John Lennon: 50 Jahre „Imagine“

Wer den Songtext von „Imagine“ als naive Tagträumerei eines gutmeinenden, aber letztlich realitätsfremden und abgehobenen Hippie-Popstars abtun möchte, wird der pazifistischen Verve John Lennons nicht gerecht. 

Mit „Imagine“ legte John Lennon im September 1971 sein zweites Solo-Album nach der Trennung der Beatles vor. Wie schon beim Vorgänger aus dem Jahr zuvor muss man auch hier songwriterische und produktionstechnische Abstriche in Kauf nehmen, obwohl wieder Kult-Produzent Phil Spector persönlich am Mischpult saß, der schon für die Fertigstellung des finalen Beatles-Albums „Let It Be“ verantwortlich zeichnete. Aber entweder hatte die Crew schlechtes Zeug am Start oder die Musik-Ikonen waren aus irgendwelchen anderen Gründen nicht ganz auf der Höhe. Jedenfalls präsentiert sich der Sound auf „Imagine“ recht flach, und die gesamte Songsammlung kommt qualitativ etwas durchwachsen daher.

Dennoch befinden sich darauf genug Highlights, um das Album nicht nur für Fans zu einem der wichtigsten Solo-Werke eines ehemaligen Beatles zu machen. Allen voran der prominente Titeltrack, der vielen Menschen als der wichtigste Song gilt, der je geschrieben wurde und mit dem Lennon endgültig sein Image als Säulenheiliger der Friedensbewegung besiegelte, wie auch das wunderschön zarte, mit brüchiger Stimme gesungene „Jealous Guy“ gehören definitiv in jede Bestenliste der Songs der Nach-Beatles-Ära. Letzteres entstand im Ansatz sogar noch zu Beatles-Zeiten und wurde mit anderem Text unter dem Namen „Child Of Nature“ im Rahmen der „Esher Demos“ als Idee für das „White Album“ festgehalten, aber dann doch wieder fallen gelassen. Wie gut, dass Lennon da drangeblieben ist und diesen herrlichen Song daraus gemacht hat.

Wer den Songtext von „Imagine“ vorschnell als naive Tagträumerei eines gutmeinenden, aber letztlich realitätsfremden und abgehobenen Hippie-Popstars abtun möchte, wird der pazifistischen Verve John Lennons – meiner Ansicht nach – nicht gerecht. Zum Abgleich sei auf den scharfsinnigen Text seines Beatles-Krachers „Revolution“ von 1968 verwiesen, wo er den gewaltaffinen Vertretern der 68er-Bewegung und ihrer Verherrlichung von Massenmördern wie Mao Tse-tung sehr bodenständig und klar eine Absage erteilt, wenn er singt: „But if you go carrying pictures of Chairman Mao you ain't gonna make it with anyone anyhow.“ („Aber wenn ihr Bilder vom Parteivorsitzenden Mao vor euch hertragt, werdet ihr es euch mit allen verderben.“). Vor diesem Hintergrund kann der Song „Imagine“ als musikalisch-dichterische Deklamation der ideellen Voraussetzungen für eine friedliche Welt und ein gewaltfreies Zusammenleben aller Menschen verstanden werden. So dezidiert und konsequent  – wenn vielleicht auch mit einer Überdosis Sozialromantik – hatte das in der Kunst, soweit ich sehe, bis dahin noch niemand artikuliert. Allein das verdient Respekt.

