Peter Grimm / 02.08.2022 / 15:45 / Foto: EveryPicture / 31 / Seite ausdrucken

Im Zug mit Genosse Walter-Borjans

Wenn sich der frühere SPD-Vorsitzende im ICE über despektierliche Äußerungen des Personals bezüglich seines Genossen Lauterbach ärgert, dann petzt er auch schon mal via Twitter in der Bahn-Zentrale.

Beginnen wir mit einem Rückblick: Norbert Walter-Borjans hatte 2020 im ersten Corona-Herbst möglicherweise ein prägendes Masken-Erweckungserlebnis in einem ICE. Wie viele andere Bahnfahrer auch, wollte der damalige SPD-Vorsitzende offenbar lieber durchatmen, als sich das halbe Gesicht zu vermummen, wie es seit damals eigentlich Pflicht ist. „SPD-Chef ohne Maske im ICE erwischt!“, titelte Bild seinerzeit und berichtete in anklagendem Ton: „Wieder ein Politiker, der die Maskenregeln verletzt. Am Freitag trug SPD-Chef Norbert Walter-Borjans (68) im ICE nach Köln die Maske als Kinnschutz, während er Nachrichten auf dem Handy las.“

Als er nun vor einigen Tagen wieder einmal im ICE saß, missfiel ihm nun ein kleiner Zusatz, mit dem der Zugbegleiter seine obligatorische Ansage zu der in Zügen immer noch bestehenden Maskenpflicht versah. Dieser wies auf die Verantwortung des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach für die andauernden Maskenpflichten hin. Außerdem gönnte er sich noch eine kritische Bemerkung zum Gendern. Das war zuviel für Genossen Walter-Borjans. Erst Kritik am Genossen Gesundheitsminister und dann auch noch an der sprachlichen Umerziehung – all das sogar öffentlich, da konnte Nowabo, wie ihn Genossen und befreundete Journalisten gern nennen, nicht schweigen. Nein, er suchte jetzt offenbar nicht die Aussprache mit dem Bahn-Mitarbeiter, er twitterte lieber an dessen Arbeitgeber:

„Liebe @DB_Bahn, wenn Ihr Zugchef im #ICE1020 den Hinweis auf die Maskenpflicht mit dem Hinweis garniert, dass wir das Herrn @Karl_Lauterbach zu verdanken haben, frage ich mich, ob der Hinweis auf technische Ausfälle aller Art demnächst auch mit den Herren Scheuer und Dobrindt in Verbindung gebracht wird. (Der Zusatz, dass die Ansage so lange dauert, weil gegendert werden muss, wäre auch verzichtbar.) Ansonsten bin ich für die Maskenpflicht im rappelvollen Zug dankbar!“

Und setzte dann noch hinterher:

„Jetzt bin ich auf eine lebhafte Debatte gespannt…“

Die bekam er dann auch, vor allem weil die Bahn den Tweet so zu behandeln schien, wie es vielen Institutionen heute angemessen scheint, wenn jemand wegen möglicherweise schlechter bzw. falscher Gesinnung verpetzt wird. Ohne die auf den Gleisen inzwischen selbstverständliche Verspätung twitterte die Bahn zurück:

„Schicken Sie mir bitte eine E-Mail mit folgenden Daten an dbbahn.twitter@bahn.de - Sachverhaltsbeschreibung (mit Zitaten) - Zugnummer - ggf. Mitarbeitername - Ihre Kontaktdaten - Twitterlink zur Konversation Ich leite es anschließend an die zuständige Abteilung weiter.“

„Der Zugchef verdient eine Abmahnung“

Was wird wohl die „zuständige Abteilung“ mit dem Mitarbeiter machen? Eine unverbindliche Ermahnung? Eine Abmahnung? Andere Arten von Disziplinarstrafen? Diese Fragen stellten sich Maskengegner wie Maskenball-Liebhaber. Die einen bedauerten mögliche Strafen, die anderen forderten sie. Hier ein paar Zitate, die vielleicht nicht ganz ausgewogen ausgewählt sind:

„Unfassbares Verhalten, die Maske wird getragen, weil sie schützt. Der Zugchef verdient eine Abmahnung.“

„Die Arbeiterpartei verpfeift einen Arbeiter wegen mangelnder Linientreue, so läuft es inzwischen… abgesehen davon, inhaltlich hat er völlig recht, Herr Lauterbach hat die Maskenpflicht mit Absicht durchgesetzt, das ist schlicht eine Tatsache - stehen Sie dazu!“

„Ja, mit der Absicht, die Gesundheit der Bevölkerung zu erhalten und die Pandemie einzudämmen. Wie verbohrt muss man eigentlich sein, um das nicht zu erkennen?“

„Tschuldigung. Schon mal die deutsche Grenze überquert und überall die Coronaapokalypse gesehen? Nein? Ja und nein? Und Maskenpflicht macht es dir Sinn?“

„Den Zugchef beim Arbeitgeber denunziert und an den Twitter-Pranger gestellt. Glückwunsch: damit dürften Sie das niedrigste Level beim heutigen Niveaulimbo erreicht haben, Genosse Borjans“

„Der ehemalige Vorsitzende der ehemaligen Arbeiterpartei #SPD sorgt mit einem Tweet für eine Abmahnung eines Mitarbeit der @DBBahn Finde Ihr Verhalten megapeinlich! Gehen Sie bei Beschwerden über das Personal doch bitte den offiziellen und nicht den öffentlichen Weg“

„Nein, nicht der Hinweis aufs Gendern ist verzichtbar, sonder das Gendergaga ist es. Ich feiere den Zugführer für den Spruch wegen Lauterbach, trage das Teil auch nicht oder unter der Nase. Punkt, so einfach kann’s sein.“

