Manfred Haferburg / 03.10.2022 / 06:20 / Foto: Doc.Heintz / 155 / Seite ausdrucken

Im Energiewende-Wunderland – von den Wunderwaffen zur Geheimwaffe

Staatssekretär Patrick Graichen aus dem Habeckministerium fantasierte bis 2030 mal eben 15 Millionen Elektroautos herbei, die als Stromspeicher bei Dunkelflaute fungieren. Der Mann qualifiziert sich damit zum neuesten Wunderheiler der deutschen Energiepolitik.

Wunderwaffen, welche die Energieewende zum endgültigen Endsieg führen, wurden schon viele vorgestellt. Da war die stromerzeugende Knisterfassade, die Glaskugel zum Mondlichteinfangen, der stromerzeugende Fahrradweg, zuletzt der stromerzeugende Fernsehapparat. Sie haben alle eines gemeinsam – sie sind physikalischer Unfug. Staatssekretär Patrick Graichen aus dem Habeckministerium fantasierte bis 2030 mal eben 15 Millionen Elektroautos herbei, die als Stromspeicher bei Dunkelflaute fungieren (ab Min. 39:40). Derzeit gibt es ca. 650.000 Elektroautos, fehlen also nur noch etwas mehr als 14 Millionen, die bis 2030 verkauft werden müssen. 

Was Graichen nicht sagt: woher der Strom für die Ladung von 15 Millionen Elektroautos kommen soll. Und was er offenbar nicht weiß: Die Ladestationen der Elektroautos sind nicht rückladefähig. Das heißt, es muss ein komplett neues rückladefähiges Lade-Netz aufgebaut werden, welches den Strom der Batterien der Autos zurück ins Netz speisen kann, um so als Strom-Speicher zu dienen. Und die 15 Millionen Autobesitzer müssen noch davon überzeugt werden, dass sie bei stundenhaften Mangelsituationen (Habeck) eben stundenhaft nicht fahren können, weil ihr Wagen stundenhaft als Stromspeicher gebraucht wird. 

Wie ist aber der Stand der Technik zur Realisierung der Vision des Politologen, Volkswirtes und Staatssekretärs Dr. Graichen? Es ist ja nicht so, dass nicht an dem Problem gearbeitet würde. FOCUS-Online titelt: „Geheim-Waffe gegen Blackouts: Deutscher Energieriese testet E-Auto als Puffer“. Unter Geheimwaffe macht man es nicht.

FOCUS-Online dichtet fast poetisch: „Hyundai, LG und Next Kraftwerke setzten eine neue Funktion von E-Autos ein, um das Stromnetz zu stützen. Sie konnten mit den Testfahrzeugen Regelenergie im Stromnetz bereitstellen, ohne die Nutzbarkeit der Fahrzeuge zu beeinträchtigen“. 

Das ist physikalisch ungefähr so richtig, wie der Fernsehapparat, der Strom produziert. Wenn die Auto-Batterien ihre Kapazität als Regelenergie bereitstellen, dann sind sie doch nicht mehr vollgeladen – oder? Und wenn die Batterien nicht vollgeladen sind, dann ist doch die Nutzbarkeit der Fahrzeuge beeinträchtigt – oder? Oder besteht die Nutzbarkeit eines Elektrofahrzeuges darin, an der Ladesäule angeschlossen zu sein und als Stromspeicher zu fungieren? Fragen über Fragen.

Für Staatssekretär Graichen in einfacher Sprache

Der Versuch wurde mit acht PKW der Firma Hyundai Ioniq5 (Kaufpreis etwa 56.000 Euro) und speziellen Ladesäulen gemacht. Bei voller Entladung wurden also theoretisch dem Netz etwa 500 Kilowattstunden zur Verfügung gestellt. Das entspricht ungefähr dem dreimonatigen Stromverbrauch eines einzigen Haushaltes. Ein Kernkraftwerk versorgt 10 Millionen Haushalte. 

Im Pressebericht von „NEXT“ steht:

Wir haben in Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern eine Fahrzeugflotte der Hyundai Motor Group für die Sekundärregelleistung präqualifiziert, welche die technisch höchsten Anforderungen aller Regelenergieprodukte besitzt. Es wurde nachgewiesen, dass eine Regelenergieerbringung aus E-Fahrzeugen möglich ist, ohne die Nutzbarkeit des Fahrzeugs einzuschränken… Damit konnte gezeigt werden, dass E-Autos sich auch für die Bereitstellung von Regelenergie eignen. Regelenergie stellt eine Art Reserve im Stromnetz dar, die stets aufrechterhalten werden muss, um in Falle von Ausfällen dennoch Stabilität des Netzes zu gewährleisten. Es wird dabei unterschieden zwischen Primärreserve (Ausgleich innerhalb von Sekunden), Sekundärreserve (innerhalb fünf Minuten) und Minutenreserve (innerhalb von 15 Minuten).“ Von tagelangen Dunkelflauten steht da nichts.