Wie die Beatles endgültig Geschichte wurden

Zu den weiteren Höhepunkten des Albums gehören für mich das autobiografische „How?“, mit seiner geradezu existenzphilosophischen Lyrik, die als das Bekenntnis einer zutiefst verunsicherten Persönlichkeit gelesen werden kann (und von Ozzy Osbourne 2010 kongenial gecovert wurde), sowie die poetische Liebesballade „Oh My Love“, die genauso auch auf dem „White Album“ der Beatles hätte sein können. Erwähnenswert ist weiterhin das Lennon-typisch plakative „Give Me Some Truth“, das mich musikalisch stellenweise an „I Am The Walrus“ erinnert und dem es sicher gutgetan hätte, wenn es im Beatles-Kontext ausgearbeitet und produziert worden wäre. Aber „Crippled Inside“ zum Beispiel erinnert mich dann doch eher an eine mittelmäßige Ringo-Nummer als an das Songwriting des Mannes, der eben noch Perlen wie „Come Together“, „Across The Universe“ oder „Instant Karma“ geschrieben hat. Ja, und dann ist da noch der Song „How Do You Sleep?“, der nicht anders als eine boshafte Abrechnung mit Paul McCartney verstanden werden kann, obwohl Lennon dies in Interviews stets abgestritten hat. Die Anspielungen im Text lassen jedoch keinen Zweifel zu, wie wir noch sehen werden. Aber zunächst einmal muss noch etwas der Hintergrund ausgeleuchtet werden.

Paul McCartney wird ja oft für die Trennung der Beatles verantwortlich gemacht. Tatsächlich war er aber nur derjenige, der die bereits faktische Auflösung öffentlich ausgesprochen hat. John Lennon hatte die Band nämlich bereits im September 1969 verlassen. Auf Wunsch von Manager in spe Allen Klein sollte aber darüber nach außen hin Stillschweigen bewahrt werden. So fanden dann auch die letzten Aufnahmen der Beatles zu den Songs „I Me Mine“ und „Let It Be“ nur noch zu dritt, ohne den einstigen Bandgründer statt. Abgesehen davon arbeitete jedes der vier Bandmitglieder unabhängig von den anderen an eigenen Aufnahmeprojekten. Aber erst als John Lennon, unter Mitwisserschaft von George Harrison und Allen Klein, die Aufnahmebänder der „Get Back“-Sessions ohne Absprache mit Paul McCartney, Ringo Starr und Produzent George Martin an den amerikanischen Star-Produzenten Phil Spector zur Abmischung gegeben hatte, begann das eigentliche Zerwürfnis. McCartney war entrüstet über die eigenmächtige Entscheidung Lennons und fühlte sich rücklings übergangen.

Außerdem missfiel ihm, dass Spector, ohne sich vorher die Erlaubnis einzuholen, bei einigen Stücken einfach Orchester und Chöre hinzugefügt hatte, was der ursprünglichen musikalischen „Back to the Roots“-Intention zuwiderlief. Und als die anderen ihn schließlich auch noch daran hindern wollten, seine erste Solo-Platte herauszubringen, um eine vermeintlich ungünstige Überschneidung mit dem Veröffentlichungstermin des ohnehin strittigen „Let It Be“-Albums zu vermeiden, reichte es ihm. Er griff zum Telefon und rief seinen abtrünnigen Freund und langjährigen Songwriting-Buddy an, um ihm mitzuteilen, dass nun auch er die Band verlassen werde. Gleich am darauffolgenden Tag, den 10. April 1970, verschickte McCartney, ohne sich mit den anderen abzustimmen, Musterexemplare seines Solo-Debüts an die britische Presse, zusammen mit einer Mitteilung, in der er die Auflösung der Beatles bekanntgab. Noch im selben Jahr verklagte er seine ehemaligen Bandmates wegen des unautorisierten Abschlusses eines Managementvertrags mit dem zwielichtigen Allen Klein, gegen den er sein Veto eingelegt hatte, den die anderen aber trotzdem über seinen Kopf hinweg unterzeichnet hatten. Damit waren die Beatles nun endgültig Geschichte. Die rechtlichen Streitigkeiten zur Trennung ihrer geschäftlichen Angelegenheiten sollten sich noch bis Ende der Siebzigerjahre hinziehen.