„Tatsächlich ist Volker Wissing Verkehrsminister. Und ein Hinweis, dass statt Investitionen in die Bahn 2,5 Mrd. ins #9EuroTicket versenkt wurden, wären zumindest objektiv richtig.“

„… nun aber so ist es doch wir haben diese Maskenpflicht Herr Lauterbach und anderen in der Sache völlig unbedarften Politikern zu verdanken mit den die Menschen in der angrenzenden Ländern in Europa nicht gestraft sind“

„Jetzt ist es Politikern schon unangenehm, auf ihr Werk angesprochen zu werden? Ich dachte @Karl_Lauterbach wäre stolz auf seine Maskenpflicht?“

Ja, es ist schon interessant, dass es den Genossen stört, wenn diejenigen, die die Restriktionen exekutieren müssen, plötzlich anfangen, die dafür Verantwortlichen zu benennen. Und was lernen wir? Bei Bahnfahrten mit Norbert Walter-Borjans ist Vorsicht geboten, wenn man mit den deutschen Corona-Regeln etwas fremdelt und auch nicht so gerne gendert. Lieber hätte ich bei meinen Zugfahrten mehr kritische Zugbegleiter.

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S. Fichtner / 02.08.2022

Ich saß auch in diesem Zug und fand die humorige Ansprache eigentlich ganz witzig. Dass schon so ein klitzekleines bisschen Spaß zur Denunziation führt, hätte ich mir vor kurzer Zeit niemals vorstellen können. Hoffentlich kommt der Zugchef mit einem blauen Auge davon!

Manni Meier / 02.08.2022

Nowabo is ‘ne Petze! Nowabo is ‘ne Petze! Nowabo is ‘ne Petze!

Frank Danton / 02.08.2022

Seit 1,6 Millionen Jahren sitzen wir nun schon ums Feuer und lassen solche Leute wie Bojahn, Riccarda Lang,, Esken oder Lauterbach die Reste essen und die Latrine sauber machen. Viel später hat man sie dann nicht innerhalb der Stadtmauern gelassen weil sie nur Aufruhr und Krankheiten brachten. Und es ist nicht lange her da hat man ihrer Krankheit einen Namen gegeben und sie durften unter Aufsicht Teilhaben am gesellschaftlichen Leben. Irgendwann gründeten sie Parteien oder übernahmen Parteien die aus gutem Grund verboten waren (SPD). Der Anteil der Ihren stieg dadurch rapide, und heute werden sie von denen in höchste Ämter gewählt. Das ist die Rache dafür, das sie 1,6 Millionen Jahre der Bodensatz jeder Gemeinschaft waren.

Gudrun Meyer / 02.08.2022

Ich habe zwar noch keinen Zugfahrer erlebt, der den Mut hatte, zwei schlichte Tatsachen zu benennen, aber ich trage meinen Schleier im Zug und in der Straßenbahn normalerweise unter der Nase, und werde sehr selten dazu aufgefordert, ihn korrekt aufzusetzen. Wenn doch, dann von anderen Fahrgästen, nicht von Kontrolleuren und Zugbegleitern.

Hans-Peter Dollhopf / 02.08.2022

Achtzig Prozent der Bevölkernden folgen der Verordnung des Salzarmen zur Maske in Bus und Bahn wie einem letzten, noch fehlenden Beweis dafür, dass der Mensch eigentlich nur ein running Depp-Gag eines zynischen Schöpfers sein könne. Kennen Sie den? Eine gestörte Fußgängerampel steht auf Rot und wird nie mehr auf Grün schalten, weil das Ding schlicht und einfach kaputt ist. Für mich gilt an jeder Fußgängerampel auf Rot eine simple Regel, die lautet: Ist meilenweit kein Fahrzeug im Kommen und auch kein Bulle in der Umgebung, dann ist jeder, der nicht seinen gesunden Menschenverstand gebraucht und einfach die Straße überquert, ein Faschismusanwärter. Sapere aude. Zwei Fallbeispiele aus den letzten Stunden. I. Aufzug zur Plattform der Bahnhaltestelle. Maskierte junge Frau, unterwegs mir Rad, betritt vor mir die Kabine, mich Hinzutretenden ankeifend: “Würden Sie bitte warten!” Hey, man hört bereits den Zug: “Nö.” - “Gut, dann steige ich wieder aus.” Als die Regio abfuhr, sah ich sie durchs Fenster. II. Bahnsteig. Proppenvoller Zug fährt ein. Ich biete der maskierten jungen Frau hinter mir mit ihrem Gepäck den Vortritt an. Sie lehnt ab. Ich: “Aber ich trage keine Maske.” - Sie gut drauf: “Dann ist es halt so.” Fazit. Das Beobachten des Tragens von Masken in Zügen und Bussen sollte nicht unterkomplex operationalisiert werden!

A.Schröder / 02.08.2022

Bahnfahren ist nicht mehr das was es einmal war und wofür der Mythos steht. Menschen und Volk trifft man in Nahverkehrszügen, Reginalzügen und soweit es noch gibt D-Zügen. In ICEs sitzen Arschlöscher, mit Zuschlag oder Freifahrt.

Holger Schütt / 02.08.2022

Dieser widerliche Datenhehler (NoWaBo hat mit dem illegalen Ankauf der “Steuer-CDs” aus der Schweiz begonnen als er noch Finanzminister in NRW (?) war). Es kommen andere Zeiten.  ... und dann wird man ihn denunzieren.  Nur die Ruhe.

Dr. Joachim Lucas / 02.08.2022

Herr Lehrer, ich weiß was.

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