Der "Spiegel" trauert immer noch. Um Obama. Gestern sprach Trump in Saudi-Arabien über den Islam und der "Spiegel" erinnert voller Wehmut an Obamas friedensheischende Rede 2008 in Kairo. Die Rede Trumps im Jahr 2017 sei fehlerfrei vorgetragen, aber nur Obama habe damals die richtigen Worte gefunden, indem er sagte „Amerika und der Islam schließen einander nicht aus“ – Trump hingegen spreche nur von Extremismus, Terrorismus, Krieg und dem Kampf von Gut gegen Böse. SPON-Autor Christoph Sydow meint: „Mit dieser Rede hat Trump noch einmal deutlich gemacht, dass er den Islam in erster Linie als Gefahr und Brutstätte für Terror sieht.“ Ich frage mich, als was Christoph Sydow den Islam wohl in erster Linie sieht. Als Partner in der Demokratie? Als Besieger des Welthungers? Als Durchsetzer der Gleichberechtigung? Als Garant der Religionsfreiheit? Als spirituelle Quelle für Homosexuelle? Als Bollwerk gegen den Antisemitismus?
Sydow betreibt lieber Vergangenheits-Meaculpismus und beklagt die Kolonialzeit, Kriege und ein Einreiseverbot, das so wie beabsichtigt nie in Kraft getreten ist. Fordert der "Spiegel"-Autor auch Entschuldigungen von den USA oder Europa, wenn es um China oder Süd-Korea geht, die weit mehr von Kolonialismus, Analphabetismus und Ausbeutung betroffen waren als Arabien es je war? Nein! Und das „Augenmaß“, dass Sie im Kampf gegen den Terror fordern, lieber Herr Sydow, wie sollte das wohl aussehen? Davon sprechen, aber nicht handeln? Handeln, aber nicht kämpfen? Kämpfen, aber nicht schießen? Schießen, aber nicht treffen? Und wenn schon treffen, dann hinterher entschuldigen und entschädigen? Noch absurder wäre es wohl nur, zu fordern, die Polizei solle sich bei der Verfolgung von Bankräubern an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten.
Vielleicht sieht auch der schlechteste Präsident die Gefahren
Obama konnte wunderbare Reden halten; so gute, dass das Nobelpreis-Komitee der Meinung war, diese eine in Kairo sei schon mal eine kleine Auszeichnung wert. Die Bürgerkriege in Nordafrika, der Aufstieg des IS, das Chaos auf den Migrationsrouten, islamistische Terroranschläge in ganz Europa… all dies wuchs und gedieh aber unter seiner friedlichen Ägide, die sich schön zu schreiben man in vielen deutschen Redaktionen nicht müde wird.
Obama war der Neville Chamberlain des 21. Jahrhunderts, der Vertreter des Appeasement. Trump mag der schlechteste US-Präsident seit Herbert Hoover sein und selbst seine tiefsten Gedankenpfützen wären sicher kaum geeignet, einem Winston Churchill, dem klar denkenden Nachfolger Chamberlains, die Knöchel nass zu machen – vielleicht sieht er aber genau in diesem einen Punkt, dem islamischen Terrorismus, sehr viel klarer die Gefahren für unsere westliche Gesellschaft als dies ein "Spiegel"-Redakteur tut. Vielleicht wäre eine ehrliche „I have nothing to offer but blood, toil, tears, and sweat…“-Rede genau das, was der Westen zum Aufwachen braucht, auch wenn ich sicher bin, dass Trump sie weder halten könnte noch jemanden fände, der auf ihn hören würde.
Trump hingegen spricht dort, wo er noch Drohpotenzial entfalten kann. Und vielleicht war Riad genau der richtige Ort für seine Rede, weil dort genau jene Männer sitzen, die sich zwischen Zukunft und Untergang entscheiden müssen. Und vielleicht, nur vielleicht, war das Outfit und das offene Haar von Trumps Frau auch ein größerer Dienst am Feminismus als Merkels Gespräch in Riad mit verschleierten Frauen über die Frage, wie man mehr Frauen in Führungspositionen in der saudischen Wirtschaft bekommen kann – ganz so, als sei alles andere vor dieser Frage bereits erreicht und abgehakt.
In seinem Kreuzzug gegen alles, was von Trump gesagt, nicht gesagt, getan oder gelassen wird, schwingt der "Spiegel" seit Monaten das größte Banner. Dabei schießt man schon gern mal wie in diesem Artikel über das Ziel hinaus. Denn wenn Sydow beklagt: „Ausgerechnet in Saudi-Arabien appellierte er an Toleranz und gegen Extremismus. Also in einem Land, in dem Bibeln und Kreuze verboten sind und kein anderer Glaube als der sunnitische Islam frei gelebt werden kann“, muss man sich schon mal fragen: Ja, wo denn sonst?
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.