Schmählied als Frontalangriff auf Paul McCartney

All das gab natürlich viel böses Blut, auch wenn die konkrete Auseinandersetzung weitgehend über Anwälte lief. Aber man hatte freilich noch andere Möglichkeiten, um sich gegenseitig noch einen mitzugeben. Im Vorfeld von Paul & Linda McCartneys Album „Ram“ hatten die beiden eine Werbekampagne initiiert, bei der sie – nach dem Vorbild von John & Yoko – ganzseitige Anzeigen in einschlägigen Magazinen schalteten, auf denen sie als Clowns verkleidet und in Säcken eingewickelt zu sehen waren. John hatte dies natürlich sofort als Stichelei gegen seine und Yokos Bagism-Kunstaktionen aufgefasst und fühlte sich von Paul provoziert. Als „Ram“ dann im Frühjahr des Jahres 1971 auf den Markt kam, glaubte er in den Texten Anspielungen auf seine Person herauszuhören, durch die er sich zusätzlich angegriffen sah. McCartney räumte später ein, dass es im ersten Song des Albums „Too Many People“ tatsächlich ein paar Textpassagen gebe, die auf John und Yoko gemünzt gewesen wären. Etwa die Zeile: „Too many people preaching practices. Don't let them tell you what you wanna be.“ („Zu viele Leute predigen, wie man sich verhalten soll. Lass dir von denen nichts erzählen.“)

Ihm zufolge hätten die Beatles immer für das Motto „Jedem das Seine“ gestanden, während John und Yoko nun den Menschen vorschreiben wollten, wie sie zu denken, zu fühlen und zu handeln hätten. Zudem weist er Lennon andeutungsweise die Schuld am Auseinanderbrechen der Beatles zu, wenn er singt: „You took your lucky break and broke it in two.“ („Du nahmst dein Glück und brachst es entzwei.“). Lennons Antwort folgte postwendend. Zum einen, indem er dem „Imagine“-Album eine Postkarte beilegen ließ, die ihn zeigt, wie er ein Schwein an den Ohren festhält, womit er in persiflierender Weise auf das Frontcover von „Ram“ Bezug nimmt, auf dem McCartney in ganz ähnlicher Pose mit einem Widder abgebildet ist. Und zum anderen mit dem Song „How Do You Sleep?“. Während McCartneys Anspielungen aber sehr subtil blieben und bestenfalls hermeneutisch abgeleitet werden konnten, ging Lennon in seinem Schmählied zum Frontalangriff über und wurde darin sehr direkt und verletzend, etwa als er schrieb:

„Those freaks was right when they said you was dead.“ („Diese Typen hatten schon recht, als sie sagten, du wärest tot.“)

Lennon greift hier die „Paul is dead“-Verschwörungstheorie auf, nach der Paul McCartney bereits im Jahr 1966 bei einem Autounfall tödlich verunglückt und durch einen Doppelgänger ersetzt worden sei, um auf McCartneys gerichtliche Klage gegen ihn und die anderen Bandmitglieder anzuspielen.

Oder: „The only thing you done was yesterday, and since you're gone you're just another day.“ („Das einzige, was du zustande gebracht hast war 'gestern' ['Yesterday'], und seitdem du gegangen bist, bist du nur 'ein weiterer Tag' ['Another Day'].“)

Hier bezieht sich Lennon wortspielerisch auf „Yesterday“ als McCartneys vermeintlich einzigem gehaltvollen Song, der aber schon lange zurückliege, sowie auf „Another Day“, das McCartneys erste Hit-Single nach der Trennung der Beatles gewesen war, die es in mehreren Ländern in die Top 10 der Charts schaffte, womit Lennon aber wohl ausdrücken wollte, dass McCartney ohne die Beatles überhaupt nichts Besonderes mehr ist.

Oder: „The sound you make sounds like muzak to my ears. You must have learned something in all those years.“ („Die Musik, die du machst, klingt billig in meinen Ohren. Du musst doch irgendetwas gelernt haben in all den Jahren.“)

Hier verleiht Lennon seiner Geringschätzung für McCartneys Songwriting Ausdruck, was schon zu Beatles-Zeiten ein wiederkehrendes Streitthema war.

