetzung einer Kommission zur Migrationssteuerung an. Auf einer Berliner Pressekonferenz klärten die Initiatoren Vera Lengsfeld, Henryk M. Broder und Michael Klonovsky die gespannten Hauptstadtkorrespondenten über das weitere Procedere auf.

Die Spielregeln eines derartigen Treffens im Haus der Bundespressekonferenz an der Spree lauten: Es geht nicht darum, irgendetwas in Erfahrung zu bringen, sondern die Veranstalter aufs Glatteis zu führen. Die am schwersten auf die Nase fallen, haben das Match verloren – und die listigen Schlauberger gewonnen. Das eine Team bestand, wie schon erwähnt, aus Lengsfeld, Klonovsky und Broder.

Das Team der Herausforderer: die Zeit, der Deutschlandfunk, die dpa, der rbb, die Junge Freiheit. Ihre versiert vorgetragenen Eröffnungszüge lauteten leicht gekürzt wie folgt:

1.) Wie stehen die Erklärer zu AfD bzw. Pegida?
 2.) Warum zielt die Erklärung auf Flüchtlinge?
 3.) Was trennt diese von den seinerzeit anstandslos empfangenen DDR-Flüchtlingen?
 4.) Wie wünschen die Erklärer sich den Zuzug echter Schutzsuchender in die Europäische Union und die Bundesrepublik?
 5.) Warum zeihen die Erklärer die Regierung der Rechtsverletzung, wo diese doch eine Latte von Juristen zu zitieren weiß, die ihr hundertprozentig beipflichten?
 6.) Wovor haben die Erklärer eigentlich Angst?

Es gab also jede Menge Anlass, darauf skandalöses Zeug zu entgegnen. Da diese Spielzüge allerdings keine erschütternden Neuigkeiten boten, sondern eher lustlose Standards, konnte sich das Erklärerteam unter Leitung Frau Lengsfelds voll auf seine Routine stützen. Wer Anstößiges erhofft hatte, musste mit der Enttäuschung leben. Die Gemeinsamkeit mit Pegida beschränke sich, wie Henryk M. Broder anmerkte, auf das Bekenntnis zur Friedfertigkeit beim Demonstrieren. Auch mit der Kanzlerin weiß er sich in der Flüchtlingspolitik insoweit einig, als dass man illegale Vorgänge nicht auf Dauer dulden kann. Anderenfalls müsste Merkel nicht ständig die Formulierung benutzen, sie wolle aus illegaler Migration legale machen.

Vera Lengsfeld will den Vorstoß der Petenten auf die Wiederinkraftsetzung der Verfassungsvorschrift in Artikel 16.2 beschränken – und steht damit erheblich links etwa von Otto Schily. Auch links von Helmut Kohl, denn sie sieht in Deutschland durchaus ein Einwanderungsland. Einwanderung bedarf, wie überall auf der Welt, einer Regel. Dazu hat sie als damalige Grünen-Parlamentarierin schon in den Neunzigern an einer Vorlage mitgearbeitet, die dann allerdings nie zu einem pragmatischen Einwanderungsgesetz wurde. Übrigens: Es gibt eine honorige Riege von Juristen, die in der jetzigen Migrationspraxis der Bundesregierung einen permanenten Rechtsbruch sehen, etwa der ehemalige Verfassungsrichter Udo di Fabio.

Henryk M. Broder hat durchaus ein Herz für die politisch Verfolgten der Welt, denen wir Hilfe schulden. Nur: die Zahl derjenigen, die wirklich Asyl nach Artikel 16 bekamen, lag 2016 etwa bei 2.300 – weniger als ein Prozent der Migranten.

Michael Klonovsky sorgt sich um den Gedeih Afrikas, dem selbst nicht mit der Aufnahme von zwei Millionen Elendsflüchtlingen per annum geholfen wäre. Denn das entspräche nur der Geburtenzunahme in einigen ausgewählten Ländern. Und der Elendssockel bliebe der, der er war und ist. Wer daran etwas ändern wolle, der brauche andere Ideen als die Verelendung der deutschen Sozialsysteme.
 Fazit: Den 165.000 Unterzeichnern der Gemeinsamen Erklärung 2018 sei versichert, dass die Bewegung nach strengster Überprüfung durch die Bundespressekonferenz durch rationale, abwägende Menschen angeführt wird.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Publico hier.

