Klaus Scherer arbeitete seit 2007 im ARD-Studio in Washington, so richtig mitgekriegt hat das kaum einer. Der 50jährige sieht aus wie ein freundlicher Versicherungsvertreter der „Ergo“-Gruppe, der einem 20 Prozent Rabatt anbietet, sofern man auf teure Zahnimplantate verzichtet. Am liebsten produzierte er lustige und bunte Filmchen über Hundeschlitten-Abenteuer am Yukon, Indianerpferdeflüsterer oder Ökofarmer, die ihren Acker mit Gäulen pflügen. Wegen seiner ausgeprägten Wanderlust indoktrinierte Scherer die Zuschauer politisch nicht gar so eifrig wie andere Amerika-Korrespondenten des deutschen Staatsfernsehens, die aus den USA traditionell nahezu ausschließlich den Blickwinkel linker Anhänger der Demokratischen Partei übermitteln.
Als Scherer jetzt nach fünf Jahren seinen Abschied vom US-Job nahm, um sich in der Heimat für eine andere Position im Gebührensenderverbund warm zu laufen, plauderte er gegenüber der Programmbeilage „Stern TV-Magazin“ ein wenig aus dem Nähkästchen. Rückblicke eines Mannes, von dessen Arbeitgeber ARD die Deutschen wichtige Teile ihres Amerikabildes beziehen:
Stern TV-Magazin: Sie selbst sind eigentlich Ihr größtes Erfolgsgeheimnis.
Scherer: Nennen sie es Reporterneugier im Dienste des Zuschauers. Das war schon in Asien so, wo ich in den getrockneten Manta beißen musste, oder am Polarkreis in Walfett. Dafür zahlt er sicher gerne Gebühren…
- Die Welt stand kopf, als Obama Präsident wurde. Sie auch?
- ...Ich war in der Wahnacht als Reporter in Chicago. Als ich von dort meldete, dass Obama gewonnen hat und mit seiner Familie auf die Bühne kommt, da sah ich, wie vor mir mein Kameramann weint und unsere Producerin und der Tontechniker gleich mit. Übrigens alles Amerikaner.
- Von dieser Begeisterung ist nicht mehr viel übrig, oder?
- Keine zwei Jahre später hat man den Eindruck, die wollen ihn alle zum Teufel jagen… Wer von ihm enttäuscht ist, muss allerdings auch von Amerika enttäuscht sein.
- Sind Sie denn enttäuscht?
- Ja, denn hier knallten zuletzt wirklich alle Sicherungen raus. Man macht hier immer zuerst den Präsidenten für alles verantwortlich. Das ist nicht immer fair, vor allem, wenn er von Ultrarechten blockiert wird…
- Hat sich ihr Blick auf Deutschland in Übersee verändert?
- Ich habe oft das Gefühl, ich schaue hier ein wenig in die Zukunft. Nehmen Sie die groteske Kluft zwischen Arm und Reich, die wird auch bei uns größer.
- Werden Sie, zurück in Deutschland, etwas vermissen?
- Ich habe hier viel Herzlichkeit erlebt – und wenn es an der Supermarktkasse war.