Der Text kulminiert dann wiederkehrend in der Refrain-Zeile „How do you sleep? How do you sleep at night?“ (Wie schläfst du? Wie schläfst du eigentlich in der Nacht?), der er bei Proben auch gerne mal ein „you cunt“ nachschob, was man – mit viel Wohlwollen – mit „du Arsch“ übersetzen könnte.

Nicht der strahlende Friedensapostel, als der er sich inszenierte

Das ist natürlich nicht die feine englische Art, die Lennon hier an den Tag legt. Und alles im Nachhinein zu leugnen, macht die Dinge auch nicht ungeschehen. Ohnedies hatte man von verschiedenen Seiten schon gehört, dass Lennon im Privaten kein leichter Mensch gewesen sein musste. Allen voran Cynthia, seine Ex-Ehefrau und Mutter seines ersten Sohnes Julian, kann wohl ein Lied davon singen. In ihrem Buch „John“ berichtet sie unter anderem davon, wie entsetzt sie gewesen sei, den friedliebenden Text von „Imagine“ ausgerechnet aus dem Mund ihres Ex-Ehemanns zu hören, der sie so übel abservierte und so ziemlich alles, was er in der Öffentlichkeit an Moral und Idealen verlautbaren ließ, im wahren Leben – mitunter wortwörtlich – mit Füßen getreten hat. Aber bitte, es liegt mir fern, John Lennon hier schlecht machen zu wollen. Ganz im Gegenteil. Er ist für mich einer der Größten. Aber offenbar ist er auch nicht der strahlende Friedensapostel gewesen, als den er sich in der Öffentlichkeit gern inszenierte. Vielmehr war er wohl eines dieser nicht wenigen Beispiele dafür, wie eng eine verletzte, ambivalente Persönlichkeit mit Berühmtheit und niveauvollem künstlerischen Schaffen einhergehen kann. Bei näherer Betrachtung verschiedener Künstlerbiografien kann man sogar den Eindruck gewinnen, dass eine gewisse psychische Belastung geradezu die Voraussetzung für das Schaffen großer Kunst und für das Streben nach Ruhm und Ehre ist.

Aber die Rechnung geht nicht auf. Der Erfolg und die Glorie können die Wunden nicht heilen, weshalb viele Stars trotz Reichtums und Prestige dann doch bei Alkohol und Drogen landen. Einen eindrucksvollen Einblick in sein Innerstes gibt John Lennon in dem Song „Mother“ von seinem ersten Solo-Album, in dem er sich direkt an seine Eltern wendet; an die Mutter, die ihn an ihre Schwester abgeschoben hat und just dann tödlich verunglückte, als sie wieder miteinander in Kontakt gekommen waren; und an den Vater, der ihn im Stich gelassen hat, als er noch ein kleiner Junge war. Am Ende des Songs wiederholt er immer wieder die Zeile „Mama don't go, Daddy come home.“, wobei er sich buchstäblich seinen Schmerz von der Seele schreit.

Auf dem Album „Imagine“ äußert sich diese innere Zerrissenheit in nachdenklicherer Weise in den beiden eingangs bereits erwähnten Balladen „How?“ („How can I give love when love is something I ain't never had?“) und „Jealous Guy“ („I didn't mean to hurt you. I'm sorry that I made you cry.“). Das traumhaft schöne Klavier bei „Jealous Guy“ stammt übrigens von dem großartigen Nicky Hopkins, der die Beatles im Studio bei der Aufnahme des Piano-Solos zu „Revolution“ kennengelernt hatte und der unzählige Songs der 60er und 70er Jahre mit seinem Spiel veredelte. Zum Stammpersonal im Studio gehörte er vor allem bei The Who, den Kinks und den Rolling Stones, bei denen er beispielsweise die genialen Klavierparts bei „She's A Rainbow“ oder „Angie“ einspielte. Als persönliche Hochachtung widmete ihm Ray Davies von den Kinks den Song „Session Man“. Eine kleine Auswahl weiterer Stücke, die nicht zuletzt durch Hopkins' Piano zu Highlights wurden, sind „Wooden Ships“ von Jefferson Airplane, „I Think It's Gonna Rain Today“ von Dusty Springfield, „Remember“ von Harry Nillson, „You Are So Beautiful“ von Joe Cocker oder „Night Owl“ von Carly Simon. Bei einigen dieser Aufnahmesessions, wie auch bei denen zu „Imagine“, traf Hopkins auf einen deutschen Bassisten namens Klaus Voormann.