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Leserpost

netiquette:

Heike Richter / 18.05.2018

Ich bin 1954 in der DDR geboren, im Erzgebirge,  lebe seit 1980 Dresden und habe mich seit 1990 nicht einen Tag als Flüchtling gefühlt, noch bin ich je einer gewesen.

Iris Friedberger / 18.05.2018

Auch mich hat die Aufforderung zur erneuten Bestätigung sehr irritiert. Link angeklickt, jedoch keine “Quittung“ bekommen. Was passiert nun? Aufklärung erbeten!

Wiebke Lenz / 18.05.2018

Warum auch immer nur die elektronische Variante zugelassen sein sollte (so für mich die Lesart des ersten Absatzes; meines Wissens können aber z.B. auch schriftliche Petitionen mit gleicher Wirkung eingereicht werden) - aber so sei es. Ich unterzeichne gerne ein zweites Mal. Und wenn es sein muss auch ein drittes und viertes. Und die Fragen der “Journallie”: Nun ja. AfD bzw. Pegida ist schlicht Standard dabei. Flüchtlinge werden als ein (als Zahl!) Problem benannt, welches jedoch nicht unwesentlich ist. DDR-Flüchtlinge: Wie viele gab es in der Zahl, die die DDR vor Mauerfall verließen? Später sind es keine Flüchtlinge mehr. (Mal so als prozentuale Messlatte, was zu leisten ist. Und hier mit nicht zu großen kulturellen Unterschieden.) Die Frage nach den “echten Schutzsuchenden” impliziert ja bereits regelrecht, dass die Mehrzahl es eben nicht ist. Zur Rechtsverletzung ist zu sagen, dass ein Blick in das Gesetz reicht. Und ebenso sind namhafte Juristen gegenteiliger Meinung. Selbst das jetzige Asylrecht strikt angewandt wäre ausreichend, es bedarf keines extra Einwanderungsgesetzes. (Man möge hier einfach mal einen fragen, der jemanden nach D. holen möchte, der nicht vom afrikanischen Kontinent kommt.) Und wovor die Erklärer “Angst” haben - vor den Auswirkungen ggf.? Ich sehe hier allerdings gesunden Menschenverstand. Angst handelt irrational ...

Hans-Peter Dollhopf / 18.05.2018

Ist dieses Land endgültig Banane? “Liebe Lima, herzlich willkommen in der SPD!” Als registrierte SPD-Mitglieder konnten Hunde und Katzen und was weiß der Teufel über die GroKo abstimmen, die jetzt herrscht!!! Ohne irgendeine Verifizierung konnte man bei der SPD für eine das Schicksal Deutschlands entscheidende Mitgliederabstimmung seine Tiere aufnehmen lassen! Bin nun ich Bürger als Unterzeichner der Erklärung 2018 weniger als ein Hund für diese Organe der Republik? Gebt mir diese verdammte URL zur Petitionsplattform des Bundestags, damit ich meine Unterzeichung von Erklärung 2018 bestätigen kann! Ich. Will. Das. Durch.

T.Schuster / 18.05.2018

,,Was trennt diese von den seinerzeit anstandslos empfangenen DDR-Flüchtlingen?” Diese haben weder Parallel-gesellschaften gebildet,noch lebten sie mehrheitlich von Transferleistungen.Auch haben Sie weder versucht den Atheismus ,noch das,,sozialistische Recht"durchzusetzen.

Hubert Sailer / 18.05.2018

Mich interessiert auch die im Artikel erwähnte nochmalige elektronische Signatur. Wie, wann, wo? Bitte klären Sie Ihre Leser darüber auf.

Karla Kuhn / 18.05.2018

Frau Schneider, dito. Wenn das nicht reicht, wollen die Gegner uns “kampfunfähig machen, oder ??

Elke Albert / 18.05.2018

Also ich habe seinerzeit von keinem der DDR Flüchtlinge gehört, dass sie in Konfliktsituationen gleich ein Messer gezückt oder Frauen als Freiwild gesehen hätten, unsere Sprache in Wort & Schrift nicht mächtig gewesen wären, niemals eine Schule von innen gesehen hätten, Schafe aus dem Tierpark geklaut hätten, um diese dann zu verspeisen, sich geweigert hätten, einer Frau die Hand zu geben oder sich von einer Ärztin untersuchen zu lassen, die andere bedroht hätten, um sich Vorteile zu verschaffen (s. Tafel!), dass sie ständig durch aggressives Auftreten aufgefallen wären, etc., etc….Habe ich von DDR Flüchtlingen irgendwie nicht mitbekommen. Sie vielleicht?

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