Für Staatssekretär Graichen in einfacher Sprache, was so alles in den nächsten sieben Jahren geschehen muss, um seine Vision von den E-Mobilen als Stromspeicher in Realität umzusetzen: 

  • Die Auto- und Stromfirmen haben in einem Test herausgefunden, dass acht elektrische Autos ein bisschen Strom von ihren Batterien ins Stromnetz schicken konnten. 
  • Sie sind dabei nicht kaputt gegangen.
  • Dazu mussten sie vorher gut geladen und an bestimmte Ladesäulen mit Steckern angestöpselt sein. 
  • Das soll jetzt überall gemacht werden, um die Energiewende zu retten.
  • Vor der Rettung müssen die Leute noch 14 Millionen Elektroautos kaufen, das sind zwei Millionen pro Jahr oder 5.000 pro Tag. 
  • Es müssen vor der Rettung auch noch 15 Millionen neue Ladesäulen eingebaut und mit Stromdraht verkabelt werden – weil nur ein Auto, was in der Steckdose eingestöpselt ist, Strom zurückspeisen kann. Das sind auch zwei Millionen Ladesäulen pro Jahr oder 5.000 pro Tag.
  • Mit diesem Strom können dann 60.000 Haushalte in der Küche Kaffee kochen oder im Bad Haare föhnen.

Wunderwaffe, Geheimwaffe? Hatten wir Deutsche das nicht schon alles einmal? Die Geheimwaffen und die Wunderwaffen werden für den Endsieg der Energiewende in Stellung gebracht. Alles kommt zurück: Überholen ohne Einzuholen.

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Leserpost

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PeterBernhardt / 04.10.2022

Der grüne Zeitgeist ist nichts weiter als eine gesteuerte Massenpsychose. Leider ist sie unheilbar und wechselt von Zeit zu Zeit nur ihr Erscheinungsbild. „Heu­te back ich, mor­gen brau ich, über­mor­gen hol ich der Köni­gin ihr Kind; ach, wie gut ist daß nie­mand weiß daß ich Rum­pel­stilz­chen heiß!”  Ich kann im Hirn des Menschen über Indoktrination und dauernde Belehrung Strukturen aufbauen , die diese Menschen gegen ihre Eigeninteressen und gegen die Interessen ihrer Gemeinschaft handeln lassen”  Irenäus Eibl-Eibesfeldt, Zoologe und Verhaltensforscher

Silas Loy / 03.10.2022

Bei Dunkelflaute besteht ein Notstand und das Elektroautofahren ist bussgeldbewehrt untersagt. Es besteht dann zudem eine allgemeine gesetzliche Stromrückführungspflicht aus dem Autoakku in das Volksgemeinschaftsnetz. Dies gebietet nach Stellungsnahmen von Gewerkschaftern und Glaubensvertretern übrigens auch die Solidarität bzw. die Nächstenliebe. Impft die Rückladesäulen bis zum Anschlag und die Blackoutpandemie hat ein Ende!

Bernd Keseler / 03.10.2022

Herr Dr. Graichen könnte das Problem ja einfach dadurch lösen, daß fehlende Energie einfach als Sonderladung definiert wird. Priorität hat aber sicher erstmal seine andere Idee, nämlich die Gasleitungen aus der Erde zu reißen.

Elias Schwarz / 03.10.2022

Das ist ja Analena pur.

A. Kaltenhauser / 03.10.2022

TZ München 02.09.22:  >> Habeck bestätigt Überraschung: Deutsche Gas-Speicher füllen sich schneller – trotz Putins Bremse. TZ München 03.10.22:  >> Gaskrise: Bundesregierung hat keine „Kenntnisse darüber, wohin das einzelne eingelagerte Gas fließt“ Ein Kommentar sprach von 80 Prozent ins europäische Ausland, vor der Gaskrise!

S. Marek / 03.10.2022

@ Peter Wachter, unter dem Motto idiotische Ideen populär machen ! Sie haben das E-“Auto” als Energiespeicher mißbraucht, was dran noch Auto ist haben Sie nicht Erklärt. Dann habe ich weitere Idee dazu: Da die Kühlschränke immer mehr digitalisiert werden könnten diese auch so eingerichtet werden, daß wenn es mangel an Nahrungsmittel gibt und andre Haushalte, aus Gründen wie auch immer, nicht genügend für akut dringenden Ernährungsbedarf was haben, dann werden automatisch die informiert wer zu viel gespeichert hat und der Nahe Nachbar steht in paar Minuten vor ihrer Tür und verlangt Beteiligung an Ihrem Überschuß damit er nicht verhungert. Ist das nicht eine schöne Welt der Gleichheit und Mitgefühl ?!

Klaus Keller / 03.10.2022

Beim Börsengang der Porsche AG (25% der Vorzugsaktien gab VW heraus) hatten viele ein breites Grinsen im Gesicht. Ich nehme an das die AG fahrbare Akkus liefern kann. Sogar größere, stärkere und teurere als die Koreaner.

Ernst Dinkel / 03.10.2022

@Leo Hohensee: “Bärbockscher Kenntnis entsprechend wende ich ein, nix da, der Strom am Vorabend muss ja auch erst einmal DEN BERG RAUF ..... Und die ganze Umsiedlung erst .... alle auf den Berg .....” Mann, Sie sind aber auch ein Korinthenkacker; man muss doch im großen Stil denken! Wie sagte doch einst eine allseits bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens: “Es kommt darauf an, was hinten herauskommt”. Und was hinten rauskommen wird, das wissen wir doch alle ...

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