Von geistig verwirrtem Fan erschossen

Der kannte die vier Beatles bereits schon aus ihrer Hamburger Zeit in den frühen Sechzigern und hatte zum Beginn der Beatlemania mit ihnen in ihrer Londoner WG zusammengewohnt. Später spielte er Bass bei Manfred Mann und den Hollies und gestaltete das legendäre Cover des Beatles-Albums „Revolver“, für das er 1967 einen Grammy erhielt. 1969 wurde er zusammen mit Eric Clapton und Alan White Mitglied in John Lennons und Yoko Onos Plastic Ono Band, die bereits zwei Tage nach ihrer Gründung als Hauptgruppe auf einem Festival in Toronto auftrat. Geprobt wurde ohne Verstärker im Passagierflugzeug von England nach Kanada, erinnert sich Voormann. Bis 1975 spielte er auf fast jedem Album des Ex-Beatles den Bass. Zudem war er sehr eng mit George Harrison befreundet, der ebenfalls auf „Imagine“ mit von der Partie war. Zuvor hatte Voormann auf Harrisons Dreifach-LP „All Things Must Pass“ mitgespielt und gehörte zu seiner Begleitband beim Concert for Bangladesh. Anfang der 70er Jahre zog Voormann nach Los Angeles, wo er als Studiomusiker etwa für Harry Nilsson, James Taylor, Carly Simon, Lou Reed oder seinen alten Kumpel Ringo Starr arbeitete und festes Mitglied der Band von Malcolm John Rebennack Jr. alias Dr. John wurde. Ich glaube, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass es keinen deutschen Musiker gibt, der in der goldenen Ära der Rockmusik so nah am Zentrum des Geschehens war, ja, sogar Teil des Geschehens war wie Klaus Voormann. Absolut faszinierend!

Aber zurück zu John Lennons „Imagine“. Während das Album in den USA und im Vereinigten Königreich Platz 1 belegte, schaffte es der Song „Imagine“ nur in den UK-Charts an die Spitze. In vielen Ländern konnte er sich aber in den Top 10 platzieren und sollte John Lennons erfolgreichste Hit-Single in der Zeit nach der Trennung der Fab Four werden. Nach der Geburt seines zweiten Sohnes Sean im Jahr 1975 zog sich der Ex-Beatle ins Private zurück und nahm seine Rolle als Vater und Hausmann wahr, während sich Mama Ono um das Geschäftliche kümmerte. In einem Interview von 1977 gaben die beiden an, sich prioritär um die Familie kümmern zu wollen, bis Sean fünf Jahre alt ist. In dieser Zeit fanden auch die letzten Treffen zwischen Lennon und seinen ehemaligen Bandkollegen statt. Zu einem gemeinsamen Treffen aller vier Beatles kam es jedoch nie wieder. Pünktlich nach Ablauf der Schonfrist für den Sohnemann meldete sich John Lennon 1980 mit dem Song „(Just Like) Starting Over“ und dem Album „Double Fantasy“ auf der Weltbühne zurück.

Beide sollten den Erfolg von „Imagine“ toppen und ihm ein sensationelles Comeback bescheren. Es wurden Pläne für ein weiteres Album und eine weltumspannende Tournee geschmiedet. Aber bekanntlich kam es nicht mehr dazu. Als John Lennon und Yoko Ono am Spätabend des 8. Dezembers 1980 aus dem New Yorker Record-Plant-Studio nach Hause kommen, werden sie in der Nähe des Eingangs zum Manhattaner Dakota Building schon von jemandem erwartet. Es ist derselbe Mann, der sich von Lennon bereits am frühen Nachmittag desselben Tages sein neu erstandenes Exemplar von „Double Fantasy“ signieren ließ. John und Yoko steigen aus dem Auto, da ruft jemand: „Mr. Lennon!“. Als sich John umdreht, feuert der geistig verwirrte Fan fünf Schüsse auf ihn ab. Zwei treffen und durchbohren seine Lunge. Er ist noch bei Bewusstsein, als er ins Krankenhaus eingeliefert wird. Kurz danach erliegt er seinen schweren Verletzungen. John Winston Ono Lennon stirbt im Alter von vierzig Jahren. Die Nachricht von seiner Ermordung verbreitete sich wie ein Lauffeuer um die Welt. Radiostationen rund um den ganzen Erdball spielten immer wieder „Imagine“. Und in vielen Ländern und Städten kam es zu spontanen Trauerbekundungen, bei denen die Menschen gemeinsam seine Lieder sangen.

 

YouTube-Link zu „Jealous Guy“ mit dem traumhaften Piano von Nicky Hopkins

YouTube-Link zum typisch plakativen Lennon-Song „Give Me Some Truth“

YouTube-Link zum Titeltrack „Imagine“, dem vielleicht wichtigsten Song, der je geschrieben wurde

Foto: Jack Mitchell CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Rolf Wächter / 11.09.2021

Wir gehen zum Seniorentanz (durch Corona mal über ein Jahr unterbrochen). Dort sind die Leute 60 - 95 Jahre alt, also viele von der Beatles-Generation. Aber Beatles, Rolling Stones, Kinks usw will dort keiner hören. Das ist meistens keine Tanzmusik. Dafür Elvis, Chubby Checker (Twist), Creedence Clearwater Revival, Boney M und auch Andrea Berg, Roy Orbison, die Flippers usw. Zum Tanzen braucht man einen klaren schwungvollen Rhythmus.

Albert Pelka / 11.09.2021

Und warum jetzt soll “Imagine” nicht die Hymne eines grazy gewordenen Friedenslalal-Megseller-Heillands sein? Jedenfalls irgend ein Gegenargument, wie mehrfach hier in Aussicht gestellt,  hab ich in dem Artikel nicht gefunden.

Raimund Mönig / 11.09.2021

John Lennon: schmalztriefender Sozialkitsch der unteren Schublade. Pop(ulär)musiker waren dann am besten, wenn sie den Mund gehalten und nur Instrumentalmusik gemacht haben - gilt auch für gesungenen Jazz.

Wolf von Fichtenberg / 11.09.2021

@Claudius Pappe>>  Ja, jetzt ergehen wir uns hier in den Gedanken zur Musik. Nun, nicht die Musik als Gesamtwerk, vom ersten Tag, als in irgendeiner Urzeithöhle festgestellt wurde: Hau ich mit der Keule auf den Kopf, erzeugt das gelegentlich einen hohlen Klang, zumeist aber ein intoniertes „Aua“. Und verschiedene gekeulte Köpfe stimmen einen tonal unterschiedlichen Vielklang an.  Sofern sie hohl sind dröhnt es nur. Aber ich will ja nicht politisch werden. Vielleicht fand man so – durch die stimmlichen Unterschiede - einst die Tonleiter…?  -Dabei blieb es nicht. Instrumente entwickelten sich, Komponisten schufen Werke und gar manches Stück kann man gewiss auch als Kultur bezeichnen. Ausdrucksform einer Epoche, eines Lebensgefühls.  Doch wie, dem Jahreslauf gleichend, alles aufsteigt und dann herniedergeht, so hat auch die Kunst ihren Zyklus. Sei es in der Malerei, der Literatur oder eben hier bei der Musik. Welche Zeit war denn nun die Zeit der Hochkultur? Das sieht jeder gewiss individuell. Und ich (ja, es ist ketzerisch)  empfinde gar manches Geräusch der Jetztzeit näher am urzeitlichen Keulenschlag. Näher als an den jubilierenden Tönen eines Komponisten der Renaissance. – Wir bewegen uns in einem musikalischen Jetzt, doch: Wann beginnt dieses „Jetzt“? Welche Richtung ist gemeint? Mitklatschgut? Hitparade? Konsumgedudel? Kaufhausnervmusik? Harter Rock? Sich selbst „Liedermacher“ titulierende Barden (Au, ich blamiere mich, schrieb ich doch für diese Zunft)? Oder doch die Sucher, die neue Klangwelten in eben diesem Jetzt schufen? Gewiss, es ist subjektiv, aber die Genren sind so unterschiedlich: Hier ist die elektronische Sphäre des Synthesizers und da schon wieder das harte Schlagzeug des Heavy Metal. Oder der Missbrauch der Klänge um unterschwellige Botschaften zu transportieren. - Ach, ich sinniere so vor mich hin und letztendlich bleibt dies: Gar mancher Stammtisch - besetzt mit einigen AdG-Kommentatoren, wäre sehr unterhaltsam – Ohne Musik. <>

RMPetersen / 11.09.2021

Vielen Dank für diesen tollen Text.

T. Merkens / 11.09.2021

Mama Ono kümmert sich noch immer “um das Geschäftliche”. Man suche nach “Yoko Ono klagt” oder “Yoko Ono Abmahnung” - da kommt totaal viel Liebe rüber.

sybille eden / 11.09.2021

Wenn ich mir Frankie Millers Version von Jealous Guy auf der LP “Full House” anhöre, wird mir sofort klar ,was Lennon für ein verweichlichtes Muttersöhnchen und Jammerlappen war. Seit A Hard Days Night und Help hatte er nichts mehr vernünftiges zustande gebracht ! Er hätte beim Rock and Roll bleiben sollen und nicht bei Yoko.

Frances Johnson / 11.09.2021

@ Wolf von Fichtenberg: Etwas fehlt, bei Ihnen wie dem Autor: Die Erkenntnis, dass das Wesentliche an den Beatles Humor war. Humor ist in vielen ihrer songs erkennbar, Obladi-Oblada, Octopusses Garden zum Beispiel. Und wegen des Humors in “The Ballad of John & Yoko” liebe ich den song. Sie waren wohl die Ersten, die die Presse verar+++t haben und zwar gründlich, denn im Bett hatten sie eher Sex. Allein die Frage. Und die Aufdringlichkeit. Die ganze Zeit hatte einen untergründigen Humor. Dann wurde John erschossen, ein Attentat auf Ronald Reagan und den Papst verübt, Anwar as-Sadat ermordet. Die Landshut, Entebbe, Schleyer schon Ende der Siebziger. Olympische Spiele München 1972., die erste Intifada 1987, endlose Anschlagsserie in Israel. Die Sechziger bis 1972 erscheinen unbeschwert heiter, begleitet von dem sorglosen Geklimper der Beatles, das alle nachträllerten. Etwa 15 unbeschwerte Jahre. So kommt es mir zumindest vor.  Großartige bildstarke Filme, Novecento, Days of Heaven. Danach, verstärkt durch die Übernahme der Mullahs, nur noch Probleme, Probleme, Probleme. Und heute, wo ist er, der Humor? Auch Leute wie Udo Jürgens hatten ihn. Heute reden wir über humorlose Frauen und Mädchen wie Greta, den Chef der Umwelthilfe. Wer hat noch etwas Humor außer den Gründern von achgut, bittschön, alle mit geprägt von den Beatles und dem Bürgerschreck Minirock und Hotpants? Wer kann noch heiter sein außer griechischem Wein? Das allerdings war schon schwermütiger. Kürzlich habe ich meinem Sohn gezeigt “Er steht im Tor, im Tor, im Tor und ich dahinter”, die gute Wencke. Er hat sich einen Ast gelacht. Es war im Grunde eine prima Zeit, und es ging wirklich nicht um den besten Latte Macchiato. Sie hatte, wie gesagt, Humor, Erotik und eine gewisse Tiefe. Als S&G ihr Konzert im Central Park gaben, war manch Einem das schon bewusst.

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